462 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

Bericht

des Gleichbehandlungsausschusses

über den GREVIO-(Basis)Evaluierungsbericht über gesetzliche und weitere Maßnahmen zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, vorgelegt von der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend (III-163 der Beilagen)

Die ExpertInnengruppe für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (GREVIO) ist ein unabhängiges Kontrollorgan für Menschenrechte mit der Aufgabe, die Umsetzung der Konvention des Europarates zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (nachfolgend „die Konvention“ genannt) durch die Vertragsparteien zu überwachen.

Sie besteht aus zehn unabhängigen und unparteilichen ExpertInnen, die aufgrund ihrer anerkannten Fachkenntnisse in den Bereichen Menschenrechte, Gleichstellung von Frauen und Männern, Gewalt gegen Frauen und/oder Unterstützung und Schutz von Opfern ausgewählt wurden.

Der satzungsgemäße Tätigkeitsbereich von GREVIO umfasst die Kontrolle der Umsetzung der Konvention durch die einzelnen Staaten (Evaluierungsverfahren), die Einleitung von Untersuchungen bei spezifischen Umständen in einem Vertragsstaat (Untersuchungsverfahren) und die Erstellung allgemeiner Empfehlungen zu den Themen und Ansätzen der Konvention.

Der vorliegende Bericht ist das Ergebnis des ersten Basisevaluierungsverfahrens, das zusammen mit Monaco als einem der ersten beiden Vertragsstaaten in Österreich durchgeführt wurde. Der Bericht deckt alle Bereiche der Konvention ab[1] und bewertet damit die Einhaltung der Konvention durch die österreichische Gesetzgebung sowie die Vorgehensweisen bezüglich aller von der Konvention behandelten Themen. Angesichts des Geltungsbereiches der Konvention, wie in Artikel 2, Absatz 1 dargelegt, konzentriert sich das Basisevaluierungsverfahren auf Maßnahmen, die im Rahmen aller Formen von Gewalt gegen Frauen umgesetzt wurden, einschließlich häuslicher Gewalt, die Frauen unverhältnismäßig stark betrifft. Der Begriff „Gewalt gegen Frauen“ bezieht sich im vorliegenden Bericht auf alle Formen von Gewalt gegen Frauen, die laut Kapitel V der Konvention einen Straftatbestand darstellen (oder gegebenenfalls in anderer Form mit Sanktionen geahndet) werden, d. h. psychische Gewalt, Stalking, körperliche Gewalt, sexuelle Gewalt, einschließlich Vergewaltigung, Zwangsheirat, weibliche Genitalverstümmelung, Zwangsabtreibung, Zwangssterilisierung und sexuelle Belästigung. Er umfasst außerdem häusliche Gewalt gegen Frauen, d. h. alle Handlungen körperlicher, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Gewalt, die innerhalb der Familie oder des Haushalts oder zwischen früheren oder derzeitigen Eheleuten oder PartnerInnen vorkommen, unabhängig davon, ob der Täter denselben Wohnsitz wie das Opfer hat/hatte oder nicht. Der Begriff „Opfer“ bezieht sich in diesem Bericht folglich auf eine Frau oder ein Mädchen, die zum Opfer einer Gewalttat wurde.

Ausgehend von dieser Bewertung werden im vorliegenden Bericht Maßnahmen vorgeschlagen, um die Umsetzung der Konvention zu unterstützen. GREVIO verwendet für die Formulierung dieser Schlussfolgerungen unterschiedliche Verben, die jeweils einer unterschiedlich hohen Dringlichkeit hinsichtlich der Umsetzung entsprechen. Diese lauten, in absteigender Priorität, „nachdrücklich auffordern“, „dringend empfehlen“, „empfehlen“ und „einladen“. Die Formulierung „nachdrücklich auffordern“ wird für jene Fälle verwendet, in denen GREVIO zufolge dringender Handlungsbedarf gegeben ist, um die Gesetzgebung oder Politik des betreffenden Staates in Einklang mit der Istanbul-Konvention zu bringen, oder um deren Umsetzung sicherzustellen. Die Formulierung „dringend empfehlen“ wird für jene Fälle verwendet, in denen GREVIO Unzulänglichkeiten aufzeigt, die in naher Zukunft beseitigt werden sollten, um eine umfassende Umsetzung der Konvention zu gewährleisten. Die dritte Stufe in der Reihe der Dringlichkeit wird durch das Verb „empfehlen“ ausgedrückt, womit Mängel von geringerer Priorität bezeichnet werden. Durch das Verb „einladen“ werden schließlich kleinere Lücken in der Umsetzung aufgezeigt, die die Vertragspartei möglichst schließen sollte, sofern die Möglichkeit dazu gegeben ist, oder es werden damit Vorschläge zum Ausdruck gebracht, die als Hilfestellung im Hinblick auf die Umsetzung der Konvention dienen sollen.

Das erste Basisevaluierungsverfahren besteht aus mehreren Schritten, durch die GREVIO die nötigen Informationen für die Erstellung des Berichts erhält. Es wird in Form eines vertraulichen Dialoges durchgeführt, aus dem länderspezifische Schlussfolgerungen und Anregungen für Verbesserungen hervorgehen sollen, die im nationalen Kontext des jeweiligen Vertragsstaates entwickelt werden. Diese Schritte umfassen:

-       die Übermittlung eines Berichtes durch den jeweiligen Vertragsstaat, der auf Basis des von GREVIO ausgearbeiteten Fragebogens erstellt wurde (dieser Bericht wird - im Allgemeinen - veröffentlicht);

-       einen Staatendialog mit VertreterInnen des jeweiligen Vertragsstaates über Themen, die sich aus dem Staatenbericht ergeben;

-       einen Evaluierungsbesuch im jeweiligen Vertragsstaat, um sich mit VertreterInnen der Regierung und nichtstaatlichen Organisationen, die in diesem Bereich tätig sind, auszutauschen;

-       eine Stellungnahme des Vertragsstaates, zum vorläufigen Bericht von GREVIO folgt;

-       die gemeinsame Veröffentlichung des angenommenen GREVIO-Berichtes und der Stellungnahme der Vertragspartei.

Darüber hinaus sammelt GREVIO zusätzliche Informationen von unterschiedlichen Quellen, einschließlich Nichtregierungsorganisationen (NGOs), anderen VertreterInnen der Zivilgesellschaft, nationalen Menschenrechtsorganisationen, Organen des Europarates (Parlamentarische Versammlung, Kommissar für Menschenrechte und weitere relevante Organe) sowie von weiteren internationalen Vertragsorganen.

Die Analyse, Anregungen und Schlussfolgerungen des Berichtes über das Basisevaluierungsverfahren liegen ausschließlich in der Verantwortung von GREVIO. Der Bericht beschreibt die Ausgangssituation im Februar 2017. Sämtliche Entwicklungen ab diesem Datum sind weder in der Analyse erfasst, noch in die Ergebnisse und Schlussfolgerungen eingeflossen.

Gemäß Artikel 72, Absatz 2 der Konvention soll das nationale Parlament diesen Bericht von den Regierungsstellen erhalten. GREVIO empfiehlt der Regierung, diesen Bericht in die jeweilige(n) Amtssprache(n) übersetzen zu lassen und sicherzustellen, dass dieser weit verbreitet wird, und zwar nicht nur bei den betreffenden öffentlichen Institutionen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene, sondern insbesondere auch in der Regierung, den Ministerien und in der Justiz sowie bei den NGOs und weiteren Organisationen der Zivilgesellschaft, die im Bereich Gewalt gegen Frauen tätig sind.

 

Der Gleichbehandlungsausschuss hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 6. Dezember 2018 in Verhandlung genommen.

 

Aufgrund eines am 5. Dezember 2018 eingebrachten Verlangens des Sozialdemokratischen Parlamentsklubs wird der vorliegende Bericht gemäß § 28b Abs. 4 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates nicht enderledigt.

 

Gemäß § 40 Abs. 1 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates beschloss der Gleichbehandlungsausschuss einstimmig, den Verhandlungen folgende Auskunftspersonen beizuziehen: Rosa Logar, MA (Mitglied des GREVIO Komitees im Europarat für das Monitoring der Umsetzung der Istanbul-Konvention) und Mag. Maria Rösslhumer (Sprecherin der Allianz GewaltFREI leben).

 

An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Carmen Schimanek und den Auskunftspersonen Rosa Logar, MA und Mag. Maria Rösslhumer die Abgeordneten Karl Mahrer, BA, Mario Lindner, Sabine Schatz, Petra Wagner, Claudia Gamon, MSc (WU), Stephanie Cox, BA,
Nico Marchetti, Petra Wimmer, Alois Stöger, diplômé und Edith Mühlberghuber sowie die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß und die Ausschussobfrau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek.

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes zu empfehlen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gleichbehandlungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle den GREVIO-(Basis)Evaluierungsbericht über gesetzliche und weitere Maßnahmen zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, vorgelegt von der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend (III-163 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2018 12 06

                             Carmen Schimanek                                                     Gabriele Heinisch-Hosek

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau



[1] Nicht Bezug genommen wird hier auf Kapital VIII der Konvention, da GREVIO die Bewertung der Situation in den einzelnen Vertragsstaaten hier als weniger relevant erachtet.