14/J XXVI. GP

Eingelangt am 09.11.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

Parlamentarische Anfrage

der Abgeordneten Jarolim und zahlreicher weitere Genossinnen an den Herrn Bundesminister für Justiz

betreffend Ermittlungsschritte der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Sachen Puller/Fleischmann

Im Zuge des Wahlkampfes zur Nationalratswahl 2017 wurde einer staunenden Öffentlichkeit der Vorwurf des Herrn Peter Puller zugängig, dass ihm der Pressesprecher und engste Mitarbeiter des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres. Sebastian Kurz, Herr Mag. Gerald Fleischmann, für den rechtswidrigen Verrat von Informationen über den Wahlkampf der SPÖ ein Bestechungsgeld im Ausmaß von EUR 100.000 angeboten habe.

Diesem Ansinnen soll der Umstand zugrunde liegen, dass Puller als vormaliger Kabinettchef einer ÖVP-Ministerin und Chefredakteur des ÖVP-Pressediensts eng mit Fleischmann zusammengearbeitet hatte und der Pressesprecher des ÖVP-Kandidaten Kurz dadurch auch einen ausgezeichneten Zugang zu Puller vermutete. Darauf basieren soll er darauf vertraut haben, Puller ein Anbot zur Bestechung mit € 100.000 unterbreiten zu können, ohne das dieses Anbot der Öffentlichkeit zugänglich wird. In dem Zusammenhang wurde nachstehende bemerkenswerte Korrespondenz von Herrn Fleischmann begonnen:


 

Die SPÖ hat aufgrund dieser bemerkenswerten Entwicklung unverzüglich mittels Sachverhaltsdarstellung eine Strafanzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingebracht. In der Folge begehrte die SPÖ aufgrund ihrer OpfersteIlung im Strafverfahren Akteneinsicht wobei ihr von der WKStA zu GZ 5 St 20/17v jedoch mitgeteilt wurde, dass „bislang kein Ermittlungsverfahren gern. § 1 Abs 2 StPO eingeleitet wurde".

Im Zusammenhang mit Medienberichterstattung - Artikel von Raffaela Lindorfer im KURIER vom 31.10.2017 - , dass der Weisungsrat jetzt entscheidet, „ob gegen Gerald Fleischmann, Sprecher von Sebastian Kurz, wegen Betriebsspionage ermittelt wird (KURIER), ergeben sich eine Reihe von

Fragen, insbesondere auch nach der Gesetzeskonformität des Handelns der Justiz bei Vorwürfen gegen sehr nahe Mitarbeiter von Bundesminister Sebastian Kurz.

In diesem Zusammenhang richten daher die unterzeichnenden Abgeordneten nachstehende

ANFRAGE

an den Bundesminister für Justiz:

1)     Soll nach Meinung bzw. über Anweisung des BMJ (siehe auch Bericht der Tageszeitung „Kurier“ vom 31.10.2017), tatsächlich der „Weisungsrat“ mit der Frage befasst werden, ob gegen Mag. Fleischmann überhaupt Ermittlungen aufgenommen werden dürfen, wo der als Einrichtung umstrittene „Weisungsrat“ aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ja erst nach „rechtlicher Beurteilung des Sachverhalts“ und sohin nach dem Vorliegen „aufgenommener Beweise und deren Würdigung“ durch die Staatsanwaltschaft (vgl. § 8 Abs. 1a Staatsanwaltschaftsgesetz) befasst werden kann und darf?

2)     Welche Ermittlungsschritte durfte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang bis dato ergreifen und welche Rolle spielt hierbei der Umstand, dass es sich bei Herrn Mag. Fleischmann um einen Kabinettsmitarbeiter und Beamten iSd § 74 StGB handelt?

3)     Wie und wer kann nach Meinung des BMJ vor Ermittlung „des dem Bericht zu Grunde liegenden Sachverhalts“ (vgl. § 8 Abs. 1a Zif 1 Staatsanwaltschaftsgesetz) den Weisungsrat mit der Frage befassen, ob im gegenständlichen Fall gegen des Pressesprecher von BM Kurz ermittelt werden darf (siehe Schreiben der WKStA vom 31.10.2017, GZ 5 St 20/17v, wonach bislang „kein Ermittlungsverfahren gem. § 1 Abs 2 StPO eingeleitet wurde?

4)     Welche und wessen Überlegungen liegen dem Umstand zugrunde, dass die Staatsanwaltschaft bis dato kein Ermittlungsverfahren einleiten durfte? Gibt es dazu Schriftverkehr oder auch nur telefonische Kommunikation und wenn ja, welche?

5)    Welche rechtliche Basis vermeint das BMJ zu erkennen, in einem Verfahren gegen den angeblich engsten Mitarbeiter des ÖVP-Parteiobmanns verfahrensbehindernd tätig werden zu können, bevor überhaupt Ermittlungen aufgenommen worden sind?

6)     Sieht das BMJ im Falle des Vorliegens einer derartigen Sachverhaltslage eine Ungleichbehandlung von Staatsbürgern und Staatsbürgerinnen und wenn nein, warum nicht?

7)     Wie lässt sich der dargestellte Sachverhalt mit den Grundsätzen des § 3 StPO über die „Objektivität und Wahrheitsforschung“ in Einklang bringen?