365 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 309/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der freiwilligen Arbeitslosenversicherung

Die Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 4. Juli 2018 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Anfrage zur ‚freiwilligen Arbeitslosenversicherung‘

In der schriftlichen Anfrage ‚freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige‘ (713/J, XXVI. GP) wurde darauf hingewiesen, dass Selbständige, die in die freiwillige Arbeitslosenversicherung hineinoptieren, bei entsprechend niedriger Beitragsgrundlage keinen Anspruch auf reduzierte Beiträge nach § 2a AMPFG haben. Dieser Anspruch wird unselbständig Beschäftigten jedoch gewährt.

Situation: Ungleichbehandlung zwischen Arbeitslosenversicherung auf freiwilliger und verpflichtender Basis

Konkret bedeutet das, dass Selbständige bei Vorliegen einer freiwilligen Arbeitslosenversicherung einkommensunabhängig immer 6% ALV-Beiträge leisten müssen. Bei unselbständig Erwerbstätigen greift die volle Belastung von 6% (3% DN-Beitrag, 3% DG-Beitrag) aber erst ab einem Monatsbrutto von 1.948 Euro. Diese Ungleichbehandlung betrifft die unterste ALV-Stufe der freiwilligen Arbeitslosenversicherung (Beitragsmodell: 1/4 der GSVG-Höchstbeitragsgrundlage), die mit 1.496,25 Euro (angenommener) monatlicher Beitragsgrundlage (mit Sonderzahlungskorrektur: 1.282,50 Euro) den vollen ALV-Beitragssatz von 6% zahlen. Unselbständig Beschäftigte werden bei diesem Einkommen hingegen lediglich mit 3% (0% DN-Beitrag, 3% DG-Beitrag) belastet.

Ministerin sieht ebenfalls Ungleichbehandlung

In der Anfragebeantwortung ‚freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige‘ (Antwort 8/9, 696/AB, XXVI. GP) sieht dies die Ministerin ebenfalls als Ungleichbehandlung und spricht sich für ‚eine gesetzliche Klarstellung im § 2a des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes, nach der für freiwillig Versicherte bei entsprechender Beitragsgrundlage eine Verminderung der Beiträge wie für Pflichtversicherte vorgenommen wird.‘ aus.

Was wir nicht wollen: Anreiz zur Teilzeit durch gestaffelte ALV-Beitragssätze soll verhindert werden

Die Intention, die hinter den gestaffelten Beitragssätzen in der ALV stecken muss, ist, Geringverdiener_innen abgabenmäßig zu entlasten, nicht die bewusste Teilzeitarbeit zu fördern. Durch die generelle Anwendung der gestaffelten Beitragssätze, egal ob geringverdienend bei Normalarbeitszeit oder verhältnismäßig gutverdienend bei Teilzeitarbeit, können tendenziell falsche Anreize zur Teilzeitarbeit entstehen. Vor allem bei Frauen, die überdurchschnittlich teilzeitbeschäftigt tätig sind, kann diese Ausgestaltung zu einem verstärkten längerfristigen Verbleib in der Teilzeit führen. Mit der bekannten Folgewirkung einer geringeren Pension.

Davon abgesehen, stellt sich die Frage, ob man die Entlastung der Geringverdiener_innen künftig über das Steuersystem (Negativsteuer) ermöglicht, da es nicht Aufgabe der Arbeitslosenversicherung ist, zwischen den verschiedenen Einkommensgruppen umzuverteilen, sondern mittelfristige Einkommenssicherheit bei Arbeitslosigkeit zu garantieren. Umverteilung soll primär die Aufgabe des Steuersystems sein. (vgl. Prof. Gottfried Haber, www.trend.at, 2.1.2018)

Spezifizierung des Antrags: Geringverdiener_innen sollen entlastet werden, nicht Gutverdiener_innen mit Option zu niedrigsten ALV-Stufe in der freiwilligen Arbeitslosenversicherung

Durch die Wahl der untersten Stufe in der freiwilligen ALV (Beitragsgrundalge 1/4 der Höchstbeitragsgrundlage) ist nicht gesagt, dass diese Selbständigen tatsächlich Geringverdiener_innen sind. Intention des Antrags ist jedoch, lediglich tatsächliche Geringverdiener_innen (Definition nach § 2a AMPFG) zu entlasten. Das kann man sehr genau anhand der tatsächlichen Beitragsgrundlage (tats. Einkommen) bewerten. Bei Selbständigen oft nicht sofort, aber auf jeden Fall im Nachhinein bei der Ermittlung des Jahreseinkommens, das für die Einkommenssteuererklärung relevant ist.

Beispiel:

1) Liegt bei Wahl der niedrigsten freiwilligen ALV-Stufe eine tatsächliche monatliche Beitragsgrundlage von 5.000 Euro vor, ist der volle ALV-Beitragssatz (6%) zu zahlen.

2) Liegt bei Wahl der niedrigsten freiwilligen ALV-Stufe eine tatsächliche monatliche Beitragsgrundlage von 500 Euro vor, ist der reduzierte ALV-Beitragssatz (3%) zu zahlen.

Was wir uns erwarten

Die Bereitschaft der Ministerin zur Angleichung der freiwilligen ALV an die verpflichtende ALV wird begrüßt, da die Angleichung die Absicherung der Selbständigen gegenüber Arbeitslosigkeit mit größter Wahrscheinlichkeit stärken wird. Die Absicherung wird aktuell ohnehin nur sehr schwach betrieben, denn seit 2009 haben lediglich 2.342 Selbständige in die freiwillige ALV hineinoptiert.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 14. November 2018 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Gerald Loacker die Abgeordneten Tanja Graf, Hannes Amesbauer, BA, Ing. Markus Vogl und Alois Stöger, diplômé sowie die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: N, dagegen: V, S, F, P).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Mag. Ernst Gödl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2018 11 14

                                 Mag. Ernst Gödl                                                                 Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann