Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Die Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIP), ABl. Nr. L 352 vom 09.12.2015 S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2016/2340 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte im Hinblick auf den Geltungsbeginn, ABl. Nr. L 354 vom 23.12.2016 S. 35, soll einen Beitrag dazu leisten, Art, Risiko, Kosten sowie die möglichen Gewinne und Verluste von verpackten Anlageprodukten für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (Packaged Retail and Insurance-based Investment Products – PRIIP) besser zu verstehen und mit anderen Produkten vergleichen zu können.

Um diese Ziele zu erreichen, sieht die Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 im Wesentlichen folgende unionsweite Regelungen vor:

-       Bevor Kleinanlegern ein PRIIP angeboten wird, fasst der PRIIP-Hersteller ein Basisinformationsblatt für dieses Produkt im Einklang mit den Anforderungen der Verordnung ab und veröffentlicht es auf seiner Website.

-       Die Person, die über ein PRIIP berät oder es verkauft, stellt Kleinanlegern das Basisinformationsblatt kostenlos zur Verfügung.

-       Der PRIIP-Hersteller überprüft regelmäßig die in dem Basisinformationsblatt enthaltenen Informationen und überarbeitet das Informationsblatt, wenn sich bei der Überprüfung herausstellt, dass Änderungen erforderlich sind.

Der vorliegende Gesetzentwurf soll jene Bestimmungen in das österreichische Recht einfügen, die notwendig sind, damit die Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 in Österreich wirksam werden kann. Insbesondere soll die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) als zuständige Behörde gemäß Art. 4 Nr. 8 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 für jene Rechtsträger bestimmt werden, die bereits jetzt der Beaufsichtigung durch die FMA unterliegen. Weiters müssen gesetzliche Vorschriften betreffend Sanktionen für Verstöße gegen die Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 und die für einen wirkungsvollen Vollzug notwendigen sonstigen begleitenden Verfahrens- und Aufsichtsvorschriften vorgesehen werden.

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 5 B-VG (Börse- und Bankwesen) sowie auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG (Versicherungsvertragswesen).

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (PRIIP-Vollzugsgesetz):

Zu § 1:

Durch das PRIIP-Vollzugsgesetz sollen im österreichischen Recht die für das Wirksamwerden der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 erforderlichen Bestimmungen geschaffen werden.

Zu § 2:

Abs. 1 soll klarstellen, dass Verträge der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge gemäß § 108g des Einkommensteuergesetzes 1988 – EStG 1988, BGBl. I Nr. 400/1988, Pensionszusatzversicherungen gemäß § 108b Abs. 1 Z 4 des EStG 1988 sowie Verträge zur Zukunftssicherung gemäß § 3 Abs. 1 Z 15 lit. a des EStG 1988 als Altersvorsorgeprodukte gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. e der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 gelten und vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen sind.

Abs. 2: Aufgrund der Langfristigkeit sowie des besonderen Zwecks und der staatlichen Förderung von Verträgen der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge gemäß § 108g EStG 1988 und Pensionszusatzversicherungen gemäß § 108b Abs. 1 Z 4 EStG 1988 wird klargestellt, dass deren Abschluss zwingend eine Beratung des Kunden vorauszugehen hat. Weitere gesetzliche Beratungspflichten bleiben unberührt. Die Beratungspflicht in der vorgesehenen Form besteht für Verträge, die nach dem 30. September 2018 abgeschlossen werden. Dieser Termin korrespondiert mit dem voraussichtlichen Termin für die Anwendung des neuen Regimes für die Versicherungsvermittlung (vgl. Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie (EU) 2016/97 im Hinblick auf den Geltungsbeginn der Umsetzungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten, COM/2017/0792 final vom 20. Dezember 2017).

Zu § 3:

Die FMA soll mit Abs. 1 Z 1 bis 6 als zuständige Behörde gemäß Art. 4 Nr. 8 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 für jene Rechtsträger bestimmt werden, die bereits jetzt der Beaufsichtigung durch die FMA unterliegen. Damit wird der innerstaatlichen Kompetenzverteilung zwischen der FMA und den Gewerbebehörden Rechnung getragen.

Abs. 2 soll in Entsprechung des Erwägungsgrundes 25 klarstellen, dass die FMA in Vollziehung dieses Bundesgesetzes und der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 ausschließlich im öffentlichen Interesse handelt. Diese im Unionsrecht begründete Klarstellung entspricht auch dem bereits in § 22e des Finanzmarktaufsichtsbehördengesetzes – FMABG, BGBl. I Nr. 97/2001, geregelten Grundsatz. Sowohl im nationalen als auch im unionsrechtlichen Zusammenhang wird dieser Grundsatz damit zukünftig in Fällen klargestellt, die besonders zu Zweifel Anlass geben könnten und in denen die Bedeutung eines klar definierten Schutzzweckes deswegen besonders hervorzuheben werden soll.

Zu § 4:

Damit sollen Art. 22 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 2 lit. a bis d der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 umgesetzt und bestimmt werden, welcher Aufsichtsmaßnahmen und –befugnisse sich die FMA bedienen kann.

Abs. 3 räumt der FMA die Befugnis ein, in ihrem Zuständigkeitsbereich gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 Maßnahmen gemäß Art. 17 Abs. 1 lit. a und b der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 durch Verordnung oder Bescheid festzusetzen. Die Vorschriften über die Produktintervention sehen vor, dass die zuständige Behörde die Vermarktung, den Vertrieb oder den Verkauf von Versicherungsanlageprodukten oder Versicherungsanlageprodukten mit bestimmten Merkmalen (vgl. lit. a leg. cit.) oder eine Form der Finanztätigkeit oder –praxis eines Versicherungsunternehmens oder Rückversicherungsunternehmens in oder aus ihrem Mitgliedstaat verbieten oder beschränken kann (vgl. lit. b leg. cit.).

Abs. 4 räumt der FMA die Befugnis ein, in ihrem Zuständigkeitsbereich gemäß § 2 Abs. 1 Z 1, soweit dieser Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung betrifft, Maßnahmen gemäß Art. 17 Abs. 1 lit. a der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 durch Verordnung oder Bescheid festzusetzen.

Abs. 5 wurde § 272 Abs. 4 VAG 2016 nachempfunden und soll eine effektive Aufsicht, insbesondere die Hintanhaltung von operationellen Risiken, gewährleisten, wenn der Vertrieb unter Einschaltung von Vermittlern erfolgt.

Abs. 6 soll die gemäß Art. 20 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 verpflichtende Zusammenarbeit der zuständigen Behörden erleichtern, wenn es sich um Behörden aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten handelt.

Zu § 5:

Mit den Strafbestimmungen in Abs. 1 soll Art. 24 Abs. 2 lit. e sublit. ii der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 umgesetzt werden.

Mit den Strafbestimmungen in Abs. 2 soll Art. 22 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 im Hinblick auf die Produktinterventionsbefugnisse der EIOPA gemäß Art. 16 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 und der FMA gemäß Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 umgesetzt werden.

Zu § 6:

Mit den Strafbestimmungen betreffend juristische Personen soll Art. 24 Abs. 2 lit. e sublit. i der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 umgesetzt werden.

Zu § 7:

Damit soll Art. 25 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 umgesetzt werden. Die Bestimmung über die wirksame Ahndung von Verstößen orientiert sich an § 5 des SFT-Vollzugsgesetzes, BGBl. I Nr. 73/2016.

Zu § 8:

Damit soll Art. 24 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 umgesetzt werden.

Zu § 9:

Mit Abs. 1 soll der im Wesentlichen unmittelbar anwendbare Art. 29 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 betreffend die Veröffentlichung von Sanktionen und Maßnahmen insoweit umgesetzt werden, als bestimmt wird, dass es die FMA ist, die rechtskräftig verhängte Geldstrafen und Aufsichtsmaßnahmen nach Maßgabe des Art. 29 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 auf ihrer offiziellen Website zu veröffentlichen hat. Nach dieser Bestimmung enthält die Bekanntmachung zumindest Angaben zu Art und Charakter des Verstoßes sowie den verantwortlichen Personen, sofern nicht die Kriterien für eine anonyme Veröffentlichung vorliegen. Art. 29 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 enthält zudem Kriterien, wann eine Verschiebung der Veröffentlichung oder ein gänzliches Absehen von einer Veröffentlichung zu erfolgen hat.

Abs. 2 soll den verfassungsrechtlich, aber auch von Art. 26 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 geforderten effektiven Rechtsschutz gegen Veröffentlichungsentscheidungen gewährleisten. Vorbild dieser Bestimmung ist § 4 Abs. 7 des Bankwesengesetzes – BWG, BGBl. Nr. 532/1993.

