Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) hat gesetzesändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Übereinkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Übereinkommen keine Angelegenheiten des selbstständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Die Zwischenstaatliche Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF) ist eine Organisation, der alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die über ein Eisenbahnnetz verfügen, und einige Länder Afrikas sowie Asiens angehören. Völkerrechtliche Grundlage ist das COTIF in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 3. Juni 1999 (BGBl. Nr. 225/1985 idF BGBl. III Nr. 122/2006, zuletzt geändert durch BGBl. III Nr. 165/2017).

Die 12. Generalversammlung der OTIF hat am 29. und 30. September 2015 Änderungen des COTIF und seiner Anhänge D (CUV – Verträge über die Verwendung von Wagen im internationalen Eisenbahnverkehr), F (APTU – Verbindlicherklärung technischer Normen und für die Annahme einheitlicher technischer Vorschriften für Eisenbahnmaterial, das zur Verwendung im internationalen Verkehr bestimmt ist) und G (ATMF – technische Zulassung von Eisenbahnmaterial, das im internationalen Verkehr verwendet wird) beschlossen.

Diese Änderungen treten gemäß Art. 34 des Übereinkommens für alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme derjenigen, die vor Inkrafttreten der Änderungen erklärt haben, dass sie den Änderungen nicht zustimmen, zu folgendem Zeitpunkt in Kraft:

-       Die von der Generalversammlung beschlossenen Änderungen des Übereinkommens selbst treten zwölf Monate nach Genehmigung durch zwei Drittel der Mitgliedstaaten für alle Mitgliedstaaten in Kraft mit Ausnahme der Mitgliedstaaten, die vor Inkrafttreten der Änderungen erklären, dass sie ihnen nicht zustimmen (Art. 34 § 2 Übereinkommen).

-       Die von der Generalversammlung beschlossenen Änderungen der Anhänge zum Übereinkommen treten zwölf Monate nach Genehmigung durch die Hälfte der Mitgliedstaaten, die eine Erklärung gemäß Art. 42 § 1 Satz 1 nicht abgegeben haben, für alle Mitgliedstaaten in Kraft mit Ausnahme derjenigen Mitgliedstaaten, die vor Inkrafttreten der Änderungen erklären, dass sie ihnen nicht zustimmen, sowie derjenigen Mitgliedstaaten, die eine Erklärung gemäß Art. 42 § 1 Satz 1 abgegeben haben (Art. 34 § 3 Übereinkommen).

Österreich hat vor dem Inkrafttreten der von der Generalversammlung beschlossenen Änderungen des Übereinkommens keine Erklärung gemäß Art. 34 § 2 abgegeben, dass es den Änderungen nicht zustimmt. Auch hat Österreich vor dem Inkrafttreten der von der Generalversammlung beschlossenen Änderungen der Anhänge zum Übereinkommen keine Erklärung gemäß Art. 34 § 3 abgegeben, dass es den Änderungen nicht zustimmt und hat auch keine Erklärung gemäß Art. 42 § 1 Satz 1 abgegeben.

Für das Inkrafttreten der bei der 12. Generalversammlung der OTIF beschlossenen Änderungen,

von Art. 3 § 2, Art. 12 § 5, Art. 14 § 2 Buchstabe e und § 6, Art. 15 § 5 Buchstabe g, Art. 20, Art. 24 § 5, Art. 25, Art. 26 §§ 5 bis 7 und Art. 33 § 4 Buchstabe a des Übereinkommens,

-       von Art. 1a und Art. 9 des Anhangs D (CUV) zum Übereinkommen,

-       von Art. 3 des Anhangs F (APTU) zum Übereinkommen und

-       von Art. 1 und Art. 3 des Anhangs G (ATMF) zum Übereinkommen

ist eine parlamentarische Genehmigung erforderlich.


 

Besonderer Teil

1.      Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai in der Fassung des Protokolls vom 3. Juni 1999 (COTIF 1999)

Zu Art. 3 (Internationale Zusammenarbeit)

In Art. 3 § 2 wird der Begriff „Europäische Gemeinschaften“ infolge des Inkrafttretens des Vertrages von Lissabon in „Europäische Union“ geändert.

Zu Art. 12 (Vollstreckung von Urteilen, Arrest und Pfändung)

Mit der Änderung des Art. 12 § 5 wird die Begriffsbestimmung für „Halter“ an die vom Revisionsausschuss beschlossene Änderung des Art. 2 Buchstabe c der Rechtsvorschriften CUV angeglichen.

Zu Art. 14 (Generalversammlung)

Zu Art. 14 § 2 Buchstabe e

Nach der derzeit geltenden Regelung in Art. 14 § 2 Buchstabe e ist von der Generalversammlung für einen Zeitraum von sechs Jahren ein Höchstbetrag festzusetzen, den die Ausgaben der Organisation in jeder Haushaltsperiode (Artikel 25 COTIF 1999) erreichen dürfen. Die beschlossene Änderung verkürzt diesen Zeitraum, um flexibler reagieren zu können, auf drei Jahre und folgt damit einer Empfehlung des Rechnungsprüfers der OTIF.

Zu Art. 14 § 6

Die Änderung von Art. 14 § 6 stellt eine Folgeänderung zum Beschluss des Revisionsausschusses auf seiner 25. Tagung zu Art. 27 COTIF 1999 dar. Danach wurden die bisherigen §§ 3 bis 5 des Art. 27 COTIF 1999 durch die neuen §§ 2 bis 4 ersetzt. Die Verweisung in Art. 14 § 6 wird entsprechend geändert.

Zu Art. 15 (Verwaltungsausschuss)

Nach dem geltenden Art. 15 § 5 Buchstabe g setzt der Verwaltungsausschuss den endgültigen Beitrag, den die Mitgliedstaaten für die beiden abgelaufenen Kalenderjahre zu tragen haben, sowie die Höhe der für das laufende und folgende Kalenderjahr zu leistenden Vorauszahlung fest. Die beschlossene Änderung verkürzt diesen Zeitraum, um flexibler reagieren zu können, auf jeweils ein Jahr. Diese Änderung ist die Folge der aufgrund der Empfehlung des Rechnungsprüfers vorgeschlagenen Änderung von Art. 25.

Zu Art. 20 (Fachausschuss für technische Fragen)

Nach der geltenden Regelung in Art. 20 § 3 kann der Fachausschuss für technische Fragen entweder technische Normen für verbindlich erklären oder einheitliche technische Vorschriften annehmen oder ihre Verbindlicherklärung oder Annahme ablehnen. Er kann sie aber keinesfalls ändern. Dies steht im Widerspruch zu Art. 33 § 6, wonach der Fachausschuss für technische Fragen über Anträge auf Änderung der Anlagen der Rechtsvorschriften APTU entscheidet. Nach dem Beschluss der Generalversammlung wird daher Art. 20 § 3 aufgehoben. Stattdessen wird in Art. 20 § 1 Buchstabe a ein neuer Satz eingefügt, der bestimmt, dass das Verbot einer Änderung sich nur noch auf das Verfahren der Verbindlicherklärung von Normen bezieht. Entscheidet der Fachausschuss für technische Fragen über die Verbindlicherklärung einer technischen Norm für Eisenbahnmaterial, kann er technische Normen oder spezifische Teile daraus entweder für verbindlich erklären oder ihre Verbindlicherklärung ablehnen; er kann die Verbindlicherklärung in diesem Verfahren jedoch nicht ändern.

Zur Klarstellung, dass Änderungen technischer Vorschriften möglich sein sollen, wird in Art. 20 § 1 Buchstabe b festgelegt, dass der Fachausschuss über die Annahme oder Änderung einer Einheitlichen Technischen Vorschrift entscheidet.

Zu Art. 24 (Listen der Linien)

Nach dem Änderungsbeschluss wird die in § 5 geregelte Frist, nach deren Ablauf eine gestrichene Linie nicht mehr dem COTIF unterstellt ist (bislang drei Monate) mit der für die Eintragung neuer Linien vorgesehenen Frist (derzeit wird eine neue Linie einen Monat nach der Mitteilung dem

COTIF unterstellt) harmonisiert. Denn wenn ein Beförderer den Betrieb auf einer Schifffahrtslinie einstellt, ein anderer diese Linie aber gleichzeitig neu in Betrieb nimmt, hat man sowohl eine Streichung als auch eine Neueintragung einer Linie. Bei unterschiedlich langen Fristen kommt es hier zu Überlappungen, die nicht der Realität entsprechen. Für beide Fälle soll daher dieselbe Frist von einem Monat gelten.

Zu Art. 25 (Arbeitsprogramm. Voranschlag. Rechnungsabschluss. Geschäftsbericht)

Der geltende Art. 25 § 1 COTIF sieht vor, dass der Voranschlag und der Rechnungsabschluss einen Zeitraum von zwei Kalenderjahren abdecken. Zur besseren Steuerung ist es jedoch sinnvoll, Voranschlag und Rechnungsabschluss auf jährlicher Basis zu erstellen. Daher werden in den §§ 1 und 2 die darin genannten Fristen verkürzt.

Zu Art. 26 (Finanzierung der Ausgaben)

Diese Änderungen sind die Folge der aufgrund der Empfehlung des Rechnungsprüfers vorgeschlagenen Änderung von Art. 25 COTIF. Es soll bei der Erstellung des Voranschlags und des Rechnungsabschlusses ein jährlicher Rhythmus eingeführt werden.

Zu Art. 33 (Zuständigkeiten)

Die Änderung von § 4 Buchstabe a stellt eine Folgeänderung zu dem vom Revisionsausschuss auf seiner 25. Tagung gefassten Beschluss, Art. 27 §§ 2 und 4 COTIF 1999 in der Fassung der vom Revisionsausschuss auf seiner 24. Tagung angenommenen Änderungen zu streichen und einen neuen § 4 anzufügen dar. Daher ist die Verweisung in Art. 33 § 4 Buchstabe a COTIF entsprechend anzupassen.

2.      Rechtsvorschriften für Verträge über die Verwendung von Wagen im internationalen

Eisenbahnverkehr (CUV – Anhang D)

Zu Art. 1a (Regelungsbereich)

Mit dieser Regelung wird klargestellt, dass die Rechtsvorschriften CUV ausschließlich die aus dem Verwendungsvertrag resultierenden Pflichten zwischen den Vertragsparteien und die Haftung einer Vertragspartei gegenüber der anderen Vertragspartei aus dem Verwendungsvertrag regeln und das öffentliche Sicherheits- und Ordnungsrecht unberührt lassen. Damit sollen nach dem Vorbild von Art. 2 der Rechtsvorschriften CIM (Anhang B zum Übereinkommen) eventuell bestehende Zweifel daran beseitigt werden, ob die Rechtsvorschriften CUV öffentlich-rechtliche Regelungen unberührt lassen.

Zu Art. 9 (Haftung für Bedienstete und andere Personen)

Nach dem Änderungsbeschluss wird in Art. 9 ein neuer § 3 eingefügt. Diese Vorschrift soll § 1 ergänzen, wonach die Parteien eines Verwendungsvertrages für ihre Bediensteten und Erfüllungsgehilfen haften, wenn diese Personen in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln. Nach dem neuen § 3 soll derselbe Grundsatz für das Verhältnis von Halter und der für die Instandhaltung zuständigen Stelle (ECM) gelten.

3.      Rechtsvorschriften für die Verbindlicherklärung technischer Normen und für die Annahme einheitlicher technischer Vorschriften für Eisenbahnmaterial, das zur Verwendung im internationalen Verkehr bestimmt ist (APTU – Anhang F)

Zu Art. 3 (Zweck)

Nach der bisherigen Regelung in Art. 3 § 1 Buchstabe a soll die Verbindlicherklärung technischer Normen für Eisenbahnmaterial sowie die Annahme einheitlicher technischer Vorschriften für Eisenbahnmaterial das freie Verkehren von Fahrzeugen und die freizügige Verwendung von sonstigem Eisenbahnmaterial im internationalen Verkehr erleichtern. Der Begriff „sonstiges Eisenbahnmaterial“ erfüllt jedoch keinen praktischen Zweck und wird daher zur Rechtsbereinigung gestrichen.

4.      Rechtsvorschriften für die technische Zulassung von Eisenbahnmaterial, das im internationalen Verkehr verwendet wird (ATMF – Anhang G)

Zu Art. 1 (Anwendungsbereich)

Nach der bisherigen Regelung in Art. 1 legen diese Rechtsvorschriften das Verfahren fest, nach

dem Eisenbahnfahrzeuge und sonstiges Eisenbahnmaterial zum Einsatz oder zur Verwendung im internationalen Verkehr zugelassen werden. Der Begriff „sonstiges Eisenbahnmaterial“ erfüllt jedoch keinen praktischen Zweck und wird daher zur Rechtsbereinigung gestrichen.

Zu Art. 3 (Zulassung zum internationalen Verkehr)

Nach der bisherigen Regelung in Art. 3 § 3 gelten für die technische Zulassung sonstigen Eisenbahnmaterials sowie einzelner Bauteile von Eisenbahnfahrzeugen und sonstigem Eisenbahnmaterial die §§ 1 und 2 sowie die folgenden Artikel der ATMF sinngemäß. Der Begriff „sonstiges Eisenbahnmaterial“ erfüllt jedoch keinen praktischen Zweck und wird daher zur Rechtsbereinigung gestrichen.