143/J XXVI. GP

Eingelangt am 23.01.2018
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Anfrage

 

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

betreffend Dauer von Leistungsbezügen aus der Arbeitslosenversicherung

Dass der österreichische Arbeitsmarkt zum ersten Mal seit Jahren leichte Entspannungstendenzen zeigt, kann nicht über die enormen budgetäre Auswirkungen der schlechten Entwicklung in den vergangenen Jahren hinwegtäuschen. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen hat sich beispielsweise seit Anfang 2013 bis Mai 2017 von 18,6 auf 34,9 Prozent fast verdoppelt. Im Dezember 2017 waren laut Arbeitsmarktservice  378.741 Personen arbeitslos gemeldet, 19.501 Personen gelten als langzeitbeschäftigungslos. Diese Tatsache zeigt sich auch in den Bezugszahlen für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung: Es gab 167.000 Notstandshilfebezieher_innen, 145.976 Personen bezogen Arbeitslosengeld. Damit bezogen 2016 mehr Leute Notstandshilfe als Arbeitslosengeld. Diese Entwicklung wurde auch im Budgetvoranschlag 2017 abgebildet: Der Auszahlungsanstieg für die Notstandshilfe hat sich nämlich stark erhöht: Im Vergleich zum BVA 2016 wurde mit Mehrkosten von 15,9 Porzent gerechnet, es wurden rund 1,8 Mrd. Euro für die Notstandshilfe veranschlagt.

Gerade im Hinblick auf Diskussionen über Reformen bzw. Weiterentwicklung im Bereich der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, muss auch die Wechselbeziehung von Mindestsicherung und Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, insbesondere die Notstandshilfe genauer betrachtet werden. Der Rechnungshof untersucht dies in seinem Bericht "Bedarfsorientierte Mindestsicherung" (Reihe Bund 2014/9) , zeigt Ähnlichkeiten dieser Leistungen auf und hält diesbezüglich fest: "Der RH verkannte nicht die systembedingt unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen und Ziele und die sich daraus ergebenden Leistungsunterschiede der Mindestsicherung und der Notstandshilfe. Dessen ungeachtet hielt er es für zweckmäßig, insbesondere im Falle längerer Bezugszeiträume eine Harmonisierung beider Systeme zu erwägen. Der RH empfahl daher ... auf eine Harmonisierung bzw. Überführung in ein einziges Versorgungssystem für jene Fälle, in denen längere Notstandshilfe– bzw. Mindestsicherungsbezugsdauern vorlagen, hinzuwirken."

Die Umsetzung dieser Forderung würde auch den Abbau einer wesentlichen Doppelstruktur führen. Denn wie der Bericht des Rechnungshofes auch deutlich aufzeigt, erhält ein großer Teil der Mindestsicherungsbezieher_innen die Mindestsicherung als eine Teilleistung und nicht als Vollleistung, d.h. die Mindestsicherung wird nur teilweise ausbezahlt, wenn ein anderer Sozialtransfer (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe) unter dem Niveau der Mindestsicherung liegt. Eine vom Rechnungshof geforderte Zusammenführung der Notstandshilfe mit der Mindestsicherung bei langer Bezugsdauer könnte diese Problematik aufheben.

Gleichzeitig darf auch die finanzielle Belastung der Arbeitslosenversicherung nicht außer Acht gelassen werden. Das Versicherungsprinzip wird überspannt, wenn die Arbeitslosenversicherung Leistungen der Notstandshilfe zeitlich unbegrenzt ausbezahlt. Das überfordert die Solidarität der versicherten Gemeinschaft, denn das Arbeitslosengeld und die ihr folgende Notstandshilfe stellen eine Geldleistung zur Kompensation des vorübergehenden Einkommensentfalls aufgrund eines Jobverlustes dar. Gerade deshalb ist eine Überführung von Notstandshilfebezieher_innen in die Mindestsicherung nach einem länger andauernden Bezug logisch und zweckmäßig.Im akutellen Regierungsprogramm fordert man unter anderem eine "Harmonisierung, Neuausrichtung und Weiterentwicklung von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Bedarfsorientierter Mindestsicherung", die genaue Ausgestaltung ist allerdings unklar, ob damit auch die Zusammenfürhung von Notstandshilfe mit der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gemeint ist, ist nicht eindeutig erkennbar.

Auch ein internationaler Vergleich zeigt, dass die österreichische Ausgestaltung der Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung nicht den internationalen Standards entspricht. Es entspricht internationalen Standards, mit einer langsamen Variation bzw. Reduktion der Nettoersatzrate Arbeitsanreize zu setzen und im Zeitverlauf zu erhöhen. In Österreich geschieht das nicht. So verändert sich die Nettoersatzrate im zeitlichen Verlauf kaum. Wie folgende Tabelle (Nettoersatzraten von Geldleistungen der Arbeitslosenversicherung im zeitlichen Verlauf ausgewählter Staaten) zeigt, ist das allerdings die Ausnahme und nicht die Regel.

 

 

1. Jahr

2. Jahr

3. Jahr

4. Jahr

5. Jahr

Österreich

61

58

58

58

58

Dänemark

68

68

68

68

9

Deutschland

64

48

42

36

36

Frankreich

67

64

31

31

31

Finnland

60

58

33

33

33

Schweden

66

63

41

8

8

Niederlande

71

59

3

3

3

Schweiz

80

40

0

0

0

Aufgrund dieser Zahlen der OECD wird ersichtlich, dass Österreich zwar am Beginn einer Phase der Arbeitslosigkeit vergleichsweise niedrige Ersatzraten hat, allerdings im zeitlichen Verlauf und damit im 5-Jahresdurchschnitt, was die Nettoersatzrate angeht, im OECD-Spitzenfeld liegt. Angezeigt sind also die Zusammenführung verschiedener Geldtransfers und die Neugestaltung der Ersatzraten, um angemessene Arbeitsanreize zu setzen, aber auch um arbeitsmarkt- und sozialpolitische Maßnahmen zielgerichteter zu gestalten.

Die unterfertigenden Abgeordneten stell daher folgende

Anfrage:

 

1.    Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.10.2017 Arbeitslosengeld aus der Arbeitslosenversicherung? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

a.    Wie viele dieser Personen waren zum Stichtag über 50 Jahre alt?

                                  i.    Wie viele aus der Gruppe der über 50-Jährigen waren über 55 Jahre alt?

2.    Wie lange war mit Stichtag 31.10.2017 die durchschnittliche Bezugsdauer von Bezieher_innen von Arbeitslosengeld? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

3.    Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.12.2017 Notstandshilfe aus der Arbeitslosenversicherung? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

a.    Wie viele dieser Personen waren zum Stichtag über 50 Jahre alt?

                                  i.    Wie viele aus der Gruppe der über 50-Jährigen waren über 55 Jahre alt?

4.    Wie lange war mit Stichtag 31.10.2017 die durchschnittliche Bezugsdauer von Bezieher_innen von Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

5.    Wie hoch war mit Stichtag 31.10.2017 die durchschnittliche Höhe des Arbeitslosengeldes? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

6.    Wie hoch war mit Stichtag 31.10.2017 die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

7.    Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.10.2017 bereits ein Jahr oder länger Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

a.    Wie viele dieser Personen waren zum Stichtag über 50 Jahre alt?

                                  i.    Wie viele aus der Gruppe der über 50-Jährigen waren über 55 Jahre alt?

8.    Wie hoch war für diese Personen die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

9.    Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.10.2017 bereits zwei Jahre oder länger Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

a.    Wie viele dieser Personen waren zum Stichtag über 50 Jahre alt?

                                  i.    Wie viele aus der Gruppe der über 50-Jährigen waren über 55 Jahre alt?

10. Wie hoch war für diese Personen die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

11. Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.10.2017 bereits drei Jahre oder länger Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

a.    Wie viele dieser Personen waren zum Stichtag über 50 Jahre alt?

                                  i.    Wie viele aus der Gruppe der über 50-Jährigen waren über 55 Jahre alt?

12. Wie hoch war für diese Personen die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

13. Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.10.2017 bereits fünf Jahre oder länger Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

a.    Wie viele dieser Personen waren zum Stichtag über 50 Jahre alt?

                                  i.    Wie viele aus der Gruppe der über 50-Jährigen waren über 55 Jahre alt?

14. Wie hoch war für diese Personen die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

15. Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.10.2017 bereits sieben Jahre oder länger Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

a.    Wie viele dieser Personen waren zum Stichtag über 50 Jahre alt?

                                  i.    Wie viele aus der Gruppe der über 50-Jährigen waren über 55 Jahre alt?

16. Wie hoch war für diese Personen die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

17. Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.10.2017 bereits zehn Jahre oder länger Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

a.    Wie viele dieser Personen waren zum Stichtag über 50 Jahre alt?

                                  i.    Wie viele aus der Gruppe der über 50-Jährigen waren über 55 Jahre alt?

18. Wie hoch war für diese Personen die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

19. Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.10.2017 bereits fünfzehn Jahre oder länger Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

a.    Wie viele dieser Personen waren zum Stichtag über 50 Jahre alt?

                                  i.    Wie viele aus der Gruppe der über 50-Jährigen waren über 55 Jahre alt?

20. Wie hoch war für diese Personen die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

21. Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.10.2017 bereits zwanzig Jahre oder länger Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

a.    Wie viele dieser Personen waren zum Stichtag über 50 Jahre alt?

                                  i.    Wie viele aus der Gruppe der über 50-Jährigen waren über 55 Jahre alt?

22. Wie hoch war für diese Personen die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)