851/A XXVI. GP

Eingebracht am 27.05.2019
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Antrag

 

des Abg. Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen

 

 

betreffend ein Verfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz   (B-VG), zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 14/2019, durch Schaffung einer Bundeskompetenz für Naturschutz geändert wird.

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes

 

Das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 (WV) idF BGBl. I Nr. 194/1999 (DFB), zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 14/2019, wird wie folgt geändert:

 

 

 

In Art. 10 Abs. 1 Ziffer 10 wird nach dem Wort „Bergwesen;“ folgendes Wort eingefügt:

 

„Naturschutz;“

 

 

 

Begründung

 

 

Die Kompetenzbestimmung soll die Schaffung eines Bundesnaturschutzgesetzes ermöglichen. Der derzeit aufgrund der Generalklausel (Art 15 B-VG) in die Kompetenz der Länder fallende Naturschutz kann ganz offensichtlich durch diese nicht zureichend gewährleistet werden: Ein Einbremsen – geschweige denn eine Umkehr – des derzeit rasant fortschreitenden Verschwindens von Insekten (rund 75 %) und wild lebenden Wirbeltieren in Österreich (70 % in den letzten 30 Jahren),[1] ist nicht in Sicht. Die bis jetzt getroffenen Maßnahmen erscheinen aus ExpertInnensicht auch keineswegs dazu geeignet. Durch den massiven Verlust an Tier-Individuen sind ganze Populationen in Gefahr und in letzter Konsequenz die Arten als solche vom Aussterben bedroht. Die Umsetzung der EU-Artenschutzrichtlinien gelingt in Österreich nicht: Zu Beginn dieser Legislaturperiode stellte die EU-Kommission auf Basis des Natura-2000-Programms an Österreich die Forderung nach Hunderten neuen Schutzgebieten.[2] Ebenso werden die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie, bis 2027 alle Oberflächengewässer in einen guten ökologischen Zustand zu bringen bzw – wo vorhanden – diesen zu erhalten, aus heutiger Sicht verfehlt werden.[3] Der Schutz der Lebensräume für Tiere und Pflanzen kann gerade unter den durch den Klimawandel verschärften Bedingungen nur durch entschlossenes bundesweites Vorgehen gelingen. Vor allem erfordert die von der FFH-Richtlinie der EU geforderte Vernetzung der Natura 2000-Gebiete (zB durch Errichtung verbindender Landschaftselemente in Form von Grünlandkorridoren oder natürlichen Uferböschungen entlang der Fließgewässer) eine länderübergreifende Planung. Daher kann nur ein Bundesnaturschutzgesetz die bislang gescheiterte Umsetzung der europaweiten Naturschutzbestrebungen in bundesweit koordinierter Form ermöglichen.

 

 

 

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen, diesen Antrag unter Verzicht auf eine erste Lesung dem Verfassungsausschuss zuzuweisen.

 

 

 



[1] APA0120 5 Cl 0523 XI vom 20. Nov. 2018 (der Rückgang der Insekten-Biomasse um 75 Prozent ist für Deutschland dokumentiert).

[2] https://www.kleinezeitung.at/lebensart/5313465/Natura-2000_Bruessel-verliert-beim-Naturschutz-die-Geduld-mit.

[3] Umweltdachverband: Positions- und Forderungspapier: „Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in Österreich“, einstimmig beschlossen von der Vollversammlung am 13. 10. 2016 in Linz.