912/A XXVI. GP

Eingebracht am 13.06.2019
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Antrag

 

 

der Abgeordneten Wolfgang Zinggl, Freundinnen und Freunde,

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz und das Wohnungseigentumsgesetz geändert werden

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz und das Wohnungseigentumsgesetz geändert werden

 

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Artikel 1

Änderung des Mietrechtsgesetzes

 

Das Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 1983/135, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz
BGBl. I Nr. 58/2018, wird wie folgt geändert:

 

1.   Im § 1 Abs. 2 entfällt die Z 5.

2.   Im § 1 Abs. 4 Z 2 wird nach dem Wort „Aufbau“ die Wortfolge „ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel“ eingefügt.

3.   Im § 1 Abs. 4 Z 2a wird nach dem Wort „Zubau“ die Wortfolge „ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel“ eingefügt.

4.   Im § 1 Abs. 4 Z 3 wird nach dem Wort „das“ die Wortfolge „ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel“ eingefügt.

5.   Im § 1 Abs. 4 Z 3 wird der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und danach folgende Z 4 eingefügt:

„4. Mietgegenstände in einem Gebäude, das ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichtet worden ist, mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten, wobei Räume, die nachträglich durch einen Ausbau des Dachbodens geschaffen wurden oder werden, nicht zählen.“

 

6.   Im § 16 Abs. 3 wird die Wortfolge „von 0,33 vH“ durch die Wortfolge „von 0,1 vH“ ersetzt.

7.   Im § 21 Abs. 1 entfallen die Z 5, die Z 6 und die Z 7.

8.   Im § 21 entfällt der Abs. 2.

9.   § 22 wird aufgehoben.

10. § 29 Abs. 1 Z 3 lit. b) lautet:

„b) bei Wohnungen eine bestimmte Vertragsdauer wegen eines qualifizierten Grundes im Sinne des Abs. 2a schriftlich vereinbart worden ist,“

11. § 29 Abs. 1 Z 3a entfällt.

12. Im § 29 wird nach Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Bei Wohnungen ist die Vereinbarung einer bestimmten Vertragsdauer nur zulässig, wenn 

a)      der Vermieter die Wohnung für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie unmittelbar nach Ende der vereinbarten Vertragsdauer nutzen will oder

b)      die Wohnung unmittelbar nach Ende der vereinbarten Vertragsdauer (alleine oder gemeinsam mit anderen Räumlichkeiten) durchgreifend erneuert oder das Gebäude abgebrochen werden soll.“

13. § 29 Abs. 4 lautet:

„(4) Tritt der Grund der Befristung erst später als vereinbart ein, so kann der Mieter eine Verlängerung des Mietverhältnisses um einen entsprechenden Zeitraum verlangen. Entfällt der Grund, so gilt der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit erneuert. Die Beweislast für den Eintritt des Befristungsgrundes und die Dauer der Verzögerung trifft den Vermieter.“

14. Am Ende des § 36 wird folgender Satz angefügt:

„Dasselbe gilt, wenn der Vermieter im Falle einer Befristung gem. § 29 Abs. 1 Z 3 lit. b für die Rückstellung des Mietgegenstandes einen gerichtlichen Exekutionstitel erwirkt und den Mietgegenstand nach Räumung anderweitig verwertet.“

15. Nach § 49h wird folgender § 49i samt Überschrift eingefügt:

 

 „Übergangsregelung zum BGBl. I Nr. xx/xxxx

§ 49i. (1) Die Änderungen der §§ 1, 16, 21, 22, 29 und 36 durch BGBl. I Nr.  xx/xxxx  treten mit 1. Oktober 2019 in Kraft.

(2) Eine vor dem 1. Oktober 2019 geschlossene und nach den damaligen Bestimmungen rechtswirksame Vereinbarung über die Befristung eines Mietverhältnisses bleibt rechtswirksam. Eine nach den damaligen Bestimmungen rechtsunwirksame Befristung bleibt rechtsunwirksam.

(3) Die Neuregelung der Bestimmungen der §§ 21 und 22 sind erstmals für Abrechnungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2019 beginnen, anzuwenden.“

 

Artikel 2

Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes

 

Das Wohnungseigentumsgesetz, BGBl. Nr. I Nr. 70/2002, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz
BGBl. I Nr. 58/2018, wird wie folgt geändert:

 

1.   Im § 4 entfällt Abs. 3.

2.   Nach § 4 wird § 4a samt Überschrift eingefügt:

„Rechte des Mieters eines Wohnungseigentümers

§ 4a. Der Hauptmieter des Wohnungseigentumsobjekts kann mietrecht­liche Ansprüche, die sich auf die allgemeinen Teile der Liegenschaft oder auf die Liegenschaft als Gesamtheit beziehen, ungeachtet der Rechtsstellung des Wohnungseigentümers als Vermieter auch gegen die Eigentümergemein­schaft geltend machen. Dasselbe gilt für mietrechtliche Ansprüche, die sich auf das Innere des Wohnungseigentumsobjektes beziehen, sofern die Eigen­tümergemeinschaft gemäß § 28 Abs. 1 zu deren Erfüllung verpflichtet ist.“



3.   Nach § 58e wird folgender § 58f samt Überschrift eingefügt:

 

 „Übergangsregelung zum BGBl. I Nr. xx/xxxx

§ 58f. (1) Die Änderungen der §§ 4 und 4a durch BGBl. I Nr.  xx/xxxx  treten mit 1. Oktober 2019 in Kraft.

 

 

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Begründung:

Die Wohnkosten sind in den vergangenen Jahren regelmäßig viel stärker als die allgemeine Inflationsrate gestiegen. Dies betrifft insbesondere jene Personen, die neue Mietverträge abschließen. Neben jungen Menschen sind dies auch all jene Personen, die infolge der Vergabe bloß befristeter Mietverträge alle drei oder vier Jahre einen neuen Mietvertrag abschließen müssen.

Die vorliegende Gesetzesinitiative ist keine Neuordnung des Mietrechts, sondern versucht einzelne Punkte zu Gunsten der sozial Schwächeren, nämlich der Mieterinnen und Mieter, zu verbessern.

 

 

Im Einzelnen:

Z. 1 bis 5 (§ 1 MRG)

Mit der Neuregelung wird sichergestellt, dass Mietverhältnisse über gefördert errichtete Wohnungen auch langfristig im Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes bleiben. Es ist nicht einzusehen, dass aufgrund der bisherigen Rechtslage mit öffentlichen Wohnbauförderungsmitteln errichtete Wohnungen auf dem „freien Markt“ ohne gesetzliche Regelungen zu Mietzins und Betriebskosten vermietet werden können und teilweise auch zu Spekulationsobjekten „verkommen“.

Der Entfall der Kündigungsschutzbestimmungen bei der Vermietung von Ein- und Zweifamilienhäusern ab 1. Jänner 2002, eingeführt mit der MRN 2001, hat sich als nicht zweckentsprechend erwiesen. Deshalb wird für diese Mietverhältnisse wiederum der Teilanwendungsbereich des MRG (§ 1 Abs. 4 MRG) vorgesehen.

Z. 6 (§ 16 Abs. 3 MRG)

Das mit dem 3. WÄG eingeführte Richtwertsystem bei Neuvermietungen sieht im § 16 Abs. 3 MRG einen  Lagezuschlag vor, der bis zu 0,33 vH der Differenz zwischen dem der Richtwertermittlung zugrunde gelegten Grundkostenanteil und dem der Lage des Hauses entsprechenden Grundkostenanteil je Quadratmeter Nutzfläche betragen darf.

In den Materialien zum 3. WÄG (AB 1268 BlgNR 18. GP) wird dazu ausgeführt, dass Berechnungsgrundlage für diesen Wert eine angenommene Ertragskomponente für den Vermieter von rund 4 vH war. In concreto 3,96% pro Jahr ergibt 0,33% pro Monat und Quadratmeter.

Zum Vergleich: In dieser Periode (1993 – 1994) konnte Kapital jedoch in Anleihen mit einem Zinssatz von 6,5% bis 7% risikoarm veranlagt werden. Die dem Lagezuschlag zugrunde gelegte Ertragkomponente sollte Vermieter dazu bringen, ihr Kapital (mit vergleichsweise geringerem Ertrag) auch in Häuser zu investieren.

Seit 1993/94 haben sich die Bedingungen auf den Kapitalmärkten völlig geändert. Heute bekommen Anleger bei der Zeichnung von Staatsanleihen knapp 1% Zinsen p.a. Dem Lagezuschlag liegt aber noch immer eine rechnerische Ertragskomponente von knapp 4% zugrunde.

Aus diesem Grund sieht die Neufassung eine entsprechende Anpassung bei der Berechnung des Lagezuschlages vor. Künftig beträgt der Lagezuschlag nur mehr 0,1 vH der Differenz zwischen dem der Richtwertermittlung zugrunde gelegten Grundkostenanteil und dem der Lage des Hauses entsprechenden Grundkostenanteil je Quadratmeter Nutzfläche. Umgelegt auf einen rechnerischen Jahresertrag entspricht dies 1,2%, also mehr, als bei der Zeichnung von Staatsanleihen lukriert werden kann.

Z. 7 bis Z. 9 (§§ 21 und 22 MRG)

Straffung und Kürzung des Kataloges der unter Betriebskosten verrechenbaren Aufwendungen, weil sie nichts mit Betriebskosten im engeren Sinne zu tun haben. Es sind dies die Kosten für die Hausverwaltung und die Versicherungsprämien für die Haftpflicht des Vermieters, Leitungswasserschäden und weitere Risken, wie die Grundbesitzabgabe („Vermögenssteuer“).

Der Hausverwalter arbeitet im Auftrag des Vermieters, bei Schäden ersetzen die Versicherungsleistungen den den Vermieter treffenden Reparaturaufwand und die Grundbesitzabgabe ist eigentlich eine Vermögensabgabe für den Hauseigentümer. Alles Aufwendungen, die nichts mit den Mietern zu tun haben.

Z. 10 bis Z. 14 (§§ 29 und 36 MRG)

Die Vergabe fast nur mehr befristeter Mietverträge hat (gemeinsam mit einem quantitativen Wohnungsfehlbestand) zu einer Aufwärts-Preisspirale bei Neuvermietungen geführt. Jeder Vermieter erwartet bei Neuvermietung nach drei oder vier Jahren einen höheren Mietzins, als er der normalen Inflationsabgeltung entsprechen würde.

Aus diesem Grund sollen in Zukunft nicht mehr die befristeten, sondern wiederum die unbefristeten Mietverträge zum Regelfall bei Neuvermietungen werden (siehe die Rechtslage vor dem 3. WÄG).

Befristete Verträge sollen nur mehr in zwei Fällen zulässig sein, nämlich Eigenbedarf des Vermieters und beabsichtigte Sanierung bzw. Abbruch des Gebäudes. Die Regelung ist der Rechtslage in Deutschland, § 575 BGB, nachempfunden.

 

 Zum Wohnungseigentumsgesetz (§§ 4 und 4a WEG)

Es handelt sich eigentlich um eine „sondermietrechtliche“ Bestimmung, die im WEG „versteckt“ ist.

Die Bestimmung des § 4 idgF wurde mit Inkrafttreten des WEG 2002 neu geschaf­fen. Diese Bestimmung regelt ausdrücklich nur die „Wirkung der Wohnungs­eigentumsbegründung auf ein bestehendes Mietverhältnis“, d.h. nur auf sogenannte „alte“ Mietverhältnisse, die bei WE-Begründung bereits bestanden haben. Auch die dazu vorliegenden Gesetzesmaterialien lassen daran keinen Zweifel. Die Judikatur hat diesen Standpunkt übernommen.

Mietern, deren Verträge erst nach Wohnungseigentumsbegründung abgeschlossen worden sind („Neumieter“), kommen die Rechte – beispielsweise zur Durchsetzung von Erhaltungsarbeiten – dagegen auch im Vollanwendungsbereich des MRG/WGG nicht zu.

§ 4a übernimmt zunächst die Bestimmung des bisherigen § 4 Abs. 3, allerdings mit Wirksamkeit für alle Mieter (auch für Neumieter). Das bisherige Regelungsdefizit – Nichterfassung von Ansprüchen gegen die Eigentümergemeinschaft, die sich „nur“ auf das einzelne Miet­objekt beziehen – wird mit der neugefassten Bestimmung ebenfalls behoben.

Mit der Bestimmung des § 4a können erstmals sämtliche mietrechtlichen An­sprüche, die wohnungseigentumsrechtlich von der Eigentümergemeinschaft zu er­füllen sind, vom Mieter eines Wohnungseigentümers – ungeachtet des Zeitpunktes des Vertragsabschlusses – auch gegen die Eigentümergemeinschaft durchgesetzt werden.

 

 

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen, diesen Antrag dem Justizausschuss zuzuweisen.