152/J XXVI. GP

Eingelangt am 24.01.2018
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundeskanzler

betreffend Umgehung der Meldepflicht von Inseraten nach dem Parteiengesetz in Niederösterreich

 

Laut Berichten der Tageszeitung "Der Standard" und dem Magazin "Dossier" vom 19.01.2018 wurden im vergangenen Jahr in Niederösterreich zahlreiche Inserate, sowohl von Firmen auch von öffentlicher Hand in Parteimedien geschalten. Dies betrifft insbesondere die Zeitschriften der offiziellen ÖVP Teilorganisation des niederösterreichischen Arbeiter- und Angestelltenbundes (NÖAAB). Darin inserierten z.B. die Niederösterreichische Versicherungs AG im Wert von 90.000€, die Raiffeisenlandesbank mit 60.000€ und die Niederösterreichische Wohnbaugruppe mit 110.000€. Ebenfalls problematisch ist die Situation in Hinblick auf die Zeitschrift des Niederösterreichischen Gemeindebundes, die laut Recherchen des "Dossier" 43% ihres Bruttoinseratenvolumens vom Land Niederösterreich, sowie von Unternehmen im Besitz des Landes Niederösterreich stammen.

Sollte ein Parteimagazin durch Inserate finanziert werden, entspricht dies einer indirekten Parteienfinanzierung. Aus diesem Grund sind entsprechende Inserate, auch wenn sie Teilorganisationen oder nahestehende Organisationen betreffen, gem § 7 Parteiengesetz im jährlichen Rechenschaftsbericht an den Rechnungshof anzuführen. Dieser Verpflichtung wurde seitens der ÖVP nicht nachgekommen. Begründet wurde diese Nicht-Meldung mit der Tatsache, dass die entsprechenden Zeitschriften "Arbeiten für Niederösterreich" des NÖAAB, sowie die "NÖ Gemeinde" des Gemeindebundes nicht formell von der ÖVP Niederösterreich oder einer ihrer Teilorganisationen wie dem NÖAAB herausgegeben werden. In der Tat wurden andere Rechtspersonen, im konkreten der Verein "Presseverein-Zeitungsverlag"  sowie der "Österreichische Kommunalverlag GmbH" mit der Produktion, Vertrieb und dem Anzeigengeschäft der Zeitschrift betraut.

Äußerst problematisch ist hier die Situation des "Presseverein-Zeitungsverlags". Dieser gibt neben der NÖAAB Zeitschrift "Arbeiten für Niedösterreich" keine andere periodische Publikation heraus. Die einzigen anderen Produkte (Themenfolder, Wandzeitungen und eine Broschüre) werden ebenfalls für den NÖAAB erstellt. Obfrau und Geschäftsführerin dieses privaten Vereins sind hochrangige Funktionäre des NÖAAB und letztere zusätzlich Bundesrätin für die ÖVP. Auch der Finanzreferent übt als Nationalratsabgeordneter ein Mandat für die ÖVP aus. Zusätzlich waren auch der frühere NÖAAB-Landesobmann Michael Spindelegger und sein Nachfolger Wolfgang Sobotka im Verein aktiv. Das Parteiengesetz definiert in § 2 Z 3 "nahestehender Organisation" als eine von der politischen Partei (einschließlich ihrer Gliederungen) getrennte Organisation mit eigener Rechtspersönlichkeit, die diese politische Partei unterstützt. Es steht außer Zweifel, dass dieser Verein, dessen einzige Aufgabe die Produktion von Printprodukten für eine offizielle ÖVP Teilorganisation ist, und dessen gesamter Vorstand aus ÖVP Funktionären besteht, dieser Definition entspricht.

Aber auch bei weniger offensichtlichen Fällen wie der Zeitschrift des NÖ Gemeindebundes bzw. der Österreichischen Kommunalverlag GmbH stellt sich die Frage, ob solche Umgehungskonstruktionen mit dem Ziel und Zweck des Parteiengesetzes und seiner Meldepflicht für Inserate zu vereinbaren ist.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Ist es die Rechtsauffassung des BKA, dass ein privater Verein der mit der Herausgabe von Zeitschriften ein Teilorganisation einer Partei betraut ist, und dessen Vorstand sich ausschließlich aus Personen zusammensetzt, die gleichzeitig Funktionen innerhalb jener Partei oder ihren Teilorganisationen ausüben, als "nahestehende Organisation" im Sinne des § 2 Z 3 Parteiengesetz qualifiziert werden kann?

2.    Wenn es die Auffassung des BKA ist, dass ein solcher Verein als "nahestehende Organisation" im Sinne des § 2 Z 3 Parteiengesetz qualifiziert werden kann: Welche Schlüsse zieht das BKA aus dieser Rechtsauffassung für die geschilderte Situation des "Pressevereins-Zeitungsverlags" in Niederösterreich? Würde im entsprechenden Fall eine Meldepflicht nach § 7 des Parteiengesetzes vorliegen?

3.    Wenn es die Auffassung des BKA ist, dass eine entsprechende Meldepflicht nach § 7 im Fall des "Pressevereins-Zeitungsverlags" vorliegt: Welche Maßnahmen wird das BKA treffen um sicherzustellen, dass der betroffene Rechtsträger seiner Meldepflicht nachkommen wird?

4.    Ist die Rechtsauffassung des BKA, dass die Benützung einer externen Rechtsperson, die keine nahestehende Organisation im Sinne des § 2 Z 3 Parteiengesetz ist, wie im Falle der "Österreichische Kommunalverlag GmbH", eine legale Umgehungsmöglichkeit der im § 7 Parteiengesetz festgelegten Meldepflichten darstellt?

a.    Wenn es die Auffassung des BKA ist, dass eine legale Umgehungsmöglichkeit vorliegt: Inwiefern ist so eine Umgehungsmöglichkeit mit den Zielen und dem Zweck des Parteiengesetzes vereinbar?

b.    Wenn es die Auffassung des BKA ist, dass eine legale Umgehungsmöglichkeit vorliegt: Gibt es Bestrebungen eine entsprechende Anpassung der Gesetzeslage zu erwirken?

5.    Ist seitens der Bundesregierung geplant, eine entsprechende Prüfung der Einhaltung der entsprechenden Vorschriften in den vorliegenden Fällen durch den Rechnungshof anzuregen?