692/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 27.03.2019
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EntschlieSSungsantrag

 

 

der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Öffnung des Österreichischen Bundesheeres für in Österreich ansässige EU-Bürger_innen

 

Während die europäischen Streitkräfte fast ausnahmslos an Personalknappheit leiden, können potenzielle europäische Soldat_innen wegen ihrer Lebenssituation weder in ihrem Heimatland noch in ihrem Gastland dienen. Die Öffnung nationaler Streitkräfte für Bürger_innen anderer EU-Staaten ist deshalb ein kleiner aber richtiger Schritt auf dem Weg zu mehr gewinnbringender Kooperation im Verteidigungsbereich. 

In den Armeen Belgiens und Luxemburgs leisten Bürger_innen anderer EU-Mitgliedstaaten schon seit mehr als zehn Jahren Wehrdienst. Hier können sich EU-Ausländer_innen für den Dienst in allen militärischen Laufbahnen bewerben, sofern sie die gleichen Einstellungsvoraussetzungen erfüllen wie Inländer_innen. Dazu zählen vor allem solide Sprachkenntnisse. Im Falle Luxemburgs müssen ausländische Bewerber_innen außerdem seit mindestens 36 Monaten im Großherzogtum leben. In beiden Streitkräften leisten mittlerweile jeweils ca. 200 Personen aus anderen Mitgliedstaaten Wehrdienst. Auch Irland hat sein Heer für Bürger_innen anderer EU-Staaten geöffnet. In weiteren EU-Staaten ist der Wehrdienst für diese beschränkt möglich (z.B. Frankreich). Deutschland prüfte die Möglichkeit einer Öffnung.

Um die europäischen Partner nicht zu verärgern und tatsächlich die richtige Zielgruppe, nämlich in Österreich lebende EU-Bürger_innen zu erreichen, könnte das Bundesheer wie die luxemburgischen Streitkräfte eine bestimmte Aufenthaltsdauer in Österreich voraussetzen. 

Hier zeigt sich auch, warum die Eingrenzung auf die Gruppe der EU-Ausländer_innen sinnvoll ist. Denn man könnte ja den Dienst in der Bundeswehr auch für alle in Deutschland lebenden Menschen öffnen. Doch dann stünden in bestimmten Konfliktsituationen die Interessen des Gastlandes denen des Herkunftslandes entgegen. Der aktuelle Interessenkonflikt zwischen der Türkei und den anderen NATO-Partnern im Syrienkrieg könnte als Beispiel für eine solche Situation dienen. Darüber hinaus spielen auch praktische Erwägungen eine wichtige Rolle, denn angehende Soldat_innen müssen durch Sicherheitsdienste überprüft werden und ein Führungszeugnis vorlegen. In Belgien hat dieser Umstand die Wehrbehörden zunächst vor Probleme gestellt, die sich dann aber dank der engen Beziehungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten leicht lösen ließen.

Für eine Verwendung im Österreichischen Bundesheer stellt laut Wehrdienstgesetz 2001, Beamten-Dienstrechtsgesetz und Vertragsbedienstetengesetz die österreichische Staatsbürgerschaft eine zwingende Voraussetzung dar. Als Soldat_innen, Bundesbeamt_innen sowie als Vertragsbedienstete sind dementsprechend im Bundesheer keine EU-Bürger_innen ohne österreichische Staatsbürgerschaft tätig.

Gleichzeitig besteht beim Österreichischen Bundesheer ein eklatanter Personalmangel, wie dies laufend vom Heer selbst und zuletzt auch von der Parlamentarischen Bundesheerkommission kritisiert wird. In ihrem Jahresbericht zu 2017 schreibt letztere: "Trotz vieler Initiativen und getätigter Maßnahmen gelingt es nur sehr schwer das Personal aufzustocken. Abgesehen davon, ist es bereits eine große Herausforderung, den Personalstand im ÖBH überhaupt zu halten. Mit knapp über 21.000 Soldatinnen und Soldaten hat das Bundesheer mit den aktuellen Einsätzen im In- und Ausland (Stärke AuslE: 1.037 plus 527 Reserve) und dem sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz (Stärke: 859 davon 233 Miliz und 284 GWD) die Kapazitätsgrenze erreicht."

"[...] die momentan zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel [reichen] nicht aus, um das Vorhaben Personalaufstockung auf 24.400 Bedienstete bis 2020 zu schaffen. Der Mehrbedarf an Personalbudget bis 2020 beläuft sich auf € 337 Millionen. Mit den derzeitigen personellen Strukturen (Personal, Werbemaßnahmen, Aufnahmekriterien etc.) ist der beabsichtigte Personalaufwuchs um 9800 Soldatinnen und Soldaten erst 2035 und nicht wie geplant 2020 erreichbar"

In Österreich leben aktuell 655.200 Personen aus anderen EU-Staaten. Ein nennenswerter Anteil davon könnte grundsätzlich im Österreichischen Bundesheer dienen, wenn dies die gesetzlichen Rahmenbedingungen erlaubten. Die in Österreich lebenden EU-Bürger_innen werden die Personalprobleme des Österreichischen Bundesheeres nicht lösen, aber könnten diese lindern. 

Hinzu kommt, dass österreichische Werte und Interessen in der Sicherheitspolitik sich heutzutage kaum noch von europäischen trennen lassen. Auslandseinsätze werden auf europäischer Ebene gemeinsam bestritten. Ein/e im Österreichischen Bundesheer dienende/r Deutsche/r, Slowene/Slowenin, Tscheche/Tschechin oder Däne/Dänin ist somit kein/e Söldner_in, sondern ein/e europäische/r Soldat_in. 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG


Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Landesverteidigung, wird aufgefordert zu prüfen, unter welchen Bedingungen es möglich und zielführend ist, EU-Bürger_innen anderer Mitgliedstaaten zum Österreichischen Bundesheer zuzulassen."  

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Landesverteidigungsausschuss vorgeschlagen.