924/A XXVI. GP

Eingebracht am 13.06.2019
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Antrag

 

der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss und Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz)  geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz), BGBl. Nr. 304/1978, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 58/2018, wird wie folgt geändert:

 

"In § 17 wird folgender neuer Absatz 1a eingefügt:

Sieht das nach dem Personalstatut berufene Recht eines oder beider Verlobten die Eheschließung wegen des Geschlechts eines oder beider Verlobten nicht vor, so sind die Voraussetzungen des Abs. 1 nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem Ehe begründet wird."

Begründung

Ehe für alle - auch im IPRG

Seit 1. Jänner 2019 können auch gleichgeschlechtliche Paare in Österreich heiraten.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 4. Dezember 2017 jene gesetzlichen Regelungen aufgehoben, die diesen Paaren den Zugang zur Ehe bisher verwehrten. Der Gerichtshof begründete diesen Schritt mit dem Diskriminierungsverbot des Gleichheitsgrundsatzes. Die Aufhebung trat mit Ablauf des 31. Dezember 2018 in Kraft. Gleichzeitig steht dann die eingetragene Partnerschaft auch verschiedengeschlechtlichen Paaren offen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Bestimmungen über Ehe und eingetragene Partnerschaft von Amts wegen einer Prüfung unterzogen. Anlass des Verfahrens war die Beschwerde von zwei Frauen, die in eingetragener Partnerschaft leben und die Zulassung zur Begründung einer Ehe beantragt haben. Dieser Antrag wurde vom Magistrat der Stadt Wien und in der Folge vom Verwaltungsgericht Wien abgelehnt.

Das Eingetragene Partnerschaft-Gesetz (EPG) wurde 2009 beschlossen und trat 2010 in Kraft. Der Gesetzgeber verfolgte damals das Ziel, die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare abzubauen, blieb aber vor dem Hintergrund eines „bestimmten traditionellen Verständnisses“ bei zwei verschiedenen Rechtsinstituten, eben der Ehe und der eingetragenen Partnerschaft.

Seither ist die eingetragene Partnerschaft der Ehe immer weiter angenähert worden, sodass die beiden Rechtsinstitute einander heute sowohl von der Ausgestaltung als auch von den Rechtsfolgen her trotz „vereinzelt bestehender Unterschiede“ weitgehend entsprechen. Die jüngere Rechtsentwicklung ermöglicht insbesondere eine gemeinsame Elternschaft auch gleichgeschlechtlicher Paare: Gleichgeschlechtliche Paare dürfen Kinder (gemeinsam) adoptieren und die zulässigen Formen medizinisch unterstützter Fortpflanzung gleichberechtigt nutzen.

In dem Erkenntnis heißt es dazu wörtlich: „Die damit verursachte diskriminierende Wirkung zeigt sich darin, dass durch die unterschiedliche Bezeichnung des Familienstandes (‚verheiratet‘ versus ‚in eingetragener Partnerschaft lebend‘) Personen in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft auch in Zusammenhängen, in denen die sexuelle Orientierung keinerlei Rolle spielt und spielen darf, diese offen legen müssen und, insbesondere auch vor dem historischen Hintergrund, Gefahr laufen, diskriminiert zu werden.“

Der Gerichtshof kam daher zu folgendem Schluss: „Die gesetzliche Trennung verschiedengeschlechtlicher und gleichgeschlechtlicher Beziehungen in zwei unterschiedliche Rechtsinstitute verstößt damit gegen das Verbot des Gleichheitsgrundsatzes, Menschen auf Grund personaler Merkmale wie hier der sexuellen Orientierung zu diskriminieren.“

Die Aufhebung umfasst die Wortfolge „verschiedenen Geschlechtes“ in den Regelungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) zur Ehe sowie jene Bestimmungen im EPG, die die eingetragene Partnerschaft auf gleichgeschlechtliche Paare beschränken. Damit stehen nach der Aufhebung die Ehe und die eingetragene Partnerschaft sowohl gleich- als auch verschiedengeschlechtlichen Paaren offen.

Derzeit besteht aufgrund der geltenden Kollisionsrechtslage im IPRG für gleichgeschlechtliche Paare mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit erhebliche Rechtsunsicherheit und Rechtsungleichheit.

Die Voraussetzungen der Eheschließung werden derzeit gem § 17 IPRG nach dem Personalstatut, dass bedeutet idR nach der Staatsangehörigkeit jedes/jeder Verlobten beurteilt.

Das bedeutet in Folge: Kennt die Rechtsordnung des Herkunftsstaates eines Verlobten die gleichgeschlechtliche Ehe nicht, so steht das einer Eheschließung in Österreich entgegen.

Das führt zur Situation, dass ein/e Österreicher_in zwar eine/n Niederländer_in ehelichen kann. Die Eheschließung ist hingegen nicht möglich, wenn der/die gleichgeschlechtliche Partner_in zum Beispiel aus Ungarn stammt, das die gleichgeschlechtliche Ehe nicht kennt bzw. sie verbietet.

Die vorgeschlagene Gesetzesänderung sieht für alle Ehen eine einheitliche Kollisionsnorm vor, die nicht zwischen gleich- und verschiedengeschlechtlicher Ehe unterscheidet.

 

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen‚ diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Justizausschuss zuzuweisen.