Erläuterungen

Allgemeiner Teil

1. Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Der Nationalrat hat am 29. Juni 2017 beschlossen, dass ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben und Erbinnen sowie Geschenknehmern und Geschenknehmerinnen im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten ab 1. Jänner 2018 unzulässig ist. Der Bundesrat verzichtete in seiner Sitzung am 6. Juli 2017 darauf, gegen den vom Nationalrat gefassten Gesetzesbeschluss ein Veto einzulegen.

Seit 1. Jänner 2018 dürfen Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden, laufende Verfahren sind einzustellen. Insoweit Landesgesetze dem entgegenstehen, traten die betreffenden Bestimmungen zu diesem Zeitpunkt außer Kraft (BGBl. I Nr. 125/2017).

Gemäß § 330b ASVG sind zur Abdeckung der Einnahmen, die den Ländern durch das Verbot des Pflegeregresses nach § 330a entgehen, vom Bundesminister für Finanzen aus dem allgemeinen Bundeshaushalt 100 Millionen Euro jährlich im jeweiligen Bundesfinanzgesetz und Bundesfinanzrahmengesetz zusätzlich zur Verfügung zu stellen und den Ländern nach dem gemäß dem Finanzausgleichsgesetz 2017, BGBl. I Nr. 116/2016, für das jeweilige Kalenderjahr ermittelten Schlüssel der Wohnbevölkerung aus dem Pflegefonds zuzuweisen.

Im Rahmen des Österreichischen Koordinationskomitees gemäß dem Österreichischen Stabilitätspakt 2012 fanden im April und Mai 2018 Gespräche - sowohl auf Ebene von Beamtinnen und Beamten als auch auf politischer Ebene - zum Thema Verbot des Pflegeregresses und dessen Kostenersatz durch den Bund statt. Weitere technische Gespräche gab es im September 2018.

Auch die Landeshauptleutekonferenz befasste sich am 18. Mai 2018 mit dieser Thematik sowie der Frage des Kostenersatzes durch den Bund. Nach eingehender Erörterung wurde mit Beschluss der Landeshauptleutekonferenz (VSt-7714/27) folgende politische Einigung mit dem Bund festgehalten:

„Für das Jahr 2018 ersetzt der Bund den Ländern die durch die Abschaffung des Pflegeregresses entstehenden Einnahmenausfälle, Kosten für Menschen mit Behinderung und Entfall der Selbstzahler gemäß Endabrechnung der tatsächlichen Kosten pro Bundesland, wobei derzeit von einem Höchstbetrag von 340 Millionen Euro ausgegangen wird.

Ab 2019 wird auf den tatsächlich für 2018 ermittelten Kosten (Mindereinnahmen und Mehrausgaben) als Grundlage für die weitere Abgeltung aufgesetzt.“

Vor diesem Hintergrund sollen mit dem gegenständlichen Gesetzesvorschlag insbesondere folgende Maßnahmen gesetzt werden:

                        – Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für den vom Bund den Ländern auf Grund des Verbotes des Pflegeregresses gemäß § 330a ASVG zu leistenden Kostenersatzes in einem Höchstbetrag von insgesamt 340 Millionen Euro für das Jahr 2018 gemäß §§ 12 und 13 F-VG 1948.

                        – Festlegung, dass der Kostenersatz vom Bund den Ländern zur Gänze im Dezember 2018 zur Anweisung zu bringen ist.

                        – Für die Endabrechnung wird die Zuständigkeit der Buchhaltungsagentur des Bundes festgelegt.

                        – Die Abrechnungsunterlagen, aus denen sich die tatsächlichen finanziellen Auswirkungen nachvollziehen lassen, sind von den Ländern der Buchhaltungsagentur bis 31. März 2019 zu übermitteln.

2. Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht gründet sich der vorgeschlagene Gesetzesvorschlag auf Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG (Bundesfinanzen) sowie §§ 7, 12 und 13 F-VG 1948 (Anteile an Bundesabgaben, zweckgebundene Bundeszuschüsse).

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Bundesgesetz über einen Zweckzuschuss aufgrund der Abschaffung des Zugriffs auf Vermögen bei Unterbringung von Personen in stationären Pflegeeinrichtungen)

Zu § 1

Abs. 1 sieht vor, dass durch den Bund als Ersatz für die Auswirkungen des Verbots des Pflegeregresses nach § 330a ASVG für das Jahr 2018 ein Höchstbetrag von 340 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden soll. Von dieser Summe sollen die den Ländern für das Jahr 2018 gemäß § 330b ASVG bereits ausbezahlten Mittel in Höhe von 100 Millionen in Euro Abzug gebracht werden, sodass letztendlich ein Höchstbetrag von 240 Millionen Euro noch zur Auszahlung gelangt. Diese Mittel werden durch eine Erhöhung der Dotierung des Pflegefonds aus Ertragsanteilen – in diesem Fall nur zu Lasten derjenigen des Bundes – finanziert.

In der Landeshauptleutekonferenz vom 18. Mai 2018 wurde festgelegt, dass in Bezug auf den vom Bund zu leistenden Kostenersatz drei Bereiche zu unterscheiden sind:

           1. Der direkte Einnahmenentfall wurde für alle Länder mit 130 Millionen Euro beziffert. Wegen der Nicht-Berücksichtigung von alternativen Wohnformen und Kurzzeitpflege in einigen Ländern sind davon 14 Millionen Euro in Abzug zu bringen, da diese beiden Angebote nicht unter dem Begriff der stationären Pflege des § 330a ASVG subsumierbar sind. Daraus ergibt sich eine Basis von 116 Millionen Euro an Einnahmenentfall.

           2. Im Bereich der Pflege und Betreuung von Menschen mit Behinderungen ist von einer realen Basis in Höhe von 15 Millionen Euro auszugehen.

           3. Es ist damit zu rechnen, dass ein Großteil der bisherigen Selbstzahlerinnen und Selbstzahler nunmehr Anspruch auf Sozialhilfe hat. Für diese Entwicklung werden vom Bund 209 Millionen Euro bereitgestellt.

Die dem Verteilungsschlüssel gemäß Abs. 2 zugrunde liegenden Daten basieren auf Meldungen der Länder. Die Verteilung des in Abs. 2 festgelegten Höchstbetrages nach Ländern und Bereich stellt sich somit wie folgt dar (Beträge kaufmännisch gerundet):

           1. Einnahmenentfall bei stationärer Langzeitpflege

 

Länder

Prozentsätze

Beträge

Burgenland

4,88%

5.660.800,00 €

Kärnten

0,63%

730.800,00 €

Niederösterreich

16,92%

19.627.200,00 €

Oberösterreich

20,03%

23.234.800,00 €

Salzburg

2,92%

3.387.200,00 €

Steiermark

17,40%

20.184.000,00 €

Tirol

6,15%

7.134.000,00 €

Vorarlberg

2,61%

3.027.600,00 €

Wien

28,46%

33.013.600,00 €

GESAMT

100,00%

116.000.000,00 €

 

           2. Einnahmenentfall bei stationärer Betreuung und Pflege von Menschen mit Behinderungen

 

Länder

Prozentsätze

Beträge

Burgenland

3,63%

544.500,00 €

Kärnten

3,12%

468.000,00 €

Niederösterreich

27,19%

4.078.500,00 €

Oberösterreich

35,06%

5.259.000,00 €

Salzburg

3,20%

480.000,00 €

Steiermark

2,12%

318.000,00 €

Tirol

15,10%

2.265.000,00 €

Vorarlberg

3,18%

477.000,00 €

Wien

7,40%

1.110.000,00 €

GESAMT

100,00%

15.000.000,00 €

 

           3. Mehrkosten aufgrund des Umstiegs von Selbstzahlerinnen und Selbstzahlern auf Sozialhilfe in stationärer Langzeitpflege

 

Länder

Prozentsätze

Beträge

Burgenland

1,60%

3.344.000,00 €

Kärnten

5,69%

11.892.100,00 €

Niederösterreich

15,74%

32.896.600,00 €

Oberösterreich

14,56%

30.430.400,00 €

Salzburg

9,43%

19.708.700,00 €

Steiermark

19,20%

40.128.000,00 €

Tirol

17,29%

36.136.100,00 €

Vorarlberg

5,80%

12.122.000,00 €

Wien

10,69%

22.342.100,00 €

GESAMT

100,00%

209.000.000,00 €

 

Bei der Aufteilung der Mittel gemäß der Punkte 1. bis 3. handelt es sich um Prognosen, weshalb auch der Aufteilungsschlüssel gemäß Abs. 2 nur ein vorläufiger ist und sich der endgültige erst aus der Endabrechnung ableiten lassen wird. Im Zuge der selbigen können nicht ausgeschöpfte Mittel innerhalb der drei „Töpfe“ transferiert werden.

Zu § 2

Die Regelung soll gewährleisten, dass Gemeinden, Städte, Sozialfonds und Sozialhilfeverbände als Träger von Sozialhilfeeinrichtungen – da § 330b ASVG ausschließlich die Länder als Empfänger des Kostenersatzes für den Einnahmeentfall durch das Inkrafttreten des Pflegeregressverbotes vorsieht –, ebenfalls die von ihnen im Jahr 2018 getragenen (Netto)Kosten von den Ländern ersetzt werden. Zudem soll eine Verpflichtung der Länder für eine transparente Zurverfügungstellung der von ihnen an die Gemeinden, Städte, Sozialfonds und Sozialhilfeverbände zu leistenden Zweckzuschüsse festgelegt werden. Jedenfalls ist aber ein Ersatz, wie er aus Art. 5 der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus vorgesehen ist, zu leisten. Eine derartige Zurverfügungstellung soll zeitnahe erfolgen.

Zu § 3

Die Mittel sollen vom Bund im Dezember 2018 zur Anweisung gebracht werden, wobei jedem Land ein Gesamtbetrag, der sich aus der Summe aller drei „Töpfe“ abzüglich des jeweiligen Teilbetrags gemäß § 330b ASVG errechnet, angewiesen wird. Eine Endabrechnung soll mit den Ländern im Folgejahr vorgenommen werden.

Zu § 4

Gemäß Abs. 2 sollen die tatsächlichen Kosten der Endabrechnung unterliegen und somit nicht die, die der vorläufigen Aufteilung gemäß § 1 Abs. 2 zugrunde gelegt wurden. Der zahlenmäßige Inhalt der Abrechnungsunterlagen soll vom Bund aus Gründen der Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit in der Anlage 1 definiert und vorgegeben werden.

Die Abrechnungsunterlagen, aus denen sich die tatsächlichen finanziellen Auswirkungen ergeben, sollen von den Ländern der endabrechnenden Stelle – wobei es sich hierbei gemäß Abs. 1 in Verbindung mit § 5 um die Buchhaltungsagentur des Bundes handeln soll – gemäß Abs. 3 bis spätestens 31. März 2019 übermittelt werden.

Gemäß Abs. 4 sind die Länder verpflichtet, die tatsächlichen Kosten mit allen erforderlichen Unterlagen in geeigneter Weise nachzuweisen.

Nach Abs. 5 soll einerseits der Abwicklungsstelle das Recht zukommen, die gemeldeten Kosten in geeigneter Weise zu prüfen sowie andererseits die Länder verpflichtet werden, die Abwicklungsstelle dabei zu unterstützen.

Zu § 5

Als endabrechnende Stelle soll gemäß Abs. 1 die Buchhaltungsagentur des Bundes fungieren. Sie ist das zentrale Dienstleistungsunternehmen für das Rechnungswesen des Bundes und garantiert kompetente, transparente und verlässliche Leistungen. Zu diesem Zweck soll zwischen dieser und dem Bund ein (Werk)Vertrag abgeschlossen werden, wobei sämtliche Kosten für die Beauftragung der Buchhaltungsagentur des Bundes das Bundesministerium für Finanzen tragen soll. Die Kontrolle der tatsächlichen Kosten soll insbesondere durch die Einsichtnahme in Belege und stichprobenartige Prüfungen vor Ort durch die Buchhaltungsagentur des Bundes vorgenommen werden.

Abs. 2 und Abs. 3 sollen zum Ausdruck bringen, dass die beiden für den Kostenersatz im Zusammenhang mit dem Pflegeregressverbot kompetenzmäßig zuständigen Bundesministerien, nämlich das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und das Bundesministerium für Finanzen, über das Endergebnis der Endabrechnung durch die Buchhaltungsagentur des Bundes von dieser bis spätestens 30. Juni 2019 in Kenntnis gesetzt werden sollen. Die Entscheidungsbefugnis über die Gewährung der Mittel soll nach entsprechenden Kontrollen durch die Buchhaltungsagentur des Bundes den beiden obersten Organen der beiden Bundesministerien einvernehmlich zukommen.

Gemäß Abs. 4 besteht für das jeweilige Land eine Verpflichtung zur Rückzahlung der für das Jahr 2018 zu viel gewährten Mittel.

Zu § 6

Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes soll auf Grund der kompetenzrechtlichen Regelungen die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen betraut werden.

Zu Artikel 2 (Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 2017)

Die Auszahlungen des Pflegefonds anlässlich der Abschaffung des Pflegeregresses sollen nur zu Lasten der Ertragsanteile des Bundes und nicht auch derjenigen der Länder und Gemeinden finanziert werden. Die Regelungen im FAG 2017 über die Abzüge von den gemeinschaftlichen Bundesabgaben soll daher entsprechend angepasst werden.