231 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (191 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das Kardiotechnikergesetz, das MTD-Gesetz, das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz, das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz, das Sanitätergesetz, das Zahnärztegesetz, das Zahnärztekammergesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Apothekengesetz, das Arzneimittelgesetz, das Medizinproduktegesetz, das Patientenverfügungs-Gesetz, das Ärztegesetz 1998, das Musiktherapiegesetz, das Psychologengesetz 2013, das EWR-Psychologengesetz, das Psychotherapiegesetz, das EWR-Psychotherapiegesetz, das Bundesgesetz über die Durchführung von ästhetischen Behandlungen und Operationen, das Tierärztegesetz, das Gentechnikgesetz, das Gesundheitstelematikgesetz 2012, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Bundesbehindertengesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Heimopferrentengesetz, das Kriegsgefangenentschädigungsgesetz und das Tierärztekammergesetz geändert werden (Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz für den Bereich des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz – ErwSchAG BMASGK)

Das 2. Erwachsenenschutz-Gesetz (2. ErwSchG) wurde am 25. April 2017 im Bundesgesetzblatt I Nr. 59/2017 veröffentlicht und tritt mit 1. Juli 2018 in Kraft.

Im Mittelpunkt der Reform des Vertretungsrechts steht die Förderung der Selbstbestimmung von Menschen, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung in ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt sind. Um die Zielsetzung zu erreichen, wurden vier verschiedene Möglichkeiten der Vertretung geschaffen, die jeweils von der Beeinträchtigung der Entscheidungsfähigkeit abhängen:

Der gerichtliche Erwachsenenvertreter ersetzt den Sachwalter. Seine Befugnisse sind aber deutlicher als nach geltendem Recht auf bestimmte Vertretungshandlungen beschränkt, eine Erwachsenenvertretung für alle Angelegenheiten wird es nicht geben. Die Wirkungsdauer einer solchen Vertretung wird mit Erledigung der Aufgabe bzw. spätestens drei Jahre nach Bestellung enden.

Unter einer gesetzlichen Erwachsenenvertretung versteht das 2. ErwSchG die – schon bisher mögliche – Vertretung durch nächste Angehörige. Diese Vertretungsbefugnis der Angehörigen wird jedoch nicht unmittelbar kraft Gesetzes eintreten, sondern nur dann bestehen, wenn sie im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) eingetragen wird.

Neu hinzu gekommen ist die gewählte Erwachsenenvertretung: Damit wird einer volljährigen Person die Möglichkeit gegeben, im Bedarfsfall selbst eine/n Vertreter/in zu bestimmen. Voraussetzung ist, dass sie die Tragweite einer Bevollmächtigung zumindest in Grundzügen verstehen und sich entsprechend verhalten kann. Auch diese Vertretungsbefugnis wird eine Eintragung in das ÖZVV voraussetzen und einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegen.

Die Vorsorgevollmacht wird aus dem geltenden Recht übernommen. Der Wirkungsbereich des/der Bevollmächtigten wird gesetzlich nicht beschränkt; Voraussetzung der Wirksamkeit einer solchen Vollmacht ist aber, dass der so genannte „Vorsorgefall“ (Vollmachtgeber/in ist nicht mehr entscheidungsfähig) eingetreten und im ÖZVV eingetragen ist. Die gerichtliche Kontrolle ist hier im Wesentlichen auf die Genehmigung von Entscheidungen bei medizinischen Behandlungen, soweit zwischen Vertreter/in und Vertretenem/-er ein Dissens erkennbar wird, und bei dauerhaften Wohnortänderungen ins Ausland beschränkt. Da die Vorsorgevollmacht auf der persönlichen Willensbildung der vertretenen Person beruht, ist sie auf unbestimmte Zeit eingerichtet.

Die durch das 2. ErwSchG eingeführten Vertretungsmodelle und die neue Terminologie machen es notwendig die Materiengesetze anzupassen.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützen sich die Änderungen hinsichtlich des Bundesbehindertengesetzes auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 (Zivilrechtswesen), Art. 10 Abs. 1 Z 11 (Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht), Art. 10 Abs. 1 Z 12 (Gesundheitswesen) und Art. 17 B-VG, hinsichtlich des BPGG auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 und Art. 102 Abs. 2 B-VG (Pflegegeldwesen), hinsichtlich des HOG und des KGEG auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG (Sozialentschädigungswesen) sowie auf Art. 12 Abs. 1 Z 6 B-VG (Arbeiterrecht sowie Arbeiter- und Angestelltenschutz, soweit es sich um land- und forstwirtschaftliche Arbeiter handelt).

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 27. Juni 2018 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch die Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Mag. Ernst Gödl, Josef Muchitsch, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, August Wöginger, Ing. Markus Vogl, Mag. Gerald Loacker und Mag. Klaus Fürlinger sowie die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten August Wöginger, Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Zu Titel und Inhaltsverzeichnis:

Korrektur von Rechtschreibfehlern.

Zu Art. 10 lit. a, Art. 11 lit. a, Art. 12 lit. a, Art. 13 lit. a und Art. 14 lit. a (Einleitungssätze der Novellen zum ASVG, GSVG, BSVG, B-KUVG und NVG):

In den Einleitungssätzen der Sozialversicherungsnovellen sind die Fundstellen der letzten einschlägigen Änderungsgesetze zu nennen.

Zu Art. 10 lit. c, Art. 11 lit. c und Art. 12 lit. c (§ 86 Abs. 3 Z 1 ASVG; § 55 Abs. 2 Z 1 GSVG; § 51 Abs. 2 Z 1 BSVG):

Mit Erkenntnis vom 4. Dezember 2017, G 125/2017, hat der Verfassungsgerichtshof einige Wortfolgen im § 86 Abs. 3 Z 1 ASVG mit Ablauf des 30. Juni 2018 aufgehoben (siehe Kundmachung BGBl. I Nr. 2/2018). Diese Bestimmung regelt den Anfall von Hinterbliebenenleistungen.

Nach der geltenden Rechtslage fallen die Hinterbliebenenpensionen mit dem auf den Eintritt des Versicherungsfalles folgenden Tag an, wenn der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach dem Eintritt des Versicherungsfalles gestellt wird. Wird der Antrag später gestellt, so fällt die Pension erst mit dem Tag der Antragstellung an.

Ausnahmsweise fällt eine Waisenpension bereits mit dem auf den Eintritt des Versicherungsfalles folgenden Tag an, wenn der Antrag längstens bis zum Ablauf von sechs Monaten nach dem Eintritt der Volljährigkeit gestellt wird.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes befindet sich eine auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung geschäfts- und prozessunfähige Person mit einer minderjährigen Person in einer rechtlich vergleichbaren Lage. Es sei daher kein sachlicher Grund dafür zu erkennen, wenn der Gesetzgeber zwar weitreichende Schutzvorschriften für mündige Minderjährige vorsieht, hingegen keinen vergleichbaren Schutz für den genannten Personenkreis.

Mit der vorgeschlagenen Änderung wird die vom Verfassungsgerichtshof aufgezeigte sachliche Ungleichbehandlung geschäftsunfähiger volljähriger Personen beseitigt.

Zu Art. 10 lit. d (§ 114 Abs. 6a ASVG):

Die mit dem Budgetbegleitgesetz 2018-2019, BGBl. I Nr. 30/2018, zur Hintanhaltung einer übermäßigen finanziellen Belastung der Betriebe bei Meldesäumigkeiten eingeführte Begrenzung des Höchstausmaßes der Säumniszuschläge in einer Beitragsperiode soll dahingehend adaptiert werden, dass Säumigkeiten bei der Anmeldung zur Pflichtversicherung (§ 114 Abs. 1 Z 1 ASVG) von dieser Begrenzung ausgenommen sind (Abstellen auf die Tatbestände der Z 2 bis 6 des § 114 Abs. 1 ASVG).

Die unbegrenzte Ahndung dieser Verstöße ist für die Bekämpfung des Sozialbetruges bedeutsam.

Zu Art. 10 lit. d, Art. 11 lit. d, Art. 12 lit. d, Art. 13 lit. b und Art. 14 lit. b (Überschrift zu § 714 ASVG; Überschrift zu § 371 GSVG; Überschrift zu § 364 BSVG; Überschrift zu § 252 B-KUVG; Überschrift zu § 123 NVG):

Mit den vorgeschlagenen Änderungen wird ein im Rahmen des 2. Materien-Datenschutz-Anpassungsgesetzes 2018 unterlaufenes Redaktionsversehen beseitigt (Richtigstellung der Artikelbezeichnungen in den Schlussbestimmungen).“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten August Wöginger, Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, N, dagegen: S, P) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2018 06 27

                        Dr. Dagmar Belakowitsch                                                        Josef Muchitsch

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann