38 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Menschenrechte

über den Antrag 150/A(E) der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherung von rechtsstaatlichen Asylverfahren in Bezug auf Afghanistan

Die Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 1. März 2018 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich in den letzten Monaten erheblich verschlechtert. Der Ausschuss gegen Folter des UN-Hochkommissars für Menschenrechte hat 2017 erneut festgestellt, dass Folter in Afghanistan weitverbreitet und systematisch angewandt wird, darunter auch von den offiziellen afghanischen Sicherheitskräften. Auch der UN-Sicherheitsrat zeigt sich besorgt über die hohe Anzahl an getöteten Zivilisten, Detonationen von Anti-Personenminen und das Wachstum von terroristischen Gruppierungen. Fast 50% des afghanischen Territoriums werden mittlerweile von den Taliban oder anderen bewaffneten Gruppen kontrolliert. Darüber hinaus ist die humanitäre Situation von Binnenflüchtlingen und Flüchtlingen im Land katastrophal. Die UN Mission in Afghanistan berichtet, dass im ersten Halbjahr 2017 bereits über 5000 Zivilist_innen getötet oder verletzt wurden, mehr als je zuvor, darunter über 2000 Frauen und Kinder.

Zusätzlich basieren zahlreiche negative Entscheidungen des BVwG in Asylsachen zu Afghanistan auf der Einschätzung eines einzigen Sachverständigen, dessen Gutachten grundlegenden wissenschaftlichen Anforderungen nicht entsprechen und von zahlreichen Expert_innen als "Reisebericht" eingestuft wird. Das Justizministerium bestätigte in seiner Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage von NEOS (57/AB), dass gegen den entsprechenden Gutachter mittlerweile ein Überprüfungsverfahren nach § 10 SDG eingeleitet wurde.

Österreich ist dem Folterverbot verpflichtet, das sich insbesondere in Artikel 7 des Internationalen Paktes über die Bürgerlichen und Politischen Rechte (IPBPR) und Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) findet. Aus dem Folterverbot ergibt sich das Non-Refoulement-Gebot, das die Rückführung von Personen in Staaten untersagt, in denen ihnen Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Dieses ergibt sich auch aus Artikel 3 der UN-Antifolterkonvention (CAT) und Artikel 33 des Genfer Abkommens über die Rechtsstellung von Flüchtlingen (GFK).

Um das Non-Refoulement-Gebot zu wahren, muss in Asylverfahren eine evidenzbasierte Einschätzung der Lage im Herkunftsland des/r Asylwerber_in, in das er/sie abgeschoben werden soll, vorgenommen werden. Eine detaillierte Prüfung der Situation im Land bzw. eine seriöse und faire Beweiswürdigung ist unerlässlich, um den Anforderungen an ein faires und daher rechtsstaatliches Verfahren gerecht zu werden und das Risiko so weit wie möglich zu minimieren, Menschen in Gefahr für Leib und Leben zu bringen.

Des Weiteren setzte sich der Verwaltungsgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung (Ra 2018/18/0001) mit der – für viele anhängige Asylverfahren bedeutsamen – Rechtsfrage auseinander, nach welchen rechtlichen Kriterien zu beurteilen ist, ob die afghanische Hauptstadt Kabul als innerstaatliche Fluchtalternative für eine/n Asylwerber_in aus Afghanistan in Betracht kommt. Zum einen sei zu klären, ob in diesem Gebiet Schutz vor asylrechtlich relevanter Verfolgung und vor Bedingungen, die subsidiären Schutz rechtfertigen, gegeben sei. Zum anderen müsse der Aufenthalt in diesem Gebiet der/m Asylwerber_in zugemutet werden können. Ob dies der Fall sei, erfordere eine Beurteilung der allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat und der persönlichen Umstände des/r Asylwerbers/Asylwerberin. Es handle sich um eine Entscheidung im Einzelfall, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des/r Asylwerbers/Asylwerberin in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit getroffen werden müssten. Um diese Einzelfallbeurteilung seriös durchführen zu können, sind als Beweismittel neben Länderberichten, die für sich stehend nicht genügend Informationen enthalten, Sachverständigengutachten mit aktueller Information und in der erforderlichen Qualität vonnöten.“

 

Der Ausschuss für Menschenrechte hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 6. März 2018 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA die Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler und Petra Bayr, MA MLS sowie der Bundesminister für Inneres Herbert Kickl.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: S, N, P, dagegen: V, F).

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler gewählt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Menschenrechte somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2018 03 06

                              Dr. Gudrun Kugler                                                    Dr. Nikolaus Scherak, MA

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann