587 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über das Volksbegehren „ORF ohne Zwangsgebühren" (435 der Beilagen)

Die Unterstützer dieses Volksbegehrens haben die Einleitung eines Verfahrens für ein Volksbegehren mit folgendem Wortlaut beantragt:

Volksbegehren ‚ORF ohne Zwangsgebühren‘

 

Der Nationalrat möge eine Änderung des ORF-Gesetzes und des Rundfunk-Gebühren-Gesetzes beschließen, in dem die zwingenden ORF-Gebühren und Abgaben ersatzlos abgeschafft werden und die, parteipolitische Einflussnahme auf die Organe des ORF beseitigt wird.

Begründung:

Der ORF wurde im Jahr 2002 von einer selbständigen Anstalt öffentlichen Rechts in eine Stiftung des öffentlichen Rechts umgewandelt. Diese ORF-Stiftung besitzt eigene Rechtspersönlichkeit und wurde vom Bund, also aus Steuergeldern, mit einem Widmungs-Kapital von € 200.000.000 ausgestattet. Organe des ORF sind der Generaldirektor, der Stiftungsrat (35 Mitglieder zur Überwachung der Geschäftsführung ähnlich einem Aufsichtsrat), der Publikumsrat (35 Mitglieder zur Wahrung der Hörer- und Seherinteressen) und die Prüfungskommission (2 Mitglieder zur Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichtes). Die Besetzung der Organe erfolgt praktisch ausschließlich nach (partei-) politischen Interessen.

Zweck der ORF-Stiftung ist die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrages des Österreichischen Rundfunks.

Finanziert wird der ORF aus einer bunten Mischung von Gebühren und Abgaben sowie dem Programm-Entgelt.

Versorgungsauftrag:

Der ORF ist verpflichtet, alle empfangsberechtigten Einwohner Österreichs mit Rundfunk zu versorgen.

Der Österreichische Rundfunk hat bei Erfüllung seines Auftrages auf die Grundsätze der österreichischen Verfassungsordnung, insbesondere auf die bundesstaatliche Gliederung nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Länder sowie auf den Grundsatz der Freiheit der Kunst, Bedacht zu nehmen und

• die Sicherung der Objektivität

• die Unparteilichkeit der Berichterstattung

• der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme sowie

• die Unabhängigkeit von Personen und Organen des Österreichischen Rundfunks,

die mit der Besorgung der Aufgaben des Österreichischen Rundfunks beauftragt sind, gemäß den Bestimmungen des ORF-Gesetzes zu gewährleisten.

Der öffentlich-rechtliche Kernauftrag ist im § 4 des ORF-Gesetzes ausführlich definiert, desgleichen ist laut Gesetz ein Qualitäts-Sicherungssystem gefordert.

Der ORF wird nach wie vor für parteipolitische Interessen genutzt und dafür werden die Zuseher/Zuhörer auch noch kräftig zur Kasse gebeten. Und weil das Geld scheinbar niemals ausreicht wird sogar die Einführung einer Zwangsabgabe für alle Steuerzahler diskutiert, auch wenn diese kein Interesse an den ORF-Programmen haben oder auch gar keinen Fernseher besitzen.

VOLKSBEGEHREN zur Änderung des ORF-Gesetzes und des
Rundfunk-Gebühren-Gesetzes
(ORF ohne Zwangsgebühren)

Diese sogenannte Haushaltsabgabe oder die Finanzierung des ORF aus dem Budget wäre nichts anderes als eine zusätzliche Steuer, damit alle Österreicher die Zwangsbeglückung durch den ORF auch mitfinanzieren. Die zusammen mit den ORF-Gebühren eingehobenen Landesabgaben (rund 20% der Gesamtgebühr!) entbehren jeglicher inhaltlichen Begründung und verteuern die GIS-Gebühr unnötig.

Unsere Forderung ist es daher, den ORF von der parteipolitischen Einflussnahme zu befreien und die Zwangs-ORF-Gebühren (Abgaben) abzuschaffen, denn nur dann ist eine parteipolitische Unabhängigkeit sowie ein freier Wettbewerb sichergestellt. Die finanzielle Entlastung der Gebührenzahler ist dringend nötig, weshalb als Zeichen des guten Willens die letzte Gebührenerhöhung aus dem Jahr 2017 sofort zurückgenommen werden sollte.

Die sozialen Kommunikationsmittel (Medien) besitzen heute eine ungeheure Bedeutung für die Weltanschauung der einzelnen Menschen. Es ist erschreckend, dass es im Bereich der Mainstream-Medien — dazu zählt auch der ORF — fast keine ausgeglichene, objektive Berichterstattung mehr gibt, da die Mehrzahl dieser Medien ‚Vorgaben von oben‘ folgen oder sich einer „internen Zensur“ unterwerfen, um gewisse für die Menschen äußerst relevante Tatsachen aus der Berichterstattung auszublenden.

Eine objektive und wahrheitsgetreue Berichterstattung über die aktuellen Geschehnisse wäre aber heute für den Erhalt der demokratischen Verhältnisse in Österreich wichtiger denn je.

Viele Österreicher sind über die Gebührenpolitik, die Programmgestaltung und die Geschäftsführung des ORF sehr verärgert. Die Sehnsucht nach einem

ORF OHNE ZWANGSGEBÜHREN

ist groß.

Der Stiftungsrat und der Publikumsrat sind leider wirkungslos, weil sie nach parteipolitischen Kriterien besetzt sind und eine wirkungsvolle Neugestaltung verhindern, um nicht an Macht und Einfluss im ORF zu verlieren.

Die vom Generaldirektor bei seiner Wiederbestellung gemachten Zusagen sind leere Versprechungen geblieben, sodass auch ein finanzielles Fiasko im ORF droht.

Mit dem Volksbegehren soll es zu einer grundlegenden Diskussion über eine Reform des ORF kommen, die auf die Interessen der Zuseher und Hörer bedacht nimmt und dadurch die Zukunft des Unternehmens sicherstellt.

In die Diskussion über einen neuen ORF müssen vor allem die Gebührenzahler voll eingebunden werden. Eine Entscheidung ohne die Gebührenzahler — den wahren Finanzierern des ORF — wäre ein grober Verstoß gegen demokratische Grundrechte.“

 

Das Volksbegehren wurde von 320.264 Stimmberechtigten unterstützt (Anzahl der gültigen Eintragungen inkl. Unterstützungserklärungen). Die Bundeswahlbehörde hat in ihrer Sitzung vom 24. Oktober 2018 festgestellt, dass ein Volksbegehren im Sinne des Art. 41 Abs. 2 B-VG vorliegt und dieses an den Nationalrat zur parlamentarischen Behandlung weitergeleitet. Als Bevollmächtigter des Volksbegehrens wurde Dr. Rudolf Gehring namhaft gemacht, die nominierten stellvertretenden Bevollmächtigten sind Claudia Susi Reith, Alfred Kuchar, Emanuel Dragomir und Mag. (FH) Elisabeth Sternad.

Das gegenständliche Volksbegehren wurde am 11. Dezember 2018 in der 53. Sitzung des Nationalrates in Erste Lesung genommen und danach dem Verfassungsausschuss zur weiteren Behandlung zugewiesen.

Der Verfassungsausschuss hat das gegenständliche Volksbegehren erstmals in seiner Sitzung am 9. Jänner 2019 in Verhandlung genommen. Gemäß § 37 Abs. 4 GOG wurden der Bevollmächtigte und ein weiterer, von diesem nominierten Stellvertreter im Sinne des Volksbegehrengesetzes beigezogen. Weiters beschloss der Verfassungsausschuss einstimmig Herrn Dr. Alexander Wrabetz, Generaldirektor des ORF, als Auskunftsperson gemäß § 40 Abs. 1 GOG zu laden. Die Sitzung wurde gemäß § 37a Abs. 1 Z 4 GOG öffentlich durchgeführt.

Für das Volksbegehren nahmen der Bevollmächtigte des Volksbegehrens Dr. Rudolf Gehring sowie der Stellvertreter Emanuel Dragomir an der Sitzung teil.

Im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Mag. Friedrich Ofenauer gaben der Bevollmächtigte des Volksbegehrens Dr. Rudolf Gehring sowie der Generaldirektor des ORF Dr. Alexander Wrabetz eine einleitende Stellungnahme ab.

In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Thomas Drozda,
Hans-Jörg Jenewein, MA, Claudia Gamon, MSc (WU), Dr. Alfred J. Noll, Mag. Selma Yildirim und Dr. Markus Tschank sowie der Bevollmächtigte des Volksbegehrens Dr. Rudolf Gehring und der Generaldirektor des ORF Dr. Alexander Wrabetz das Wort.

Anschließend wurden die Verhandlungen auf Antrag des Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl vertagt und am 12. April 2019 wieder aufgenommen.

Der Verfassungsausschuss beschloss in seiner Sitzung am 12. April 2019 einstimmig folgende Auskunftspersonen gemäß § 40 GOG zu laden und das Hearing mit der Expertin und den Experten gemäß § 37a Abs. 1 Z 4 GOG öffentlich durchzuführen: Dr. Alexander Wrabetz, Generaldirektor des ORF, Mag. Oliver Stribl, RTR-GmbH, Geschäftsführer Medien, Lasse Jensen, ehemaliger Informationsdirektor im Dänischen Rundfunk und unabhängiger Medienjournalist, Mag. Huberta Gheneff, Rechtsanwältin sowie Dr. Paul Clemens Murschetz, Berlin University of Digital Sciences.

Für das Volksbegehren nahmen der Bevollmächtigte des Volksbegehrens Dr. Rudolf Gehring sowie der Stellvertreter Emanuel Dragomir an der Sitzung teil.

In der Debatte ergriffen, nach den Stellungnahmen der Expertin und der Experten Mag. Oliver Stribl, Lasse Jensen, Mag. Huberta Gheneff sowie Dr. Paul Clemens Murschetz die Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Mag. Wolfgang Gerstl, Hans-Jörg Jenewein, MA, Mag. Thomas Drozda und Dr. Alfred J. Noll sowie der Experte Dr. Alexander Wrabetz und der Bevollmächtigte des Volksbegehrens Dr. Rudolf Gehring das Wort.

Der Bevollmächtigte des Volksbegehrens im Sinne des § 3 Abs. 4 lit. b des Volksbegehrengesetzes 1973 legte eine abweichende persönliche Stellungnahme vor. Diese ist dem Ausschussbericht angeschlossen (Anlage 1).

Die Veröffentlichung der Auszugsweisen Darstellung der Sitzung mit der Expertin und den Experten vom 12. April 2019 wurde einstimmig beschlossen (Anlage 2).

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2019 04 12

                         Mag. Friedrich Ofenauer                                                     Dr. Peter Wittmann

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann