Anlage 2

 

 

Grundsätzlicher Beweisbeschluss gemäß § 24 VO-UA Abs. 1 und 3 VO-UA

 

des Untersuchungsausschusses betreffend die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss)

 

Gemäß § 24 Abs. 1 VO‑UA hat der Geschäftsordnungsausschuss in einem grundsätzlichen Beweisbeschluss Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zu bezeichnen, die vom Untersuchungsgegenstand betroffen und daher zur vollständigen Vorlagen von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes verpflichtet sind.

 

Unter dem Begriff „Akten und Unterlagen“ versteht der Geschäftsordnungsausschuss nicht nur Akten im formellen Sinn, sondern auch sämtliche mit dem Beweisthema und den jeweiligen Akten im Zusammenhang stehende schriftliche oder automationsunterstützt gespeicherte Dokumente, „Handakten“, Berichte, Korrespondenzen aller Art inkl. E-Mails, Entwürfe und sonstige Aufzeichnungen einschließlich Deckblätter, Einsichtsbemerkungen, Tagebücher, Terminkalender, Antrags- und Verfügungsbögen, Weisungen, Erlässe, Aktenvermerke, Sprechzettel, Entscheidungen, schriftliche Bitten, Berichte, Protokolle von Besprechungen und Sitzungen aller Art, Inhalte elektronischer Aktenführung und dergleichen, die bei der vorlagepflichtigen Stelle vorhanden sind.

 

Die Übermittlung hat grundsätzlich binnen 4 Wochen zu erfolgen, bei einer mit begründeter Stellungnahme bekanntgegebenen schwierigen Aktenlage 8 Wochen. Sollte eine Klassifizierung der Stufe 2 oder höher nach dem InfOG bestehen, so hat die Übermittlung binnen 8 Wochen zu erfolgen. Im Besonderen wird auf die Bestimmungen des Informationsordnungsgesetzes verwiesen.

 

Die Übermittlung der Akten und Unterlagen hat soweit möglich geordnet nach den Beweisthemen 1-7, im Sinne des Verlangens 3/US XXVI. GP auf Einsetzung des BVT-Untersuchungsausschusses sowie unter Anschluss eines Aktenverzeichnisses zu erfolgen.

 

Darüber hinaus sind alle öffentlichen und nicht öffentlichen Dokumente sowie alle Dokumente der Klassifizierungsstufe 1 „EINGESCHRÄNKT“ gemäß Informationsordnungsgesetz nach Möglichkeit in elektronischer Form (texterfasst) auf Datenträgern (nicht per E-Mail – mit Ausnahme von Leermeldungen) zu übermitteln.

 

Akten und Unterlagen der Klassifizierungsstufe 2 „VERTRAULICH“, der Klassifizierungsstufe 3 „GEHEIM“ und der Klassifizierungsstufe 4 „STRENG GEHEIM“ gemäß Informationsordnungsgesetz sind ausschließlich in Papierform und jeweils in zweifacher Ausfertigung anzuliefern.

 

Jeder Vorlage ist ein Inhaltsverzeichnis beizufügen. Für die Abwicklung der Vorlage trifft die Parlamentsdirektion entsprechende Vorkehrungen und übermittelt nähere technische Anforderungen. Diese werden der Beschlussausfertigung beigeschlossen. Im Besonderen wird auf Art 53 Abs 2 letzter Satz B‑VG hingewiesen.

 

Untersuchungsgegenstand

Untersuchungsgegenstand ist der Verdacht der abgestimmten, politisch motivierten Einflussnahme durch OrganwalterInnen, sonstige (leitende) Bedienstete sowie MitarbeiterInnen politischer Büros des BMI auf die Aufgabenerfüllung des BVT samt damit in Zusammenhang stehender angeblicher Verletzung rechtlicher Bestimmungen im Zeitraum der ersten zwei Funktionsperioden des aktuellen BVT-Direktors vom 01. März 2008 bis zu seiner Suspendierung am 13. März 2018 im Bereich der Vollziehung des Bundes hinsichtlich

  1. des Verwendens von Daten und Informationen inkl. des Unterlassens der Löschung, des Sammelns und Auslagerns von Daten sowie deren Weitergabe an Dritte;
  2. der Vollziehung des § 6 PStSG und von Vorgängerregelungen (erweiterte Gefahrenerforschung und Ermittlungstätigkeit im Zusammenhang mit Extremismus, Terrorismus, Proliferation, nachrichtendienstlicher Tätigkeit und Spionage) inkl. der Ermittlungen zu rechtsextremen Aktivitäten durch das Extremismusreferat des BVT;
  3. der Ausübung der Dienstaufsicht und Ermittlungen gegen Bedienstete des BVT wie Suspendierungen des Direktors und weiterer ranghoher Bediensteter;
  4. der Zusammenarbeit mit den für den Verfassungsschutz zuständigen Organisationseinheiten der Landespolizeidirektionen bzw. ihren Vorgängerorganisationen hinsichtlich der lit. a bis c;
  5. der Zusammenarbeit mit anderen obersten Organen und Ermittlungsbehörden (wie der StA und der WKStA sowie dem Bundeskriminalamt, BAK, LKAs, EGS) im Hinblick auf die von diesen aus Anlass der oben genannten Rechtsverletzung geführten Ermittlungen und Hausdurchsuchungen;

sowie

  1. der Besetzung leitender Funktionen und Personalauswahl (einschließlich Ernennung bzw. Betrauung von MitarbeiterInnen der jeweiligen Kabinette von BundesministerInnen auf in Verbindung zum BVT stehende Stellen bzw. Aufgaben).

 

Bezeichnung der betroffenen Organe

 

Folgende Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper sind gemäß § 24 Abs. 3 VO‑UA vom Untersuchungsgegenstand betroffen und haben daher gemäß § 24 Abs. 1 VO‑UA unter Bedachtnahme auf § 24 Abs. 3 letzter Satz und § 27 VO‑UA ihre Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Sinne der Anforderungen an die Vorlage von Akten und Unterlagen vollständig vorzulegen:

 

Nach dem Bundesministeriengesetz 1986 idgF:

1.     das Bundeskanzleramt

2.     das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

3.     das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung

4.     das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

5.     das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres

6.     das Bundesministerium für Finanzen

7.     das Bundesministerium für Inneres

8.     das Bundesministerium für Landesverteidigung

9.     das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus

10.  das Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport

11.  das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

12.  das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

 

jeweils samt aller nachgeordneten Dienststellen und sonstige ihnen unterstehende Einrichtungen sowie deren etwaige Vorgängerstellen und –einrichtungen sowie

 

13.  die Finanzprokuratur

14.  der Rechnungshof

15.  die Volksanwaltschaft

16.  die Präsidentschaftskanzlei

17.  die Nationalbank

18.  die Finanzmarktaufsicht

19.  die Landesregierung des Landes Burgenland

20.  die Landesregierung des Landes Kärnten

21.  die Landesregierung des Landes Niederösterreich

22.  die Landesregierung des Landes Oberösterreich

23.  die Landesregierung des Landes Salzburg

24.  die Landesregierung des Landes Steiermark

25.  die Landesregierung des Landes Tirol

26.  die Landesregierung des Landes Vorarlberg

27.  die Landesregierung des Landes Wien

28.  das Bundesverwaltungsgericht

29.  die Generalprokuratur

30.  die Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit

31.  der/die Rechtsschutzbeauftragte nach § 47a StPO

32.  der/die Rechtsschutzbeauftragte nach § 91a SPG


 

Begründung

 

Die im vorliegenden Beweisbeschluss genannten Organe haben die im Folgenden genannten gesetzlichen Kompetenzen in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand ausgeübt, sind daher von diesem betroffen und werden daher zur vollständigen Aktenvorlage im Sinne des § 24 VO‑UA verpflichtet:

Sämtliche dem Untersuchungsgegenstand zuzuordnenden Akten und Unterlagen, unabhängig von Darstellungsform und Datenträger, sind von allen Ministerien dem Untersuchungsausschuss vorzulegen. Dies gilt auch für untergeordnete Organisationseinheiten.

Das Bundesministerium für Inneres und darin insbesondere die Generaldirektion für öffentliche Sicherheit, das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung samt den Landesämtern für Verfassungsschutz, das Bundeskriminalamt, das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung, die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität sowie Landespolizeidirektionen samt ihrer für Verfassungsschutz zuständigen Organisationseinheiten und das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung; sowie

das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz und darin insbesondere die Staatsanwaltschaft, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft; und

die Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit und darin insbesondere das Landesgericht für Strafsachen Wien; sowie

das Bundesverwaltungsgericht waren direkt mit dem Untersuchungsgegenstand befasst.

Das Bundeskanzleramt sowie das Bundesministerium für Öffentlichen Dienst und Sport können politisch motivierte Einflussnahme auf das BVT ausüben und sind zudem seit der letzten Novelle zum Bundesministeriengesetz mit der Kompetenz ausgestattet, Auskünfte unmittelbar vom BVT einzuholen.

Die übrigen Ressorts können eventuell Wahrnehmungen zum Untersuchungsgegenstand haben oder Einflussnahmen auf das BVT ausgeübt haben und waren allesamt zumindest im Zuge der Ausübung von Kompetenzen der Bundesregierung mit dem Untersuchungsgegenstand befasst.

Die Finanzprokuratur vertritt und vertrat die Bundesministerien und andere Organe in rechtlichen Fragen, welche auch im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen könnten.

Der Rechnungshof ist für die Gebarungskontrolle zuständig, welche auch den Untersuchungsgegenstand betreffen kann. Insbesondere hat der Rechnungshof das BVT bereits geprüft.

Die Volksanwaltschaft prüft Missstände in der Verwaltung, weshalb Wahrnehmungen zum Untersuchungsgegenstand vorliegen können.

Der Bundespräsident vertritt die Republik nach außen und ernennt die Beamten, weshalb Wahrnehmungen zum Untersuchungsgegenstand vorliegen können.

Die Nationalbank könnte insbesondere hinsichtlich der Überlassung und Verwendung von Geldern als „Lösegelder“ befasst sein und sohin Wahrnehmungen zum Untersuchungsgegenstand haben.

Die Finanzmarktaufsicht führt als eines ihrer deklarierten Ziele die Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung und könnte somit ebenfalls Wahrnehmungen zum Untersuchungsgegenstand haben.

Auch die Generalprokuratur als Wahrerin des Gesetzes und die Rechtsschutzbeauftragten könnten Wahrnehmungen zum Untersuchungsgegenstand haben.