84/J XXVI. GP

Eingelangt am 20.12.2017
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Anfrage

der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend angekündigte Verlegung der Bundesanstalt für Bergbauernfragen nach Osttirol unter Missachtung der Einbeziehung der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Missachtung deren sozialen Lebensmittelpunkt sowie einer Kosten-Nutzen-Abschätzung

 

Die Bundesanstalt für Bergbauernfragen (BABF) wurde 1979 als Bergbauerninstitut des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft gegründet und ist seit 1982 im Bundesgesetz über die landwirtschaftlichen Bundesanstalten als „Bundesanstalt für Bergbauernfragen“ mit Sitz in Wien gesetzlich verankert (aktuell: Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten, § 19).

Die Bundesanstalt für Bergbauernfragen ist eine sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Forschungseinrichtung. Ziel der Arbeiten ist die wissenschaftliche Unterstützung der Agrar- und Regionalpolitik. Die Ergebnisse werden zur fachlichen Unterstützung des BMFLUW, des Parlaments, anderer Bundesministerien und vieler in- und ausländischer Gremien verwendet. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit den Universitäten in Wien und anderen Forschungseinrichtungen im In- und Ausland.

Derzeit sind an der Bundesanstalt für Bergbauernfragen 14 Beschäftigte tätig, davon zehn AkademikerInnen verschiedenster Fachgebiete. Die ForscherInnen beschäftigen sich in nationalen und internationalen Forschungsprojekten nicht nur mit Bergbauernfragen, sondern weit darüber hinaus mit Themen zu Frauen, Jugend, Immigration, Green Care, Gentechnik, Struktur- und Regionalentwicklung und Ländliche Entwicklung. Die Bundesanstalt für Bergbauernfragen ist international gut vernetzt und hat einen ausgezeichneten Ruf.

Im März 2017 ging die Meldung durch die Medien, dass die Bundesanstalt für Bergbauernfragen im Rahmen des Masterplans des ehemaligen Landwirtschaftsministers Rupprechter von Wien nach Rotholz in Tirol verlegt werden soll. Die Personalvertretung der Bundesanstalt wurde von diesen Überlegungen durch das BMLFUW nicht informiert. Die Belegschaft hat sich in der Folge einstimmig gegen eine Verlegung ausgesprochen. Die Gründe dafür wurden an das BMLFUW übermittelt - es gab jedoch keinerlei Reaktion seitens des Ministeriums gegenüber den betroffenen Mitarbeiterinnern und Mitarbeitern. Im Gegenteil, im Zug der Diskussion des Masterplans für den ländlichen Raum des Landwirtschaftsministers wurde die Verlagerung der Bundesanstalt für Bergbauernfragen auch in den Folgemonaten immer wieder genannt.

Am 13. September 2017 wurde gemeldet, dass BM Rupprechter am Rande einer Wahlwerbe-Veranstaltung in Tirol mit dem Osttiroler Spitzenkandidat und Bürgermeister von Gaimberg in Osttirol ausgemacht habe, die Bundesanstalt für Bergbauernfragen nach Gaimberg zu verlegen. Dies wurde von BM Rupprechter bei einer Veranstaltung am 13. September 2017 in St. Johann im Pongau auch vor versammelten BerglandwirtschaftsvertreterInnen bestätigt. Auch im ORF Report am 7. November 2017 sagte BM Rupprechter, dass er die Bundesanstalt für Bergbauernfragen nach Osttirol verlagern und dort neue Mitarbeiter ansiedeln möchte.

Der sogenannte „Masterplan für den Ländlichen Raum“ wurde Ihrerseits in das Wahlprogramm der ÖVP zur Nationalratswahl aufgenommen, nunmehr findet sich im Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ die Passage „Weitere Konkretisierung und konsequente Umsetzung des Masterplans „ländlicher Raum“ durch die Bundesregierung“.

Ein großer Teil der Belegschaft der Bundesanstalt für Bergbauernfragen wird in den nächsten zehn Jahren noch nicht in Pension gehen und eine Übersiedlung nach Osttirol für die meisten aus sozialen und finanziellen Gründen nicht zumutbar sein, da die Belegschaft ihren Lebensmittelpunkt, ihre Familien und ihr Perspektive in Wien bzw. in der Nähe von Wien hat. Die Sorgen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind verständlich und die keineswegs wertschätzende Vorgangsweise der Verantwortlichen stark zu kritisieren.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nachstehende

 

 

Anfrage:

 

1.    Ist Ihnen bekannt, dass sich die Bundesanstalt für Bergbauernfragen gemäß Bundesanstaltengesetz nicht nur mit Bergbauernfragen befasst, sondern ein viel größeres Themenfeld abdeckt?

2.    Wie stehen Sie zur bisher gewählten keineswegs wertschätzenden Umgangsweise Ihres Amtsvorgängers mit den hervorragend arbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundesanstalt für Bergbauernfragen?

3.    Stehen Sie, wie Ihr Amtsvorgänger, ebenfalls zu einer Verlegung der Bundesanstalt und damit zur Schwächung deren hoch anerkannten wissenschaftlichen Arbeit oder werden Sie davon Abstand nehmen?

