Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Immissionsschutzgesetz – Luft und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018)

 

 

Vereinfachte wirkungsorientierte Folgenabschätzung

 

Einbringende Stelle:

BMNT

Vorhabensart:

Bundesgesetz

Laufendes Finanzjahr:

2018

 

Inkrafttreten/

Wirksamwerden:

2018

 

Vorblatt

 

Problemanalyse

Entsprechend dem Übereinkommen von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten samt Erklärung, BGBl. III Nr. 88/2005 (im Folgenden: Übereinkommen von Aarhus) hat jede Vertragspartei sicherzustellen, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben.

Die Novellierung des AWG 2002 dient der Umsetzung des Artikels 9 Absatz 3 des Übereinkommens von Aarhus im Anwendungsbereich des Art. 23 der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle (Abl. Nr. L 143, 30.4.2004, S 87) (im Folgenden: Abfallrahmenrichtlinie).

Für Richtlinien, die die Eindämmung und Reduzierung der Luftverschmutzung und damit den Schutz der menschlichen Gesundheit bezwecken, ergibt sich aus der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs, dass sich unmittelbar betroffene Personen auf zwingende Bestimmungen des Unionsrechts berufen können müssen (unionsrechtlich garantierter Gesundheitsschutz des Einzelnen). Daraus folgt, dass Personen, die von der Gefahr einer Überschreitung der unionsrechtlich durch die Richtlinie 2008/50/EG über Luftqualität und saubere Luft für Europa, ABl. Nr. L 152 vom 11.06.2008 S. 1, zuletzt geändert durch Richtlinie 2015/1480/EU, ABl. Nr. L 226 vom 29.08.2015 S. 4, vorgegebenen Grenzwerte unmittelbar betroffen sind, bei den zuständigen Behörden – gegebenenfalls unter Anrufung der zuständigen Gerichte – erwirken können müssen, dass beim Vorliegen einer solchen Gefahr ein Luftqualitätsplan erstellt wird (EuGH 25.07.2008, C-237/07, Dieter Janecek; 19.11.2014, C-404/13, Client Earth). Der Verwaltungsgerichtshof ist der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gefolgt und hat die Zulässigkeit des Antrags auf Erstellung oder Ergänzung von Programmen in Bezug auf inhaltlich langfristig wirksame Maßnahmen zur Einhaltung der unionsrechtlich vorgegebenen Grenzwerte dem Grunde nach bejaht (VwGH 28.05.2015, Ro 2014/07/0096; 09.02.2018, Ra 2015/07/0074). Unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH in der Rs C-664/15 vom 20.12.2017, Protect Natur-, Arten- und Landschaftsschutz Umweltorganisation und die Bestimmungen des Übereinkommens von Aarhus hat der VwGH erkannt, dass neben unmittelbar betroffenen natürlichen Personen auch Umweltorganisationen, sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen, grundsätzlich legitimiert sind, einen Antrag auf Erstellung oder Ergänzung eines Programms zu stellen.

Aus dem Urteil des EuGH vom 20.12.2017, C 664/15, Protect Natur-, Arten- und Landschaftsschutz Umweltorganisation ergibt sich, dass Umweltorganisationen in wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren für Vorhaben, die das Verschlechterungsverbot betreffen können, Beteiligungs- bzw. Anfechtungsrechte einzuräumen sind.

Ziel(e)

Durch die Änderung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) soll Artikel 9 Absatz 3 des Übereinkommens von Aarhus im Anwendungsbereich des Art. 23 der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle (Abl. Nr. L 143, 30.4.2004, S 87) (im Folgenden: Abfallrahmenrichtlinie) umgesetzt werden.

Aufgrund der unionsrechtlichen Verpflichtung und der dazu ergangenen Judikatur sollen die Bestimmungen des Immissionsschutzgesetzes-Luft (IG-L) betreffend Programme gemäß § 9a geändert bzw. ergänzt werden, um unmittelbar von Grenzwertüberschreitungen betroffenen natürlichen Personen und den nach nationalem Recht anerkannten Umweltorganisation zu ermöglichen, die Erstellung, Evaluierung und Umsetzung von Luftqualitätsplänen (im IG-L gemäß § 9a als Programm bezeichnet) gerichtlich überprüfen zu lassen.

Aufgrund dieser unionsrechtlichen Verpflichtung sollen die Bezug habenden Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) geändert werden, um es einer nach nationalem Recht anerkannten Umweltorganisation zu ermöglichen, sich in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren sowie in Genehmigungsverfahren, in dem wasserrechtliche Bestimmungen mit angewendet werden, zu beteiligen und den verfahrensabschließenden Bescheid, vor dem Hintergrund eine Verschlechterung des Zustandes eines Gewässers zu verhindern, anzufechten.

Inhalt

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahme(n):

Um der Verpflichtung aus Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus in Verbindung mit Art. 216 Abs. 2 AEUV und dem Effektivitätsgrundsatz (effet utile) des europäischen Umweltrechtes im Anwendungsbereich des Art. 23 der Abfallrahmenrichtlinie für Abfallbehandlungsanlagen nachzukommen und so einen effektiven Schutz des EU Umweltrechts zu sichern, soll für Umweltorganisationen die Möglichkeit einer rechtlichen Überprüfung vor einem nationalen Gericht im Falle einer Verletzung von Umweltrecht im Rahmen des ordentlichen Genehmigungsverfahrens des § 37 Abs. 1 AWG 2002 vorgesehen werden. Gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisationen soll daher eine nachträgliche Beschwerdemöglichkeit bei der Genehmigung und wesentlichen Änderung von Behandlungsanlagen gemäß § 37 Abs. 1 AWG 2002, die nicht bereits der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 40 AWG 2002 unterliegen, eingeräumt werden.

Unmittelbar betroffenen natürlichen Personen und nach nationalem Recht anerkannten Umweltorganisationen soll es nach den Bestimmungen des IG-L möglich sein, die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften betreffend die Erstellung und Überarbeitung von Programmen zur Einhaltung der unionsrechtlich vorgegebenen Grenzwerte sowohl inhaltlich als auch in Bezug auf ihr gesetzeskonformes Zustandekommen gerichtlich prüfen zu lassen. Sie können im Falle von Überschreitungen der unionsrechtlich vorgegebenen Grenzwerte erwirken, dass im Rahmen der Programme angemessene und schlüssige Politiken und Maßnahmen geplant oder eingeführt werden, die in ihrer Gesamtheit geeignet sind, den Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten.

Einer nach nationalem Recht anerkannten Umweltorganisation soll es nach den Bestimmungen des WRG 1959 möglich sein, sich in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren sowie in Genehmigungsverfahren, in dem wasserrechtliche Bestimmungen mit angewendet werden, zu beteiligen bzw. den verfahrensabschließenden Bescheid vor dem Hintergrund, eine Verschlechterung des Zustandes eines Gewässers zu verhindern, anzufechten.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Das Vorhaben dient der Umsetzung des Übereinkommens von Aarhus im Anwendungsbereich der Abfallrahmenrichtlinie, des Luftreinhalterechts und des Wasserrechts.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine

Zur Änderung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002

Beitrag zu Wirkungsziel oder Maßnahme im Bundesvoranschlag

Das Vorhaben trägt dem Wirkungsziel „Nachhaltige Nutzung von Ressourcen, primären mineralischen Rohstoffen und Sekundärrohstoffen, Stärkung der Versorgungssicherheit, Entkoppelung des Anteils an zu beseitigenden Abfällen vom Wirtschaftswachstum“ der Untergliederung 43 Umwelt, Energie und Klima im Bundesvoranschlag des Jahres 2018 bei.

 

Finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und andere öffentliche Haushalte:

Die Auswertungen der gemäß § 87d Abs. 1 AWG 2002 übermittelten Bescheide ergab ein Jahrespensum von ca. 30 ordentlichen Genehmigungsverfahren im Anwendungsbereich des Übereinkommens von Aarhus.

Im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten (Parteistellung bei Verfahren betreffend IPPC-Anlagen) hat sich noch keine Umweltorganisation an einem AWG-Verfahren beteiligt. Bei realistischer Betrachtung kann man zukünftig von maximal 10% der betroffenen Verfahren pro Jahr ausgehen. Dies entspricht 3 Verfahren pro Jahr.

Für die Behörde (LH) steigt aufgrund neuer Kundmachungserfordernisse der Verwaltungsaufwand.

(Annahme: eine Person (VB-v3) wendet pro Veröffentlichung der wesentlichen Inhalte der Bescheide (inklusive Durchsicht der Bescheide) ca. 45 Minuten auf).

Für 2018 werden 40 Bescheide angenommen (aufgrund der 30 Altbescheide + 10 neue Bescheide); dies entspricht einem Aufwand von ca. 1 071,36 €.

Für die Folgejahre werden jeweils 30 Bescheide angenommen; dies entspricht einem Aufwand von ca. 804,52 €.

 

Finanzielle Auswirkungen pro Maßnahme

 

Maßnahme (in Tsd. €)

2018

2019

2020

2021

2022

Antrags- bzw. Bescheid-Veröffentlichung durch die Behörde gem. § 40a und § 78c AWG 2002

1.071

804

804

804

804

 

 

Diese Folgenabschätzung wurde mit der Version 5.4 des WFA – Tools erstellt (Hash-ID: 1604534402).

 

Zur Änderung des Immissionsschutzgesetzes – Luft

Beitrag zu Wirkungsziel oder Maßnahme im Bundesvoranschlag

Das Vorhaben trägt dem Wirkungsziel „Erhaltung und Verbesserung der Umweltqualität und der biologischen Vielfalt, der Lebensqualität sowie Schutz vor ionisierender Strahlung“ der Untergliederung 43 Umwelt, Energie und Klima im Bundesvoranschlag des Jahres 2018 bei.

 

Finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und andere öffentliche Haushalte:

Es sind in allen Bundesländern Programme gemäß § 9a IG-L in Kraft. Es ist davon auszugehen, dass sich Umweltorganisationen und betroffene Bürgerinnen und Bürger an der Erstellung und vor allem auch an jeder künftigen Evaluierung eines Programms beteiligen sowie die Möglichkeit, Programme gerichtlich überprüfen zu lassen, wahrnehmen werden.

Finanzielle Auswirkungen ergeben sich für die Länder vor allem aufgrund der Verpflichtung zur Erstellung von Bescheiden, mit denen über die Eignung von Programmen zur ehestmöglichen Einhaltung der Grenzwerte sowie über das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erstellung oder Evaluierung von Programmen abgesprochen wird. Es handelt sich um keine über zwingende Vorschriften hinausgehende Umsetzung von Unionsrecht, weshalb von einer verpflichtenden Darstellung der finanziellen Auswirkungen der Länder abgesehen werden kann.

Diese Folgenabschätzung wurde mit der Version 5.4 des WFA – Tools erstellt (Hash-ID: 1143753225).

 

Zur Änderung des Wasserrechtsgesetzes 1959

 

Beitrag zu Wirkungsziel oder Maßnahme im Bundesvoranschlag

Das Vorhaben trägt dem Wirkungsziel „Nachhaltige Sicherung der Wasserressourcen sowie nachhaltige Stärkung der Nutz- Schutz- Wohlfahrts- und Erholungswirkung des Waldes als Lebensgrundlagen und Lebensräume für Mensch und Natur“ der Untergliederung 42 Landwirtschaft, Natur und Tourismus im Bundesvoranschlag des Jahres 2018 bei.

 

Finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und andere öffentliche Haushalte:

Nach aktuellen Einschätzungen ist in den nächsten Jahren von 25 bis 30 Projekten in den Sektoren Energie und Hochwasserschutz auszugehen, bei denen negative Auswirkungen auf den Gewässerzustand in Form einer Verschlechterung mindestens einer Qualitätskomponente eintreten könnten.

Auf dieser Grundlage wird für den Zeitraum von fünf Jahren bundesweit mit drei bis sechs Bewilligungsanträgen für Vorhaben mit Auswirkungen auf den Gewässerzustand im Sinne des § 104a WRG 1959 pro Jahr gerechnet. Für diese Vorhaben sind bereits nach der geltenden Rechtslage wasserrechtliche Verfahren durchzuführen. Vermutlich wird nicht in allen diesen Fällen eine Beteiligung von Umweltorganisationen im verwaltungsbehördlichen Verfahren erfolgen bzw. von diesen eine Beschwerde an ein Landesverwaltungsgericht erhoben werden.

Da der Entwurf des Gesetzes nicht über die verpflichtende Umsetzung zwingender Vorschriften des Gemeinschaftsrechts hinausgeht, ist gemäß Artikel 6 Abs. 1 Z 1 der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus und Stabillitätspaktes die Darstellung der finanziellen Auswirkungen der Länder nicht verpflichtend. In Hinblick auf die geringe Anzahl zu erwartender Fälle kann daher von einer vertieften Berechnung der geringfügigen finanziellen Auswirkungen abgesehen werden.

 

Anmerkungen zu sonstigen, nicht wesentlichen Auswirkungen:

Die Auswirkungen von zur wasserrechtlichen Bewilligung beantragten Vorhaben auf den Gewässerzustand werden bereits im Verfahren von Amts wegen geprüft. Aus der Beteiligung von Umweltorganisationen am Verfahren bzw. durch die Möglichkeit der Erhebung einer nachprüfenden Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht können sich darüber hinaus vertiefte Prüfungen einzelner Fragestellungen in Zusammenhang mit der Verpflichtung, einen Verstoß gegen § 104a WRG 1959 zu verhindern, ergeben und positive Effekte für die Gewässer zB durch zusätzliche Auflagen bewirkt werden.

Diese Folgenabschätzung wurde mit der Version 5.4 des WFA – Tools erstellt (Hash-ID: 1771743052).