46 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 61/A und Zu 61/A der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz - ASVG geändert wird

Die Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 31. Jänner 2018 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Zeiten der Kindererziehung führen insbesondere bei Frauen zu niedrigeren Pensionsansprüchen. Aus diesem Grund wurde mit der Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der Berechnung der Pension ein wesentlicher Schritt gesetzt, um Frauen vor Altersarmut zu schützen. Die gegenwärtige gesetzliche Ausgestaltung und Formulierung scheint aber mit antiquierten Familienbildern zu operieren, die möglicherweise – leider – noch für jene Frauen eine Geltung haben, die nun in Pension kommen bzw. in absehbarer Zeit gehen werden. Gerade für junge Familien sollte aus unserer Sicht eine umfangreiche Nachbesserung und Modernisierung der Anrechenbarkeit von Kindererziehungszeiten ermöglicht werden.

Die gegenwärtige gesetzliche Regelung ist in zwei Punkten zu kritisieren: einerseits die frauenpolitisch höchst fragwürdige Vermutung, dass Mütter (bzw. weibliche Versicherte) ein Kind überwiegend erziehen; andererseits wird bei der Anrechnung der Kindererziehungszeiten kein Wert auf eine partnerschaftliche Aufteilung der Erziehungsaufgaben gelegt – ein Elternteil erhält entweder die gesamten anrechenbaren Kindererziehungszeiten, oder man erhält keine dieser Zeiten für das Pensionskonto angerechnet.

Gerade im Hinblick auf eine verstärkte Einbindung von Vätern muss die Wirkung verschiedenster arbeits- und sozialrechtlicher Regelungen betrachtet werden. Die strikte Aufteilung der Kindererziehungszeiten auf je ein Elternteil bringt z.B. einen negativen Anreiz für das andere – größtenteils männliche – Elternteil sich an der Kindererziehung entsprechend zu beteiligen. Vor diesem Hintergrund muss es auch ermöglicht werden, diese Kindererziehungszeiten, im Sinne eines Pensionssplittings, zwischen den Elternteilen entsprechend aufzuteilen, um Väter zu motivieren, sich stärker einzubringen, und die alleinige Belastung von Müttern und mittelfristig deren arbeitsmarktpolitische Schlechterstellung zu verhindern.

Insbesondere die volle Anrechnung der Kindererziehungszeit für nur einen Elternteil – vornehmlich für die Mutter – bringt gerade diese Frauen in einen Teufelskreis. Denn durch die volle und vor allem automatische Anrechnung von Kindererziehungszeiten wird für Frauen ein negativer Erwerbsanreiz gesetzt. Frauen sind damit am Arbeitsmarkt im Vergleich zu Männern wiederum schlechter gestellt, was sich entsprechend in niedrigeren Verdienstmöglichkeiten zeigt. Diese niedrigeren Gehälter führen aber wieder erst recht dazu, dass der Einkommensentfall aufgrund der Übernahme von Erziehungsarbeit für Frauen weniger schmerzhaft ist als für Männer und sich deshalb Männer bzw. Väter weniger daran beteiligen – die Problematik verstärkt sich damit von alleine.

Vor diesem Hintergrund ökonomischer Wirkungsweisen und Entscheidungsfindungen – neben anderen gesellschaftlich vorherrschenden Geschlechterbildern – ist es unabdingbar, genau solche Teufelskreise aufzulösen und gesetzliche Regelungen dahingehend zu novellieren, dass Frauen bzw. Mütter am Arbeitsmarkt tatsächlich in vergleichbaren Konkurrenzpositionen zu Männern bzw. Vätern stehen. Aus diesem Grund fordern wir, dass die Anrechnung von Kindererziehungszeiten für ab 1. Jänner 2019 geborene Kinder gleichberechtigt gestaltet wird. So soll nicht automatisch angenommen werden, dass die Kindererziehung nur von jenem Elternteil übernommen wird, das Kinderbetreuungsgeld bezieht. Es braucht mehr Anreize für Eltern, Kinderbetreuungsgeld auch tatsächlich zu gleichen Teilen zu beziehen, der ‚Partnerschaftsbonus‘ kann hierfür nur ein erster Schritt sein. Zudem müssen Möglichkeiten geschaffen werden, die es Vätern erleichtern ihren Erziehungs- und Betreuungspflichten nachzukommen. Ein individueller Karenzanspruch für jeden Elternteil ist dementsprechend dringend erforderlich.

Das Gesetz soll ermöglichen, dass die individuellen familiären Umstellungen der Arbeitsmarktpartizipation und Übernahme von Erziehungsarbeit aufgrund der Geburt eines Kindes auch in dieser sozialrechtlichen Absicherung berücksichtigt wird. Bereits jetzt erkennbare Verhaltensmuster von Vätern werden bisher nicht berücksichtigt. Väter, die beispielsweise ihre Arbeitszeit nach der Geburt eines Kindes reduzieren, oder einige wenige Monate Kinderbetreuungsgeld beziehen, zahlen ebenso wie Mütter weniger in die Pensionsversicherung ein – weshalb dann gerade der Anreiz Erziehungsarbeit zu übernehmen pensionsrechtlich nur auf ein Elternteil beschränkt wird, ist nicht nachvollziehbar. Vor allem die einvernehmliche Festlegung der Aufteilung dieser Monate der Kindererziehung – im Falle, dass tatsächlich eine Beteiligung an der Kindererziehung nachgewiesen werden kann – würde es ermöglichen, die familieninterne Aufgabenverteilung, auch was die Pensionsansprüche angeht, besser abzubilden.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 7. März 2018 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Gerald Loacker die Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Norbert Sieber und Mag. Dr. Wolfgang Zinggl.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag keine Mehrheit (für den Antrag: N, P, dagegen: V, S, F).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Mag. Michael Hammer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2018 03 07

                           Mag. Michael Hammer                                                           Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann