463 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über die Regierungsvorlage (301 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920, in der Fassung des B. G. Bl. Nr. 368 vom Jahre 1925, das Bundesverfassungsgesetz betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, das Bundesforstegesetz 1996, das Datenschutzgesetz, das Bundesgesetzblattgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Bundesgesetz über die Europäische Ermittlungsanordnung in Verwaltungsstrafsachen geändert werden

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

1. Das Regierungsprogramm 2017 – 2022 sieht unter dem Titel „Moderner Bundesstaat“ eine Reduktion der Zustimmungsrechte von Bund und Ländern zu Maßnahmen der gegenbeteiligten Gebietskörperschaft vor. Zweck dieses Vorhabens ist es, rasche und effiziente Anpassungen im Bereich der Verwaltung zu ermöglichen. Mit dem vorliegenden Entwurf soll dieses Vorhaben verwirklicht werden.

Das Regierungsprogramm sieht außerdem eine Entflechtung der Kompetenzverteilung vor. Die Kompetenztatbestände der Art. 10 bis 15 B‑VG sollen überprüft und neu geordnet werden. Mit dem vorliegenden Entwurf soll eine erste Entflechtung der Kompetenzverteilung verwirklicht werden.

Das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz – Verfassungsdienst hat einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, der mit den Ländern koordiniert wurde. Die Landeshauptleutekonferenz hat sich in ihrer Tagung am 18. Mai 2018 im Beisein des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz mit der Kompetenzentflechtung und Strukturbereinigung befasst und einen Beschluss gefasst, wonach sie die Initiative des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz unterstützt. Der Gesetzentwurf wurde auf Grund der Ergebnisse des allgemeinen Begutachtungsverfahrens überarbeitet; die weitere Entflechtung der Kompetenzverteilung, insbesondere der noch in Art. 12 B‑VG verbleibenden Kompetenztatbestände, soll in einer politischen Bund-Länder-Arbeitsgruppe einer Lösung zugeführt werden.

2. Das Datenschutzgesetz (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999, wurde zuletzt durch das Datenschutz-Deregulierungs-Gesetz 2018, BGBl. I Nr. 24/2018, novelliert. Damit wurden die erforderlichen Anpassungen an die Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1, und die Arbeiten zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates, ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 89, abgeschlossen.

Im Sinne der Deregulierung im Datenschutzbereich sollen Änderungen betreffend die Kompetenzrechtslage auf dem Gebiet des Datenschutzes und eine Neufassung des Grundrechts auf Datenschutz vorgenommen werden.

3. Auch Verordnungen der Gemeinden sollen im RIS kundgemacht werden können.

4. Schaffung einer Möglichkeit, den Verwaltungsgerichten durch (einfaches) Gesetz weitere Aufgaben zuzuweisen.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich überwiegend aus Art. 10 Abs. 1 Z 1 B‑VG („Bundesverfassung“) sowie aus Art. 150 Abs. 2 B‑VG.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Der Entwurf kann gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.

Im Hinblick auf die vorgesehene Einschränkung der Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung bzw. Vollziehung bedarf er gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG der qualifizierten Zustimmung des Bundesrats.

 

 

Der Verfassungsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 14. November 2018 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Mag. Friedrich Ofenauer die Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Alfred J. Noll, Dr. Stephanie Krisper, Dr. Peter Wittmann, Mag. Selma Yildirim, Mag. Harald Stefan, Nico Marchetti und Mag. Thomas Drozda sowie der Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Josef Moser.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu lit. a (Art. 1 Z 3 [Art. 10 Abs. 1 Z 11 des Bundes-Verfassungsgesetzes]):

Bei dieser Änderung handelt es sich um eine klarstellende Präzisierung (vgl. § 1 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 2. Juni 1948, betreffend die Zuständigkeit des Bundes auf dem Gebiete des Arbeiterrechtes sowie des Arbeiter- und Angestelltenschutzes und der Berufsvertretung, BGBl. Nr. 139/1948).

Zu lit. b (Art. 3 Z 7 [§ 7 des Bundesverfassungsgesetzes betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien]):

Für die Erlassung der Landesgesetze auf Grund des neuen § 2 und der auf dessen Grundlage zu erlassenden Geschäftseinteilungen soll eine entsprechende Legisvakanz vorgesehen werden.

Zu lit. c und lit. d (Art. 5 Z 2 bis 10 [§§ 1, 2, 3, 4 Abs. 7, 16 Abs. 5, 60, 61 und 70 des Datenschutzgesetzes]):

Art. 5 Z 2 soll entfallen; die bisherigen Z 3 bis 11 sind diesfalls entsprechend anzupassen.“

 

Weiters hat Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl folgende Ausschussfeststellung eingebracht:

„–     Der Inhalt des Art. 130 Abs. 2 Z 4 B-VG in der Fassung des Art. 1 Z 23 des Gesetzentwurfs erschöpft sich darin, die einfache Gesetzgebung zu ermächtigen, den Verwaltungsgerichten sonstige Zuständigkeiten zur Entscheidung über Beschwerden, Streitigkeiten oder Anträge in sonstigen Angelegenheiten zuzuweisen.

–      Gemäß Art. 130 Abs. 2 zweiter Satz B-VG in der Fassung des Art. 1 Z 24 des Gesetzentwurfs dürfen Bundesgesetze gemäß Z 4 in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die nicht unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden, sowie in den Angelegenheiten der Art. 11, 12, 14 Abs. 2 und 3 und 14a Abs. 3 und 4 B-VG nur mit Zustimmung der Länder kundgemacht werden.

–      Art. 130 B-VG hat nur die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte allgemein zum Inhalt; erst im Art. 131 B-VG werden diese Zuständigkeiten auf die Verwaltungsgerichte des Bundes und der Länder verteilt. Die Zustimmungserfordernisse des Art. 131 Abs. 4 zweiter Satz und des Art. 131 Abs. 5 zweiter Satz B-VG gelten daher auch für Bundes- oder Landesgesetze, die Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 4 B-VG in der Fassung des Art. 1 Z 23 des Gesetzentwurfs vorsehen.“

 

Anschließend wurden die Verhandlungen auf Antrag des Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll vertagt.

 

Der Verfassungsausschuss nahm die Verhandlungen am 6. Dezember 2018 wieder auf. In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Alfred J. Noll, Katharina Kucharowits, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Harald Stefan, Mag. Klaus Fürlinger und der Ausschussobmann Abgeordneter Dr. Peter Wittmann sowie der Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Josef Moser das Wort.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan ihren Abänderungsantrag vom 14. November 2018 zurückgezogen und einen neuen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu lit. a (Art. 1 Z 3 [Art. 10 Abs. 1 Z 11 des Bundes-Verfassungsgesetzes]):

Bei dieser Änderung handelt es sich um eine klarstellende Präzisierung (vgl. § 1 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 2. Juni 1948, betreffend die Zuständigkeit des Bundes auf dem Gebiete des Arbeiterrechtes sowie des Arbeiter- und Angestelltenschutzes und der Berufsvertretung, BGBl. Nr. 139/1948).

Zu lit. b (Art. 1 Z 27 [Art. 151 Abs. 63 Z 5 B-VG]):

In einer Sitzung der Landeshauptleute am 23. November 2018, in der auch der Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz anwesend war, sind der Bund und die Länder darin übereingekommen, dass die Vereinbarung gemäß Art. 15a B VG betreffend die Jugendfürsorge nicht nur unter den Ländern, sondern unter Beteiligung des Bundes getroffen werden soll. Dies bedarf einer entsprechenden Anpassung des vorgeschlagenen Art. 151 Abs. 63 Z 5.

Zu lit. c (Art. 3 Z 7 [§ 7 des Bundesverfassungsgesetzes betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien]):

Für die Erlassung der Landesgesetze auf Grund des neuen § 2 und der auf dessen Grundlage zu erlassenden Geschäftseinteilungen soll eine entsprechende Legisvakanz vorgesehen werden.

Zu lit. d und lit. e (Art. 5 Z 2 bis 10 [§§ 1, 2, 3, 4 Abs. 7, 16 Abs. 5, 60, 61 und 70 des Datenschutzgesetzes]):

Art. 5 Z 2 soll entfallen; die bisherigen Z 3 bis 11 sind diesfalls entsprechend anzupassen.

 

Die in der Regierungsvorlage 301 d.B. enthaltenen Änderungen zum Grundrecht auf Datenschutz sollen entfallen. Dennoch ist entgegen der diesbezüglichen Erläuterung in der Regierungsvorlage zu § 1 DSG nochmals festzuhalten, dass Datenverarbeitungen im Bereich der Gesetzgebung weiterhin vom Grundrecht auf Datenschutz erfasst sind, dass aber weder die DSGVO noch die übrigen Bestimmungen des DSG auf Datenverarbeitungen im Bereich der (nationalen) Gesetzgebung Anwendung finden.

Dies gilt auch für die Tätigkeit der parlamentarischen Mitarbeiter/innen und parlamentarischen Klubs und deren Mitarbeiter/innen, wenn diese die Mitglieder des Nationalrates und des Bundesrates bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützen.“

 

Außerdem hat der Abgeordnete Mag. Wolfgang Gerstl folgende Ausschussfeststellung eingebracht:

„Der Verfassungsausschuss des Nationalrates begrüßt den Entwurf einer Artikel 15a B-VG-Vereinbarung mit den Ländern über die Kinder- und Jugendhilfe, in dem insbesondere eine Weiterentwicklung der bestehenden Standards in der Kinder- und Jugendhilfe sichergestellt wird. Diese kann nicht nur nach Vorliegen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse sondern nach Expertisen aus den Fachkreisen der Kinder- und Jugendhilfe im Sinne des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern erfolgen. Damit werden neben dem Ziel einer qualitativen Weiterentwicklung auch einheitliche hohe Standards verfolgt. Jedes Land kann die Aufnahme solcher Verhandlungen verlangen.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan vom 6. Dezember 2018 mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, F, dagegen: N, J) beschlossen.

 

Die in der Sitzung vom 14. November 2018 eingebrachte Ausschussfeststellung wurde mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, dagegen: S, N, J) beschlossen.

 

Die in der Sitzung vom 6. Dezember 2018 eingebrachte Ausschussfeststellung wurde mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, dagegen: S, N, J) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2018 12 06

                         Mag. Friedrich Ofenauer                                                     Dr. Peter Wittmann

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann