913/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 13.06.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

Des Abgeordneten Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend Nachbesserung des Nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) entsprechend den Erkenntnissen der wissenschaftlichen Forschung zur Erreichung der Pariser Klimaziele

BEGRÜNDUNG

Die Kernforderung der Fridays for Future- Bewegung an die politisch Verantwortlichen ist, dass die Erkenntnisse der Klimaforschung die Grundlage politischer Entscheidungen sein sollen. Die globale Erwärmung, ihre Ursachen und ihre Auswirkungen sind grundsätzlich verstandene physikalische Realität. Wir verfügen hier über Tatsachenwissen und sind nicht auf Meinungen oder Glaubenssätze angewiesen.

Einschlägig dafür ist der Sonderbericht des Weltklimarates (IPCC) zu 1,5°C globale   Erwärmung (https://www.de-ipcc.de/media/content/SR1.5-SPM_de_barrierefrei.pdf). Dieser lässt keinen Raum mehr für Zweifel, wie entscheidend die Einhaltung der Pariser Klimaziele zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5° bez. 2° C ist. Sie sind nur durch die strikte Reduktion von Emissionen zu erreichen.

In diesem Zusammenhang und zur Veranschaulichung sei auf die so genannte Keeling-Kurve verwiesen, auf die Greta Thunberg in ihren Statements immer wieder Bezug nimmt. Die Keeling-Kurve zeigt den mittleren globalen Konzentrationsverlauf von Kohlenstoffdioxid (CO2) in der Erdatmosphäre. Anhand kontinuierlicher Messergebnisse seit 1958 veranschaulicht sie, wie die Konzentration des Treibhausgases durch Änderung der Landnutzung und durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe ansteigt. Die Menge an CO2 in der Atmosphäre nahm stetig zu. Aber nur weniger als die Hälfte davon konnte im Meer gespeichert werden, indem Wasser CO2 bindet; der Rest verbleibt in der Atmosphäre. Außerdem zeigen diese Daten, dass die Quelle des CO2 tatsächlich die fossilen Brennstoffe sind, die wir Menschen verfeuern.

Der Klimawandel ist also eindeutig menschengemacht und nicht das Ergebnis einer quasi natürlichen Variation.



 

(Die Keeling-Kurve mit den Messwerten des atmosphärischen Gehalts an Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre, gemessen am Mauna Loa, Quelle: Wikipedia)

 

Diese vom Menschen verursachte Klimaerwärmung kann nur vom Menschen gestoppt werden. Im Kampf gegen die globale Erwärmung ist Zeit allerdings ein entscheidender Faktor. Überschreiten wir einen gewissen Punkt (die bekannten 1,5 ° Celsius), so haben wir zugleich einen „Point of no return“ überschritten. Ein menschliches Eingreifen erscheint danach aus heutiger Sicht unmöglich. Aus diesem Grund ist es so entscheidend, jetzt das Richtige zu tun. Genau das fordert Fridays for Future zu Recht ein, wenn sie die Politik dazu auffordert: Act now!

Daher dulden die möglichen Weichenstellungen in der Europäischen Union - als einem globalen politischen Akteur -, aber auch die nationalen Entscheidungen keinerlei Aufschub.


Das politische System muss sich nach den Erfordernissen des Klimaschutzes richten - und nicht umgekehrt. Überdies hat sich Österreich im Pariser Klimaschutzabkommen staatsvertraglich, aber auch gegenüber der EU unionsrechtlich, verpflichtet, die Pariser Klimaziele einzuhalten. Vor diesem Hintergrund drohen bei Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen „Strafzahlungen" in Milliardenhöhe. Das würde auch einen volkswirtschaftlichen Schaden nach sich ziehen und zukünftige Bundeshaushalte mit bis zu 6,6 Milliarden Euro belasten.

Es ist keine Zeit mehr vorhanden, bis die politischen Farbenspielereien in Österreich abgeschlossen sind, um erst dann zu entscheiden. Wir haben eine voll handlungsfähige Bundesregierung, die verfassungsrechtlich legitimiert ist zu handeln.

„Wir machen das", meinte Bundespräsident Van der Bellen optimistisch. „Wir müssen das machen", so sollte die Aussage in Bezug auf den Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) lauten. Denn dieser ist in der Form, in der er bislang vorliegt, keinesfalls mit den Pariser Klimazielen kompatibel. Bis Ende dieses Jahres sind Nachschärfungen notwendig. Es ist die Aufgabe der Politik, und aufgrund der besonderen politischen Situation jetzt des österreichischen Nationalrates, Vorgaben zu machen, wie der Nationale Energie- und Klimaplan umzuschreiben ist, um diesen an die Einhaltung der Pariser Klimaziele anzupassen.

In seiner Stellungnahme zum NEKP hat das Österreichische Klimaforschungsnetzwerk CCCA aus wissenschaftlicher Sicht dessen Mängel und Lücken offengelegt. Die Stellungnahme der österreichischen Klimaforscherinnen und Klimaforscher bildet - entsprechend der berechtig­ten Forderung von Fridays for Future - die Grundlage für den folgenden Entschließungstext.

Das CCCA sagt, dass die Zielvorgaben im vorliegenden Nationalen Energie- und Klimaplan von - 36% bei den Emissionen von Treibhausgasen bis 2030 (gegenüber 2005) hinter dem notwendigen österreichischen Beitrag zur Erreichung der Pariser Klimaziele von rund 50% Reduktion bis 2030 (gegenüber 2005) deutlich zurückbleibt.

Aus Sicht der Klima- und Transformationsforschung wäre es im Lichte der unausweichlichen physikalischen Realität eines fortschreitenden Klimawandels und der daher notwendigen vollständigen und raschen Umsetzung der Pariser Zielvorgaben ein "bedauerliches Versäumnis", die Chance zu einer Nachschärfung der - 36 % auf zumindest - 50 % nicht zu nutzen. Eine Reihe von EU Ländern, wie etwa Schweden, verfolgt aus Mitverantwortung für die Pariser Klimaziele nationale Ziele, die deutlich über den EU Mindestzielen liegen. Der Vorstand der österreichischen Klimaforscherinnen und -forscher schlägt in seiner Stellungnahme zum Klimaplan daher vor:

"Österreich sollte aus denselben Gründen einen ähnlich ambitionierten, zukunftsfähigeren, umwelt-, sozial- und wirtschaftsgerechten Weg einschlagen. Dies kann mit einem nachgeschärften konsolidierten NEKP gelingen." (Quelle:

https://wvw.ccca.ac.at/fileadmin/00_DokumenteHauptmenue/07_News/CCCA_NKK- Wiss_Stellungnahme-NEKP_6Dez2018_final.pdf)

Die Forscherinnen und Forscher sehen Österreich ansonsten auf einem kritischen Pfad.

Daher schätzen sie die Chancen der Zielerreichung ohne eine Nachschärfung als äußerst gering ein.

Aus diesem Grund betonen sie „die Notwendigkeit der Durchsetzung tiefgreifender Maßnahmen, wie die Einführung einer umwelt-, sozial- und wirtschaftsgerechten ökologischen Steuerreform, die u.a. eine wirksame CO2-Bepreisung einbringt, oder im Verkehrsbereich eine klare zeitliche Rahmensetzung für das Ende der Neuzulassung fossil betriebener Fahrzeuge [...]. Nicht zuletzt ist eine zentrale Frage für die erforderliche gesellschaftliche Transformation, wie eine Kooperation aller am Erfolg des NEKP zu beteiligenden Stakeholder ermöglicht werden kann. Dies erfordert jedenfalls eine Kombination an Information, politikwirksamen Gesprächen und gesellschaftlicher Aktion, damit der NEKP in seiner finalen Form ein Maximum an Wirkung erzielen kann."

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher den folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung - insbesondere die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus - wird aufgefordert, den Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) entsprechend den Erkenntnissen der wissenschaftlichen Forschung zur Erreichung der Pariser Klimaziele unter Einbindung des Nationalen Klimaschutzkomitees (NKK) bis 15. September 2019 nachzubessern. Der Nationale Energie- und Klimaplan muss als Mindestanforderung die folgenden wesentlichsten Punkte beinhalten:

         Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2030 um 50 Prozent

         Senkung des Energieverbrauchs bis 2030 um 30 Prozent

         Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Bruttoinlandsverbrauch auf 60 Prozent bis 2030 unter bestmöglicher Berücksichtigung eines naturverträglichen Ausbaus erneuerbarer Energieträger

         Konkrete Ziele und Zwischenziele für den Ausbau erneuerbarer Energien zur Zielerreichung bis 2030, aufgeteilt auf einzelne Erzeugungstechnologien

         Aufkommensneutrale ökosoziale Steuerreform, die fossile Energie stärker besteuert und Arbeit steuerlich entlastet

         Streichung bzw. Kürzung klimaschädlicher Subventionen

         Verbot von fossiler Energie in Neubauten und Sanierung sowie Stopp des weiteren Ausbaus des Gasnetzes

         Phase-out-Plan für fossile Energie in allen Bereichen mit einer Perspektive bis 2050 zur Vermeidung von Fehlinvestitionen im Gasbereich

         Zulassung im Straßenverkehr nur noch für emissionsfreie Fahrzeuge bis 2030

         250 Mio. Euro pro Jahr für den Ausbau der Radinfrastruktur

         Bereitstellung eines Budgets zur Erhöhung der Frequenz öffentlicher Verkehrsmittel

         Wiederbelebung lokaler Bahnverbindungen im ländlichen Raum

         Ökologische Reform des Pendlerpauschales

         Schaffung einer Bundesrahmenkompetenz für die Raumordnung."

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie vorgeschlagen.