78/J XXVI. GP

Eingelangt am 20.12.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffende einheitlicher Position der österreichischen Bundesregierung zu dem Assoziierungsabkommen der Europäischen Union und MERCOSUR

Begründung

Gemäß Medienberichten, vor allem durch die Süddeutsche Zeitung, haben sich Anfang Dezember 2017 die Hinweise verdichtet, dass die Europäische Kommission kurz vor einem Abschluss der Mercosur Verhandlungen steht. Das Abkommen würde 800 Millionen Konsumenten erfassen. Das Assoziierungsabkommen der EU mit dem Mercosur soll nicht nur Bestimmungen für den Warenhandel beinhalten, sondern auch Themen wie Dienstleistungen, Investitionen, öffentliches Beschaffungswesen, Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse oder Handel und nachhaltige Entwicklung (Sozial- und Umweltstandards) behandeln.

Ziel des Abkommens der EU mit dem Mercosur soll auch sein, einen angemessenen Schutz der Rechte an geistigem Eigentum und geographischer Herkunftsbezeichnungen sicherzustellen sowie Bestimmungen betreffend den Wettbewerb und sanitäre und phytosanitäre Standards zu vereinbaren. Mit dem Handelsabkommen soll auch ein effektiver und verbindlicher Streitbeilegungsmechanismus etabliert werden.

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, könnte das geplante Abkommen den Schutz der Verbraucherinnen schwächen, da das Mercosur-Abkommen den Import von Fleisch und anderen Lebensmitteln nach Europa erleichtern soll. So will die EU südamerikanische Fleischbetriebe akzeptieren, wenn das Herkunftsland garantiert, das alles in Ordnung ist.

Das wirkt brisant angesichts eines großen Fleisch- und Korruptionsskandals, in den selbst Brasiliens Präsident verwickelt ist (vgl.

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/interkontinentaler-handel-das-fleisch-ist-schwach-

1.3781285. 6.12.2017). Erst im Frühjahr 2017 war in Brasilien ein Skandal um verdorbenes Fleisch aufgeflogen, das auch zum Export bestimmt war, wie es heißt. Die Lebensmittelsprecherin der ÖVP im Europäischen Parlament, Elisabeth Köstinger forderte angesichts des „Gammelfleischskandals“ eine Risikobewertung und einen Verhandlungsstopp, (vgl.

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20170321_OTS0177/gammelfleisch-koestinger- fordert-stopp-der-handelsgespraeche-mit-mercosur, am 21. März 2017)

Auf der Homepage des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird man darüber informiert, dass ein Abkommen mit Brasilien und den drei weiteren Mercosur Ländern, die europäische Landwirtschaft massiv schwächen könnte (vgl.

https://www.bmlfuw.av.at/land/eu-international/eu-freihandelabkomme/mercosur.html. am 23.05.2017).

Daher richten die unterzeichnenden Abgeordneten an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft folgende

Anfrage

Allgemeines EU

1.    Wie haben sich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und den Mercosur-Ländern (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) in den letzten zehn Jahren entwickelt?

2.    Welche Besonderheiten weisen die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und Argentinien auf?

3.    Welche Besonderheiten weisen die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und Brasilien auf?

4.    Welche Besonderheiten weisen die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und Paraguay auf?

5.    Welche Besonderheiten weisen die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und Uruguay auf?

6.    Welchen Anteil an den EU-Gesamtexporten bzw. -importen entfielen auf Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay (sowohl nominell als auch in %/BIP)?

a.    Wie verteilt sich dies auf die einzelnen Wirtschaftssektoren?

b.    Wie verteilt sich dies auf die einzelnen Mitgliedstaaten?

7.    Welcher Anteil der EU-Warenexporte bzw. -importe entfiel auf Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay (sowohl nominell als auch in %/BIP)?

a.    Wie verteilt sich dies auf die einzelnen Wirtschaftssektoren?

b.    Wie verteilt sich dies auf die einzelnen Mitgliedstaaten?

8.    Welcher Anteil der EU-Dienstleistungsexporte bzw. -importe entfiel auf Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay (sowohl nominell als auch in %/BIP)?

a.    Wie verteilt sich dies auf die einzelnen Wirtschaftssektoren?

b.    Wie verteilt sich dies auf die einzelnen Mitgliedstaaten?

9.    Welcher Anteil der aktiven bzw. passiven Direktinvestitionen entfiel auf Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay (sowohl nominell als auch in %/BIP)?

a.    In welchem Ausmaß handelt es sich dabei um substanzielle ausländische Direktinvestitionen?

b.     In welchem Ausmaß handelt es sich dabei um Portfolioinvestitionen?

c.    In welchem Ausmaß handelt es sich dabei um sonstige Investitionen und welche sind dies?

d.    Wie verteilt sich dies auf die einzelnen Wirtschaftssektoren?

e.    Wie verteilt sich dies auf die einzelnen Mitgliedstaaten?

10. Wie hoch sind die derzeitigen Zölle nach Einfuhr- bzw. Ausfuhrkategorie zwischen der EU und den Mercosur-Ländern?

11. Wie hoch sind die jährlichen Einnahmen aus diesen Zöllen?

Allgemeines Österreich

12. Wie haben sich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay in den letzten zehn Jahren entwickelt?

13. Welche Besonderheiten weisen die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und Argentinien auf?

14. Welche Besonderheiten weisen die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und Brasilien auf?

15. Welche Besonderheiten weisen die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und Paraguay auf?

16. Welche Besonderheiten weisen die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und Uruguay auf?

17. Welchen Anteil an den österreichischen Gesamtexporten bzw. -importen entfielen auf Welche Besonderheiten weisen die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und Argentinien auf? (sowohl nominell als auch in %/BIP)?

a.    Wie verteilt sich dies auf die einzelnen Wirtschaftssektoren?

b.    Wie verteilt sich dies auf die einzelnen Bundesländer?

18. Welcher Anteil der österreichischen Warenexporte bzw. -importe entfiel auf Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay (sowohl nominell als auch in %/BIP)?

a.    Wie verteilt sich dies auf die einzelnen Wirtschaftssektoren?

b.    Wie verteilt sich dies auf die einzelnen Bundesländer?

19. Welcher Anteil der österreichischen Dienstleistungsexporte bzw. -importe entfiel auf Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay (sowohl nominell als auch in %/BIP)?

a.    Wie verteilt sich dies auf die einzelnen Wirtschaftssektoren?

b.    Wie verteilt sich dies auf die einzelnen Bundesländer?

20.  Welcher Anteil der aktiven bzw. passiven Direktinvestitionen entfiel auf Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay (sowohl nominell als auch in %/BIP)?

a.    In welchem Ausmaß handelt es sich dabei um ausländische Direktinvestitionen?

b.     In welchem Ausmaß handelt es sich dabei um Portfolioinvestitionen?

c.    In welchem Ausmaß handelt es sich dabei um sonstige Investitionen und um welche?

d.    Wie verteilt sich dies auf die einzelnen Wirtschaftssektoren?

e.    Wie verteilt sich dies auf die einzelnen Bundesländer?

Inhalte des Abkommens

21.  Welche Bereiche sollen durch das Abkommen geregelt werden?

22.  Welches Ziel gibt das Mandat im Bereich der Zollsätze vor?

23.  Für welche Kategorien sollen weiterhin Einfuhr-/Ausfuhr-Kontingente bestehen bleiben?

24.  In welchen landwirtschaftlichen Sektoren besteht seitens der EU besondere Sensibilität?

25.  In welchen landwirtschaftlichen Sektoren besteht seitens Österreichs besondere Sensibilität?

26.  In welchen landwirtschaftlichen Sektoren besteht seitens den Mercosur Ländern besondere Sensibilität?

27.  Welche geschützten Ursprungsbezeichnungen bzw. geschützte geographische Angaben werden von österreichischer Seite als im Abkommen schützenswert verlangt?

28.  Welche Vorgaben enthält das Mandat in Hinblick auf SPS-Maßnahmen?

29.  Sieht das Mandat die gegenseitige Anerkennung von Zulassungsentscheidungen vor?

30.  Soll das Abkommen Bestimmungen über regulatorische Zusammenarbeit enthalten?

31.  Wie wird seitens der Regierung sichergestellt, dass im Rahmen der Regulierungskooperation bestehende Schutzniveaus z.B. in den Bereichen des Arbeitnehmerlnnen- Umwelt- und Klima-, Konsumentlnnen- und insbesondere des Datenschutzes nicht gesenkt werden?

32.  Wie und an welcher Stelle ist das Vorsorgeprinzip nach EU-Recht abgesichert?

33.  Ist ein Positiv-, ein Negativlistenansatz oder ein hybrider Ansatz im Bereich der Dienstleistungen geplant?

34.  Kommen im Abkommen sogenannte Stillstands- und Sperrklinkenklauseln zur Anwendung?

35.  Welche Ausnahmen von den Liberalisierungsverpflichtungen plant Österreich einzumelden?

a.    Welche davon sollen auch für zukünftige Maßnahmen gelten (Annex I oder Annex II)?

36.  Welche Formulierung der Ausnahmeregelung wird in Hinblick auf Dienstleistungen der Daseinsvorsorge angestrebt?

37.  Wie werden die österreichischen Handlungsmöglichkeiten im Rahmen des § 25a Außenwirtschaftsgesetzes im Abkommen abgesichert?

a.    Ist dafür eine explizite Ausnahmeregelung im Abkommen vorgesehen?

b.    Falls nein, warum nicht?

c.    Wie werden die aktuellen Diskussion zur rechtlich effektiven Umsetzung eines sog. „Foreign Investment Screening“-Prüfmechanismus, dafür notwendige Handlungsspielräume im öffentlichen Interesse und zur völkerrechtlichen Absicherung derartiger Prüfmechanismen im Abkommen berücksichtigt?

38. Wird im Abkommen eine Revisionsklausel verankert, die den Vertragspartnern die Möglichkeit einräumt, das Abkommen schadlos zu kündigen, zu adaptieren oder konkrete Verpflichtungen betreffend die Liberalisierung einer Dienstleistung auszusetzen oder rückgängig zu machen?

39.  Welche Verpflichtungen sind im Abkommen im Verhandlungsbereich sogenannter „enhanced regulatory disciplines“ und „innerstaatlicher Regulierung“ vorgesehen?

40.  Wie schätzen Sie mögliche Auswirkungen für Handlungsspielräume der öffentlichen Hand auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene ein?

41. Welche Verhandlungsziele werden für die Bereiche staatliche Unternehmen, Dienstleistungskonzessionen und Public-Private-Partnerships (PPP) verfolgt?

a. Wie lauten Ihre Folgeabschätzungen zu den Auswirkungen des Abkommens in diesen Bereichen?

42.  Wie schätzen Sie den Rechtsstaat der einzelnen vier Länder ein?

a.    Haben europäische oder auch österreichische Unternehmen jemals Probleme gemeldet, diskriminiert worden zu sein gegenüber Inländern?

b.    Gibt es einen Unterschied und wenn ja welchen im verfassungsrechtlich bzw. grundrechtlich garantierten Eigentumsschutz zwischen der EU und Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay?

43.  Soll das Abkommen einen Durchsetzungsmechanismus für Investitionsstreitigkeiten enthalten?

a.    Wenn ja: welches Modell (Staat-Staat-Streitverfahren oder ICS)?

b.    Soll das Abkommen ein Bekenntnis zur Teilnahme an einem multilateralen Investitionsgericht enthalten?

c.    Hat der Kläger die Kosten des Schiedsverfahrens selbst zu tragen oder zahlt dies die Allgemeinheit?

d.    Wenn ja, wie ist die Diskriminierung von Inländern zu rechtfertigen, die entsprechend dem Streitwert vor nationalen Gerichten Gerichtskosten zu bestreiten haben?

44.  Welche Verpflichtungen verlangt das Mandat im Bereich des Nachhaltigkeitskapitels?

45.  Welche Position vertritt die Bundesregierung bei rechtsverbindlichen Einhaltung und Verankerung von Menschen-, Mindestarbeitsnormen sowie Umwelt- und Klimaschutzbestimmungen in Handelsabkommen?

46.  Ist geplant, Verstöße gegen das Nachhaltigkeitskapitel in den allgemeinen Streitbeilegungsmechanismus einzubeziehen?

47.  Welchen Standard in Hinblick auf den Klimaschutz soll das Abkommen erreichen?

48.  Welchen Standard in Hinblick auf Arbeitsrechte soll das Abkommen erreichen?

49.  Welche Liberalisierungsverpflichtungen sind im Bereich der Arbeitnehmerlnnenfreizügigkeit geplant?

50. Welchen Standard in Hinblick auf Menschenrechte bzw. die Rechte indigener Völker soll das Abkommen erreichen?

51. Welchen Standard in Hinblick auf die Bekämpfung von Steuerhinterziehung bzw. -Vermeidung soll das Abkommen erreichen?

52. Welchen Standard in Hinblick auf Corporate Governance soll das Abkommen erreichen?

53. Wie werden die Anforderungen der einheitlichen Stellungnahme der Bundesländer an die Bundesregierung vom Oktober 2017 sichergestellt?

Folgenabschätzunq

54.  Liegen bereits wirtschaftliche Folgenabschätzungen vor?

a.    Wenn ja: zu welchen Ergebnissen kommen diese für die EU bzw. für Österreich?

b.    Welche Beschäftigungseffekte (nach Sektor) sind durch das Abkommen zu erwarten?

c.    Welche „Anpassungskosten“ sind zu erwarten?

55.  Liegt bereits eine Folgenabschätzung für den Bereich der nachhaltigen Entwicklung vor, wann ist die Veröffentlichung derselben geplant?

Verfahren

56.  Mit welcher Mehrheit ist das Mandat im Rat anzunehmen?

57. Wie ist der weitere Zeitplan für die Beratung des Mandats im Rat bzw. in den zuständigen Ratsarbeitsgruppen?

58. Werden Sie sich im Sinne der Transparenz im Rat dafür einsetzen, dass das schlussendliche Mandat veröffentlicht wird?

59. Welchen Zeitrahmen strebt die EU-Kommission für die tatsächlichen Verhandlungen an?

60.  Welche zivilgesellschaftlichen Organisationen werden in welchen Formaten und wie oft den Verhandlungen beigezogen?

61.  Werden Sie sich dafür einsetzen, dass das Abkommen als gemischt eingestuft wird?

Österreichische Position

62.  Gibt es eine akkordierte Position der österreichischen Bundesregierung zum Abkommen?

a.    Falls ja, wie lauten deren Eckpunkte?

b.    Falls nein, warum nicht?

63. Wann erfolgte die besondere Unterrichtung des Nationalrates gemäß § 5 Eu-lnfoG?

64.  In welchen Bereichen liegen aus österreichischer Sicht besondere Herausforderungen?