172/J XXVI. GP

Eingelangt am 29.01.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen,

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz,

betreffend das Bundesministeriengesetz, zuletzt geändert durch das Bundes­gesetz BGBl. I Nr. 164/2017, Anlage zu § 2, Teil 2, „K. Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz“

Das nunmehrige Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz umfasst auch die Agenden des bisherigen Bundesministeriums für Justiz.

Die wenigen in der Verfassung genannten Bundesministerien sind namentlich vorge­geben und mit bestimmten Aufgaben betraut (vgl. Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11 [2015], Manz, S. 334; Korinek/Holoubek [Hrsg], Österrei­chisches Bundesverfassungsrecht, Loseblattausgabe, RZ 14 zu Art 69 B-VG; Rill/Schäffer, Bundesverfassungsrecht [Hrsg Kneihs/Lienbacher], Loseblattausgabe, RZ 40 zu Art 69 B-VG; Binder/Trauner, Lehrbuch Öffentliches Recht - Grundlagen4 [2016], Linde Verlag, S. 179). Diese im B-VG festgelegten Bundesministerien können durch einfaches Gesetz nicht in ihrer Bezeichnung geändert werden, ohne mit dem Wortlaut des B-VG zu kollidieren. Das B-VG verweist ansonsten öfters auf den „zu­ständigen Bundesminister“ (vgl. Mayer mit vielen Beispielen, w.o. zitiert), oder be­schreibt den angesprochenen Bundesminister, wie in Art. 55 Abs. 5, sogar nach ei­ner bestimmten Funktion. Daraus ist zu schließen, dass die im B-VG festgelegten Bundesministerien durch die Verfassung vorgesehen und namentlich konstituiert sind.

In dem durch die Novelle BGBl. I Nr. 101/2014 in das B-VG eingefügten Art. 138b wurde in Abs. 1 Z 6 leg.cit. die Zuständigkeit des „Bundesministers für Justiz“ festge­legt, falls es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsaus­schuss des Nationalrates und Interessen der Strafverfolgungsbehörden kommen sollte. In einem solchen Falle kommt auf Seiten der Exekutive das Recht, einen An­trag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen, ausdrücklich dem „Bundesminister für Justiz“ zu. Nämlich dann, wenn Meinungsverschiedenheiten über das Erfordernis und die Auslegung einer Vereinbarung über die Rücksichtnahme auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden zwischen dem genannten Bundesminister und einem Un­tersuchungsausschuss bestehen.

Sollte eine solche Meinungsverschiedenheit auftreten und würde der „Bundesminis­ter für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz“ einen entsprechenden An­trag einbringen, so hätte der Verfassungsgerichtshof diesen wohl mangels Antrags­legitimation zurückzuweisen, da der berechtigte Antragsteller im B-VG klar und un­missverständlich bezeichnet ist.

Das Bundesministeriengesetz in der zuletzt geänderten Version (BGBI. I Nr. 164/2017) widerspricht dem B-VG, ist dazu unübersichtlich und unklar in zahl­reichen Verweisen. Da die Verfassungswidrigkeit die Bezeichnung ebendieses Bundesministers betrifft, der außerdem für die Verfassung zuständig ist, rich­ten die unterzeichnenden Abgeordneten an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz folgende

Anfrage:

1)    Ist dem Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz bei Vorlage des Gesetzesentwurfes zum BMG im Dezember 2017 mit dem nunmehrigen Wortlaut „Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulie­rung und Justiz“ die widersprechende Verfassungsstelle Art. 138b Abs. 1 Z 6 B-VG bekannt gewesen?

2)    Wenn nein, weshalb nicht?

3)    Welche Prüfungshandlungen werden in Zusammenhang mit einem Geset­zesentwurf in Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Aspekte getätigt?

4)    Wenn solche Überprüfungen stattfanden, wurde Art. 138b B-VG übersehen oder ignoriert?

5)    Welche Interpretation der im B-VG ausdrücklich festgelegten Bundesministe­rien bzw. Bundesminister pflegt der Bundesminister für Verfassung, Refor­men, Deregulierung und Justiz in der Vollziehung anzuwenden?

6)    Wird der Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz in verfassungskonformer Vollziehung der Gesetze eine Änderung des Na­mens seines Bundesministeriums in „Bundesministerium für Justiz“ durchfüh­ren?

7)    Wenn ja, welche Kosten ergeben sich daraus in Hinblick auf bereits unter dem neuen Namen angeschaffte Drucksorten, Dienstausweise, Stempel etc. und in Hinblick auf bereits erfolgte neue Beschilderungen, aufgeteilt in Kosten für mit der Bezeichnung „Bundesminister (oder Bundesministerium) für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz“ angeschaffte Produkte, und für die neu anzuschaffenden mit der Benennung „Bundesminister für Justiz“.

8)    Steht die monierte mangelhafte Ausfertigung des letzten Entwurfes zur Ände­rung des BMG durch die Bundesregierung im Dezember 2017 in Zusammen­hang mit der übereilten Vorbereitung des Gesetzesentwurfes in der Vollzie­hung und der Tatsache, dass der umfangreiche Gesetzesentwurf dem Verfas­sungsausschuss des Nationalrates erst wenige Stunden vor der Beratung darüber vorgelegt wurde?

9)    Das BMG enthält in der gegenwärtigen Fassung die Artikel II bis einschließlich VII in jeweils doppelter Ausführung; welche Zitierweise wird als gesetzeskon­form empfohlen und in der Vollziehung angewendet?

10) Beide Art. VII des BMG enthalten den Verweis: „ ... , gelten Zuständigkeits­vorschriften in besonderen Bundesgesetzen als sinngemäß geändert.“ Kön­nen mittels eines solchen Verweises nach Meinung des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz die Gesetze nach den Grundsätzen des Art. 18 Abs. 1 B-VG, im Sinne der Rechtsprechung des VfGH, vollzogen werden?

11) Ist eine Konsolidierung und Wiederverlautbarung des Bundesministerienge- setzes geplant?