155 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

Bericht

des Umweltausschusses

über die Regierungsvorlage (144 der Beilagen): Protokoll von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt

Das Protokoll von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt hat gesetzesändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Protokolls im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Protokoll Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Bundesländer berührt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Aus europarechtlicher Sicht handelt es sich um ein „gemischtes Abkommen“. Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten führen die unionsrechtlichen Verpflichtungen aus dem Protokoll mit der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 über Maßnahmen für die Nutzer zur Einhaltung des Protokolls von Nagoya und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1866/2015 vom 13. Oktober 2015 durch.

Österreich ist Vertragspartei des Übereinkommens über die biologische Vielfalt ("das Übereinkommen“, BGBl. Nr. 213/1995). Es ist der wichtigste internationale Rahmen für Maßnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt, zur nachhaltigen Nutzung ihrer Komponenten sowie für eine angemessene und gerechte Aufteilung der Vorteile, die sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergeben.

Artikel 15 des Übereinkommens erkennt die Befugnis der Staaten an, den Zugang zu ihren genetischen Ressourcen als Teil ihrer souveränen Rechte in Bezug auf ihre natürlichen Ressourcen zu regeln. Er schafft einen allgemeinen Rahmen für den Zugang zu genetischen Ressourcen und zur Aufteilung der Vorteile. Die Vertragsparteien sind verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, um den Zugang zu ihren genetischen Ressourcen zu erleichtern. Zugleich sind alle Vertragsparteien verpflichtet, Gesetzgebungs-, Verwaltungs- oder politische Maßnahmen zu ergreifen, damit die Ergebnisse der Forschung und Entwicklung und die Vorteile, die sich aus der kommerziellen und sonstigen Nutzung der genetischen Ressourcen ergeben, mit der Vertragspartei, die diese Ressourcen zur Verfügung gestellt hat, ausgewogen und gerecht geteilt werden.

Das am 29. Oktober 2010 von der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens angenommene Protokoll von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt konkretisiert die Bestimmung des Artikel 15 des Übereinkommens unter Berücksichtigung der Interessen von indigenen Bevölkerungen. Österreich hat das Protokoll am 23. Juni 2011 unterzeichnet. Es trat mit 12. Oktober 2014 in Kraft und hat mit Stand 8. März 2018 105 Vertragsparteien, inklusive Europäische Union und 17 ihrer Mitgliedstaaten.

Speziell biodiversitätsreichen Entwicklungsländern soll mit dem Protokoll ein konkretes Instrumentarium zur Verfügung gestellt werden, das ihnen hilft, ihre Interessen zu wahren und der unkontrollierten Ausbeutung von genetischen Ressourcen entgegenzuwirken.

Mit dem Protokoll soll Rechtssicherheit und Transparenz sowohl für die Anbieter als auch für die Nutzer genetischer Ressourcen hergestellt werden, indem verlässliche Bedingungen für den Zugang zu genetischen Ressourcen geschaffen werden und dazu beigetragen wird, die Aufteilung der Vorteile sicherzustellen, wenn genetische Ressourcen von einer Vertragspartei zur Verfügung gestellt werden.

Das Protokoll kann auch als wichtiges vertrauensbildendes Instrument dienen, denn die klaren Vorgaben zum Vorteilsausgleich bei der Nutzung von genetischen Ressourcen schaffen die Grundlage für einen verstärkten Ausgleich zum Zweck der Forschung und Entwicklung. Es schließt somit den Kreis zwischen Erhaltung der biologischen Vielfalt und der nachhaltigen Nutzung ihrer Bestandteile, was wiederum dem Schutz der biologischen Vielfalt weltweit dienen soll.

Die im Protokoll niedergelegten Kernverpflichtungen lassen sich drei Bereichen zuordnen: Maßnahmen in Bezug auf den Zugang zu genetischen Ressourcen, die Aufteilung der Vorteile, die sich aus Forschung und Entwicklung ergeben, und die Einhaltung der Verpflichtungen.

Vertragsparteien können in Form von nationaler Gesetzgebung, die aber gemäß Protokoll bestimmten Standards entsprechen muss, verlangen, dass für den Zugang zu ihren genetischen Ressourcen eine vorherige Zustimmung („Prior Informed Consent“) einzuholen ist. In konkreten Nutzungsfällen sind Bedingungen zur Nutzung und/oder zum Vorteilsausgleich schriftlich in einer gegenseitigen Vereinbarung („Mutually Agreed Terms“) festzuhalten. Der Vorteilsausgleich kann, muss aber nicht finanzieller Natur sein, auch Kapazitätenaufbau und Technologietransfer sind zum Beispiel möglich.

Für die Zwecke der Sammlung und Weiterleitung relevanter Informationen und Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen des Protokolls sind nationale Anlaufstellen und zuständige nationale Behörden zu bestimmen und dem Sekretariat des Übereinkommens über biologische Vielfalt bekannt zu geben.

Sollte ein Nutzer, der in der Jurisdiktion einer anderen Vertragspartei tätig ist, gegen diese nationale Gesetzgebung verstoßen oder die entsprechenden Sorgfaltspflichten verletzen, so hat die andere Vertragspartei Maßnahmen zur Rechtseinhaltung zu ergreifen. Daher ist vorgesehen, das jede Vertragspartei einen oder mehrere Kontrollstellen („Checkpoints“) einrichtet, die etwa relevante Informationen zu Herkunft und Verwendung der genetischen Ressourcen sammelt.

Das Protokoll lässt bestehende Rechte und Pflichten aus anderen bereits bestehenden internationalen Übereinkommen unberührt. Dies gilt insbesondere für den Internationalen Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft der FAO (BGBl. III Nr. 98/2006). Auch die künftige Entwicklung von spezialisierteren Übereinkommen oder Abkommen zu Zugang und gerechte Aufteilung der Vorteile aus der Nutzung genetischer Ressourcen soll nicht behindert werden. Für die Nutzung von dem mit genetischen Ressourcen verbundenen traditionellem Wissen sind zum Schutz von indigenen Bevölkerungen ebenfalls Sorgfaltspflichten vorgesehen.

 

Der Umweltausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 29. Mai 2018 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Abgeordneten Barbara Krenn die Abgeordneten Erwin Preiner, Andreas Kollross sowie die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger.

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

 

Der Umweltausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass der gegenständliche Staatsvertrag der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich nicht zugänglich ist und daher eine Beschlussfassung des Nationalrates im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG erforderlich ist.

 


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

1.      Der Abschluss des Staatsvertrages: Protokoll von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt (144 der Beilagen) wird gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.

 

2.      Dieser Staatsvertrag ist im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen.

Wien, 2018 05 29

                                  Barbara Krenn                                                    Johannes Schmuckenschlager

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann