350 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 436/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Mehr Wahlfreiheiten für mehr Zufriedenheit mit dem Kassensystem - freie Kassenwahl jetzt

Die Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 25. Oktober 2018 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Auch die vorliegende Sozialversicherungs-"Reform" wird...

-       ...unser Kassensystem nicht modernisieren

-       ...die Finanzkraftunterschiede der Krankenkassen nicht ausgleichen (BVA hui, GKK pfui)

-       ...die massiven Vermögensunterschiede zwischen den Krankenkassen nicht reduzieren (BVA hui, GKK pfui)

-       ...die enormen Kassenleistungsunterschiede nicht harmonisieren (BVA hui, GKK pfui)

-       ...den unterschiedlichen Leistungswünschen der Versicherten nicht gerecht werden

-       ...es nicht ermöglichen, dass die Bürger_innen ihre Versicherten-Vertreter_innen selbst wählen (Sozialwahlen - liberale Selbstverwaltung)

-       ...die beitragsstarken Beamt_innen in der BVA und in den KFAs wieder nicht zu mehr Solidarität mit den beitragsschwächeren Versicherten der GKKn, wo Arbeitslose und Mindestsicherungs_Bezieher_innen versichert sind, verpflichten (RSA)

Wir wollen nicht mehr warten bis das unbewegliche System zu den Versicherten kommt. Darum freie Kassenwahl jetzt!

Wir wollen daher nicht mehr länger warten bis unser unfaires Kammer­Kassensystem irgendwann zu einem fairen Versicherten-Kassensystem reformiert wird. Die oben geschilderten Probleme für die Versicherten können relativ schnell beseitigt werden, wenn wir die Versicherten ihre Krankenkasse zukünftig selbst wählen lassen. Jede und jeder kann danach zu jener Kasse wechseln, die ihren oder seinen Leistungserwartungen am besten entspricht. Die freie Wahl der Kasse ist beispielsweise in Deutschland, den Niederlanden oder der Schweiz schon längst umgesetzt. Und das gilt auch für andere moderne Kassensysteme in den OECD-Ländern. In diesen "freien" Kassensystemen ist seither höhere Kundenorientierung, schnellere Weiterentwicklung und mehr Zufriedenheit zu beobachten.

Die üblichen Argumente gegen die freie Kassenwahl sind seit jeher sehr bescheiden. Die freie Kassenwahl in Verbindung mit einem Kontrahierungszwang für die Kassen stellt sicher, dass jede Bürgerin und jeder Bürger zu einer guten Absicherung kommt. Auch die oft als Menetekel an die Wand gemalten horrenden Werbeausgaben lassen sich beispielsweise durch eine Werbeausgabenbremse nach bundesdeutschem Vorbild (2 Euro je Versicherten) gering halten.

Kassenzwang führt zu Unzufriedenheit

Wie sehr das österreichische Kassensystem an den Vorstellungen der Versicherten vorbei arbeitet, zeigte zuletzt eine Studie des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger. Laut dieser Studie geht nämlich die Zufriedenheit mit den österreichischen Krankenkassen seit Jahren stetig zurück - 2013: 82%, 2017: 76%. Im Vergleich dazu liegt die Zufriedenheit in Kassenwettbewerbsländern (Deutschland, Holland, Schweiz) deutlich über 90%. Die Erklärung ist ganz einfach: Wer die freie Wahl hat, ist zufriedener. Wer Kunde ist statt Versicherungsfall, ist zufriedener. Wer bei Unzufriedenheit, zum Beispiel wegen einer Leistungsablehnung, zu einer besseren Kasse wechseln kann, ist zufriedener.

 

Nur ein Kassensystem mit Wahlmöglichkeiten bietet die maximale Fairness und folglich maximale Zufriedenheit

Unter Zugrundlegung der Kassensysteme aus Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz basiert ein modernes Krankenversicherungssystem auf der freien Kassenwahl und sieht folgendermaßen aus:

-       Um Wettbewerb und Wahlfreiheit unter fairen Bedingungen zu garantieren, wird zunächst mittels eines umfassenden Risikostrukturausgleichs die bedarfsgerechte Finanzierung der Krankenkassen sichergestellt. Dabei werden Faktoren ausgeglichen, die nicht von den Kassen beeinflusst werden können (Einkommen, Demographie, Morbidität, Hochkostenfälle). Anmerkung: auch in Systemen ohne Wettbewerb (wie in Österreich) sind Risikostrukturausgleiche essentiell, eigentlich gerade in solchen Systemen, da Versicherte ihre Kasse nicht wechseln können.

-       Der Gesetzgeber definiert einen Mindestversicherungsschutz, den jede Kasse in der Krankenversicherung bieten muss.

-       Im nächsten Schritt können die Versicherten ihre Kasse wechseln - freie Kassenwahl (plus Kontrahierungszwang)

-       Weiters sollen die Versicherten auch zwischen Selbstbehalts- oder Vollversicherungs-Modellen wählen können, unabhängig bei welcher Kasse sie versichert sind.

-       Um den Kassen entsprechende Wettbewerbshebel zur Verfügung zu stellen, werden die Selektivvertrags-Möglichkeiten ausgebaut (DMP-Verträge, Hausarztverträge,...)

-       Auch die KV-Beiträge müssen frei gestaltbar sein, um Effizienzvorteile an die Versicherten weitergeben zu können oder in unterversorgten Gebieten geringere Beiträge zugestehen zu können.

-       Zwischen und innerhalb der Träger erfolgt transparentes Benchmarking,

-       damit die Kassen untereinander gut vergleichbar sind und damit sich jede/r Versicherte über die Effizienz, Qualität und Nachhaltigkeit seiner/ihrer Kasse ein Bild machen kann.

-       Selbstverständlich besetzten in diesem System nicht die Kammern die Kassengremien. Stattdessen werden die Versicherten Vertreterinnen von den Versicherten in Rahmen von "Sozialwahlen" direkt gewählt.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 13. November 2018 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, die Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Mag. Verena Nussbaum, Gabriela Schwarz, Philip Kucher sowie die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: N, dagegen: V, F, S, P).

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Gabriela Schwarz gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2018 11 13

                               Gabriela Schwarz                                                            Dr. Brigitte Povysil

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau