Erläuterungen

Allgemeiner Teil

A. Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie (EU) 2015/2302:

Zur neuen Pauschalreiserichtlinie im Überblick

Die Revision der Vorgänger-Pauschalreiserichtlinie 90/314/EWG war auf Grund der Entwicklungen am Reisemarkt sowie zur Beseitigung von Unklarheiten und der Schließung von Regelungslücken erforderlich. Mit der neuen Richtlinie (EU) 2015/2302 soll insbesondere dem Umstand Rechnung getragen werden, dass zusätzlich zu den herkömmlichen stationären Vertriebswegen das Internet als Mittel zum Angebot von Reiseleistungen erheblich an Bedeutung gewonnen hat.

Auf Grund der Ausweitung des Begriffes der Pauschalreise sowie der Hinzufügung der Vermittlung verbundener Reiseleistungen ist der Anwendungsbereich der neuen Pauschalreiserichtlinie breiter ausgestaltet als jener der Vorgängerrichtlinie. Darüber hinaus soll der grenzübergreifenden Dimension des Pauschalreisemarktes durch eine Angleichung der Rechtsvorschriften Rechnung getragen werden, um am Binnenmarkt für Reisende und Unternehmen bestehende Hindernisse zu beseitigen. Die Richtlinie löst sich von dem Mindestharmonisierungsansatz ihrer Vorläuferrichtlinie zugunsten eines Vollharmonisierungsansatzes, der es den Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht erlaubt, von den Bestimmungen der Richtlinie abweichende innerstaatliche Rechtsvorschriften aufrechtzuerhalten oder einzuführen.

Die vorgeschlagene Novelle zur Gewerbeordnung 1994 dient der Schaffung einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage zur Erlassung einer Verordnung zur Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie (EU) 2015/2302 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/2083/EU sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG ABl. Nr. L 326 vom 11.12.2015, S. 1, (im Folgenden als „Pauschalreiserichtlinie“ bezeichnet) über

– die Wirksamkeit und den Umfang des Insolvenzschutzes bei Pauschalreisen sowie bei verbundenen Reiseleistungen;

– die Einrichtung einer zentralen Kontaktstelle zur Erleichterung der Verwaltungszusammenarbeit.

Weiters dient die geplante Novelle der Umsetzung der Vorgaben der Pauschalreiserichtlinie betreffend

– die Insolvenzabsicherung der im europäischen Wirtschaftsraum niedergelassenen Reiseveranstalter;

– besondere Pflichten des Reisevermittlers im Falle eines außerhalb des europäischen Wirtschaftsraums niedergelassenen Reiseveranstalters;

– besondere Pflichten des außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums niedergelassenen Reiseveranstalters oder Vermittlers verbundener Reiseleistungen.

Veranstalterverzeichnis – Reiseinsolvenzabsicherungsverzeichnis (GISA):

Nach der derzeitigen Rechtslage haben sich Veranstalter von Pauschalreisen vor der Aufnahme dieser Tätigkeit in ein beim Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort eingerichtetes Veranstalterverzeichnis eintragen zu lassen. Zur Eintragung in das Veranstalterverzeichnis hat der Veranstalter in der Reisebürosicherungsverordnung – RSV, BGBl. II Nr. 316/1999 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 96/2013, näher festgelegte Meldungen zu erstatten und durch Nachweise zu belegen, wobei die übermittelten Daten vom Veranstalter periodisch sowie anlassfallbezogen zu aktualisieren sind. Der Umstand der Eintragung in das Veranstalterverzeichnis wird außerdem im GISA ersichtlich gemacht.

Nunmehr soll das Veranstalterverzeichnis in das GISA eingebunden werden und soll sämtlichen aus der Pauschalreiserichtlinie resultierenden Meldeverpflichtungen auf elektronischem Wege nachzukommen sein.

Dieses System bringt im Vergleich zu dem bestehenden Meldesystem die Vorteile, dass Daten, die bereits im GISA vorhanden sind, nicht neuerdings gemeldet werden müssen und das Verfahren nach einheitlichen Standards elektronisch geführt werden kann.

Die Umsetzung des zivilrechtlichen Teiles der Pauschalreiserichtlinie erfolgte – anders als die Umsetzung der alten Pauschalreiserichtlinie – in einem eigenen Regelwerk, nämlich dem Pauschalreisegesetz. Das Pauschalreisegesetz – PRG wurde am 24. April 2017 im Bundesgesetzblatt unter BGBl. I Nr. 50/2017 kundgemacht. Das PRG tritt mit 1. Juli 2018 in Kraft und ist auf Verträge über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen anzuwenden, die ab diesem Zeitpunkt geschlossen werden.

B. Sonstige Vorhaben:

Das Vorhaben wird außerdem zum Anlass genommen, legistische Bereinigungen und Klarstellungen zu treffen, insbesondere eine Klarstellung in § 1 Abs. 4 GewO 1994 dahingehend, dass eine Person, die einer bestehenden gesetzlichen Verpflichtung nachkommt, den Gegenstand einer gewerblichen Tätigkeit in ein Register eintragen zu lassen, nicht schon dadurch eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Dies ist insbesondere für Eintragungen juristischer Personen in das Firmenbuch von Bedeutung.

C. Kompetenzgrundlage

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf den Kompetenztatbestand „Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie“ (Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG).

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 1 Abs. 4):

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 23.11.2016, Ra 2016/04/0098-3, bestätigt, dass die Eintragung eines Gewerbewortlautes im Firmenbuch eine an einen größeren Kreis von Personen gerichtete Ankündigung nach § 1 Abs. 4 zweiter Satz GewO 1994 ist und somit das Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit schon auf Grund dieses Umstandes vorliegt.

In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass eine Gewerbeberechtigung für eine juristische Person zunächst grundsätzlich erfordert, dass eine diese juristische Person überhaupt existiert, also konstituiert ist. Für Eintragungen in das Firmenbuch sieht § 3 Abs. 1 Z 5 FBG vor, dass eine kurze Bezeichnung des Geschäftszweigs nach eigener Angabe einzutragen ist. Eine juristische Person, die zur Konstitution einer Eintragung in das Firmenbuch bedarf, ist vor dieser Eintragung mit Bezeichnung des Geschäftszweigs rechtlich nicht in der Lage, eine Gewerbeberechtigung zu begründen.

Ein Gewerbetreibender, der beabsichtigt, das Gewerbe durch eine juristische Person auszuüben, steht daher nunmehr nach dieser Judikatur vor dem Problem, dass er sich entweder dadurch strafbar macht, dass er eine vollständige Eintragung aller vom FBG geforderten Informationen veranlasst und somit schon durch diese Handlung eine unbefugte Gewerbeausübung zu vertreten hat, oder versucht, Eintragungen in das Firmenbuch unvollständig vornehmen zu lassen, und damit nicht den Rechtsvorschriften des FBG entspricht.

Da sich der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis nicht damit auseinandergesetzt hat, ob ein solches ein Verhalten einen Rechtsfertigungsgrund bietet, muss davon ausgegangen werden, dass der Verwaltungsgerichtshof keinen Rechtsfertigungsgrund annimmt. Es würde somit bei unverändertem Beibehalten der aktuellen Rechtslage des § 1 Abs. 4 GewO 1994 ein Zustand eintreten, bei dem ein Gewerbetreibender keine Möglichkeit hat, ein Gewerbe für eine juristische Person des Firmenbuchrechts zu begründen, ohne entweder gegen Rechtsvorschriften des FBG zu verstoßen oder eine Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu begehen.

Ein solcher Zustand ist aber keineswegs beabsichtigt. Die Rechtsvorschrift des § 1 Abs. 4 GewO 1994 soll Verhalten, das sich zum Zweck der Geschäftsanbahnung an Kunden richtet, erfassen. Eine Rechtswirkung, die auch das Befolgen von gesetzlichen Vorschriften unter Strafe stellt, ist hingegen keineswegs im Sinne des § 1 Abs. 4 GewO 1994 gelegen. Dies wird dadurch verschärft, wenn das Befolgen dieser Rechtsvorschriften notwendige Voraussetzung ist, um überhaupt eine Gewerbeberechtigung als rechtsfähiges Subjekt begründen zu können.

Es soll daher § 1 Abs. 4 GewO 1994 dahingehend ergänzt werden, dass das Veröffentlichen von Informationen über gewerbliche Tätigkeitsgegenstände kein Anbieten im Sinne dieser Rechtsvorschrift ist, wenn solche Veröffentlichungen in Registern gesetzlich geboten sind.

Zu Z 2 (§ 14 Abs. 5):

Dient der Anpassung des Verweiszitates an die seit dem Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 94/2017 gültige Fundstelle für das Gewerbe der Arbeitsvermittlung, das mit dieser Novelle von § 97 GewO 1994 in § 151a GewO 1994 transferiert worden ist.

Zu Z 3 und 4 (§ 126 Einleitungssatz und § 126 Abs. 1 Z 4 bis 5):

Die Kategorie der „verbundenen Reiseleistungen“ wurde durch die Pauschalreiserichtlinie neu geschaffen. Die verbundene Reiseleistung umfasst Situationen, in denen zwar keine Pauschalreise zustande kommt, aber dennoch ein verbindendes Element zwischen den Reiseleistungen besteht. Eine Begriffsdefinition findet sich in Art. 3 Z 5 der Pauschalreiserichtlinie sowie in § 2 Abs. 5 des Pauschalreisegesetzes. Im Rahmen der Umsetzung der Bestimmungen der Pauschalreiserichtlinie über den Insolvenzschutz im Verordnungswege gemäß § 127 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfes, ist eine Umsetzung der Begriffsbestimmungen aus Art. 3 der Pauschalreiserichtlinie, soweit diese für den Insolvenzschutz und die Insolvenzabsicherung relevant sind, beabsichtigt.

Wie bereits im Falle der Veranstaltung sowie der Vermittlung einer Pauschalreise soll auch die vertragliche Zusage verbundener Reiseleistungen in den Tätigkeitskatalog des Reisebürogewerbes aufgenommen werden.

Die Neufassung des Einleitungssatzes stellt sicher, dass nicht in die mit der Novelle BGBl. I Nr. 94/2017 den Gastgewerbetreibenden eingeräumten Ausübungsrechte im Reisebereich eingegriffen wird.

Zu Z 5 (§ 127):

Die Verordnungsermächtigung in § 127 soll die den Insolvenzschutz im Falle der Veranstaltung von Pauschalreisen sowie der Vermittlung verbundener Reiseleistungen betreffenden Verpflichtungen der Pauschalreiserichtlinie umfassen und auch die von der Richtlinie geforderte Grundlage für die Einrichtung einer zentralen nationalen Kontaktstelle zur Erleichterung der Verwaltungszusammenarbeit mit den zentralen nationalen Kontaktstellen anderer EU/EWR Mitgliedstaaten bilden. Die Verordnungsermächtigung entspricht im Wesen jener des geltenden § 127 GewO 1994. Die Beibehaltung eines Beirates als Kontrolleinrichtung ist beabsichtigt.

Die Verordnungsermächtigung soll außerdem genutzt werden, um den Rechtscharakter der nach geltendem Recht als „Eintragung“ bezeichneten Voraussetzung zum Ausüben solcher absicherungspflichtigen Tätigkeiten besser verständlich zu beschreiben. Wesentlich ist, dass die „Reiseleistungsausübungsberechtigung“ kein eigenständiges Gewerbe ist, sondern das Erfordernis des Begründens einer „Reiseleistungsausübungsberechtigung“ für die unter diesem Begriff erfassten absicherungspflichtigen Tätigkeiten eine besondere Form einer Ausübungsvorschrift im Rahmen bestehender gewerblicher Befugnisse ist. Eine solche Reiseleistungsausübungsberechtigung kann daher auch nicht abgesondert von Gewerbeberechtigungen, die bereits im Ausübungsumfang das Veranstalten von Pauschalreisen und das Vermitteln verbundener Reiseleistungen enthalten, etabliert werden. Die Reiseleistungsausübungsberechtigung kann in diesem Sinne auch keinen Bestand haben, wenn die zugrundeliegende Gewerbeberechtigung endet.

Veranstalter von Pauschalreisen sowie Vermittler verbundener Reiseleistungen, die der Insolvenzabsicherungspflicht unterliegen, müssen elektronisch über das Reiseinsolvenzabsicherungsverzeichnis (GISA) eine – periodisch zu erneuernde – Meldung an den Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort abgeben und dürfen mit der Ausübung dieser Tätigkeit erst nach erfolgter Eintragung der Reiseleistungsausübungsberechtigung in das Reiseinsolvenzabsicherungsverzeichnis (GISA) beginnen. Die formalen und inhaltlichen Anforderungen an Meldung und Folgemeldungen werden im Verordnungswege festgelegt.

