Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Protokoll von 2014 zum Übereinkommen über Zwangsarbeit, 1930, hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Protokolls im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Protokoll Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Das Protokoll von 2014 zum Übereinkommen über Zwangsarbeit, 1930, sieht vor, dass die Anwendung von Zwangs- und Pflichtarbeit zu verhindern (Prävention) und beseitigen ist und dass die Opfer Schutz und Zugang zu geeigneten und wirksamen Rechtsbehelfen und Abhilfemaßnahmen erhalten. Als Beispiel wird auch die Ent­schä­digung angeführt. Die für Zwangs- und Pflichtarbeit verantwortlichen Täterinnen und Täter sind zu bestrafen. Die Mitgliedstaaten sollen nationale Politiken und einen nationalen Ak­tionsplan zur Beseitigung von Zwangs- und Pflichtarbeit erstellen. Maßnahmen zur Verhütung von Zwangsarbeit haben unter anderem zu erfassen: Aufklärung und Informierung der Menschen, die besonders gefährdet sind; Aufklärung der Arbeitgebe­rin­nen und Arbeitgeber, dass sie nicht in Zwangsarbeit involviert werden; Stärkung der Ar­beits­aufsichtsdienste und der Gesetzgebung; Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer, welche Anwerbungs- und Vermittlungsdienste in Anspruch nehmen. Opfer von Zwangs- und Pflichtarbeit sollen davor geschützt werden, für Straftaten bestraft zu werden, zu der sie als direkte Konsequenz ihrer Opferstellung gezwungen wurden. Schließlich werden überholte Bestimmungen des Übereinkommens über Zwangsarbeit, 1930, definitiv außer Kraft gesetzt.

In der Empfehlung (Nr. 203) betreffend ergänzende Maßnahmen zur effektiven Beseitigung von Zwangsarbeit wer­den Beispiele für mögliche Maßnahmen im Hinblick auf Prävention, Schutz, Rechts­be­hel­fe, wie z. B. Entschädigung und Zugang zur Justiz, Vollzug sowie internationale Zu­sam­menarbeit genannt. Nach Möglichkeit sollen Maßnahmen zur Sensibilisierung, Bekämpfung von Dis­kriminierung, Förderung der Vereinigungsfreiheit ergriffen werden und für grundlegende Garantien der so­zia­len Si­cherheit oder kohärente Beschäftigungs- und Arbeitsmigrationspolitiken gesorgt wer­­den. Opfer sollen geschützt und Maßnahmen zur langfristigen Wiederherstellung und Re­habili­ta­tion getroffen werden. Für Kinder soll es spezielle Schutzmaßnahmen geben; eine Reflexionsperiode soll vorgese­hen werden; nach Möglichkeit sollten auch Maßnahmen im Bereich des Aufenthaltsrechts und des Zugangs zum Arbeitsmarkt ergriffen werden.

Eine Gegenüberstellung mit der nationalen Rechtslage und Praxis zeigt, dass die Bestimmungen des Protokolls von Österreich bereits erfüllt werden; auch gibt es zu den wesentlichen Vorschlägen der Empfehlung entsprechende Umsetzungsmaßnahmen. Seitens der maßgeblichen nationalen Sozialpartnerorganisationen gibt es keine Einwände gegen die Ratifikation des Protokolls.

Besonderer Teil

Zu Art. 1:

Art. 1 fordert wirksame Maßnahmen zur Verhinderung und Beseitigung von Zwangs- oder Pflichtarbeit sowie im Bereich des Opferschutzes und der Entschädigung. Verantwortliche für Zwangs- oder Pflichtarbeit müssen bestraft werden. Gefordert wird die Entwicklung einer innerstaatlichen Politik und eines inner­staatlichen Aktionsplans in Absprache mit den Sozialpartnern zur wirksamen und dauerhaften Beseitigung von Zwangs- oder Pflichtarbeit. Schließlich wird die im Übereinkommen (Nr. 29) über Zwangs- oder Pflicht­ar­beit, 1930, enthaltene Definition bekräftigt und ein gezieltes Vorgehen gegen den Menschen­handel für die Zwecke von Zwangs- oder Pflichtarbeit verlangt.

Das von Österreich ratifizierte Übereinkommen (Nr. 29) über Zwangs- oder Pflichtarbeit, 1930, BGBl. Nr. 86/1961, definiert in seinem Art. 2 als „Zwangs- oder Pflichtarbeit“ jede Art von Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person un­ter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Ver­fügung gestellt hat (Abs. 1). Nicht als Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne dieses Überein­kommens sind Militärdienstpflichten, übliche Bürgerpflichten, Arbeiten unter Aufsicht der öf­fentlichen Behörden auf Grund einer gerichtlichen Verurteilung, Arbeiten in Fällen höherer Gewalt oder kleinere Gemeindearbeiten, die unmittelbar dem Wohle der Gemeinschaft die­nen (Abs. 2).

Gemäß Art. 4 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK; BGBl. Nr. 210/1958 i.d.g.F.) darf niemand gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten. Im Sinne von Art. 5 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union darf niemand in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden oder gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten. Menschenhandel ist verboten.

Über einen expliziten Tatbestand zu Zwangs- und Pflichtarbeit verfügt das österreichische Strafrecht nicht; allerdings gibt es zahlreiche Bestimmungen, die damit in engem Zusammenhang stehen, und Zwangs- und Pflichtarbeit im Ergebnis verbieten.

Zwangs- und Pflichtarbeit sind mit Menschenhandel nicht ident, allerdings besteht eine enge Verbindung, der das vorliegende Protokoll (sowie die Empfehlung Nr. 203) Rechnung trägt. Zwangsarbeit oder erzwungene Dienstleistungen werden in allen relevanten Rechtsinstru­men­ten (Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität, Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels, Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer) ausdrücklich als Formen von Ausbeutung genannt, die im Kontext von Menschenhandel unter Strafe zu stel­len sind.

Strafbarkeit für Zwangsarbeit kommt somit primär nach § 104a StGB (Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974 i.d.g.F.) in Betracht: Wer eine volljährige Person mit dem Vorsatz, dass sie aus­ge­beutet werde, unter Einsatz unlauterer Mittel gegen diese Person anwirbt, beherbergt oder sonst aufnimmt, befördert oder einem anderen anbietet oder weitergibt, ist mit Frei­heits­stra­fe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Unlautere Mittel sind der Einsatz von Gewalt oder gefährliche Drohung, die Täuschung über Tatsachen, die Ausnüt­zung einer Autoritätsstellung, einer Zwangslage, einer Geisteskrankheit oder eines Zustan­des, der die Per­son wehrlos macht, die Einschüchterung und die Gewährung der Annahme eines Vorteils für die Übergabe der Herrschaft über die Person. Ausbeutung umfasst die se­xu­elle Ausbeu­tung, die Ausbeutung durch Organentnahme, die Ausbeutung der Arbeitskraft, die Ausbeu­tung zur Bettelei sowie die Ausbeutung zur Begehung mit Strafe bedrohter Hand­lungen. Einen höheren Strafrahmen gibt es bei der Ausbeutung von minderjährigen Personen oder etwa bei der Tatbegehung im Rahmen einer kriminellen Vereinigung oder unter An­wen­dung schwe­rer Gewalt.

Hierbei versteht sich „anwerben“ als die Verpflichtung einer anderen Person (sich ausbeu­ten zu lassen) in Form einer Vereinbarung, die auf intensives Betreiben des Täters (unter Einsatz unlauterer Mittel) zurückzuführen ist (vgl. Schwaighofer, Wiener Kommentar Strafgesetz, § 104a StGB Rz 5a). „Ausbeutung“ verlangt eine rücksichtslose, nachhaltige Unterdrückung vi­taler Interessen (Rz 8); im Hinblick auf die Arbeitskraft, dass die Arbeit leistende Per­son etwa grob unzureichend entlohnt wird. Die Herbeiführung einer sklavereiähnlichen Lage führt zur Anwendung des § 104 StGB (Rz 13).

Die Ausbeutung der Arbeitskraft ist explizit in § 104a Abs. 3 StGB als Ausbeutungsform er­fasst. Die Erläuterungen zum Sexualstrafrechtsänderungsgesetz 2013 enthalten zum Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung folgende Ausführungen: „Ganz grundsätzlich sind unter Ausbeutung der Arbeitskraft Praktiken zu verstehen, die zwar noch nicht als Skla­verei oder sklavereiähnlich (vgl. § 104 StGB) anzusehen wären, die aber doch ein rücksichts­lo­ses Ausnützen des Opfers darstellen, das gegen dessen lebenswichtige Interessen gerichtet ist. Dies liegt etwa dann jedenfalls vor, wenn dem Opfer für seine Arbeit oder Dienstleistung über längere Zeit hindurch keine oder nur völlig unzureichende Geldmittel überlassen wer­den sollen oder wenn die nach der Gesetzeslage erlaubte oder zumutbare Arbeitszeit über ei­nen längeren Zeitraum exzessiv ausgedehnt oder das Opfer unter unzumutbaren Arbeits­be­dingungen zur Erbringung der von ihm geforderten Leistung verhalten werden soll.“

Durch die Ratifikation des Übereinkommens vom 25. September 1926 betreffend die Sklaverei (BGBl. Nr. 17/1928), abgeändert durch das Protokoll vom 17. Dezember 1953 (BGBl. Nr. 183/1956), hat sich Österreich verpflichtet, u.a. Sklavenhandel zu verhindern und zu unterdrücken. Im Sinne von § 104 StGB umfasst Sklavenhandel jeden Akt der Festnahme, des Erwerbs und der Abtretung einer Person in der Absicht, sie in den Zustand der Sklaverei zu versetzen; jede Handlung zum Erwerb eines Sklaven in der Absicht, ihn zu verkaufen oder zu vertauschen; jede Handlung zur Abtretung eines zum Verkauf oder Tausch erworbenen Sklaven durch Verkauf oder Tausch und überhaupt jede Handlung des Handelns mit Sklaven oder der Beförderung von Sklaven/jedes Handeln mit Sklaven oder deren Beförderung. Gleichgestellt ist die Entziehung der persönlichen Freiheit in Form von Sklaverei oder einer sklavereiähnlichen Lage. Die Strafbestimmung des § 104 StGB ist allerdings mehr von symbolischer, nicht jedoch von praktischer Bedeutung.

Die genannten Tatbestände sind Offizialdelikte: Gemäß § 2 Abs. 1 StPO (Strafprozessord­nung 1975, BGBl. Nr. 631/1975 i.d.g.F.) sind Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft im Rahmen ih­rer Aufgaben verpflichtet, jeden ihnen zur Kenntnis gelangenden Anfangsverdacht einer Straf­tat, der nicht bloß auf Verlangen einer hierzu berechtigten Person zu verfolgen ist, in einem Ermittlungsverfahren von Amts wegen aufzuklären.

Neben § 104 und § 104a StGB kommen in Fällen von Zwangsarbeit auch die Verwirklichung des Tatbestandes der Nötigung (§ 105 StGB) und der schweren Nötigung (§ 106 StGB) in Be­tracht. Mit der Strafgesetz-Novelle 2015 wurde der Tatbestand der Zwangsehe nach § 106a StGB – als Ausfluss der schweren Nötigung – geschaffen.

§ 116 FPG (Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 i.d.g.F.) regelt die Ausbeutung eines Fremden. Strafbar ist dort die Ausnützung der besonderen Abhängigkeit eines Frem­den, der sich rechtswidrig im Bundesgebiet aufhält, über keine Beschäftigungsbewilligung verfügt oder sich sonst in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis befindet.

§ 28c AuslBG (Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975) stellt unter Strafe, wer gleichzeitig eine größere Zahl von Ausländern ohne Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet oder einen minderjährigen Ausländer ohne Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet beschäftigt. Bei Beschäftigung unter besonders ausbeuterischen Arbeitsbedingungen, im Wissen, dass es sich um ein Opfer von Menschenhandel handelt, oder unter Nutzung seiner unter Zwang erbrachten Arbeiten oder Leistungen sind höhere Strafen vorgesehen.

Im Strafverfahren kommt gemäß § 66 StPO Opfern das Recht zu,

     sich vertreten zu lassen,

     Akteneinsicht zu nehmen,

     vor ihrer Vernehmung vom Gegenstand des Verfahrens und über ihre wesentlichen Rechte informiert zu werden,

     vom Fortgang des Verfahrens verständigt zu werden,

     auf Übersetzungshilfe durch Dolmetschleistungen,

     an einer kontradiktorischen Vernehmung von Zeugen und Beschuldigten und an einer Tatrekonstruktion teilzunehmen,

     während der Hauptverhandlung anwesend zu sein und

     Angeklagte, Zeugen und Sachverständige zu befragen sowie zu ihren Ansprüchen ge­hört zu werden und

     die Fortführung eines durch die Staatsanwaltschaft eingestellten Verfahrens zu ver­lan­gen.

Auf ihr Verlangen ist ihnen unter bestimmten Voraussetzungen psychosoziale und juristische Prozessbegleitung zu gewähren. Psychosoziale Prozessbegleitung umfasst die Vorbereitung der Betroffenen auf das Verfahren und die mit ihm verbundenen emotionalen Belastungen sowie die Begleitung zu Vernehmungen im Ermittlungs- und Hauptverfahren, juristische Pro­zessbegleitung die rechtliche Beratung und Vertretung durch eine Rechtsanwältin bzw. einen Rechtsanwalt.

Ist das Opfer als Zeuge zu vernehmen, kann dies bereits im Ermittlungsverfahren unter be­stimmten Voraussetzungen mittels Video-Mitverfolgung durch die nicht unmittelbar anwe­sen­den Verfahrensbeteiligten und deren Vertreterinnen bzw. Vertreter erfolgen. Eine Aus­sage in der Hauptverhandlung kann in Folge unterbleiben (kontradiktorische Vernehmung, § 165 StPO).

Ferner haben Opfer das Recht, den Ersatz des durch die Straftat erlittenen Schadens oder eine Entschädigung für die Beeinträchtigung ihrer strafrechtlich geschützten Rechtsgüter zu begehren. Das Ausmaß des Schadens oder der Beeinträchtigung ist von Amts wegen festzustellen, soweit dies auf Grund der Ergebnisse des Strafverfahrens oder weiterer einfacher Erhebungen möglich ist (Privatbeteiligung, § 67 StPO).

Über die Rechte der Opfer hinaus haben Privatbeteiligte das Recht,

     die Aufnahme von Beweisen nach § 55 StPO zu beantragen,

     die Anklage aufrechtzuerhalten, wenn die Staatsanwaltschaft von ihr zurücktritt,

     Beschwerde gegen die gerichtliche Einstellung des Verfahrens zu erheben,

     zur Hauptverhandlung geladen zu werden und Gelegenheit zu erhalten, nach dem Schlussantrag der Staatsanwaltschaft ihre Ansprüche auszuführen und zu begründen,

     Berufung wegen ihrer privatrechtlichen Ansprüche nach § 366 StPO zu erheben.

Mittellosen Privatbeteiligten ist – soweit ihnen nicht juristische Prozessbegleitung zu gewäh­ren ist – Verfahrenshilfe durch unentgeltliche Beigebung einer Rechtsanwältin bzw. eines Rechtsanwalts zu bewilligen, soweit die Vertretung durch eine Rechtsanwältin bzw. einen Rechtsanwalt im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechen­den Durchsetzung ihrer Ansprüche zur Vermeidung eines nachfolgenden Zivilverfahrens er­forderlich ist.

Mit 1. Juni 2016 wurde mit dem Strafprozessrechtsänderungsgesetz I 2016 die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI („Opferschutz-Richtlinie“) umgesetzt, wodurch sich folgenden Neuerungen ergaben:

     Ausweitung des Opferbegriffs nach § 65 Z 1 lit. a StPO auf Personen, deren persönliche Abhängigkeit durch eine vorsätzlich begangene Straftat ausgenützt worden sein könnte;

     Ausweitung der Opferstellung nach § 65 Z 1 lit. b StPO auf sonstige Unterhaltsberechtigte einer Person, deren Tod durch eine Straftat herbeigeführt worden sein könnte.

Das bloße Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses ist nicht ausreichend; vielmehr muss die Abhängigkeit ausgenützt worden sein. Darunter fallen insbesondere der Menschenhandel unter Ausnützung einer Autoritätsstellung oder einer Zwangslage und der Menschenhandel zum Nachteil eines minderjährigen Opfers durch ein Elternteil oder eine andere Person, unter deren Obhut das Opfer steht.

     Einführung der Kategorie der besonders schutzwürdigen Opfer (§ 66a StPO);

     Normierung des Erfordernisses der Berücksichtigung der besonderen Schutzbedürfnisse von Opfern durch Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht als Verfahrensgrundsatz;

     Recht von Opfern auf ehestmögliche Beurteilung und Feststellung ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit;

     Opfer von Sexualdelikten und Gewalt in Wohnungen (§ 38a SPG) sowie minderjährige Opfer sind in jedem Fall besonders schutzbedürftig; alle übrigen Opfer nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien (Alter, seelischer und gesundheitlicher Zustand, Art und Umstände der Straftat).

