Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Die in Kigali angenommene Änderung des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen, hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Sie hat nicht politischen Charakter . Ein Beschluss des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG ist nicht erforderlich, weil die Änderung in Zusammenschau mit bestehendem österreichischem Recht durch das Bundesgesetz über den Schutz des Menschen und der Umwelt vor Chemikalien (ChemG 1996, BGBl. I Nr. 53/1997 in der geltenden Fassung) und das Bundesgesetz zur Reduktion der Emissionen fluorierter Treibhausgase (Fluorierte Treibhausgase-Gesetz 2009, BGBl I Nr. 103/2009 in der geltenden Fassung) bereits umgesetzt worden ist. Da durch die Änderung Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Bundesländer berührt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Zu Beginn der 1980er Jahre musste man eine dramatische Ausdünnung der stratosphärischen Ozonschicht, die die Lebewesen auf der Erde vor Ultraviolettanteilen des Sonnenlichts schützt, insbesondere das Ozonloch über dem Südpol, feststellen. Deshalb verpflichtet das Montrealer Protokoll samt seinen Änderungen und Anpassungen sowohl Industriestaaten als auch Entwicklungsländer zu einem weltweiten schrittweisen Ausstieg aus Produktion und Verwendung ozonschichtschädigender Stoffe (z. B. Fluorchlorkohlenwasserstoffe: FCKW; bromierte Kohlenwasserstoffe; Halone; teilhalogenierte Fluorchlorkohlenwasserstoffe: HFCKW).

Entwicklungsländern werden im Schnitt um 10 Jahre längere Ausstiegsfristen zugestanden. Zur Umstellung auf umweltfreundlichere Alternativen und Technologien erhalten sie auch finanzielle und technische Hilfe durch den 1991 eigens zu diesem Zweck eingerichteten Multilateralen Fonds (MLF).

Da der weltweite Ausstieg aus den FCKW 2015 abgeschlossen werden konnte, zeigen sich inzwischen erste positive Auswirkungen: die Konzentration der Verursachersubstanzen in der unteren Atmosphäre hat abgenommen. Die Fortsetzung der Ausdünnung der stratosphärischen Ozonschicht konnte somit gestoppt werden, die Wiederherstellung der Ozonschicht auf ein Niveau vor 1980 wird für etwa 2060 prognostiziert.

Als Alternativsubstanzen wurden jedoch auch teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW) insbesondere in Kälte- und Klimaanlagen sowie Isolierschaumstoffen eingesetzt. HFKW haben zwar ein geringeres Treibhauspotential als FCKW, stellen aber trotzdem zunehmend eine Gefahr für das Klima dar, da sie rund 1000 Mal so treibhausgaswirksam wie Kohlendioxid sind und durch die fortschreitende Industrialisierung in den Entwicklungsländern verstärkt eingesetzt werden. Rezente Wachstumsraten von 10 – 15 % pro Jahr gehen einher mit einem ähnlichen Anstieg der HFKW-Konzentration in der Atmosphäre.

Mit einem Ausstieg aus der Verwendung von HFKW kann daher auch zum Ziel des Pariser Übereinkommens zur Eindämmung des klimawandelbedingten Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur auf maximal 2° Celsius beigetragen werden. Eine weltweite Implementierung der vorliegenden Änderung des Montrealer Protokolls wird zu einer Verringerung der globalen Erwärmung um ca. 0,5° C bis 2100 führen. Nebenbei verringert die Errichtung neuer effizienterer Kälte- und Klimaanlagen den Energieverbrauch pro Anlage.

Nach mehreren vergeblichen Vorstößen etwa der USA, Kanadas, Mexikos und Mikronesiens legte bei der 27. Tagung der Vertragsparteien die Europäische Union einen Vorschlag zur Eindämmung von HFKW vor, der auf breite Zustimmung stieß.

In der Folge beschloss die 28. Tagung der Vertragsparteien am 15. Oktober 2016 in Kigali, Ruanda, eine weitere Änderung des Protokolls (idF: die Änderung), die HFKW in den Regelungsbereich des Protokolls aufnimmt. Ziel dieser Änderung ist es, Produktion und Verbrauch von HFKW über die nächsten drei Jahrzehnte drastisch zu reduzieren. Industriestaaten werden verpflichtet, Herstellung und Verbrauch von HFKW bis 2036 um 85 % zu reduzieren. Entwicklungsländer der Gruppe 1 müssen diese Reduktion bis 2045, solche der Gruppe 2 bis 2047 erfüllen. Gleichzeitig werden diese Stoffe in den Finanzierungsmechanismus MLF einbezogen.

Daher ist insgesamt mit zusätzlichen Kosten in der Größenordnung von 6 – 9 Mrd. US Dollar für den MLF zu rechnen. Für Österreich ist nach derzeitigem Stand mit einem Gesamtbetrag von 15 bis 20 Millionen Euro für den Zeitraum 2018 bis 2047 zu rechnen. Diese mit der Durchführung dieser Änderung verbundenen Kosten finden ihre Bedeckung im Budget des zuständigen Ressorts. Zusätzliche Reisekosten fallen nicht an.

Europarechtlich handelt es sich um ein „gemischtes Abkommen“. Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten führen die in der Änderung von Kigali festgelegten HFKW-Reduktionen auf Grundlage der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über fluorierte Treibhausgase und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 842/2006, VO (EU) Nr. 517/2014, ABl. Nr. L 150 vom 20. 02. 2014 S. 195, durch. Diese in den Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbare Verordnung sieht Reduktionsschritte vor, die sogar etwas ambitionierter sind als die in der vorliegenden Änderung vorgesehenen.

Es ist geplant, die Genehmigung durch die Europäische Union und die Ratifikation (bzw. Annahme) durch ihre Mitgliedstaaten gemeinsam vorzunehmen. Einige Mitgliedstaaten haben jedoch bereits ratifiziert.

Besonderer Teil

Zu Art. I:

Art. I macht die Bestimmungen des Montrealer Protokolls auf HFKW anwendbar. Die Änderungen betreffen folgende Bereiche: Definitionen (Art. 1), Kontrollmaßnahmen (Art. 2), Teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW; Art. 2J), Quotenberechnung (Art. 3), Kontrolle des Handels mit Nichtvertragsparteien (Art. 4), Lizenzverfahren (Art. 4B), Besondere Bestimmungen für Entwicklungsländer (Art. 5), Überarbeitung der Kontrollmaßnahmen (Art. 6), Berichterstattung (Art. 7), Finanzierungsmechanismus (Art. 10) und Geregelte Stoffe (Anlagen A, C und F).

Änderung von Art. 1:

HFKW werden zu geregelten Stoffen im Sinne des Montrealer Protokolls.

Änderung von Art. 2 Abs. 5, 8 und 9:

Die generellen Pflichten (Reduktion von Produktion und Verbrauch von geregelten Stoffen) werden auf HFKW erweitert. Dies betrifft insbesondere die Übertragung von Quoten (Abs. 5), die gemeinsame Erfüllung von Reduktionsverpflichtungen durch Organisationen für Regionale wirtschaftliche Zusammenarbeit (Abs. 8), sowie Überprüfung und Anpassung der Treibhauspotentiale der geregelten Stoffe (Abs. 9). Die Berechnung sämtlicher Reduktionsverpflichtungen erfolgt in CO2-Äquivalenten (siehe auch Art. 3).

Art. 2J:

Die Reduktionsverpflichtungen für HFKW beziehen sich sowohl auf die Herstellung der geregelten Stoffe als auch den Verbrauch. Der Verbrauch ist im Protokoll als Herstellung plus Import minus Export definiert. Die EU und ihre MS können diese Verpflichtung auf Grundlage des Art. 2 Abs. 8 gemeinschaftlich erfüllen.

Abs. 1 legt das Reduktionsszenario für den Verbrauch von HFKW fest. Der Ausgangspunkt für die Reduktion ist der durchschnittliche HFKW-Verbrauch der Jahre 2011 bis 2013. Zusätzlich werden 15 % des HFCKW-Verbrauchs berücksichtigt, da davon ausgegangen wird, dass ein Teil der HFCKW-Anwendungen durch die bestehenden Ausstiegsverpflichtungen auf HFKW umgestellt wurde. Die einzelnen Reduktionsschritte sind als erlaubter Verbrauch angegeben, d.h. die Reduktion ergibt sich durch die Differenz auf 100 %. Somit ergeben sich folgende Werte für die HFKW-Reduktion:

ab 2019: - 10 %

ab 2024: - 40 %

ab 2029: - 70 %

ab 2034: - 80 %

ab 2036: - 85 %

Gemäß Abs. 3 gelten für die Herstellung von HFKW die gleichen Reduktionsverpflichtungen.

Die Abs. 2 und 4 ermöglichen Ländern im wirtschaftlichen Übergang (CEIT-Länder) Erleichterungen zur zuvor dargestellten Reduktionsverpflichtung für den Verbrauch bzw. die Herstellung von HFKW: Der HFCKW-Anteil für den Ausgangspunkt der Reduktion kann auf 25 % erhöht werden und die beiden ersten Reduktionsschritte sehen folgendermaßen aus:

2020:       - 5 %

2025:       - 35 %

Abs. 5 eröffnet die Möglichkeit von Ausnahmen für Verwendungen von HFKW, die nicht ersetzt werden können, z. B. Asthmasprays. Diese Ausnahmen müssen jedoch bei einer Tagung der Vertragsparteien genehmigt werden.

Abs. 6 verpflichtet Länder mit Produktionsanlagen für HFCKW bzw. HFKW die Emissionen von Trifluormethan (CHF3) zu verhindern bzw. bei der Produktion entstehende Mengen zu zerstören. Trifluormethan ist der HFKW mit dem höchsten Treibhauspotential von 14 800; d.h. 1 kg dieses Stoffes hat die Treibhauswirksamkeit von 14,8 t CO2. Diese Verpflichtung gilt ab 2020 für alle Hersteller weltweit. Gemäß Abs. 7 darf die Vernichtung von Trifluormethan ausschließlich mit Methoden erfolgen, die von der Tagung der Vertragsparteien genehmigt wurden.

Änderung von Art. 3:

Abweichend von der Berechnungsmethode für Quoten von Herstellung und Verbrauch der bisher geregelten Stoffe wird für HFKW die Berechnung in CO2-Äquivalenten eingeführt. Dadurch wird zwischen Stoffen mit geringerem Treibhauspotential und solchen mit höherem Potential differenziert.

Änderung von Art. 4:

HFKW werden in die Handelsbeschränkungen des Montrealer Protokolls einbezogen, die nur den Handel mit geregelten Stoffen zwischen Vertragsparteien erlauben. Der Handel zwischen Vertrags- und Nichtvertragsstaaten ist verboten. Ausnahmen können nur von der Tagung der Vertragsparteien gewährt werden.

Änderung von Art. 4B:

Das verpflichtende Lizenz-System für Importe und Exporte ozonabbauender Stoffe wird auf HFKW ausgeweitet. Es muss bis 2019 eingerichtet sein, in Entwicklungsländern bis 2021. Die EU hat ein solches System bereits mit der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über fluorierte Treibhausgase und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 842/2006, VO (EU) Nr. 517/2014, ABl. Nr. L 150 vom 20. 02. 2014 S. 195, eingeführt.

Änderung von Art. 5:

Auch auf Entwicklungsländer werden Verpflichtungen zur Reduktion von Herstellung und Verbrauch von HFKW angewendet.

Gemäß den Abs. 8quaa) bis g) sind sie aber berechtigt, als Ausgangspunkt für die Reduktion den durchschnittlichen HFKW-Verbrauch der Jahre 2020 bis 2022 zu verwenden. Zusätzlich können sie 65 % des HFCKW-Verbrauchs berücksichtigen. Dieser Wert entspricht dem erlaubten Verbrauch von HFCKW für das Jahr 2020. Wie bei den Industriestaaten wird die Annahme getroffen, dass ein Teil der HFCKW-Anwendungen auf HFKW umgestellt wird. Im Text der Protokolländerung sind die Reduktionsschritte wieder als erlaubter Verbrauch angegeben, d.h. die Reduktion ergibt sich durch die Differenz zu 100 % – Wert. Somit ergeben sich folgende Werte für die HFKW-Reduktion:

ab 2024: 0 % (= Einfrieren des Verbrauchs auf den Durchschnitt 2020 – 2022)

ab 2029: - 10 %

ab 2035: - 30 %

ab 2040: - 50 %

ab 2045: - 80 %

Gemäß Abs. 3 gilt gleiches für die Herstellung von HFKW.

Gemäß Beschluss XXVIII/2 der Tagung der Vertragsparteien besteht für Länder mit besonders heißen klimatischen Bedingungen (Bahrein, Indien, Iran, Irak, Kuwait, Oman, Pakistan, Katar, Saudi Arabien und Vereinigte Arabische Emirate) die Möglichkeit, folgendem Reduktionsschema zu folgen:

ab 2028: 0 % (= Einfrieren des Verbrauchs auf Durchschnitt 2024 – 2026)

ab 2032: - 10 %

ab 2037: - 20 %

ab 2042: - 30 %

ab 2047: - 85 %

Änderung von Art. 6:

Die Evaluierung der Beschränkungsmaßnahmen wird auf HFKW erweitert.

Änderung von Art. 7:

Die Vertragsparteien haben Daten über Herstellung und Verbrauch von HFKW jährlich an das Ozonsekretariat zu melden. Die Meldung des Verbrauchs wird für die EU durch die Europäische Kommission vorgenommen, die Herstellungsdaten melden die Mitgliedstaaten.

Änderung von Art. 10:

Umstellungsprojekte in Entwicklungsländern von HFKW auf alternative Technologien können vom Multilateral Fund gefördert werden. UNIDO, UNEP, UNDP und die Weltbank führen solche Projekte durch. Bei Förderung aus anderen Finanzierungsmechanismen sollen diese Anteile nicht zusätzlich durch den Multilateralen Fonds finanziert werden. So sollen Doppelförderungen ausgeschlossen werden.

Änderung der Anlagen:

Die Anlagen A und C (Liste der FCKW und HFCKW) wurden um die Treibhauspotentiale ergänzt, um die Berechnung der Ausgangswerte für die Reduktionsverpflichtungen der Vertragsparteien zu ermöglichen. Weiters wurde die Liste der HFKW als Anlage F zum Protokoll hinzugefügt.

Zu Art. II:

Vor der Ratifikation/Annahme/Genehmigung der vorliegenden Änderung muss die Partei die Änderung von Peking aus dem Jahr 1999 angenommen haben. Gemäß einer ähnlichen Bestimmung in dieser vorhergegangenen Änderung müssen sämtliche vorhergegangenen Änderungen angenommen worden sein.

Zu Art. III:

Ihre Verpflichtungen aus der Änderung berühren die Verpflichtungen der Vertragsparteien aus dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen und aus dem Kyoto Protokoll nicht. Als Treibhausgase unterliegen HFKWs grundsätzlich dem Klimaregime, doch werden dort „nur“ die Emissionen in die Atmosphäre erfasst. Im Rahmen des Montrealer Protokolls werden im Gegensatz dazu Reduktionspläne für Herstellung und Verbrauch von HFKW festgelegt. Die Maßnahmen unter der Vereinbarung von Kigali stellen daher komplementäre Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele dar.

Zu Art. IV:

Die Änderung von Kigali tritt mit 1. Jänner 2019 in Kraft, sofern bis dahin 20 Ratifikationen/Annahmen etc. erfolgt sind. Dies war am 17. November 2017 der Fall.

Die Handelsbeschränkungen des geänderten Art. 4 des Protokolls treten jedenfalls erst mit 1. Jänner 2033 in Kraft, sofern bis dahin 70 Ratifikationen/Annahmen erfolgt sind. Sonst treten sie 90 Tage nach der 70. Ratifikation/Annahme in Kraft.

Zu Art. V:

Jede Partei kann erklären, dass sie die Regelungsmaßnahmen nach Art. 2J und die entsprechenden Berichtspflichten vor Inkrafttreten der Änderung von Kigali vorläufig anwenden wird.