813/A XXVI. GP

Eingebracht am 15.05.2019
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Antrag

 

der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Dr.in Alma Zadic

KollegInnen

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (Zinsenstoppgesetz)

 

Der Nationalrat wolle beschließen

 

Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (Zinsenstoppgesetz)

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Konsumentenschutzgesetz BGBl Nr. 140/1979, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 58/2018, wird wie folgt geändert:

 

1. Nach § 6 Abs 1 Z 13 werden folgende Bestimmungen eingefügt:

 

            „Z 13a die im Fall des Verzuges des Verbrauchers zu zahlenden Zinsen regelmäßig kapitalisiert und mit weiteren Zinsen belastet werden;

 

            Z 13b , sofern Zinsen eingeklagt werden, Zinseszinsen vom Tag der Streitanhängigkeit von mehr als vier von Hundert auf ein Jahr entrichtet werden müssen;

 

            Z 13c ein Gläubiger für den Fall der Überziehung eines dem Verbraucher eingeräumten Überziehungsrahmens auf einem Girokonto höhere Zinsen verlangen kann, als fünf Prozentpunkte pro Jahr über dem Basiszinssatz gemäß § 456 UGB.“

 

2. Nach § 6c wird folgende Bestimmung eingefügt:

 

            „§ 6d (1) Sind Zinsen aus einer titulierten Forderung bis auf den Betrag der Hauptschuld angestiegen, so erlischt das Recht, von der titulierten Forderung weitere Zinsen zu verlangen.

 

            (2) Zahlungen des Verbrauchers auf eine Schuld sind zuerst auf das Kapital, dann auf die zugesprochenen Verfahrenskosten und zuletzt auf die Zinsen anzurechnen.“

 

3. Nach § 39 Abs 2 Z 5 wird folgende Z 6 angefügt:

 

            „Z 6 § 6 Abs 1 Z 13b, 13b und 13 c sowie § 6d sind auch auf bestehende Verträge nach § 1 anzuwenden.

 

4. Nach § 41a Abs 33 wird folgender Abs 34 angefügt:

 

            „(34) §§ 6 Abs 1 Z 13a, 13b, 13c, § 6d und § 39 Abs 2 Z 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 treten am xx.xx.xxxx in Kraft.“

Begründung

 

In einer Presseaussendung vom 9.5.2019 mit dem Titel „Schuldenreport 2019 – 

Was braucht es im Kampf gegen Überschuldung?“ stellt die Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungen fest:

 

„Nach nicht einmal acht Jahren haben sich Schulden in einem zügellosen System der Schuldeneintreibung durchschnittlich nahezu verdreifacht. Es ist weder für Außenstehende noch für die Betroffenen selbst nachvollziehbar, wie – in einem realen Beispiel aus Kärnten – aus 6.900 Euro Schulden nach dreizehn Jahren 272.000 Euro werden können, das 39fache des ursprünglichen Kapitals. 90 % dieses Schuldenberges sind Zinsen.“

 

In einem Fact-Sheet zur Presseaussendung werden folgende Beispiele vorgelegt:

 

 

Dieses exorbitante Anwachsen von Schulden findet zudem in einer Niedrigzinsphase statt.
In Reaktion auf zwei Rezessionen (in den Jahren 2009 sowie 2012/13) senkte das Eurosystem den Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte schrittweise auf ein historisch niedriges Niveau von 0 %. Haben-Zinsen auf Sparkonten bewegen sich um die 0 %. Dementsprechend günstig können sich Gläubiger – insbesondere Banken – refinanzieren. In diesem Zinsumfeld sind

·        Verzugszinsen um die 10 Prozent p.a.

·        Überziehungszinsen um die 13 Prozent p.a.

·        titulierte Forderungen (Urteile, Vergleiche, ...) aus Ende der 1990-iger Jahre mit vertraglich vereinbarten Verzugszinsen von über 20 Prozent p.a.

schlicht unangemessen.

 

Diese Zinsen decken weit mehr als den Schaden des Gläubigers aus dem Verzug des Schuldners ab. Wenn der Schuldner seine Schulden abstottert, dann erzielt der Gläubiger eine völlig unangemessene Bereicherung.

 

Dagegen geraten viele Schuldner durch die hohen Zinsen und Mahnspesen häufig in eine „lebenslange Schuldknechtschaft“.

 

Zwar gibt es den Ausweg in den nunmehr erleichterten Privatkonkurs mit einem gesetzlich verordneten Zinsenstopp, doch nehmen viele Schuldner diese Möglichkeit mangels Kenntnis oder aus Scham nicht in Anspruch. Weiter kann es bei Vorliegen bestimmter Gründe zu einer Abweisung des Abschöpfungsverfahrens kommen (§ 201 InsO).

 

Um daher – gerade in der Niedrigzinsphase – völlig unangemessene Zinszahlungen hintanzuhalten, müssen weitere Maßnahmen zu einem Zinsstopp beschlossen werden, um

Verbrauchern eine lebenslange Schuldknechtschaft zu ersparen:

 

·        Keine Kapitalisierung von Zinsen, weil das de facto zu Zinseszinsen und einer Zinsenspirale führt (§ 6 Abs 1 Z 13a KSchG).

·        Limitierung der gesetzlichen Zinsen im Urteil auf 4 Prozent p.a. (§ 6 Abs 1 Z 13b KSchG).

·        Limitierung der Überziehungszinsen bei Girokonten auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (dzt 0,62 % p.a.) (§ 6 Abs 1 Z 13c KSchG).

·        Ausdehnung des § 1335 ABGB (Zinsenstopp, wenn Zinsen – vor einer Klage – die Hauptschuld übersteigen) auch auf Zinsen, die in Urteilen oder Vergleichen zugesprochen wurden (§ 6d Abs 1 KSchG).

·        Zahlungen des Schuldners immer zuerst auf Kapital, Kosten und erst danach auf Zinsen anrechnen (§ 6d Abs 2 KSchG).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen, den Antrag ohne erste Lesung dem Ausschuss für Konsumentenschutz zuzuweisen.