Dessen ungeachtet werden Opfer nach dem gegenständlichen Protokoll über Zwangsarbeit im Regelfall schon allein auf Grund der Art und der konkreten Umstände der Straftat als besonders schutzbedürftige Opfer einzustufen sein. Besonders schutzbedürftige Opfer haben gemäß § 66a Abs. 2 StPO neben sonstigen Opferrechten noch die Rechte,

     zu verlangen, im Ermittlungsverfahren nach Möglichkeit von einer Person des gleichen Geschlechts vernommen zu werden;

     die Beantwortung von Fragen nach Einzelheiten der Straftat, deren Schilderung sie für unzumutbar halten, oder nach Umständen aus ihrem höchstpersönlichen Lebensbereich zu verweigern (§ 158 Abs. 1 Z 2 und 3, Abs. 2 StPO);

     zu verlangen, im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung auf schonende Weise vernommen zu werden (§ 165 StPO, § 250 Abs. 3 StPO), und zwar ein minderjähriges Opfer, das durch die dem Beschuldigten zur Last gelegte Straftat in seiner Geschlechtssphäre verletzt worden sein könnte, jedenfalls auf die in § 165 Abs. 3 StPO beschriebene Art und Weise, gegebenenfalls durch einen Sachverständigen;

     zu verlangen, die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung auszuschließen (§ 229 Abs. 1 StPO);

     dass sie unverzüglich von Amts wegen über die Freilassung und die Flucht des Beschuldigten aus der Untersuchungshaft sowie seine Wiederergreifung informiert werden, und

     bei einer Vernehmung eine Person ihres Vertrauens beizuziehen (§ 160 Abs. 2 StPO).

Mit dem 2. Gewaltschutzgesetz wurde im Jahr 2009 der Opferschutz im Zivilverfahren umfassend erweitert. Insbesondere durch folgende Bestimmungen ist im österreichischen Zivilverfahren dem Schutz von Opfern sowie von Zeuginnen und Zeugen vor Einschüchterung, Vergeltung und erneuter Viktimisierung Sorge getragen worden:

     §§ 75a f. und § 417 Zivilprozessordnung (ZPO, RGBl. Nr. 113/1895 i.d.g.F.) (Absehen von der Angabe des Wohnortes einer Partei oder einer Zeugin oder eines Zeugen),

     § 172 ZPO (Ausschluss der Öffentlichkeit),

     § 289a ZPO (Abgesonderte Vernehmung),

     § 289b ZPO (Vernehmung minderjähriger Personen),

     § 10a Außerstreitgesetz (AußStrG, BGBl. I Nr. 111/2003 i.d.g.F.) (Verweisung auf die Bestimmungen über die Geheimhaltung des Wohnortes der ZPO),

     § 19 AußStrG (Ausschluss der Öffentlichkeit),

     § 20 AußStrG (Ausschluss auch der Parteien bei der Einvernahme Minderjähriger).

Durch diese Bestimmungen wird den Opfern die Möglichkeit gegeben, gehört zu werden, ohne dass sie im Gerichtssaal anwesend sein müssen (oder zumindest nicht in Anwesenheit der mutmaßlichen Täterin oder des mutmaßlichen Täters), Beweismittel vorzulegen und ihre Ansichten, Bedürfnisse und Sorgen unmittelbar oder – bei minderjährigen Opfern – über einen „Vermittler“ (einen entsprechend geschulten Sachverständigen) vorzutragen. Überdies wurde das im Strafverfahren bereits etablierte Institut der psychosozialen Prozessbegleitung in das Zivilverfahren übernommen. Die einem Opfer im Strafverfahren gewährte psychosoziale Prozessbegleitung gilt auch für den Zivilprozess, wenn ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem geführten Straf- und dem Zivilverfahren besteht und dies zur Wahrung der prozessualen Rechte des Opfers erforderlich ist (§ 73b ZPO).

Die Bekämpfung von Menschenhandel – jener Bereich des Protokolls, der primär angesprochen wird – ist der Bundesregierung ein wesentliches Anliegen. Bereits seit November 2004 besteht die Task Force Menschenhandel, an der alle relevanten Bundes­ministerien, die Bundesländer, die Sozialpartnerorganisationen und mit dem Thema befasste Nichtregierungsorganisationen mitwirken. Eine der Hauptaufgaben der Task Force Menschenhandel ist die Ausarbeitung und Umsetzung eines Nationalen Aktionsplanes zur Bekämpfung des Menschenhandels, der damit wesentliche Ausprägungen von Zwangs- oder Pflichtarbeit abdeckt. Der nunmehrige fünfte, für die Jahre 2018 bis 2020 eingesetzte Nationale Aktionsplan gliedert sich in folgende Kapitel: Nationale und internationale Koordination und Zusammenarbeit, Prävention, Opferschutz, Strafverfolgung sowie Evaluierung/Monitoring. Die Bekämpfung von Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung wurde in den letzten Jahren mehr und mehr zu einem Schwerpunkt der Task Force Menschenhandel. Im Dezember 2012 wurde daher eine eigene Arbeitsgruppe zu diesem Thema gegründet, die seither regelmäßig einberufen wird.

Zu Art. 2:

Art. 2 nennt als Maßnahmen die Aufklärung und Unterrichtung der Menschen, insbe­son­dere der potenziellen Opfer und der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, zur Verhinderung von Zwangs- oder Pflichtar­beit. Die einschlägige Gesetzgebung soll für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und alle Wirtschaftssektoren gelten und die Arbeits­aufsichtsdienste und andere Kontrollbehörden sollen gestärkt werden. Per­so­nen sollen schon während des Anwerbungs- bzw. Vermittlungsverfahrens vor missbräuch­li­chen und betrügerischen Praktiken geschützt werden. Die Wahrnehmung der Sorgfaltspflicht sowohl des öffentlichen als auch des privaten Sektors in Bezug auf die Vorbeugung der Risiken von Zwangs- oder Pflichtarbeit soll unterstützt werden. Schließlich soll die Bekämpfung der Ursachen und Faktoren, die die Risiken von Zwangs- oder Pflichtarbeit erhöhen, verstärkt wer­den.

Die Gesamtheit der innerstaatlichen Rechtsetzung (siehe Ausführungen zu Art. 1) und Praxis bekräftigt, dass in Österreich die Ausbeutung von Menschen durch Zwangs- oder Pflichtarbeit in allen Branchen verboten ist.

Migrantinnen und Migranten – als die am stärksten gefährdete Gruppe von Zwangs- oder Pflichtarbeit – können wichtige Informationen zu den zuwanderungsre­levan­ten Vorschriften sowie den Lebens- und Arbeitsbedingungen in Österreich über das Migra­tions­portal www.migration.gv.at der Bundesregierung in deutscher und teilweise auch in en­glischer Sprache abrufen. Weiters liegen bei den regionalen Geschäftsstellen des Arbeits­markt­service Infoblätter in den Sprachen der Herkunftsländer der in Österreich ansässigen Mi­grantinnen und Migranten auf.

Die Arbeitsvermittlerinnen und Arbeitsvermittler sowie die Arbeitskräfteüberlasserinnen und Arbeitskräfteüberlasser unterliegen der Genehmigungspflicht nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO, BGBl. Nr. 194/1994 i.d.g.F.) und zahlreichen Melde- und Dokumentationspflichten nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG, BGBl. Nr. 196/1988 i.d.g.F.) und/oder dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG, BGBl. I Nr. 44/2016 i.d.g.F.).

Für die Zulassung von drittstaatsangehörigen Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten ist nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 i.d.g.F.) die Antragstellung der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers oder zumindest ih­re oder seine schriftliche Zustimmung erforderlich. Die Einhaltung der österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen, die vom Prinzip der Gleichbehandlung von Ausländerinnen und Ausländern mit Inländerinnen und Inländern geprägt sind, wird für Drittstaats­angehö­ri­ge (und damit der größten Risikogruppe unter den Migrantinnen und Migranten) bereits im Zulassungsverfahren überprüft. Illegal beschäftigte Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigran­ten haben nach § 29 AuslBG die gleichen arbeitsrechtlichen Ansprüche wie legal beschäftigte und können diese auch durchsetzen.

Die Nichteinhaltung der oben genannten Verfahren und Zulassungsbedingungen ist mit an­ge­messenen Sanktionsdrohungen gegenüber der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber be­legt. Diese reichen von hohen Geldbußen über die Rückzahlung von öffentlichen Förderun­gen bis zum Entzug der Gewerbeberechtigung. Ausbeuterische Arbeitsbedingungen bewir­ken eine Erhöhung der in den diversen Gesetzen vorgesehenen Strafen. Zudem gilt, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, jedoch keinesfalls die illegal beschäftigten ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bestraft werden.

Im Asylverfahren werden allgemeine Informationen zur Orientierung vor der Ausreise zur Ver­fügung gestellt. Gemäß § 52a BFA-VG kann in jedem Stadium des Asylverfahrens Rück­kehr­beratung gewährt werden, die die Abklärung der Perspektiven während und nach Ab­schluss des Asylverfahrens betreffen.

Zum Thema Arbeit in Österreich finden sich umfangreiche Informationen auch auf den Internetseiten von help.gv.at.

Im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe setzt § 84 BVergG (Bundesvergabegesetz 2006, BGBl. I Nr. 17/2006 i.d.g.F.) fest, dass bei allen in Österreich durchzuführenden Vergabeverfahren die Bieterinnen und Bieter unter anderem die sich aus dem IAO-Übereinkommen (Nr. 29) über Zwangs- oder Pflichtarbeit, 1930, ergebenden Verpflichtungen einzuhalten haben.

Informationen über Sensibilisierungsmaßnahmen etwa für Kontrollbehörden finden sich bei den Ausführungen zu Art. 3.

Armut ist eine wesentliche Ursache für die Anfälligkeit für Zwangs- oder Pflichtarbeit. Im Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung 2017-2022 wird unter anderem die Bekämpfung von Armut und Armutsgefährdung angesprochen. Die EU-Strategie „Europa 2020“ nennt als eines ihrer fünf strategischen Ziele ebenfalls die Armutsbekämpfung. Der Europäische Sozialfonds (ESF) bietet finanzielle Unterstützung unter anderem zur Förderung der sozialen Inklusion und Bekämpfung der Armut. Hinsichtlich der nationalen Maßnahmen im Bereich der Armutsbekämpfung geschieht dies in Österreich insbesondere durch die Bedarfsorientierte Mindestsicherung und durch andere Sozialleistungen der Bundesländer. Weiters wird auf die „Österreichische Plattform zur Begleitung der Umsetzung des nationalen Europa 2020-Zieles zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung“ verwiesen: In ihr sind alle maßgeblichen Akteurinnen und Akteure – Sozialpartner, Nichtregierungsorganisationen, Ministerien – sowie armuts- und ausgrenzungsgefährdete Menschen für einen dauerhaften Dialog über europäische und nationale Themen in diesem Bereich eingebunden.

Zu Art. 3:

Art. 3 fordert wirksame Maßnahmen zur Ermittlung, zur Befreiung, zum Schutz, zur Erho­lung und zur Rehabilitation aller Opfer von Zwangs- oder Pflichtarbeit sowie weitere Formen der Unterstützung.

Neben der Verfolgung strafrechtlicher Delikte durch Polizei und Justiz kommen noch weitere Behörden für die Bekämpfung von Zwangsarbeit in Frage:

Die Finanzpolizei ist als Organ der öffentlichen Aufsicht unter anderem in praktisch allen be­schäftigungsrechtlichen Aufgabenbereichen tätig. Naturgemäß werden bei den diesbezügli­chen Kontrollen immer wieder auch Missstände betreffend Zwangsarbeit und Arbeitsaus­beutung festgestellt. Beim Entdecken dieser Sachverhalte sind im Wesentlichen zwei Tatbestände einschlägig: § 28c AuslBG (Beschäftigung von einer größeren Zahl von Ausländern oder eines minderjährigen Ausländers ohne Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet) und § 116 FPG (Ausbeutung eines Fremden; siehe jeweils Ausführungen zu Art. 1). Die Finanzpolizei kann die betroffenen Täterinnen und Täter als Auskunftspersonen vernehmen und hat dann Anzeige gemäß § 78 StPO zu erstatten. Weitere Ermittlungsschritte obliegen dann der Sicherheitsbehörde bzw. der Strafver­fol­gungs­behörde.

Die Arbeitsinspektion überprüft die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der arbeitenden Menschen in Betrieben und kontrolliert die Übertretungen im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (auch gefähr­li­che Arbeitsbedingungen). Nicht umfasst ist die Kontrolle von Zwangs- oder Pflichtarbeit; aber auch hier ist § 78 StPO maßgeblich: Wird eine Behörde der Verdacht einer Straftat bekannt, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, so ist sie zur Anzeige an Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft verpflichtet.

Die Arbeitsgruppe „Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung“ der Task Force Menschenhandel hat 2014 – unter anderem auf Grundlage der gemeinsam von der IAO und der Europäischen Kommission erarbeiteten Menschenhandelsindikatoren – eine insbesondere auf die Tätigkeit der Kontrollbehörden abgestimmte Liste mit Indikatoren zur Identifikation von Opfern des Menschenhandels zum Zweck der Arbeitsausbeutung erstellt. Diese Indikatorenliste wurde mit Informationen über die möglichst einfache und rasche Weiterleitung getätigter Wahrnehmungen an die zuständigen Polizeibehörden sowie über Einrichtungen zur Betreuung von Opfern ergänzt. Im Rahmen von Schulungen, etwa im Bereich der Arbeitsinspektion, werden diese Informationen den betroffenen Kontrollorganen vermittelt.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass bei der Ableistung von Zwangs- oder Pflichtarbeit mangels freien Willens bzw. Zustimmung der zu Arbeit gezwungenen oder verpflichteten Person kein Arbeitsverhältnis entstanden ist, sodass arbeitsrechtliche Bestimmungen bei der Abwicklung nicht direkt angewendet werden können. Hier kommt eine Abwicklung der Ansprüche gegenüber der Täterin oder dem Täter im Wege des Bereicherungsrechtes oder des Schadenersatzrechtes in Betracht.

Sind allerdings die angewendeten Zwangsmittel von einer solchen Art, dass trotz des Zwangs das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses bejaht werden kann, so gelangt das Arbeitsrecht samt all seinen Schutzvorschriften, Rechte und Pflichten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern zur Anwendung, wodurch Zwangsarbeit umfassend verhindert bzw. eingeschränkt werden kann.

Bei Annahme des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses kommt in diesem Bereich dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG, BGBl. I Nr. 44/2016 i.d.g.F.) eine große Bedeutung zu. Das LSD-BG soll gewährleisten, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht unter dem ihnen zustehenden Entgelt (wobei der sozialversicherungsrechtliche Entgeltbegriff von Bedeutung ist) entlohnt werden. Die Lohnkontrolle erfolgt durch staatliche Behörden, wodurch die Ermittlung und Beseitigung des Zustandes der Unterentlohnung unabhängig vom (bzw. von der Bereitschaft zum) Mitwirken der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfolgt. Leistet eine Arbeitgeberin oder ein Arbeitgeber ihrer/seiner Arbeitnehmerin oder ihrem/seinem Arbeitnehmer nicht den ihr oder ihm zustehenden kollektivvertraglichen Mindestlohn, drohen ihr bzw. ihm empfindliche Geldstrafen, welche pro unterentlohnter Arbeitnehmerin bzw. unterentlohntem Arbeitnehmer zu verhängen sind. Daneben kann einer solchen (ausländischen) Arbeitgeberin bzw. einem solchen (ausländischen) Arbeitgeber unter Umständen auch die Ausübung der Dienstleistung untersagt werden, eine vorläufige Sicherheit eingehoben oder ein Zahlungsstopp verhängt werden. Daneben steht es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern natürlich frei, ihre Lohnansprüche zivilrechtlich geltend zu machen (siehe Ausführungen zu Art. 4).

Im Bereich der Sozialversicherung tritt die Pflichtversicherung kraft Gesetzes und nicht als Folge einer Willenserklärung ein. Im Falle der Erbringung von Arbeitsleistung gegen Entgelt in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit besteht Versicherungspflicht im Sinne von § 4 ASVG (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955 i.d.g.F.). Die Pflichtversicherung beginnt unabhängig von einer Meldung oder der Beitragszahlung mit dem Tag des Beginns der versicherungspflichtigen Tätigkeit (§ 10 ASVG).

Betroffene von Drittstaaten, die sich in einer Notfallsituation befinden, können in die Grund­versorgung aufgenommen werden und sind damit krankenversichert. Diese Möglichkeit stützt sich auf Art. 2 Abs. 1 Z 2 und 4 GVV (Grundversorgungsvereinbarung; Art. 15a B-VG-Vereinbarung; BGBl. I Nr. 80/2004) bzw. auf die Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 28. November 1969 über die Durchführung der Krankenversicherung für die gemäß § 9 ASVG in die Krankenversicherung einbezogenen Personen (BGBl. Nr. 420/1969 i.d.g.F.), wonach „hilfs- und schutzbedürftige Fremde“, zu denen auch Opfer von Menschenhandel zählen, in die medizinische Notversorgung aufgenommen werden können.

Nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG, BGBl. Nr. 288/1972 i.d.g.F.) ist Hilfe zu leisten, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass durch eine mit mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung bewirkt wurde, dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder die Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Folgende Hilfeleistungen sind vorgesehen: Ersatz des Verdienst- und Unterhaltsentgangs samt einkommensabhängiger Zusatzleistung, Heilfürsorge inkl. Psychotherapie, Krisenintervention, orthopädische Versorgung, Rehabilitation, Pauschalentschädigung für Schmerzengeld, Ersatz der Bestattungskosten, Härteregelung bei ruhenden Pensionsansprüchen von inhaftierten Gewalttäterinnen und Gewalttätern.

Hinsichtlich Opfern von Menschenhandel, die Zwangsarbeit leisten müssen/mussten, be­ste­hen im Rahmen der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans gegen Menschenhandel eine Viel­zahl an Maßnahmen zum Schutz der Opfer, z. B. spezielle Schulungen für Polizeibeamtin­nen und Polizeibeamte und für andere Berufsgruppen, die mit Opfern in Kontakt kommen kön­nen, Erarbeitung von Indikatoren zur besseren Identifizierung von Opfern, umfassende Be­treuung durch spezialisierte Opferschutzeinrichtungen (insbesondere die Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels (IBF) bei LEFÖ, MEN VIA als Betreuungsstelle für männliche Opfer und die Drehscheibe für Kinder und Jugendliche), Prozessbegleitung, Erhol- und Bedenkzeit sowie Möglichkeit des Auf­ent­haltstitels besonderer Schutz, erleichterter Zugang zum Arbeitsmarkt.

Einen wesentlichen Beitrag zur Unterstützung von Personen, die möglicherweise Zwangsarbeit leisten müssen, bietet die 2014 gegründete Anlaufstelle zur gewerkschaftlichen Unterstützung undokumentiert Arbeitender (UNDOK). Auf niederschwelliger Weise sowie kostenlos und mehrsprachig informiert UNDOK undokumentiert Arbeitende über ihre Rechte und bieten Beratung und Unterstützung bei der Durchsetzung arbeits- und sozialrechtlicher Ansprüche. Die UNDOK-Anlaufstelle ist eine Initiative von mehreren Fachgewerkschaften, der Arbeiterkammer Wien, der ÖH Bundesvertretung und von verschiedenen Nichtregierungsorganisationen und wird unter anderem vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz finanziell unterstützt.

Zu Art. 4:

Art. 4 fordert in Abs. 1 für alle Opfer von Zwangs- oder Pflichtarbeit, ungeachtet ihrer Anwesenheit oder ihres Rechtsstatus im Hoheitsgebiet, den Zugang zu geeigneten und wirksamen Rechtsbehelfen und Abhilfemaßnahmen, wie etwa Entschädigungen.

Gemäß Abs. 2 soll – im Einklang mit der nationalen Rechtsordnung – sicher­ge­stellt werden, dass Opfer von Zwangs- oder Pflichtarbeit wegen ihrer Beteiligung an unrecht­mä­ßigen Tätigkeiten, zu denen sie als unmittelbare Folge der ihnen auferlegten Zwangs- oder Pflichtarbeit gezwungen worden sind, nicht strafrechtlich verfolgt werden oder dass in diesem Fall von einer Bestrafung abgesehen werden kann.

Der Zugang zu Gericht und somit auch zu allen Instrumentarien des österreichischen Zivil­verfahrensrechts steht allen Personen – ungeachtet ihres Status in Österreich – gleicher­maßen offen (zu den möglichen Ansprüchen siehe die Ausführungen zu Art. 3).

Für mittellose Parteien gewährleistet das Institut der Verfahrenshilfe und die damit verbun­dene Befreiung von den eigenen Verfahrenskosten samt der Möglichkeit der Bereitstellung eines (kostenlosen) Verfahrenshelfers die Möglichkeit einer entsprechenden Rechtsverfol­gung bzw. -verteidigung vor Gericht.

Fremdsprachigen Parteien oder Zeuginnen und Zeugen werden Gerichtsdolmetscherinnen bzw. Gerichtsdolmetscher zur Verfügung gestellt, von deren Kosten im Fall der Mittellosig­keit die Partei ebenfalls durch die Gewährung von Verfahrenshilfe befreit werden kann.

Im Hinblick auf die Forderung des Absatzes 2, der Nicht-Bestrafung der Opfer, bietet rein grundsätzlich der Entschuldigungsgrund nach § 10 Abs. 1 StGB Abhilfe: „Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um einen unmittelbar drohenden bedeutenden Nach­teil von sich oder einem anderen abzuwenden, ist entschuldigt, wenn der aus der Tat dro­hen­de Schaden nicht unverhältnismäßig schwerer wiegt als der Nachteil, den sie abwenden soll, und in der Lage des Täters von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbunde­nen Menschen kein anderes Verhalten zu erwarten war.“

Sollten diese Voraussetzungen nicht erfüllt sein, besteht immer noch die Möglichkeit einer diversionellen Erledigung nach §§ 198ff StPO – gegebenenfalls auch unter Anwendung der Kronzeugenregelung nach § 209a StPO: Die Staatsanwaltschaft hat von der Verfolgung einer Straftat zurückzutreten, wenn auf Grund eines hinreichend geklärten Sachverhalts feststeht, dass eine Einstellung des Verfahrens nicht in Betracht kommt, eine Bestrafung im Hinblick auf

     die Zahlung eines Geldbetrages,

     die Erbringung gemeinnütziger Leistungen,

     die Bestimmung einer Probezeit – in Verbindung mit Bewährungshilfe und der Erfül­lung von Pflichten – oder

     einen Tatausgleich

nicht geboten erscheint, um die Beschuldigte bzw. den Beschuldigten von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Ein diversionelles Vorgehen ist jedoch nur zulässig, wenn

     die Tat nicht mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist,

     die Schuld der Beschuldigten bzw. des Beschuldigten nicht als schwer (§ 32 StGB) anzusehen wäre und

     die Tat nicht den Tod eines Menschen zur Folge gehabt hat.

§ 28c Abs. 3 AuslBG normiert ausdrücklich, dass ein im Sinne von § 28c AuslBG unerlaubt beschäftigter Ausländer nicht als Beitragstäter im Sinne von § 12 StGB zu bestrafen ist.

Im Verwaltungsstrafverfahren bieten die §§ 5 und 6 VStG (Verwaltungsstrafgesetz 1991; BGBl. Nr. 52/1991 i.d.g.F.) ebenso eine Rechtsgrundlage für die Strafausschließung bei Vorliegen einer Opfereigenschaft.

Der Verzicht auf Strafverfolgung und Straffreiheit der Opfer ist auch in der Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels und in der EU-Richtlinie 2011/36/EU enthalten.

In Bezug auf Leistungen nach dem Verbrechensopfergesetz (siehe Ausführungen zu Art. 3) sieht § 14 VOG vor, dass Geschädigte, die für derartige Leistungen in Betracht kommen, von der Sicherheitsbehörde, dem Strafgericht oder der Staatsanwaltschaft entsprechend zu belehren sind.

Zu Art. 5:

Art. 5 fordert die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zur Sicherstellung der Verhütung und Beseitigung von Zwangs- oder Pflichtarbeit.

Hinsichtlich der Prävention und Bekämpfung von Menschenhandel – § 104 a StGB ist sehr weit gefasst, sodass davon ausgegangen werden kann, dass es sich bei fast allen Zwangsarbeitstatbeständen um Menschenhandel handelt – nimmt Österreich eine aktive Rolle in der internationalen Zusammenarbeit im multilateralen Rahmen (Vereinte­ Na­tionen, Europarat, OSZE), im Rahmen der Europäischen Union sowie in der Entwicklungs­zu­sam­menarbeit (Projekte in Partnerländern) ein. So sieht etwa der Nationale Aktionsplan für die Bekämpfung des Menschenhandels einen Schwerpunkt im Bereich der internationalen Zusammenarbeit vor. Anlassbezogen kommt es hier immer wieder zu bilateralen Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern aus EU-Mitgliedstaaten aber auch aus Drittstaaten, die zum bilateralen Austausch und für eine verstärkte Zusammenarbeit genutzt werden.

Zu Art. 6:

Gemäß Art. 6 sollen Maßnahmen zur Umsetzung der Bestimmungen dieses Protokolls nach Absprache mit den in Betracht kommenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden festgelegt werden.

Die maßgeblichen nationalen Organisationen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden bei der Umsetzung von IAO-Überein­kommen regelmäßig konsultiert. So befürwortet etwa die Bundesarbeitskammer ausdrücklich die Ratifikation des gegenständlichen Protokolls durch Österreich. Eine entsprechende Verpflichtung resultiert auch aus dem Übereinkommen (Nr. 144) über dreigliedrige Beratungen zur Förderung der Durchführung internationaler Arbeitsnormen, 1976, welches Österreich am 2. März 1979 ratifiziert hat.

In Legistikvorhaben im Bereich des Arbeits- und Sozialrechts werden die Sozialpartner regelmäßig und in Legistikvorhaben im Bereich des Strafrechts anlassbezogen gesondert eingebunden; unabhängig von der Möglichkeit der Einbringung im Zuge der allgemeinen Begutachtung.

In der Task Force Menschenhandel sind die maßgeblichen nationalen Sozialpartnerorganisationen seit 2015 Mitglieder; an den Sitzungen der Arbeitsgruppe „Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung“ nehmen die Sozialpartnerorganisationen bereits seit deren Gründung Ende 2012 regelmäßig und aktiv teil.

Zu Art. 7:

Art. 7 streicht die Übergangsbestimmungen von Art. 1 Absätze 2 und 3 und der Art. 3 bis 24 des Übereinkommens (Nr. 29).

Hierbei handelt es sich um nicht mehr zeitgemäße und als obsolet betrachtete Bestimmungen aus dem im Jahr 1930 angenommenen IAO-Übereinkommen, welche durch das Protokoll formell gestrichen werden. Betroffen sind Übergangsbestimmungen zur Zwangsarbeit bis zu deren völligen Beseitigung.

Zu Art. 8:

Art. 8 legt fest, dass zum Zeitpunkt der Ratifikation des Protokolls auch das Überein­kom­men (Nr. 29) über Zwangs- oder Pflichtarbeit, 1930, ratifiziert sein muss. Zwölf Monate nach der Ratifikation tritt das Protokoll für den ratifizierenden Mitgliedstaat in Kraft.

Österreich hat das Übereinkommen Nr. 29 am 7. Juni 1960 ratifiziert (BGBl. Nr. 86/1961).

Zu Art. 9 bis 12:

Die Art. 9 bis 12 enthalten die allen Übereinkommen der IAO gemeinsamen Schlussbestimmungen (Kündigung des Protokolls, Mitteilungen des Ge­ne­ral­direktors, verbindlicher Wortlaut).

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Bestimmungen des Protokolls von Österreich in Gesetz und Praxis bereits umgesetzt sind.


Empfehlung (Nr. 203) betreffend ergänzende Maßnahmen zur effektiven Beseitigung von Zwangsarbeit

Die Empfehlung enthält (unverbindliche) Vorschläge, welche das (im Falle einer Ratifikation verbindliche) Protokoll ergänzen sollen; die Gegenüberstellung mit der nationalen Rechtslage und Praxis zeigt, dass zu den meisten dieser Vorschläge in Österreich bereits entsprechende Umsetzungsmaßnahmen vorliegen.

Zu Abs. 1:

Abs. 1 enthält detailliertere Anregungen zum in Art. 1 des Protokolls vorgesehenen Aktionsplan zur wirksamen und dauerhaften Beseitigung von Zwangs- oder Pflichtarbeit. Gestärkt werden sollen auch die Stellen, die für die Beseitigung der Zwangs- oder Pflichtarbeit zuständig sind, wie Arbeitsaufsichtsdienste, Justizbehörden und innerstaatliche Organe oder andere institutionelle Mechanismen.

Wie bereits bei Art. 1 ausgeführt besteht unter der Leitung des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres seit 2004 die Task Force Menschenhandel. Der Nationale Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels für die Jahre 2018 bis 2020 sieht zahlreiche Maßnahmen in den von der Empfehlung aufgelisteten Bereichen Prävention sowie Zugang zu Rechtsbehelfen und Abhilfemaßnahmen vor.

Die jüngste Arbeitsgruppe der Task Force Menschenhandel zum Thema Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung verfolgt als besonderes Ziel die Verstärkung der Sensibilisierung der Kontrollbehörden und deren Kooperation in Bezug auf Menschenhandel und Arbeitsausbeutung. An dieser Arbeitsgruppe nehmen unter anderem Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Kontrollbehörden (Arbeitsinspektion, Land- und Forstwirtschaftsinspektion, Finanzpolizei), der Sicherheitsbehörden sowie der Justiz regelmäßig und aktiv teil.

Zu Abs. 2:

Abs. 2 sieht eine regelmäßige, zuverlässige, neutrale und detaillierte Information und statistische Informationen über Zwangs- oder Pflichtarbeit – unter Wahrung des Rechtes auf Privatsphäre in Bezug auf personenbezogene Daten – vor.

Da es zu Zwangs- oder Pflichtarbeit in Österreich keinen expliziten Straftatbestand gibt, existiert hierzu auch keine Statistik. Zu den bestehenden strafrechtlichen Delikten, die de facto Zwangs- und Pflichtarbeit unter Strafe stellen, gibt es entsprechende Daten in der regelmäßig aktualisierten polizeilichen Kriminalstatistik, welche die an die Justizbehörden erstatteten Anzeigen erfasst, und in der gerichtlichen Kriminalstatistik, welche die gerichtlichen Verurteilungen erfasst. Darüber hinaus besteht jederzeit die Möglichkeit von Ad-hoc-Auswertungen zu den in Zusammenhang mit Zwangsarbeit interessierenden Handlungen insbesondere unter Verwendung des in diesem Bereich bestehenden Datenwürfels.

Zu Abs. 3:

Abs. 3 fordert Präventionsmaßnahmen, welche die in den Kernarbeitsnormen der IAO enthaltenen Prinzipien achten, fördern und umsetzen: Förderung der Vereinigungsfreiheit, Bekämpfung von Diskriminierung, Bekämpfung von Kinderarbeit und schließlich das Verbot von Zwangs- und Pflichtarbeit.

Österreichs Rechtsordnung entspricht diesen Grundprinzipien; so hat Österreich auch alle bisherigen acht Kernübereinkommen der IAO ratifiziert und umgesetzt. Die Verpflichtung der Einhaltung der Prinzipien der IAO-Kernübereinkommen wird nun auch vermehrt in internatio­nalen Abkommen aufgenommen.

Zu Abs. 4:

Abs. 4 schlägt als Präventionsmaßnahmen die Bekämpfung der eigentlichen Ursachen der Anfälligkeit für Zwangs- oder Pflichtarbeit, gezielte Sensibilisierungskampagnen sowie Aus- und Weiterbildungsprogramme für gefährdete Bevölkerungsgruppen, die Sicherstellung der Anwendung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften auf alle Wirtschaftssektoren, die Festlegung der einschlägigen Informationen über die Beschäftigungsbedingungen in leicht verständlicher Weise und vorzugsweise in schriftlichen Verträgen, grundle­gen­de Garantien der sozialen Sicherheit, Orientierung und Informationen für Migrantinnen und Migranten, kohärente Beschäftigungs- und Arbeitsmigrationspolitiken, Zusammenarbeit für eine reguläre und sichere Migration sowie Unterstützung für Arbeitgeberinnen und Ar­beit­geber zur Verhinderung von Zwangsarbeit vor.

Zur Bekämpfung von Armut, als eine wesentliche Ursache für die Anfälligkeit für Zwangs- oder Pflichtarbeit siehe die Ausführungen zu Art. 2 des Übereinkommens.

Im Asylverfahren werden allgemeine Informationen zur Orientierung vor der Ausreise zur Verfügung gestellt. Gemäß § 52a BFA-VG kann in jedem Stadium des Asylverfahrens Rück­kehrberatung gewährt werden, die die Abklärung der Perspektiven während und nach Ab­schluss des Asylverfahrens betreffen.

Weiters kann Fremden, denen der Status einer oder eines Asylberechtigten zuerkannt wurde, gemäß § 68 AsylG 2005 (Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 i.d.g.F.) Integrationshilfe in Form von Sprachkursen, Kursen zur Aus- und Weiterbildung oder etwa auch Leistungen des österreichischen Integrationsfonds gewährt werden.

Für das Bestehen von transparenten Verträgen, in denen die Beschäftigungs- und Arbeits­bedingungen klar dargelegt werden, gibt es die Regelung des § 2 AVRAG (Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, BGBl. Nr. 459/1993 i.d.g.F.), wonach die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber verpflichtet ist, der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer unverzüglich nach Beginn des Arbeitsverhältnisses einen Dienstzettel auszustellen. Dabei handelt es sich um eine schriftliche Aufzeichnung über die wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag.

Die österreichische Rechtslage und Praxis (Sozialversicherung, Mindestsicherung, etc.) bietet für alle Menschen grundlegende Garantien für einen sozialen Schutz.

Die Arbeitsmigrationspolitik ist seit jeher Teil der Beschäftigungspolitik. Sie ist in Österreich klar geprägt von beschäftigungspolitischen Elementen, insbesondere der Berücksichtigung der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes sowie der Gleichbehandlung der Migrantinnen und Migranten mit Inländerinnen und Inländern bezüglich Lohn- und Arbeitsbedingungen zur Vermeidung von wettbewerbsverzerrendem und folglich beschäftigungsschädlichem Lohn- und Sozialdumping.

Umfassende Informationen zur Beschäftigung (Rot-Weiß-Rot-Karte, Arbeits- und Niederlassungsvoraussetzungen, Darstellung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in Österreich) finden sich auf der Migrationsplattform der österreichischen Bundesregierung (www.migration.gv.at).

Die Sozialpartner spielen seit jeher eine aktive Rolle in der österreichischen Politik; seit 2015 sind die Sozialpartner auch in die Tätigkeiten der Task Force Menschenhandel eingebunden; an den Sitzungen der Arbeitsgruppe Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung nehmen sie bereits seit deren Beginn Ende 2012 regelmäßig teil.

Zu Abs. 5:

Gemäß Abs. 5 sollten gezielte Anstrengungen unternommen werden, um Opfer von Zwangs- oder Pflichtarbeit zu ermitteln und zu befreien. Auch sollten Schutzmaßnahmen vorgesehen sein. Opfer könnten ermutigt werden, bei der Identifizierung und Bestrafung von Täterinnen und Tätern mitzuarbeiten; allerdings sollten die Verfahren nicht von der Bereitschaft der Opfer zur Mitarbeit abhängig gemacht werden.

Informationen zur Rolle von Opfern im Strafverfahren finden sich in den Ausführungen zu Art. 1 des Protokolls. Zu den Sensibilisierungsmaßnahmen der Kontrollbehörden finden sich Informationen in den Ausführungen zu Art. 3 des Protokolls.

Im Hinblick auf die Rolle des Opfers im Strafverfahren kann ergänzend ausgeführt werden, dass, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, dass eine Zeugin oder ein Zeuge im Rahmen einer Gerichtsverhandlung sich oder eine dritte Person durch die Bekanntgabe des Namens und anderer Angaben zur Person oder durch die Beantwortung von Fragen, die Rückschlüsse darauf zulassen, einer ernsten Gefahr für Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit aussetzen würde, der Zeugin oder dem Zeugen gestattet werden kann, solche Fragen nicht zu beantworten. In diesem Fall ist es auch zulässig, dass die Zeugin oder der Zeuge ihre bzw. seine äußere Erscheinung derart verändert, dass sie bzw. er nicht erkannt werden kann, so ihr bzw. sein Mienenspiel soweit wahrgenommen werden kann, als dies für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit ihrer bzw. seiner Aussage unerlässlich ist (§ 162 StPO).

Zu Abs. 6:

Abs. 6 fordert die Anerkennung der Rolle der Sozialpartner und anderer in Betracht kommender Organisationen bei der Unterstützung und Hilfe für Opfer von Zwangs- oder Pflichtarbeit.

Die Einbindung der Sozialpartner auch in die Bemühungen zur Bekämpfung von Zwangs- oder Pflichtarbeit ist ein wichtiges Anliegen. So sind beispielsweise seit Anfang 2015 sowohl die Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch die Seite der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber aktiv in die Arbeiten der Task Force Menschenhandel eingebunden. Bereits seit Gründung der Task Force Menschenhandel ist LEFÖ/IBF, die Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels, aktive Teilnehmerin; die 2014 geschaffene Anlaufstelle für männliche Betroffene des Menschenhandels, MEN VIA, ist ebenso Mitglied wie etwa das Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte. Eine aktive Rolle bei den Tätigkeiten der Arbeitsgruppe Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung spielen auch die Internationale Organisation für Migration (IOM), das Internationale Zentrum für Migrationspolitikentwicklung (ICMPD) sowie die Anlaufstelle zur gewerkschaftlichen Unterstützung undokumentiert Arbeitender (UNDOK).

Zu Abs. 7:

Gemäß Abs. 7 sollen Opfer von Zwangs- oder Pflichtarbeit wegen ihrer Beteiligung an unrechtmäßigen Tätigkeiten, zu denen sie als unmittelbare Folge der ihnen auferlegten Zwangs- oder Pflichtarbeit gezwungen worden sind, nicht strafrechtlich verfolgt werden oder es sollte von einer Bestrafung abgesehen werden.

Informationen hierzu finden sich bei den Ausführungen zu Art. 4 des Protokolls.

Zu Abs. 8:

Abs. 8 schlägt Maßnahmen gegen Missbräuche und betrügerische Praktiken durch Arbeitskräfteanwerberinnen und Arbeitskräfteanwerber sowie Arbeitsvermittlerinnen und Arbeitsvermittler vor.

Siehe hierzu die Ausführungen zu Art. 2 des Protokolls.

Ergänzend wird auch auf die Ausführungen zu Abs. 4 der Empfehlung betreffend den Dienstzettel verwiesen.

Zu Abs. 9:

Abs. 9 befasst sich mit Schutzmaßnahmen, um dem Bedarf aller Opfer an sofortiger Unterstützung und an langfristiger Erholung und Rehabilitation gerecht zu werden.

Im Falle einer Pflichtversicherung im Sinne des § 4 ASVG (siehe auch Ausführungen zu Art. 3 des Protokolls) ist der Zugang zu Leistungen der Gesundheitsversorgung einschließlich medizinischer und psychologischer Betreuung ebenso zu Maßnahmen zur Erholung und zur Rehabilitation der Opfer von Zwangs- oder Pflichtarbeit gegeben. Die Krankenversicherung erbringt neben der Vorsorge für die Versicherungsfälle der Krankheit, der Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit und der Mutterschaft auch medizinische Maßnahmen der Rehabilitation und psychologische Betreuung im Rahmen der ärztlichen Hilfe aus dem Titel der Krankenbehandlung. Die Unfallversicherung erbringt nicht nur Maßnahmen der medizinischen, sondern darüber hinausgehend auch Maßnahmen der beruflichen und sozialen Rehabilitation. Auch von den Pensionsversicherungsträgern können Maßnahmen der Rehabilitation erbracht werden.

Führt hingegen Zwangs- oder Pflichtarbeit nicht zu einem sozialversicherungsrechtlichen Schutz, so kann die Bedarfsorientierte Mindestsicherung der Länder in Frage kommen:

Mit der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sollen all jene Menschen unterstützt werden, die für ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft nicht aufkommen können. Ein Anspruch auf die Bedarfsorientierte Mindestsicherung kommt allerdings erst in Frage, wenn keine ausreichende finanzielle Absicherung durch andere Mittel (z. B. Einkommen, Leistungen aus der Sozialversicherung, Unterhalt, etc.) oder Vermögen möglich ist. Für Bürgerinnen und Bürger der EU bzw. des EWR sowie Drittstaatsangehörige bestehen gesonderte Regelungen: Der Anspruch auf Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist unter anderem mit der Aufenthaltsdauer verknüpft. Flüchtlinge haben erst ab Zuerkennung ihres Status als Asylberechtigte einen Anspruch auf die Bedarfsorientierte Mindestsicherung.

Siehe weiters auch die Ausführungen zum Verbrechensopfergesetz bei Art. 3 des Protokolls.

Zu Abs. 10:

Abs. 10 enthält Schutzmaßnahmen für Kinder.

Der Zugang zu Bildung in Österreich ist für alle Kinder, unabhängig von deren Herkunft, gleich.

Österreich hat das Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (BGBl. III Nr. 200/2001) sowie das Übereinkommen (Nr. 182) über das Verbot und die Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (BGBl. III Nr. 41/2002) ratifiziert.

Art. 5 des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern (BGBl. I Nr. 4/2011) enthält das Recht jedes Kindes auf Schutz vor wirtschaftlicher und sexueller Ausbeutung bzw. auf angemessene Entschädigung und Rehabilitation eines Kindes als Opfer von Gewalt oder Ausbeutung. Das Verbot von Kinderarbeit findet sich in Art. 3.

Regelungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Arbeitswelt finden sich insbesondere im Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz 1987 (KJBG, BGBl. Nr. 599/1987 i.d.g.F.).

Soweit Kindern kein gesetzlicher Vertreter zur Verfügung steht, ist der Kinder- und Jugendhilfeträger kraft Gesetzes (§ 207 erste Variante und § 211 Abs. 1 zweiter Satz ABGB) oder kraft Gerichtsbeschluss (§ 209 und § 211 ABGB; hier alternativ zu anderen geeigneten Personen) mit der Obsorge betraut. Sind die Eltern (oder z. B. andere Angehörige) als gesetzliche Vertreter des Kindes in einer Interessenkollision verfangen, so hat das Gericht nach Maßgabe der §§ 271 f. ABGB einen Kollisionskurator – hier meist wieder den Kinder- und Jugendhilfeträger – für das Kind zu bestellen.

Im Asylverfahren wird bis zur Klärung einer Minderjährigkeitsvermutung bereits jetzt von der Minderjährigkeit ausgegangen bzw. das Verfahren erst nach Klärung weitergeführt. Grundsätzlich ist jeder Elternteil zur Vertretung des Kindes befugt. Bei einem mündigen Minderjährigen, dessen Interessen nicht von seiner gesetzlichen Vertreterin oder seinem gesetzlichen Vertreter wahrgenommen werden können, ist gesetzlicher Vertreter für das Verfahren vor dem Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen und dem Bundesverwaltungsgericht ab der Ankunft in der Erstaufnahmestelle die Rechtsberaterin bzw. der Rechtsberater. Bei unmündigen Minderjährigen ist die Rechtsberaterin bzw. der Rechtsberater ab Ankunft in der Erstaufnahmestelle gesetzlicher Vertreter. Mit Zulassung des Verfahrens und nach Zuweisung an eine Betreuungsstelle eines Bundeslandes geht die gesetzliche Vertretung an den örtlich zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger über (§ 10 BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 i.d.g.F.).

Im Zuge eines Asylverfahrens wird generell auf die besonderen Bedürfnisse von Kindern Rücksicht genommen. So hat etwa das Wohl des Kindes in Entsprechung von Art. 3 Abs. 1 der UN-Kinderrechtskonvention bei allen verwaltungsbehördlichen Maßnahmen ein vorrangiger Gesichtspunkt zu sein. Auch wird unbegleiteten minderjährigen Asylwerberinnen und Asylwerbern zu jeder Einvernahme im Zulassungsverfahren eine kostenlose Rechtsberaterin bzw. ein kostenloser Rechtsberater beigegeben (§ 49 Abs. 1 und 3 BFA-VG), wodurch der Zugang zu Rechtsbehelfen – und gegebenenfalls die Geltendmachung von Zwangs- oder Pflichtarbeit – gegeben ist. Im zugelassenen Asylverfahren nimmt an jeder Einvernahme der örtlich zuständige Jugendwohlfahrtsträger als gesetzlicher Vertreter teil.

Die Drehscheibe Wien, eine sozialpädagogische Einrichtung der Wiener Magistratsabteilung 11, welche unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und Fremde in Wien betreut, hat in den letzten Jahren ein Netzwerk mit einigen Partnerländern aufgebaut, das eine optimale Rückführung von Kindern in enger Kooperation mit den jeweiligen Jugendwohlfahrtsbehörden der Herkunftsländer der Kinder gewährleistet. Bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen wird der Aspekt einer möglichen Ausbeutung nun stärker hinterfragt.

Zu Abs. 11:

Abs. 11 schlägt Schutzmaßnahmen für von Zwangs- oder Pflichtarbeit betroffene Migrantinnen und Migranten vor.

§ 57 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 sieht die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, u.a. insbesondere an Zeuginnen und Zeugen oder Opfern von Menschenhandel, vor. Gemäß § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist ein solcher Titel auch zu erteilen, wenn Drittstaatsangehörige, die im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig sind, Opfer von Gewalt (allerdings nur innerhalb der Familie) wurden und glaubhaft gemacht wird, dass die Erteilung zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist. Für die Gewährung einer Bedenk- und Erholungszeit bedarf es in Fällen von § 57 Abs. 1 Z 2 AsvlG 2005 zwingend eines laufenden Strafverfahrens (bzw. Zivilverfahrens) und einer begründeten Stellungnahme der Landespolizeidirektion (§ 57 Abs. 2 AsylG 2005); für die Anwendung von § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 erfordert die Erlassung einer einstweiligen Verfügung (oder zumindest deren Möglichkeit) für die Zuerkennung einer Bedenk- und Erholungszeit als weiteres Kriterium. Die Dauer der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ (§ 54 Abs. 1 Z 3 und § 57 AsylG 2005) beträgt gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zwölf Monate und ist verlängerbar. Mit dieser Aufenthaltsberechtigung ist keine unmittelbare Berechtigung zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verbunden, sondern ist eine entsprechende Berechtigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz erforderlich (§ 54 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005): Für die Beschäftigung von Opfern sowie Zeuginnen und Zeugen des Menschenhandels, die eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ innehaben, können Beschäftigungsbewilligungen ohne Arbeitsmarktprüfung und damit unter wesentlich erleichterten Bedingungen erteilt werden (§ 4 Abs. 7 Z 5 AuslBG). Bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 59 Abs. 4 AsylG 2005 können die Betroffenen nach nur einem Jahr eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus erhalten und haben damit unbeschränkten Arbeitsmarktzugang.

Einrichtungen wie LEFÖ/IBF, Caritas oder die Internationale Organisation für Migration (IOM) führten und führen Projekte zur Unterstützung von freiwilliger und gesicherter Rückkehr von Opfer von Menschenhandel durch.

Zu Abs. 12:

Abs. 12 befasst sich mit Rechtsbehelfen und Abhilfemaßnahmen, wie Entschädigung und Zugang zur Justiz.

Für das Strafverfahren sowie das Zivilverfahren wird auf die Ausführungen zu Art. 1 und 4 des Protokolls verwiesen.

Für das materielle Zivilrecht kann mit den bestehenden Regelungen des Schadenersatz- und Bereicherungsrechts das Auslangen gefunden werden. Zur schadenersatzrechtlichen Anspruchsgrundlage kann ausgeführt werden, dass Zwangsarbeit gegen Art. 4 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und somit gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Der Schaden, der der geschädigten Person entsteht, besteht – unter anderem – im Entgang einer (anderweitigen) Verdienstmöglichkeit. Aber auch Ansprüche aus Bereicherungsrecht sind denkbar.

Die grundsätzlichen Anspruchsvoraussetzungen nach dem VOG (siehe auch Ausführungen zu Art. 4) sind erfüllt, wenn ein Tatbestand einer vorsätzlichen Gewalttat mit einer Gesundheitsschädigung vorliegt.

Die für Verbrechensopfer nach dem VOG vorgesehenen Leistungen werden aus dem Budget finanziert.

Zu Abs. 13:

Abs. 13 schlägt die Stärkung des Vollzugs der innerstaatlichen Rechtsvorschriften vor.

Zum Thema Menschenhandel und Arbeitsausbeutung gibt es regelmäßig Schulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen für Kontrollbehörden (Bundespolizei, Finanzpolizei, Arbeits­inspektion) sowie für die Justiz.

Anzuführen ist hier auch die Anzeigepflicht gemäß § 78 StPO: Wird eine Behörde oder eine öffentliche Dienststelle der Verdacht einer Straftat bekannt, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, so ist sie zur Anzeige an Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft verpflichtet.

Das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres hat eine Reihe von Präventionsmaßnahmen zur Verringerung des Risikos für private Hausangestellte von Diplomatinnen und Diplomaten sowie von Bediensteten internationaler Organisationen, Opfer von Ausbeutung von Menschenhandel zu werden, ergriffen (inkl. Informationsveranstaltungen für private Hausangestellte).

Gegenstände, die die Täterin oder der Täter zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat verwendet hat, die von ihr bzw. ihm dazu bestimmt worden waren, bei der Begehung dieser Straftat verwendet zu werden, oder die durch diese Handlung hervorgebracht worden sind, sind grundsätzlich zu konfiszieren, wenn sie zur Zeit der Entscheidung erster Instanz im Eigentum der Täterin oder des Täters stehen (Konfiskation: § 19a StGB). Ferner hat das Gericht Vermögenswerte, die für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung oder durch sie erlangt wurden, für verfallen zu erklären. Der Verfall erstreckt sich auch auf Nutzungen und Ersatzwerte der für verfallen zu erklärenden Vermögenswerte. Soweit die dem Verfall unterliegenden Vermögenswerte nicht sichergestellt oder beschlagnahmt sind, hat das Gericht einen Geldbetrag für verfallen zu erklären, der den erlangten Vermögenswerten entspricht. Kann der Umfang der für verfallen zu erklärenden Vermögenswerte nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermittelt werden, hat ihn das Gericht nach seiner Überzeugung festzusetzen (Verfall. § 20 StGB). Auch sind Vermögenswerte, die der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation oder einer terroristischen Vereinigung unterliegen oder als Mittel der Terrorismusfinanzierung bereitgestellt oder gesammelt wurden, für verfallen zu erklären (erweiterter Verfall: § 20b StGB).

Zu Abs. 14:

Abs. 14 befasst sich mit der internationalen Zusammenarbeit. Diese sollte gestärkt werden.

Wie bereits bei Art. 5 des Protokolls erwähnt, engagiert sich Österreich aktiv in der internationalen Zusammenarbeit im multilateralen Rahmen (Vereinte Nationen, Europarat, OSZE, UNODC, IOM, IAO etc.), im Rahmen der Europäischen Union sowie in der Entwicklungszusammenarbeit. Auch bilaterale Kontakte werden anlassbezogen und in Projekten gepflegt.

Auf praktischer Ebene kann auch auf die Mitwirkung Österreichs bei EUROPOL und INTERPOL verwiesen werden.

Im Hinblick auf die Empfehlung kann abschließend festgestellt werden, dass bereits zu den meisten der Vorschläge der Empfehlung in Österreich Umsetzungsmaßnahmen bestehen; lediglich im Bereich der Datenerfassung (Abs. 2) ergeben sich Divergenzen.