785/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 15.05.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Verankerung von Elternbildung im Mutter-Kind-Pass

Elternschaft in verantwortungsvoller Weise zu leben, stellt eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Diese Aufgabe erfordert Intuition und Einfühlungsvermögen, aber auch gewisse Grundkenntnisse (v.a. der Entwicklungspsychologie) sind sinnvoll, um das Verhalten des Kindes nicht nur auf emotionaler, sondern auch auf kognitiver Ebene erfassen und deuten zu können. Und nicht zuletzt erfordert verantwortungsvolle Erziehung die Bereitschaft, das eigene Verhalten und die eigenen Emotionen zu hinterfragen, um nicht unverarbeitete Erfahrungen aus der eigenen Kindheit unter dem Deckmantel von Intuition an die eigenen Kinder weiterzugeben. Dennoch existieren wohl nur wenige Bereiche, in denen zahllose Menschen eine ähnlich große Verantwortung mit vergleichbar wenig Vorbildung   übernehmen wie bei der Erziehung der eigenen Kinder.[1]

Um diese Chance nutzen zu können, bedürfen Eltern mehr denn je einer Orientierungshilfe  im unüberschaubar gewordenen Dickicht der pädagogischen Trends und Theorien, in dem man auch auf Irrwege geraten kann. Die (institutionelle) Elternbildung bietet Eltern die Möglichkeit eines Informations- und Unterstützungsangebots, das als Wegweiser durch    diese Fülle an Informationen dienen kann und die Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder zu begleiten vermag, die Letztentscheidung aber dennoch bei diesen belässt.[2]

Erziehung ist eine komplexe und anspruchsvolle Aufgabe, die viele Jahre andauert und bei   der verschiedene Phasen durchschritten werden. Erziehung ist aber mehr als permanente Problembewältigung, deshalb wäre es kontraproduktiv, würde man die Notwendigkeit von Elternbildung nur „über eine Defizitzuschreibung an Eltern argumentieren“[3]. Mütter und  Väter brauchen im Erziehungsprozess immer die Rückkoppelung mit anderen Personen. Zudem hat Erziehung „einen kleinräumigen Charakter“. Diese beiden Bedingungen zeigen   sich beispielsweise darin, dass sich Eltern, wenn es um Erziehungsfragen und Familieninterna geht, in erster Linie an ihnen nahestehende Menschen (Partner/Partnerin, Verwandte, Freundeskreis) wenden. Da spielt das Bewusstsein mit, dass es sich bei Erziehung um eine private und intime Angelegenheit handelt. Die bevorzugte Befassung eines vertrauten Personenkreises ergibt sich auch aus der Angst vor einem Gesichtsverlust, wenn man vermeintlich zu große Probleme in der Erziehung nicht zu lösen vermag. Von vielen Eltern werden erst bei gravierenden subjektiv empfundenen Problemen ExpertInnen und Fachleute zu Rate gezogen, wobei dieser Schritt für manche Eltern eine große Überwindung bedeutet.[4] Grundsätzlich werden auch dann am ehesten Menschen konsultiert, die im engeren Umfeld der Hilfesuchenden angesiedelt sind „und zu denen der Kontakt nicht per se als diskriminierend empfunden wird: Lehrer, Erzieher, Ärzte“. Erst wenn auch hier keine Lösung gefunden wird, werden Beratungsstellen nachgefragt.[5]

Wie eine Studie zeigt, ist jedoch davon auszugehen, dass in Österreich lediglich 5% der Eltern (mit Kindern bis 15 Jahre) diese Orientierungshilfe auch in Anspruch nehmen.[6] Was ist aber mit dem weitaus überwiegenden Teil der Mütter und Väter, bei denen dies nicht der Fall ist?

Dabei zeigt der Forschungsbericht des ÖIF (Buchebner-Ferstl et al. 2011), dass eine grundsätzliche Ablehnung von Angeboten der institutionellen Elternbildung die Ausnahme darstellt und prinzipiell der Großteil der Eltern unter bestimmten Umständen den Besuch einer Veranstaltung in Betracht ziehen würde. Einige der Gründe, warum Elternbildungsangebote nicht angenommen werden, sind etwa die schlechte Erreichbarkeit bzw. zu hohe Kosten, und hier besteht die Möglichkeit für die Politik, durch den flächendeckenden Ausbau der Angebote, sowie durch finanzielle Unterstützung für die Inanspruchnahme für Verbesserungen zu sorgen.

