658 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 910/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz, das SE-Gesetz, das Übernahmegesetz und das Unternehmensgesetzbuch geändert werden (Aktienrechts-Änderungsgesetz 2019 – AktRÄG 2019)

Die Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 12. Juni 2019 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Richtlinie (EU) 2017/828 zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Mitwirkung der Aktionäre, ABl. Nr. L 132 vom 20.05.2017 S. 1 (im Folgenden: „Richtlinie“), ist bis 10. Juni 2019 in nationales Recht umzusetzen.

Erklärtes Ziel der Richtlinie ist es, ein attraktives Umfeld für Aktionäre zu schaffen und die Corporate Governance der börsenotierten Unternehmen in der Europäischen Union weiter zu verbessern. Dabei ist eine wirksame und nachhaltige Mitwirkung der Aktionäre einer der Eckpfeiler des Corporate Governance-Modells börsenotierter Gesellschaften, das aus einem ausgewogenen System von Kontrollen der verschiedenen Organe und Interessenträger untereinander bestehen sollte. Eine stärkere Einbindung der Aktionäre in die Corporate Governance ist ein wichtiges Instrument, um dazu beizutragen, die wirtschaftliche und nachhaltige Leistung von Gesellschaften zu verbessern. Das betrifft auch nichtfinanzielle Leistungskriterien wie ökologische und soziale Faktoren. Eine bessere Einbindung aller Interessenträger in die Corporate Governance ist ein wichtiger Faktor für die Sicherstellung eines langfristig ausgerichteten unternehmerischen Erfolgs börsenotierter Gesellschaften (vgl. Erwägungsgrund 14).

Der vorliegende Entwurf dient der Umsetzung der genuin gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen der Richtlinie. Dabei handelt es sich insbesondere um die Art. 9a bis 9c (über die Vergütungspolitik und den Vergütungsbericht sowie über Geschäfte mit nahestehenden Unternehmen oder Personen), aber auch um eine Regelung zur Information der Aktionäre über die Abstimmung in der Hauptversammlung in Art. 3c Abs. 2. Die Umsetzung der übrigen, dem Finanzdienstleistungsbereich zuzurechnenden Bestimmungen der Richtlinie bleibt einem gesonderten Entwurf des Bundesministeriums für Finanzen vorbehalten.

Nach den Vorgaben der Richtlinie soll der Einfluss der Aktionäre einer börsenotierten Gesellschaft auf die Vergütungsvereinbarungen mit Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern gestärkt und die Transparenz solcher Vereinbarungen verbessert werden. Dazu sollen einerseits eine Vergütungspolitik der Gesellschaft (vgl. Art. 9a) und andererseits jährliche Vergütungsberichte (vgl. Art. 9b) erstellt werden. Die Vergütungspolitik und der jährliche Vergütungsbericht sind der Hauptversammlung zur Abstimmung vorzulegen. Weiters sieht die Richtlinie für wesentliche Geschäfte der Gesellschaft mit ihr nahestehenden Unternehmen oder Personen (Related Party Transactions) eine öffentliche Bekanntmachung sowie eine Zustimmung durch ein weiteres Gesellschaftsorgan vor (vgl. Art. 9c). Schließlich haben Gesellschaften ihren Aktionären in Hinkunft auf Verlangen eine Bestätigung über die Stimmabgabe in der Hauptversammlung auszustellen (vgl. Art. 3c Abs. 2).

Die Richtlinie verlangt auch Regeln für Maßnahmen und Sanktionen, die bei Verstößen gegen die nationalen Umsetzungsvorschriften verhängt werden (vgl. Art. 14b). Derartige Sanktionen sind grundsätzlich im österreichischen Aktienrecht bereits vorhanden und auch geeignet, Verstöße gegen die nunmehr zu erlassenden Vorschriften zu verhindern bzw. zu ahnden: Die Bestimmungen über die Erstellung der Vergütungspolitik und des Vergütungsberichts und über die Pflichten bei wesentlichen Geschäften mit nahestehenden Rechtsträgern sind gesetzliche Vorschriften, zu deren Einhaltung die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats aufgrund ihrer allgemeinen Sorgfaltspflicht (vgl. §§ 84 und 99 AktG) verpflichtet sind. Verstoßen sie vorsätzlich oder fahrlässig gegen diese Pflichten, kann dies ein Grund für die vorzeitige Beendigung ihrer Organfunktion (Abberufung) sein und sie auch persönlich schadenersatzpflichtig machen. Die entsprechenden Anträge und Verfahren können zumeist auch von einer Minderheit der Aktionäre gestellt bzw. eingeleitet werden (vgl. etwa § 134 Abs. 1 AktG, der eine Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen Organmitglieder auch durch eine Aktionärsminderheit von zumindest zehn Prozent ermöglicht). Gravierende Verstöße gegen Organpflichten können außerdem strafrechtlich verfolgt werden (vgl. z.B. § 153 StGB). Es kann daher von der Einführung neuer Sanktionsmechanismen für die Nichteinhaltung der von der Richtlinie vorgegebenen Bestimmungen abgesehen und mit Ergänzungen der vom Firmenbuchgericht aufgreifbaren Tatbestände gemäß § 258 AktG das Auslangen gefunden werden.

Zur Umsetzung dieser Vorgaben sind vor allem Änderungen im AktG, aber auch Anpassungen im SE-Gesetz und im Unternehmensgesetzbuch erforderlich.

Außerdem soll die Novelle zum Anlass genommen werden, die gesetzlichen Regelungen über das Gremium zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses nach den §§ 225g ff AktG zu überarbeiten: Vor diesem seit über 20 Jahren bestehenden Gremium konnten in der überwiegenden Anzahl der Verfahren Vergleiche erzielt und damit die Gerichte in diesen komplexen Mehrparteienverfahren entlastet werden. Die Praxis hat allerdings gezeigt, dass in besonders strittigen Fällen, in denen mangels Vergleichsbereitschaft ein Gutachten durch das Gremium zu erstatten ist, dieses aufwändige und schwierig zu organisierende Mehrparteienverfahren und das dabei immer wieder notwendige Zusammenspiel zwischen Gremium und Gericht sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Es wird daher vorgeschlagen, das Gremium nicht mehr mit der Erstattung eines Gutachtens zu betrauen, sondern in Zukunft nur mehr die erfolgreiche streitschlichtende Funktion des Gremiums in Anspruch zu nehmen.“

 

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 26. Juni 2019 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dr. Markus Tschank die Abgeordnete Dr. Irmgard Griss sowie die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker.

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.

Ferner beschloss der Justizausschuss mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, F, N, dagegen: J) folgende Feststellungen:

„Der Begriff „Tochterunternehmen“ ist bei Konzernabschlüssen nach UGB nach Maßgabe des § 189a Z 7 UGB, bei Konzernabschlüssen nach IFRS nach Maßgabe von – derzeit – IFRS 10 zu bestimmen.“

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2019 06 26

                            Dr. Markus Tschank                                                   Mag. Michaela Steinacker

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau