798/A XXVI. GP

Eingebracht am 15.05.2019
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Antrag

 

der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss und Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz)  geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz), BGBl. Nr. 304/1978, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 58/2018, wird wie folgt geändert:

 

"In § 17 wird folgender neuer Absatz 1a eingefügt:

Kann nach diesem Recht die Ehe nur aufgrund der Tatsache der Gleichgeschlechtlichkeit der Verlobten nicht geschlossen werden, so ist diese Voraussetzung der Eheschließung nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem sie begründet wird."

Begründung

Ehe für alle - auch im IPRG

Seit 1. Jänner 2019 können auch gleichgeschlechtliche Paare in Österreich heiraten.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 4. Dezember 2017 jene gesetzlichen Regelungen aufgehoben, die diesen Paaren den Zugang zur Ehe bisher verwehrten. Der Gerichtshof begründete diesen Schritt mit dem Diskriminierungsverbot des Gleichheitsgrundsatzes. Die Aufhebung trat mit Ablauf des 31. Dezember 2018 in Kraft. Gleichzeitig steht dann die eingetragene Partnerschaft auch verschiedengeschlechtlichen Paaren offen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Bestimmungen über Ehe und eingetragene Partnerschaft von Amts wegen einer Prüfung unterzogen. Anlass des Verfahrens war die Beschwerde von zwei Frauen, die in eingetragener Partnerschaft leben und die Zulassung zur Begründung einer Ehe beantragt haben. Dieser Antrag wurde vom Magistrat der Stadt Wien und in der Folge vom Verwaltungsgericht Wien abgelehnt.

Das Eingetragene Partnerschaft-Gesetz (EPG) wurde 2009 beschlossen und trat 2010 in Kraft. Der Gesetzgeber verfolgte damals das Ziel, die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare abzubauen, blieb aber vor dem Hintergrund eines „bestimmten traditionellen Verständnisses“ bei zwei verschiedenen Rechtsinstituten, eben der Ehe und der eingetragenen Partnerschaft.

Seither ist die eingetragene Partnerschaft der Ehe immer weiter angenähert worden, sodass die beiden Rechtsinstitute einander heute sowohl von der Ausgestaltung als auch von den Rechtsfolgen her trotz „vereinzelt bestehender Unterschiede“ weitgehend entsprechen. Die jüngere Rechtsentwicklung ermöglicht insbesondere eine gemeinsame Elternschaft auch gleichgeschlechtlicher Paare: Gleichgeschlechtliche Paare dürfen Kinder (gemeinsam) adoptieren und die zulässigen Formen medizinisch unterstützter Fortpflanzung gleichberechtigt nutzen.

Die Unterscheidung in Ehe und eingetragene Partnerschaft lässt sich heute aber nicht aufrechterhalten, ohne gleichgeschlechtliche Paare zu diskriminieren. Denn die Trennung in zwei Rechtsinstitute bringt zum Ausdruck, dass Menschen mit gleichgeschlechtlicher sexueller Orientierung nicht gleich den Personen mit verschiedengeschlechtlicher Orientierung sind.

In dem Erkenntnis heißt es dazu wörtlich: „Die damit verursachte diskriminierende Wirkung zeigt sich darin, dass durch die unterschiedliche Bezeichnung des Familienstandes (‚verheiratet‘ versus ‚in eingetragener Partnerschaft lebend‘) Personen in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft auch in Zusammenhängen, in denen die sexuelle Orientierung keinerlei Rolle spielt und spielen darf, diese offen legen müssen und, insbesondere auch vor dem historischen Hintergrund, Gefahr laufen, diskriminiert zu werden.“

Der Gerichtshof kam daher zu folgendem Schluss: „Die gesetzliche Trennung verschiedengeschlechtlicher und gleichgeschlechtlicher Beziehungen in zwei unterschiedliche Rechtsinstitute verstößt damit gegen das Verbot des Gleichheitsgrundsatzes, Menschen auf Grund personaler Merkmale wie hier der sexuellen Orientierung zu diskriminieren.“

Die Aufhebung umfasst die Wortfolge „verschiedenen Geschlechtes“ in den Regelungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) zur Ehe sowie jene Bestimmungen im EPG, die die eingetragene Partnerschaft auf gleichgeschlechtliche Paare beschränken. Damit stehen nach der Aufhebung die Ehe und die eingetragene Partnerschaft sowohl gleich- als auch verschiedengeschlechtlichen Paaren offen.