Abs. 3 soll effektiven Rechtsschutz gewährleisten, wenn gegen Entscheidungen in der Hauptsache vorgegangen wird. Da Art. 29 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 nur eine Veröffentlichung rechtskräftiger Entscheidungen vorsieht, handelt es sich bei den Rechtsmitteln grundsätzlich um außerordentliche Rechtsmittel an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (VfGH, VwGH).

Abs. 4 soll klarstellen, dass die Veröffentlichung nur dann mindestens fünf Jahre lang auf dem Internetauftritt der FMA zugänglich zu sein hat, wenn diese nicht vorher zu entfernen ist (vgl. Art. 29 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 26 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014).

Abs. 5 soll den Abs. 2 bis 4 entsprechende Rechtsschutzmöglichkeiten auch in Zusammenhang mit der Bekanntmachung von Bescheiden gemäß Art. 17 Abs. 5 zur Verhängung eines Verbots oder einer Beschränkung gemäß Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 schaffen. Gleiches gilt betreffend öffentlichen Warnungen gemäß § 4 Abs. 2 Z 5, wobei hier allerdings ein Verweis auf Abs. 3 entfallen kann, weil einer öffentlichen Warnung keine förmliche Entscheidung zugrunde liegt, gegen die ein Rechtsmittel erhoben werden könnte.

Zu § 10:

Damit soll Art. 27 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 betreffend Meldungen der FMA an die zuständigen europäischen Aufsichtsbehörden umgesetzt werden.

Zu § 11:

Mit Abs. 1 soll der im Wesentlichen unmittelbar anwendbare Art. 28 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 insoweit umgesetzt werden, als bestimmt wird, dass die FMA über die in Art. 28 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 genannten wirksamen Mechanismen zu verfügen hat, die dazu ermutigen, Verstöße oder den Verdacht eines Verstoßes gegen die Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 anzuzeigen.

Bestimmungen zu Hinweisgebersystemen entsprechen der regulatorischen Tendenz im europäischen Aufsichtsrecht und finden sich mittlerweile in mehreren Finanzmarktvorschriften. Die FMA hat daher zum Vollzug des § 99g BWG, der mit 1. Jänner 2014 in Kraft getreten ist, ein Meldesystem installiert, das sowohl einen hohen Sicherheitsstandard aufweist als auch bei der Datenschutzbehörde registriert ist. Dieses Meldesystem wird auch bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft verwendet und genügt den datenschutzrechtlichen Vorgaben. Dieses System gewährleistet auch, dass der Hinweisgeber gänzlich anonym bleiben kann.

Mit Abs. 2 sollen Arbeitnehmer vor Sanktionen des Arbeitgebers wegen der Meldung tatsächlicher oder möglicher Verstöße durch Schaffung eines umfassenden Benachteiligungsverbotes und der Einschränkung allfälliger Schadenersatzansprüche auf Schädigungsvorsatz geschützt werden.

Zu § 12:

Die von der FMA gemäß diesem Bundesgesetz verhängten Geldstrafen sollen dem Bund zufließen.

Zu § 13:

Da die von der FMA gemäß § 3 zu überwachenden Rechtsträger jeweils bereits einem umfassenden Aufsichtsregime nach den für den sie einschlägigen, in § 3 jeweils angeführten Aufsichtsgesetzen (BWG, VAG 2016, WAG 2018, InvFG 2011, ImmoInvFG, AIFMG) unterliegen, erscheint es zweckmäßig, die anfallenden Aufsichtskosten demjenigen Rechnungskreis oder Subrechnungskreis zuzuordnen, dem die Wahrnehmung von Aufsichtsaufgaben nach den für den jeweiligen Rechtsträger einschlägigen Aufsichtsgesetzen zuzuordnen ist.

Zu Artikel 2 (Änderung des Finanzmarktaufsichtsbehördengesetzes)

Zu § 2 Abs. 1 bis 3 FMABG:

Das PRIIP-Vollzugsgesetz wird jeweils in den Aufgabenbereich der Bankenaufsicht, Versicherungsaufsicht und Wertpapieraufsicht aufgenommen, da es sich bei PRIIP-Herstellern um Konzessionäre aus den angesprochenen Aufsichtsbereichen handeln kann.