637/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 27.02.2019
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten DI Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Anpassung der Förderstrukturen zur Reduktion des Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel zum Schutz der Biodiversität und des Wassers

Eine Vielzahl aktueller Studienergebnisse unterstreicht erneut das gravierende Ausmaß des Artensterbens in Österreich, Europa sowie auf der ganzen Welt. Österreich hat in den letzten drei Jahrzehnten fast drei Viertel seiner Wildtierpopulation eingebüßt. Zahlreiche einst in Österreich heimische Arten sind bereits verloren gegangen oder stehen kurz davor hier auszusterben - mit irreversiblen Folgen für Österreichs Natur und Umwelt. Besonders drastisch ist der Rückgang der Insektenpopulationen. Insekten bilden nicht nur eine Grundlage aller Ökosysteme und Nahrungsketten, sondern nehmen auch eine für die Landwirtschaft unersetzliche Rolle ein, als Bestäuber, Nützlinge oder bei der Erhaltung von Nährstoffkreisläufen. Eine weitere Reduktion von Insektenpopulationen hätte laut Expert_innen nicht nur für die Landwirtschaft, sondern für die Ernährungssicherheit direkte negative Konsequenzen.

Es herrscht eindeutiger wissenschaftlicher Konsens, dass dieser drastische Rückgang der Insektenpopulationen (und damit einhergehend der Vogelpopulationen) neben dem Rückgang von Naturflächen vor allem in Zusammenhang mit der extensiven Nutzung chemischer Pflanzenschutzmittel steht. Gleichzeitig häufen sich wissenschaftliche Untersuchungen, die zeigen, dass in Europa unnötig viel chemischer Pflanzenschutz eingesetzt wird. Weder Nahrungsmittelqualität noch Ertragsmenge würden unter einer deutlichen Reduktion der Mengen bei entsprechender Implementierung der Prinzipien des integrierten Pflanzenschutzes erheblich leiden. Diese Position wird auch von der Welternährungsorganisation FAO geteilt.

In Österreich ist laut Grünem Bericht der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel deutlich gestiegen: Während 2013 insgesamt 3.100,8 Tonnen chemischer Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht wurden, waren es 2.0174.626,3 Tonnen. Gleichzeitig haben es viele EU- Mitgliedstaaten geschafft, in ihren Landwirtschaftssektoren deutliche Reduktionen zu erreichen - ohne signifikante Einbußen in der Produktion, Ernährungssicherheit oder Nahrungsmittelqualität. Laut Eurostat ist in folgenden Staaten von 2011 bis 2016 der Verkauf von Pestiziden zurückgegangen: Deutschland (-26,2%), Irland (-16,5%), Italien (-14,3%), Kroatien (-7,2%), die Niederlande (-8,7%) Portugal (-30,3%), Rumänien (-5,4%), Tschechien (-13,0%), Schweden (-19,2%) und Vereinigtes Königreich (-22,8%). Absoluter europäischer Vorreiter ist allerdings Dänemark, wo der Verkauf sowie Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln mehr als halbiert werden konnte. Primärer Grund für diesen Erfolg war ein politischer und gesellschaftlicher Schulterschluss, die Qualität des Wassers sowie die Umwelt zu schützen. Dieser wird mittlerweile auch von Interessensvertreter_innen der Bauern/Bäuerinnen mitgetragen, da eine Kostenersparnis bei gleichzeitiger Aufwertung heimischer Produktion erreicht werden konnte.

Die Erfolge Dänemarks und anderer Staaten zeigen, dass unter unterschiedlichsten Grundvoraussetzungen der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel reduziert werden kann, ohne Nachteile für Landwirt_innen und Konsument_innen. Es besteht auch für Österreich das Potential für eine Win-Win Situation und es liegt nicht zuletzt aus Gründen des Schutzes der Natur und der Artenvielfalt im Interesse der gesamten österreichischen Bevölkerung, eine deutliche Reduktion des Einsatzes von chemischen Pflanzenschutzmitteln zu erreichen. Derzeit spielen aber die Prinzipien des integrierten Pflanzenschutzes beim landwirtschaftlichen Fördersystem trotz der Relevanz für den Schutz der Biodiversität und des Wassers nur eine untergeordnete Rolle.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG


Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus, wird aufgefordert eine Überarbeitung der landwirtschaftlichen Förderstrukturen vorzuschlagen, welcher deutliche Anreize für die Anwendung der Prinzipien des integrierten Pflanzenschutzes sowie für die Reduktion des Einsatzes von chemischen Pflanzenschutzmitteln setzt."

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft vorgeschlagen.