Eine Möglichkeit wäre es, die Elternbildung künftig im Mutter-Kind-Pass zu verankern. Elternbildung dient dem Wohle der gesamten Familie, daher gilt es, noch mehr Eltern so früh wie möglich zu erreichen und Ihnen Tipps und Informationen rund um die Erziehung bieten  zu können. Integriert man die Angebote der Elternbildung in den Mutter-Kind-Pass, können  so früh wie möglich und nahezu alle werdenden Eltern erreicht werden. Mit dem flächendeckenden Instrument des Mutter-Kind-Passes könnten alle Eltern bereits vor Geburt des Kindes - also in einem Zeitfenster, in dem sie ein besonderes Bedürfnis nach Information haben - erreicht werden und für den Start in eine neue Lebensphase ein Stück mehr  Sicherheit bekommen. Mit Hilfe der Familienberatungsstellen, Eltern-Kind-Zentren und   vielen weiteren Einrichtungen kann ein niederschwelliges und attraktives Elternbildungsangebot verstärkt angeboten werden, das durch den Mutter-Kind-Pass (z.B. Gutscheine) eine entsprechende Nachfrage erfährt.

         Vom Oberösterreichischen Landeshauptmann-Stv. Manfred Haimbuchner wurde im Jahr 2018 bei der Konferenz der Landesfamilienreferentlnnen in St. Pölten auch    schon ein Antrag eingebracht, der auch einstimmig angenommen wurde.[7]

         Auch andere Institutionen, wie etwa der Familienbund, signalisieren Unterstützung: „Elternbildung soll im Mutter-Kind-Pass verankert werden, um die Mütter und Väter für den Kraftakt Erziehung zu stärken. Der Besuch entsprechender Veranstaltungen oder Kurse möge tunlichst mit einem finanziellen Anreiz verbunden sein.“[8]

 

 

 

 

         Auch Wolfgang Mazal, Leiter des Instituts für Familienforschung, spricht sich für den Vorschlag aus: "Und man könnte dann über den Mutter-Kind-Pass auch die Elternbildung fördern und Elternbildungsgutscheine dazulegen !“[9]

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie und Jugend, wird aufgefordert, die Möglichkeit einer Stärkung der Elternbildung über den Mutter-Kind- Pass durch finanzielle Anreize sowie einen flächendeckenden Ausbau der Angebote zu prüfen und umzusetzen."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Familie und Jugend vorgeschlagen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



1              Buchebner-Ferstl, Sabine; Baierl, Andreas; Kapella, Olaf; Schipfer, Rudolf Karl (2011): Erreichbarkeit von Eltern in der Elternbildung. Forschungsbericht Nr. 8 (2011) Österreichisches Institut für Familienforschung, Wien, S. 12.

[2] Ebd.

[3] Pruner, Daniela (2001): Elternbildung - Eine Möglichkeit, Eltern in ihrer Erziehungsaufgabe zu unterstützen. Am Beispiel eines erfolgreichen Projektes zur Elternbildung der Oberösterreichischen Kinderfreunde. Dipl.-Arbeit, Universität Wien, S 64.

[4] Smolka, Adelheid (2002): Beratungsbedarf und Informationsstrategien im Erziehungsalltag. Ergebnisse einer Familienbefragung zum

[5] Buchebner-Ferstl, Sabine; Baierl, Andreas; Kapella, Olaf; Schipfer, Rudolf Karl (2011): Erreichbarkeit von Eltern in der Elternbildung. Forschungsbericht Nr. 8 (2011) Österreichisches Institut für Familienforschung. Wien. S. 12.

[6] Klepp, Doris; Buchebner-Ferstl, Sabine, Cizek, Brigitte; Kaindl, Markus (2008): Elternbildung in Österreich. Evaluierung der Elternbildungsveranstaltungen 2006. Wien, ÖIF-Working Papers, 70.

[7] Vgl, https://www.fpoe-ooe.at/elternbildung-im-mutter-kind-pass-verankern/.

[8] Salzburger Nachrichten, 29.8.2018.

[9] https://derstandard.at/2000001774790/Mutter-Kind_Pass-Experten_fuer-Erweiterung.