854/A XXVI. GP

Eingebracht am 27.05.2019
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

ANTRAG


der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird, sodass die Tötung männlicher Küken aus rein wirtschaftlichen Gründen verboten wird.

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG) geändert wird

Der Nationalrat hat beschossen:

Das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG) vom 28. September 2004, BGBl. I Nr. 118/2004, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 86/2018, wird wie folgt geändert:

 

1.    In § 6 Abs. 1 wird an den bestehenden Satz 1 folgender Satz 2 angefügt:

„Das Töten männlicher Küken aus rein wirtschaftlichen Gründen ist verboten.“

 

2.    In § 44 wird nach Abs. 27 folgender Abs. 27a eingefügt:

„(27a) § 6 Abs. 1 Satz 2 tritt mit 1. Jänner 2022 in Kraft.“

 

BEGRÜNDUNG

Im Jahr 2014 wurden laut der Tierschutzorganisation VIER PFOTEN in Österreich etwa 9,4 Mio. Küken getötet, dabei handelt es sich um sogenannte Eintagsküken. Auch im Jahr 2016 waren es laut VGT 9,3 Mio. männliche Küken, welche sofort nach dem Schlüpfen getötet wurden.

Im Bereich der Hochleistungs-Legerassen sind männliche Küken unerwünscht, da sie weder Eier legen, noch gewinnbringend für die Fleischproduktion verwendet werden können. Sie werden also aus rein wirtschaftlichen Gründen, genauer gesagt zur Vermeidung von Verlusten, aussortiert – und dies auf oft grausame Art und Weise. Die männlichen Küken landen sofort nach dem Schlüpfen entweder lebendig im Schredder, werden mittels Gaszufuhr erstickt oder werden sogar einfach in der Mülltonne entsorgt.

Gemäß § 6 Abs 1 des Tierschutzgesetzes (TSchG) ist es verboten, Tiere ohne vernünftigen Grund zu töten. Wirtschaftliche Interessen sollten keinen vernünftigen Grund darstellen dürfen, um das massenhafte Töten von männlichen Küken zu erlauben. Der Tierschutz bzw. das Wohlergehen der Tiere muss in dieser Hinsicht überwiegen.

Des Weiteren ist es auch ethisch nicht zu vertreten, dass alleine in Österreich Millionen von Küken jährlich kurz nach dem Schlüpfen auf grausame Art getötet werden. In der Produktion von Eiern und Geflügelfleisch findet das Tierwohl kaum Beachtung, es geht rein um die Effizienz und somit um den Profit.

Im Bereich der Bio-Eierproduktion ist das Töten der männlichen Küken bereits Geschichte, denn dort dürfen die männlichen Küken aufgrund einer brancheninternen Vereinbarung nicht mehr sofort nach ihrem Schlüpfen getötet werden, sondern dürfen einige Wochen lang leben. Dieses Beispiel zeigt, dass unnötige Grausamkeiten in der Tierhaltung vermeidbar sind.

Möglichkeiten, um dem qualvollen Tod von männlichen Küken ein Ende zu setzen, wären beispielsweise folgende:

·        Zweinutzungshühner: Diese können sowohl zur Fleisch- als auch zur Eierproduktion herangezogen werden.[1]

·        Bruderhahnaufzucht: Dabei handelt es sich um die Brüder der Legehennen der Hochleistungsrassen. Bei der Bruderhahnaufzucht werden auch die Hähne aufgezogen.[2]

·        Spektroskopische Untersuchung: Forscher aus Sachsen haben dieses schnelle Geschlechtsbestimmungsverfahren entwickelt, bei welchem das kurz bebrütete Ei mit Licht bestimmter Wellenlänge bestrahlt wird. Es kommt dann zu einer Analyse der von den Blutgefäßen reflektierten und transmittierten Strahlen.[3]

·        SELEGGT-Verfahren: Basiert auf der endokrinologischen Geschlechtsbestimmung im Brutei (nähere Beschreibung siehe unten).

Erst im April 2019 hat der Tagesspiegel berichtet, dass die deutsche Bundeslandwirtschafts­ministerin Julia Klöckner ein baldiges Verbot des millionenfachen Tötens männlicher Küken für möglich hält. Ihren Ausführungen zufolge soll das Kükenschreddern verboten sein, sobald das Verfahren zur Geschlechtsbestimmung allgemein verfügbar ist. Diese Methode, mit der man das Geschlecht bereits im Hühnerei bestimmen kann, soll im kommenden Jahr allen Brütereien in Deutschland zur Verfügung stehen. Sobald das Verfahren serienreif sei, greife dann auch das Tierschutzgesetz, nach welchem Wirbeltiere ohne vernünftigen Grund nicht getötet werden dürfen. Auch sie ist der Ansicht, dass das Schreddern von Küken ethisch nicht vertretbar ist und so schnell wie möglich beendet werden muss. Durch die Geschlechtsbestimmung im Ei unterbleibt das Ausbrüten und somit die Tötung von Millionen männlicher Küken aus rein wirtschaftlichen Gründen.[4] Das SELEGGT-Verfahren basiert auf der endokrinologischen Geschlechtsbestimmung im Brutei, welche automatisiert wurde und dadurch in naher Zukunft in jeder Brüterei Anwendung finden kann. Bei diesem Verfahren wird zunächst kontrolliert, ob das neun Tage bebrütete Ei befruchtet ist. Bei den befruchteten Eiern wird mit Hilfe eines Lasers ein feines Loch in der Schale erzeugt und eine minimale Menge der Allantois-Flüssigkeit entnommen. Diese Entnahme geschieht jedoch non-invasiv und hat somit keine negativen Folgen für das Brutei. Das Innere des Bruteis bleibt somit unversehrt. In dieser Flüssigkeit befindet sich bei einem weiblichen Brutei Östronsulfat, ein weibliches Geschlechtshormon. Die Flüssigkeit wird in einen patentierten Marker gegeben, welcher auf das Östronsulfat durch Farbumschlag reagiert. Anhand dieses Farbumschlages können die Bruteier dann in männliche und weibliche sortiert werden. Das kleine Loch muss auch nicht mehr verschlossen werden, da sich die innere Eimembran selbstständig wieder schließt.[5]

Um ausreichend Zeit für die Implementierung dieses Verfahrens bzw für die Umstellung auf eine andere Methode, welche das Töten der männlichen Küken verhindert, für die österreichischen Betriebe zu schaffen, soll diese Bestimmung erst mit 1. Jänner 2022 in Kraft treten.

 

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen, diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Gesundheitsausschuss zuzuweisen.

 



[1] https://vgt.at/projekte/legehennen/fakten.php.

[2] https://vgt.at/projekte/legehennen/fakten.php.

[3] https://www.msn.com/de-de/nachrichten/wissenundtechnik/kükenschreddern-bald-passé-forscher-präsentieren-ausweg/ar-AAzmUwV.

[4] https://www.tagesspiegel.de/politik/tierschutz-julia-kloeckner-kuendigt-verbot-von-kuekenschreddern-an/24229298.html

[5] http://www.seleggt.de/seleggt-verfahren-technologie-2/ .