592/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 30.01.2019
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Neuregelung des Verfahrens zur Überprüfung der Barabfindung von ausgeschlossenen Anteilsinhabern nach dem Gesellschafter-Ausschlussgesetz

 

Das Gesellschafter-Ausschlussgesetz (GesAusG) eröffnet dem Hauptgesellschafter/Hauptaktionär (mit mindestens 90% der Stimmanteile) von Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung die Möglichkeit, den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern, einen Squeeze-Out, zu beschließen. Dem Minderheitsgesellschafter steht eine angemessene Barabfindung für die "enteigneten" Anteile zu.

Nach den Materialien zum Gesellschafter-Ausschlussgesetz ist es Zweck der Regelung, effiziente Unternehmensstrukturen zu schaffen (vgl. Erläut. zur RV 1334 BlgNR 22. GP, 26 ff.). Daran besteht ein öffentliches Interesse (so auch VfGH vom 27.06.2018, G 30/2017).

Ausgeschlossene Anteilsinhaber_innen können einen ordnungsgemäß zustande gekommenen Squeeze-Out-Beschluss nicht bekämpfen. Sie können nur erreichen, dass die Angemessenheit der vom Hauptgesellschafter/Hauptaktionär errechneten Abfindung überprüft wird. Der Überprüfungsantrag richtet sich an das Firmenbuchgericht. Das Firmenbuchgericht beauftragt seinerseits ein bei der Finanzprokuratur angesiedelten Gremium mit der Überprüfung des Abfindungsbetrages.

Dem Gremium kommt eine Gutachter- und Schlichtungsfunktion zu. Es hat auf Antrag Sachverständige zu bestellen. Bleibt der Überprüfungsantrag erfolglos, hat dennoch der Hauptgesellschafter/Hauptaktionär die Verfahrenskosten zu tragen. Dem/der Antragsteller_in sind die Kosten seiner/ihrer anwaltlichen Vertretung zu ersetzen, wenn der Abfindungspreis beträchtlich angehoben wird. Eine Kostenersatzpflicht kann ihn/sie nur treffen, wenn er/sie das Gutachten des Gremiums nicht akzeptiert und einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellt.

In Summe erscheint das bestehende System sinnvoll, weil es darauf abzielt sicherzustellen, dass „enteignete“ Anteilsinhaber_innen angemessen entschädigt werden.

Doch das Verfahren hat Schwächen, die dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufen, rasch effiziente Unternehmensstrukturen zu schaffen (siehe dazu ausführlich Leitner, Probleme mit dem Squeeze-out, ecolex 2018, 338):

1.    Die Überprüfung der Barabfindung durch das Gremium dauert oft sehr lange (es gibt Verfahren, die fast ein Jahrzehnt anhängig sind).

2.    Die Kostenregelung ist unbefriedigend, weil der Bemessung der Kosten der ausgeschlossenen Anteilsinhaber_innen das gesamte Kapital zugrunde gelegt wird und nicht bloß deren Interesse.

3.    Es kommt immer wieder vor, dass nur deshalb Anteile erworben werden, um einen Antrag auf Überprüfung stellen zu können und – bezogen auf das tatsächliche Interesse – unverhältnismäßig hohe Kosten ersetzt zu bekommen.

4.    Die Praxis neigt häufig dazu, den vom Hauptgesellschafter/Hauptaktionär vorgeschlagenen Prüfer zum Sachverständigen zu bestellen. In keinem dieser Fälle kam es bisher dazu, dass der Sachverständige die vom Hauptgesellschafter/Hauptaktionär vorgenommene Bewertung korrigiert hätte.

5.    Die Bewertung des Hauptgesellschafters/Hauptaktionärs wird unter Berufung auf das Fachgutachten KFS/BW1 der Kammer der Wirtschaftstreuhänder regelmäßig nur auf Plausibilität geprüft. Ob die Planungsannahmen und damit die Grundlagen der Bewertung richtig sind, bleibt ungeprüft.

6.    Die Prüfer legen ihrem Gutachten regelmäßig die "Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftstreuhandberufe" zugrunde. Darin wird die Haftung für die Richtigkeit des Gutachtens auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit eingeschränkt und die Haftung für leichte Fahrlässigkeit gänzlich ausgeschlossen. Damit kommt das Gutachten im Ergebnis einer unverbindlichen Meinungsäußerung gleich.

7.    Das Gremium zur Prüfung des Umtauschverhältnisses ist nach sozialpartnerschaftlichen Grundsätzen zusammengesetzt. Den inhaltlichen Fragen und prozessualen Herausforderungen bei der Prüfung überaus komplexer Sachverhalte ist es oft nicht gewachsen.

8.    Die Tätigkeit des Gremiums ist der gerichtlichen Kontrolle entzogen. Es gibt bei Säumigkeit keinen Fristsetzungsantrag, gegen die Verweigerung der Akteneinsicht kann nicht gerichtlich vorgegangen werden und das Gericht kann keinen Auftrag erteilen, bestimmte Tatsachen zu erheben. Es bestehen daher erhebliche Rechtsschutzdefizite.

9.    Es hat sich bisher nicht gezeigt, dass das Gremium besser als ein Gericht geeignet wäre, eine vergleichsweise Lösung zu erreichen.

 

 

Um, in Übereinstimmung mit dem Programm der Bundesregierung (Zieldefinition Nummer 1 im Regierungsprogramm 2017-2022, Sparte Justiz "Reformen im Gesellschafts- und Unternehmensrecht – Stärkung des Wirtschaftsstandortes", Seite 41) den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken, stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Verfassung‚ Reformen‚ Deregulierung und Justiz wird aufgefordert, im Zusammenwirken mit dem Bundesminister für Finanzen einen Reformvorschlag zum Gesellschafter-Ausschlussgesetz (GesAusG) auszuarbeiten und dem Parlament zuzuleiten. Der Gesetzesentwurf soll die in der Begründung angeführten Schwächen des Verfahrens zur Überprüfung der Angemessenheit der vom Hauptgesellschafter/Hauptaktionär errechneten Abfindung beseitigen und ein rechtsstaatskonformes Verfahren vorsehen, das die Interessen der beteiligten Parteien angemessen berücksichtigt."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.