Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Grundlagen des Gesetzentwurfs:

Der vorliegende Gesetzentwurf gründet auf den Vorgaben der folgenden Leitlinien Europäischer Aufsichtsbehörden:

-       Joint ESMA and EBA Guidelines on the assessment of the suitability of members of the management body and key function holders under Directive 2013/36/EU and Directive 2014/65/EU (EBA/GL/2017/12/ESMA71-99-598) vom 26. September 2017; die deutsche Fassung dieser Leitlinien wurde am 21. März 2018 unter dem Titel „Leitlinien zur Bewertung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und Inhabern von Schlüsselfunktionen“ veröffentlicht.

-       EBA Guidelines on internal governance under Directive 2013/36/EU (EBA/GL/2017/11) vom 26. September 2017; die deutsche Fassung dieser Leitlinien wurde am 15. März 2018 unter dem Titel „Leitlinien zur internen Governance“ veröffentlicht.

Die genannten Leitlinien treten am 30. Juni 2018 in Kraft.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Zweck des vorliegenden Entwurfs ist es, den Umfang der künftig in Österreich anzuwendenden Vorgaben der oben angeführten Leitlinien zu konkretisieren, um die notwendige Rechtssicherheit für die Aufsichtsbehörden und die betroffenen Kreditinstitute zu gewährleisten.

In diesem Zusammenhang sollen die folgenden neuen organisatorischen Anforderungen für Kreditinstitute festgelegt werden:

Die Definition der „formalen Unabhängigkeit“ für Aufsichtsratsmitglieder aus den Leitlinien EBA/GL/2017/12/ESMA71-99-598 soll in das BWG übernommen werden.

Im Hinblick auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrates von Kreditinstituten soll, abhängig von der Größe des Kreditinstituts, eine bestimmte Mindestanzahl an formal unabhängigen Mitgliedern des Aufsichtsrates festgelegt werden.

Im Zusammenhang mit der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses von Kreditinstituten soll legistisch verdeutlicht werden, dass die bereits bisher bestehenden Vorgaben betreffend die Unabhängigkeit der Ausschussmitglieder auch in Zukunft zur Bewertung der Unabhängigkeit herangezogen werden sollen.

Betreffend die Zusammensetzung des Risikoausschusses bei systemrelevanten Kreditinstituten wird die Vorgabe eingeführt, dass die Mehrheit der Mitglieder sowie der Vorsitzende dieses Ausschusses formal unabhängig sein sollen.

Ebenso neu ist die ausdrückliche Verpflichtung zur Einführung von Compliance-Prozessen in Kreditinstituten sowie, jedoch nur bei Kreditinstituten „von erheblicher Bedeutung“, die verpflichtende Einrichtung einer „Compliance-Funktion“ mitsamt einem dafür geeigneten Leiter.

Schließlich soll es bei Kreditinstituten „von erheblicher Bedeutung“ künftig für die Leiter der Compliance-Funktionen, der Internen Revision, des Risikomanagements sowie für den Geldwäsche-Beauftragten ausdrückliche Vorgaben betreffend die fachliche Eignung beziehungsweise persönliche Qualifikation sowie in diesem Zusammenhang aufsichtsbehördliche Überprüfungen des Vorliegens dieser Vorgaben geben.

Demgegenüber sollen Vorgaben betreffend die Unabhängigkeit des Vorsitzenden und der Mehrheit der Mitglieder des Nominierungsausschusses, die sich ebenfalls in den oben genannten Leitlinien befinden, ausdrücklich nicht in den österreichischen Rechtsbestand übernommen werden und somit unanwendbar bleiben, da es dadurch zu – zumindest potenziellen – Konflikten mit dem österreichischen Gesellschaftsrecht, insbesondere betreffend die Mitwirkungsrechte der Eigentümer, kommen würde.

Inkrafttreten:

Der Gesetzentwurf soll mit 1. September 2018 beziehungsweise 1. Jänner 2019 in Kraft treten.

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 5 B-VG (Börse- und Bankwesen).

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Bankwesengesetzes)

Zu den §§ 3 Abs. 4a und 7, 39 Abs. 5 und 6, 42 Abs. 1, 73 Abs. 1 und 1b, 73a und 98 Abs. 2:

Die Anpassungen der §§ 39 Abs. 5, 42, 73 Abs. 1 Z 11, 73a und 98 Abs. 2 Z 7 sowie die Ergänzung des § 39 Abs. 6 und des § 73 Abs. 1b haben zum Ziel, die in RZ 170 bis 172 sowie RZ 176 bis 177 der „Joint ESMA und EBA Guidelines on the assessment of the suitability of members of the management body and key function holders under Directive 2013/36/EU and Directive 2014/65/EU (EBA/GL/2017/12/ESMA71-99-598)“ vorgesehene Anforderung, dass Leiter interner Kontrollfunktionen, nämlich der Risiko- und Compliance-Funktion(en), der Internen Revision sowie der besondere Beauftragte gemäß § 23 Abs. 3 FM-GwG, bei bedeutenden Kreditinstituten im Sinne der Richtlinie 2013/36/EU – das heißt in Österreich Kreditinstitute gemäß § 5 Abs. 4 BWG – einer Eignungsüberprüfung durch die zuständigen Aufsichtsbehörden unterzogen werden, ins BWG aufzunehmen. In diesem Zusammenhang werden in § 73 Abs. 1 Z 11 sowie in § 73 Abs. 1b für Kreditinstitute von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 5 Abs. 4 Anzeigeverpflichtungen betreffend die fachliche Eignung und persönliche Qualifikation der Inhaber der oben genannten Kontrollfunktionen vorgesehen. Verstöße gegen diese neuen Anzeigepflichten sollen künftig gemäß § 98 Abs. 2 Z 7 sanktioniert werden.

Die Ergänzung eines neuen § 39 Abs. 6 hat überdies zum Ziel, die RZ 187 bis 196 der „EBA Guidelines on Internal Governance under Directive 2013/36/EU (EBA/GL/2017/11)“ dahingehend umzusetzen, dass die Einrichtung von Compliance-Verfahren – ähnlich den Vorgaben des § 29 Abs. 1 WAG 2018 – ausdrücklich vorgeschrieben wird sowie für Kreditinstitute von erheblicher Bedeutung eine auf bankgeschäftliche und bankbetriebliche Aspekte bezogene Compliance-Funktion eingerichtet werden soll, welche sich in ihrer inhaltlichen Aufgabenstellung von der Compliance-Funktion nach WAG 2018 (Art. 22 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission vom 25. April 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie, ABl. Nr. L 87 vom 31.03.2017 S. 1) und der Funktion des besonderen Beauftragten nach § 23 Abs. 3 FM-GwG unterscheidet; diese unterschiedlichen Aufgabenstellungen sollen jedoch die Kreditinstitute nicht daran hindern, ihre Organisation so einzurichten, dass dieselben Personen beziehungsweise dieselben Organisationseinheiten für die unterschiedlichen Compliance-Funktionen, einschließlich jener des besonderen Beauftragten, zuständig beziehungsweise verantwortlich sind.

Die neuen Vorschriften sollen nicht auf Kreditinstitute anwendbar sein, die entweder zum Betrieb des Investmentgeschäftes oder zum Betrieb des Immobilienfondsgeschäftes berechtigt sind, da sie bereits aufgrund besonderer Bestimmungen ähnlichen Anforderungen unterliegen; entsprechende Ausnahmeregelungen finden sich daher künftig in § 3 Abs. 4a dieses Bundesgesetzes und § 10 des Investmentfondsgesetzes 2011 (InvFG 2011), BGBl. I Nr. 77/2011. Auch jene Kreditinstitute, die zum Betrieb des Betrieblichen Vorsorgekassengeschäftes berechtigt sind, sollen größtenteils von den neuen Vorschriften ausgenommen werden. Um jedoch im Bereich des Assetmanagements die aufsichtsrechtliche Konvergenz weiter zu verbessern, soll die Bestimmung des § 39 Abs. 6 Z 1 auf Kreditinstitute, die zum Betrieb des Betrieblichen Vorsorgekassengeschäfts berechtigt sind, anwendbar gemacht werden; die entsprechenden legistischen Anpassungen dazu finden sich in § 3 Abs. 7 lit. c.

Zu § 28a Abs. 5a und 5b:

Die Einfügung des § 28a Abs. 5a und 5b hat zum Ziel, die in den RZ 88 bis 93 der Leitlinien EBA/GL/2017/12/ESMA71-99-598 normierte Anforderung, formal unabhängige Mitglieder im Aufsichtsorgan zu haben, im BWG zu verankern; diese Anforderung soll sich nach Ansicht der oben genannten Europäischen Aufsichtsbehörden aus den Art. 74, 76, 88, 91 und 95 der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG („CRD IV“) ableiten. Mitglieder der Aufsichtsrates, die gemäß § 110 des Arbeitsverfassungsgesetzes (ArbVG), BGBl. Nr. 22/1974, in den Aufsichtsrat entsandt werden, sind – wie dies in RZ 89 der Leitlinien EBA/GL/2017/12/ESMA71-99-598 vorgegeben wird – für die Erreichung der vorgegebenen Mindestanzahl an unabhängigen Mitgliedern im Gesamtaufsichtsrat nicht zu berücksichtigen.

Die in § 28a Abs. 5b dargelegten Kriterien zur formalen Unabhängigkeit eines Mitglieds des Aufsichtsrates entsprechen den in RZ 91 der Leitlinien EBA/GL/2017/12/ESMA71-99-598 angeführten Kriterien und müssen nicht kumulativ erfüllt werden. Entsprechend der Systematik der Leitlinien EBA/GL/2017/12/ESMA71-99-598 gelten Mitglieder des Aufsichtsrats von Kreditinstituten als formal unabhängig, solange keines der in § 28a Abs. 5b angeführten Kriterien erfüllt ist.

In § 28a Abs. 5b Z 2 wird, übereinstimmend mit den Vorgaben der Leitlinien EBA/GL/2017/12/ESMA71-99-598, im Hinblick auf die Eigenschaft als „beherrschender Anteilseigner“ auf die Tatbestände des Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2013/34/EU verwiesen. Dem direkten Verweis auf eine Bestimmung einer EU-Richtlinie war in diesem Fall gegenüber einem Verweis auf die nationalen Bestimmungen zur Umsetzung der gegenständlichen EU-Richtlinienbestimmung deshalb der Vorzug zu geben, weil durch § 28a Abs. 5b Z 2 auch Konstellationen erfasst werden sollen, bei denen der „beherrschende Anteilseigner“ seinen Sitz nicht in Österreich hat.

Der in den Leitlinien EBA/GL/2017/12/ESMA71-99-598 verwendete Begriff „auf sonstige Weise assoziiert“ („otherwise associated“) wird aufgrund seiner Unbestimmtheit im Rahmen der vorliegenden gesetzlichen Anpassungen als „eine (andere) wesentliche Geschäftsbeziehung unterhaltend“ umgesetzt (siehe dazu § 28a Abs. 5b Z 4 und 8). Unter der in § 28a Abs. 5b Z 8 angeführten Personen, die „im letzten Jahr eine wesentliche Geschäftsbeziehung mit einem wesentlichen Vertragspartner unterhalten“ haben, fallen insbesondere Personen, die beim wesentlichen Vertragspartner des Kreditinstituts (beziehungsweise eines Unternehmens innerhalb Gruppe, der das Kreditinstitut angehört) eine Leitungsfunktion innehaben oder innerhalb des vergangenen Jahres innehatten.

Zu § 39d Abs. 5:

Durch die Ergänzung eines neuen Abs. 5 in § 39d wird den Vorgaben in RZ 53 der Leitlinien EBA/GL/2017/11 Rechnung getragen, wonach künftig der Vorsitzende sowie die Mehrheit der Mitglieder des Risikoausschusses formal unabhängig gemäß § 28a Abs. 5b sein sollen. Bei Risikoausschüssen mit einer geraden Anzahl an Mitgliedern reicht es für die Erfüllung des Mehrheitserfordernisses, wenn die Hälfte der Mitglieder formal unabhängig und der Vorsitzende des Ausschusses mit einem Dirimierungsrecht ausgestattet ist.

Hingegen werden die Vorgaben der RZ 51 der Leitlinien EBA/GL/2017/11, nämlich ein formal unabhängiger Vorsitzender und eine Mehrheit formal unabhängiger Mitglieder im Nominierungsausschuss, ausdrücklich nicht in den österreichischen Rechtsbestand übernommen; dies deshalb, weil durch derartige Vorgaben die im österreichischen Gesellschaftsrecht für Eigentümer vorgesehenen Kontroll- und Mitwirkungsrechte zu weitgehend beschnitten werden würden, da in der Regel ein wesentlicher Teil der Konzernsteuerung über die Personalpolitik – und somit die Entscheidungen des Nominierungsausschusses – durchgeführt wird.

Zu § 63a Abs. 4:

Die Anforderungen betreffend die Einrichtung eines Prüfungsausschusses ergeben sich nicht aus der Richtlinie 2013/36/EU, sondern aus Art. 39 der Richtlinie 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, ABl. Nr. L 157 vom 09.06.2006 S. 87, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2014/56/EU zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, ABl. Nr. L 158 vom 27.05.2014 S. 196. Aufgrund dieser unterschiedlichen unionsrechtlichen Grundlagen ist es angemessen, den Begriff „unabhängig“ im Zusammenhang mit der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses – auf Basis der bisherigen Vorgaben in dieser spezifischen Bestimmung und auch nur eingeschränkt auf den Anwendungsbereich dieses Bestimmung – abweichend von der ebenfalls neu eingeführten „formalen Unabhängigkeit“ gemäß § 28a Abs. 5b zu definieren (siehe dazu auch die entsprechenden Ausführungen in RZ 50 der Leitlinien EBA/GL/2017/11, die betreffend die Vorgaben zur personellen Zusammensetzung des Prüfungsausschusses ebenso nur auf die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2006/43/EG verweisen).

Zu § 103w:

Hiermit wird eine Übergangsbestimmung vorgesehen, die es den Kreditinstituten in zeitlicher Hinsicht ermöglichen soll, eine geordnete Neubestellung der Organmitglieder durchzuführen und die notwendige Qualität des Auswahlverfahrens für neue (unabhängige) Organmitglieder sicherzustellen. Insbesondere soll durch diese Übergangsbestimmung darauf Rücksicht genommen werden, dass die – üblicherweise den Aufsichtsrat wählenden – Hauptversammlungen in der Regel jeweils in den ersten sechs Monaten eines Kalenderjahres stattfinden und sohin davon auszugehen ist, dass aufgrund der vorliegenden Novelle allfällig notwendig gewordene Anpassungen betreffend die personelle Zusammensetzung der Aufsichtsorgane erst im ersten Halbjahr 2019 vorgenommen werden können.

Zu § 105 Abs. 17:

Verweiskonkretisierung.

Zu § 107 Abs. 99:

Bestimmung zum Inkrafttreten. Da die Novelle BGBl. I Nr. 150/2017, die ebenfalls Änderungen in § 3 vorsieht, erst mit 1. September 2018 in Kraft treten wird, wurde dieses Datum auch für die vorliegende Novelle als frühester Zeitpunkt des Inkrafttretens festgelegt. Im Hinblick auf die neuen Vorgaben für den Aufsichtsrat und den Risikoausschuss wurde als Zeitpunkt des Inkrafttretens der 1. Jänner 2019 gewählt, um den Kreditinstituten eine angemessene Anpassungsfrist einzuräumen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Investmentfondsgesetzes 2011)

Zu § 10 Abs. 6:

Hiermit werden, im Einklang mit den Ausnahmeregelungen in § 3 Abs. 4a Z 1 BWG, Ausnahmen für Verwaltungsgesellschaften von den für Kreditinstitute neu eingeführten organisatorischen Anforderungen festgelegt.

Zu § 200 Abs. 26:

Bestimmung zum Inkrafttreten. Konsistent mit dem Inkrafttreten der entsprechenden Bestimmungen des BWG wird der 1. September 2018 vorgesehen.