Zu Z 6 (§ 127a bis 127c):

§ 127a GewO 1994 bringt den in Art. 18 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 1 der Pauschalreiserichtlinie enthaltenen Grundsatz zum Ausdruck, dass die Mitgliedstaaten jede Insolvenzsicherung anzuerkennen haben, die ein Reiseveranstalter sowie ein Vermittler verbundener Reiseleistungen gemäß den in Umsetzung des Art. 17 der Pauschalreiserichtlinie getroffenen Maßnahmen seines Niederlassungsmitgliedstaates leistet.

§ 127b GewO 1994 sieht in Umsetzung des Art. 20 der Pauschalreiserichtlinie vor, dass Vermittler von Pauschalreisen mit Standort in Österreich, die Pauschalreisen von Veranstaltern mit Standort in einem Drittstaat vermitteln, der Absicherungspflicht der § 127 Abs. 2 GewO 1994 nicht unterliegen, sofern sie nachweisen können, dass der Reiseveranstalter über eine Sicherstellung im Sinne des Art. 17 Abs. 1 der Pauschalreiserichtlinie verfügt.

§ 127c GewO 1994 legt fest, dass die Vorschriften der Pauschalreiserichtlinie in Bezug auf den Insolvenzschutz auch für nicht in einem Mitgliedstaat des EWR niedergelassenen Unternehmen gelten, die ihre Tätigkeiten auf EWR-Mitgliedstaaten ausrichten. Diese Bestimmung dient der Umsetzung von Art. 17 Abs. 1 Unterabsatz 2 (§ 127c Abs. 1) und Art. 19 Abs. 1 iVm Art. 17 Abs. 1 Unterabsatz (§ 127c Abs. 2) der Pauschalreiserichtlinie.

Zu Z 7 und 8 (§ 365 und § 365d):

Aufbauend auf den mit dem bestehenden Veranstalterverzeichnis gewonnenen Erfahrungen soll ein „Reiseinsolvenzabsicherungsverzeichnis“ als Teil des GISA hergestellt werden. Sämtliche von Veranstaltern von Pauschalreisen sowie von Vermittlern verbundener Reiseleitungen zu erstattende Meldungen sind in das Reiseinsolvenzabsicherungsverzeichnis (GISA) einzutragen. Die Meldungen werden gestrafft und vereinheitlicht.

Darüber hinaus wird das Vorhaben dazu genutzt, § 365 GewO 1994 an die Datenschutzgrundverordnung anzupassen und die behördlichen Aufgaben, die sich für die Gewerbebehörden nach des DSGVO ergeben, gesetzlich zuzuweisen.

Zu Z 9 und 10 (§ 365e Abs. 1 und Abs. 4):

Die in § 365e Abs. 1 erster Satz GewO 1994 vorgesehene unbeschränkte Auskunftspflicht soll, abgesehen von den Umsatzdaten, um die Daten gemäß § 365d erweitert werden. Die Umsatzdaten dienen der Vollziehung zur Berechnung der Höhe der Insolvenzabsicherung und umfassen auch Daten über die Kalkulation von Unternehmen. Es handelt sich dabei um Geschäftsgeheimnisse, auf deren Schutz die Gewerbetreibenden einen berechtigten Anspruch haben.

Die unbeschränkte Auskunftspflicht entspricht jener des § 9 Abs. 2 und 12 RSV.

Zu Z 11 und 12 (§ 366 Abs. 1 Z 9 und § 367 Z 34):

Die Neuformulierung des § 366 Abs. 1 Z 9 dient der Anpassung an die nunmehrige Regelung über die Insolvenzabsicherung von Veranstaltern von Pauschalreisen sowie von Vermittlern verbundener Reiseleistungen.

Auf Grund der nunmehrigen Regelung der Informationsverpflichtung von Veranstaltern von Pauschalreisen sowie von Vermittlern verbundener Reiseleistungen im Pauschalreisegesetz ist ein Regelungsbedarf im gewerberechtlichen Bereich nicht (mehr) gegeben und daher die Verwaltungsstrafbestimmung des § 376 Z 34 obsolet.