Derzeit besteht aufgrund der geltenden Kollisionsrechtslage im IPRG für gleichgeschlechtliche Paare mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit erhebliche Rechtsunsicherheit und Rechtsungleichheit.

Die Voraussetzungen der Eheschließung werden derzeit gem § 17 IPRG nach dem Personalstatut, dass bedeutet idR nach der Staatsangehörigkeit jedes/jeder Verlobten beurteilt.

Das bedeutet in Folge: Kennt die Rechtsordnung des Herkunftsstaates eines Verlobten die gleichgeschlechtliche Ehe nicht, so steht das einer Eheschließung in Österreich entgegen.

Das führt zur absurden Situation, dass ein/e Österreicher_in zwar eine/n Niederländer_in ehelichen kann. Die Eheschließung ist hingegen nicht möglich, wenn der/die gleichgeschlechtliche Partner_in zum Beispiel aus Ungarn stammt, das die gleichgeschlechtliche Ehe nicht kennt bzw. sie verbietet.

Allenfalls ließe sich die gleichgeschlechtliche Eheschließung über die Anwendung der Vorbehaltsklausel ("ordre public-Klausel") des § 6 IPRG herbeiführen. Demnach wäre eine Bestimmung des fremden Rechtes nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle wäre erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Sachrechtes anzuwenden.

Ob die Vorbehaltsklausel im Falle der "Ehe für alle" auch greifen würde, ist zwar im Lichte des VfGH Entscheids grundsätzlich denkbar, unterliegt aber am Ende der Auslegung durch den Obersten Gerichtshof. Im Ergebnis besteht für die betroffenen Paare erhebliche Rechtsunsicherheit. Diese Rechtsunsicherheit gilt es zu beseitigen.

Der Gleichheitssatz bindet den Gesetzgeber. Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen. Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung annimmt, gebietet der allgemeine Gleichheitssatz, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln. Verwehrt sind dem Gesetzgeber Differenzierungen, „die nicht aus entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen abgeleitet“ werden können. (siehe Pöschl, Gleichheit Vor Dem Gesetz, Forschungen Aus Staat Und Recht, Vol. 147 (2008) 520 ff.)

Es besteht kein sachlicher Grund, unter sonst gleichen Voraussetzungen, Paare mit unterschiedlicher Nationalität im Zugang zur gleichgeschlechtlichen Ehe rechtlich schlechter zu stellen, als rein österreichische Paare.

Die bestehende Differenzierung ist daher unsachlich und verstößt gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz bzw. das verfassungsrechtliche Sachlichkeitsgebot.

Um die "Ehe für Alle" in Entsprechung des Entscheids des österreichischen Verfassungsgerichtshofes auch jenen Paaren rechtssicher und diskriminierungsfrei zugänglich zu machen, bei denen ein Teil aus einem Staat stammt, der die gleichgeschlechtliche Ehe nicht (aner)-kennt, braucht es diese Gesetzesänderung. Sie ist im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes (Art 7 B-VG) sowie des europarechtlichen Diskriminierungsverbots (Art 18 AEUV) auch dringend geboten.

Die vorgeschlagene Gesetzesänderung sieht für alle Ehen eine einheitliche Kollisionsnorm vor, die nicht zwischen gleich- und verschiedengeschlechtlicher Ehe unterscheidet. Außerdem werden nicht alle Ehevoraussetzungen dem Personalstatut entzogen. Allein die bestehende Gleichheitswidrigkeit wird beseitigt.

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen‚ diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Justizausschuss zuzuweisen.