4.    Eine Übersiedelung der Bundesanstalt für Bergbauernfragen nach Osttirol würde zu höheren Kosten führen, wie der Errichtung neuer Räumlichkeiten bzw. Adaptierung von Räumlichkeiten, Fahrtkostenzuschüssen und Übernachtungskosten für die MitarbeiterInnen, großem Aufwand für Reisekosten für die Teilnahme an Sitzungen in Wien und bei internationalen Projekten: Wie hoch sind die dafür veranschlagten Kosten und wie begründen Sie diese offensichtlich höheren Kosten mit dem Prinzip der Sparsamkeit von öffentlichen Budgetmitteln?

5.    Die Bundesanstalt für Bergbauernfragen ist eine sozioökonomische Forschungseinrichtung, deren Platz dort sein muss, wo die Wissenschaft, die zuständigen Universitäten, das Parlament und die zuständigen Ministerien ihren Standort haben, und dieser Platz ist in Wien. Erkennen Sie, dass Sie die Arbeit dieser international anerkannten Anstalt schwächen, d.h. weniger effektiv machen, wenn diese Arbeit disloziert von Wien erfolgen muss?

6.    Wie Sie wahrscheinlich wissen, ist die Beratung der Bergbauern und Bergbäuerinnen sehr wichtig und wird vor Ort von den Landwirtschaftskammern, den Agrarlandesämtern und auch der AMA durchgeführt – die Aufgabe der wissenschaftlichen Forschungseinrichtung Bundesanstalt für Bergbauernfragen ist jedoch anders definiert: Welche Argumente haben Sie für die Verlegung?

7.    Die Berglandwirtschaft hat in Österreich sehr große Bedeutung. Die Probleme und Chancen der Berglandwirtschaft müssen nicht nur im Ländlichen Raum, sondern auch im politischen Zentrum Wien Gehör finden - dafür braucht es nicht nur eine entsprechende Politik, sondern auch Politikberatung und die Wissenschaft. Eine Verlegung der Bundesanstalt wäre daher ein Rückschritt – wie stehen Sie dazu?

8.    Im auf der Homepage des BMLFUW abrufbaren Masterplan für den Ländlichen Raum wird bei der Verlagerung von Bundeseinrichtungen nur „in enger Abstimmung mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“ der möglichen Behörden geschrieben. Warum wurde ressortintern bisher mit der Personalvertretung der Bundesanstalt für Bergbauernfragen keinerlei Kontakt aufgenommen?

9.    Im ORF Report wurde von Ihrem Amtsvorgänger sinngemäß gesagt, dass niemand der derzeitigen MitarbeiterInnen nach Osttirol gehen muss. In welcher Form werden Sie adäquate Arbeitsplätze anbieten?

10.  Ist Ihnen bewusst, dass die ständigen Verlautbarungen in den Medien zu einer großen Verunsicherung und Demotivation der Beschäftigten führt? Wie verträgt sich das mit dem Führungsstil eines modernen Ministers bzw. einer modernen Ministerin im 21. Jahrhundert?

11.  Falls Sie tatsächlich zur nicht nachvollziehbaren Entscheidung Ihres Amtsvorgängers stehen, die BABF in ein anderes Bundesland zu verlegen: Für wann konkret planen Sie die Verlegung der Bundesanstalt für Bergbauernfragen?

12.  Falls die BABF verlegt werden soll: In welcher Form soll dies geschehen?

13.  Wie und ab wann werden Sie die Personalvertretung und die Mitarbeiterinnen in den Veränderungsprozess einbinden, sollten Sie eine Verlegung der Bundesanstalt für Bergbauernfragen beabsichtigen?

14.  Ist Ihnen bekannt, dass ein großer Teil der Belegschaft der Bundesanstalt für Bergbauernfragen in den nächsten zehn Jahren noch nicht in Pension gehen wird und eine Übersiedlung nach Osttirol für die meisten aus sozialen und finanziellen Gründen nicht zumutbar ist, da die Belegschaft ihren Lebensmittelpunkt, ihre Familien und ihr Perspektive in Wien bzw. in der Nähe von Wien hat: Welche Lösung werden Sie den MitarbeiterInnen anbieten?

15.  Welche Lösung werden Sie jenen MitarbeiterInnen anbieten, die innerhalb der nächsten zehn Jahre in Pension gehen, falls es zu einer Verlegung kommen sollte?

16.  Wie argumentieren Sie angesichts der vielfältigen Probleme des ländlichen Raums (Reduktion der Infrastruktur, der Arbeitsplätze, der Zukunftschancen) eine einfache Lösung der Probleme mit der Verlegung von 14 Arbeitsplätzen nach Osttirol?

17.  Wann beabsichtigen Sie, falls Sie an der Verlegung der BABF festhalten, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage für die Schaffung der gesetzlichen Grundlage für die Verlegung des Sitzes der Bundesanstalt für Bergbauernfragen, zuzuleiten?

18.  Beabsichtigen Sie, eine Verlegung der Bundesanstalt für Bergbauernfragen ohne die Änderung des Sitzes dieser Anstalt durchzuführen?

19.  Wie hoch sind die durch das Projekt der Übersiedelung der Bundesanstalt für Bergbauernfragen in ein anderes Bundesland angefallenen Kosten bisher?

20.  Wurde bereits ein Grundstück durch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft in Tirol angekauft und zu welchem Preis? In einem anderen Bundesland und zu welchem Preis?

21.  Falls es bereits eine Kosten-Nutzen-Analyse zu dieser offensichtlich beabsichtigten Verlegung der Bundesanstalt für Bergbauernfragen weg von Wien gibt. Wie sieht diese aus?