710/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 28.03.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS,

Genossinnen und Genossen

betreffend Gemeinsame Agrarpolitik der EU entwicklungspolitisch verträglich gestalten

Die Gemeinsame Agrarpolitik wurde nach dem zweiten Weltkrieg geschaffen, um den Hunger in Europa zu bekämpfen. Heute trägt sie dazu bei, dass Menschen in den Ländern des so genannten Globalen Südens Hunger leiden.

Das derzeitige System der hohen flächenbezogenen Förderungen im Rahmen der Säule 1 der GAP an große Agrarbetriebe führt dazu, dass europäische Agrarprodukte wie Milch, Fleischteile oder Paradeiser auf den Märkten des Südens wesentlich billiger als lokal erzeugte Lebensmittel zu kaufen sind. Daraus ergeben sich negative Folgen für die lokalen Produzentinnen und Produzenten und positive für die europäische Agrarindustrie. Die GAP ist mittlerweile zu einem Instrument für die Förderung der Europäischen Wirtschaft geworden. Einige wenige große Agrarbetriebe profitieren, während Kleinbäuerinnen und Kleinbauern im globalen Süden und in der EU auf der Strecke bleiben. Das Paradigma „Wachsen oder Weichen“ führt dazu, dass in der EU alle drei Minuten ein Bauernhof schließt.

Die Europäische Union hat sich im Artikel 208 des Lissaboner Vertrages zu Politikkohärenz verpflichtet. Unter Politikkohärenz im Sinne der nachhaltigen Entwicklung versteht man, dass keine Politik, auch nicht die Agrarpolitik, das Ziel der nachhaltigen Entwicklung unterlaufen darf. Die Milchproduktion der EU ist ein klares Beispiel, wie die GAP aktuell gegen Politikkohärenz verstößt:

Ein in Burkina Faso produzierter Liter Milch kostet in Burkina Faso 91 Cent. Ein Liter Trinkmilch, die aus Milchpulver aus der EU erzeugt wurde, kostet in Burkina Faso 34 Cent. Die EU-Milch kostet somit ein Drittel der lokalen Milch[1]. Dass unter diesen Umständen die Milchproduktion in Burkina Faso nicht rentabel ist, liegt auf der Hand.

Frauen sind aufgrund struktureller Benachteiligungen besonders betroffen: Trotz ihrer zentralen Rolle in der Produktion von Lebensmitteln sind 60 Prozent aller weltweit Mangelernährten weiblich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus, wird aufgefordert, sich bei den Verhandlungen zu den gesetzlichen Vorgaben der nächsten Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2021 dafür einzusetzen, dass durch die GAP

1.  lokale Märkte der Länder außerhalb der EU nicht mit indirekt hochsubventionierten Produkten überschwemmt werden;

2.  die UN-Erklärung der Rechte von Kleinbäuerinnen, Kleinbauern und anderen am Land arbeitenden Personen nicht durch die GAP zu beeinträchtigen,

3.    die       Klimakrise durch hochindustrialisierte Landwirtschaft nicht weiter befeuert wird;

4.    das      Kohärenzgebot der EU - wie in Artikel 208 des Lissaboner Vertrages und im Österreichischen EZA-Gesetz festgehalten - eingehalten wird und

5.   das Erreichen der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) unterstützt wird.“

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft vorgeschlagen.



[1] Studie der AG Globale Verantwortung: Die Unfaire Milch - Agrar- und Entwicklungspolitik im Widerspruch? 2017