173/J XXVI. GP
Eingelangt
am 29.01.2018
Dieser Text ist
elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend “Vorgänge rund um den angeblichen Einbruch im Büro des Vizekanzlers
sowie des Fundes von technischen Einrichtungen im Büro des Vizekanzlers, die
angeblich eine Abhörmöglichkeit technisch erlauben“
Am 25. Jänner 2018 wurde die Öffentlichkeit über die im Betreff genannten Sachverhalte insbesondere durch zwei Aussendungen, die nachstehend abgedruckt sind, informiert:
OTS0144 CI 25.01.2018 12:42:19
Einbruch in Büro von Vizekanzler Strache
Utl.: LVT Wien ermittelt, Anzeige bei Staatsanwaltschaft Wien erstattet.
Kriminalität/Einbruch/Vizekanzler/LVT
Am 24. Jänner 2018 wurde im Büro von Vizekanzler Heinz-Christian Strache von
Mitarbeitern eine fremde Person wahrgenommen. Die Person konnte vorerst flüchten. Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) nahm die Ermittlungen
auf. Es wurde Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien erstattet. Vizekanzler Heinz-Christian Strache war zu dieser Zeit nicht im Büro anwesend.
„Das LVT Wien wurde umgehend mit der Tatortarbeit befasst. Aktuell laufen die
Ermittlungen, welches Motiv dahinter stecken könnte, ist unklar. Wir erwarten uns nähere Erkenntnisse durch die weiteren Einvernahmen“, sagte Dr. Michaela Kardeis,
Generaldirektorin für die Öffentliche Sicherheit im Innenministerium. „Insbesondere gilt es abzuklären, ob Dokumente, Unterlagen, etc. entwendet wurden.“
Gegen 19 Uhr nahmen Mitarbeiter des Vizekanzlers Geräusche im Büro von Vizekanzler
Strache wahr. Als sie Nachschau hielten, hörten sie jemanden über die Nottreppe flüchten.
Das Palais Dietrichstein verfügt über ein elektronisches Sicherheitssystem. Aufgrund von Transportarbeiten im Palais Dietrichstein standen die Türen längere Zeit offen, sodass ein unbemerktes Betreten des Gebäudes durchaus möglich war. Die Ermittlungen werden seitens
des LVT Wien geführt.
APA0359 II 25.01.2018 13:34:37
Einbruch und Wanzenfund in Büro von Vizekanzler Strache
Utl.: Einbruch am Mittwochabend - Wanzen waren zur Abhörung geeignet
Bundesheer/Politische Bewegungen/Sicherheitsmaßnahmen/FPÖ/Österreich
Im Büro von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) ist am Mittwochabend ein Einbruch verübt worden. Eine verdächtige Person wurde von Mitarbeitern bemerkt, konnte aber
unerkannt fliehen, wie das Innenministerium bekannt gab. Auch wurden im Büro des
Vizekanzlers Abhörwanzen gefunden, bestätigte man im Büro von Verteidigungsminister
Mario Kunasek (FPÖ) entsprechende Medienberichte.
Der Einbruch ist laut Innenministeriums-Aussendung am Mittwoch gegen 19.00 Uhr erfolgt. Mitarbeiter nahmen demnach Geräusche in Straches Büro wahr. Als sie Nachschau hielten,
hörten sie jemanden über die Nottreppe flüchten, hieß es seitens des Innenressorts. Strache
selbst war zu dieser Zeit nicht im Büro anwesend.
Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) hat Ermittlungen aufgenommen. Es wurde Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien erstattet. Welches Motiv
hinter dem Einbruch stecken könnte, sei unklar, man erwarte sich nähere Erkenntnisse durch
die weiteren Einvernahmen, sagte die Generaldirektorin für die Öffentliche Sicherheit im Innenministerium, Michaela Kardeis. Insbesondere gelte es abzuklären, ob Dokumente,
Unterlagen oder dergleichen entwendet wurden.
Laut Innenministerium verfügte das Palais Dietrichstein, wo sich Straches Vizekanzler-Büro befindet, über ein elektronisches Sicherheitssystem. Die Türen seien aber aufgrund von Transportarbeiten längere Zeit offengestanden, so dass ein unbemerktes Betreten des
Gebäudes durchaus möglich gewesen sein könnte.
Der Einbruch könnte auch insofern von Brisanz sein, da im Büro Straches
Abhörwanzen gefunden wurden. Entsprechende Berichte mehrerer Tageszeitungen wurden im Kabinett von Verteidigungsminister Kunasek auf Nachfrage der APA bestätigt. Beamte des Heeresabwehramtes hätten "technisches Material gefunden, das geeignet ist, den Herrn
Vizekanzler abzuhören", so ein Sprecher.
Wann die Wanzen gefunden wurden - ob vor oder nach dem Einbruch - gab das Verteidigungsressort nicht bekannt. Ebenso schwieg sich der Sprecher über den genauen
Fundort aus - laut Medienberichten soll das technische Equipment hinter einer Spiegelwand gefunden worden sein. Das Heeresabwehramt - eigentlich zuständig zum Schutz des
Bundesheeres - war im Zuge der Amtshilfe tätig geworden, hieß es aus Kunseks Kabinett.
Diese Meldungen führten zu einer Reihe von Spekulationen in den Online-Ausgaben österreichischer Medien, insbesondere wurde der Zeitpunkt des Auffindens der sogenannten Abhöranlagen massiv diskutiert, da dieser Zeitpunkt angeblicher Weise bereits im Vorjahr
lag.
Die gesamte Informationspolitik der Bundesregierung, insbesondere der betroffenen Bundesministerien, ging in die Richtung, dass die Öffentlichkeit sich kein klares Bild über die Vorgänge machen konnte. Weder genauere Angaben über die konkrete Beschaffenheit dieser Abhörgeräte, noch der genaue Ort der Installation bzw. wann diese Installation erfolgte, wurden von den zuständigen Bundesministern gemacht.
Auch der genaue Zeitpunkt, in dem Vorgänge, die bereits im Vorjahr lagen, nunmehr der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurden, gibt Anlass zu Spekulationen.
Das Polizeiliche Staatsschutzgesetz, welches am 1. Juli 2016 in Kraft getreten ist und daher
State oft the Art des polizeilichen Staatsschutzes ist, definiert die Analyse und Beurteilung
von staatsschutzrelevanten Bedrohungslagen, also insbesondere den Schutz der verfassungsmäßigen Organe und Einrichtungen, als Kernaufgabe des polizeilichen
Staatsschutzes, also des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung
sowie seiner Landesämter.
Diese Einrichtungen sind im Bundesministerium für Inneres eingegliedert.
Das Auffinden dieser technischen Abhöreinrichtungen erfolgte allerdings angeblich durch
eine Einrichtung des Bundesministeriums für Landesverteidigung, nämlich dem sogenannten Abwehramt des BMLV.
Auch unklar ist, wer diese Kontrolle auf allfällige technische Abhöranlagen initiierte, da der Bundesminister für Landesverteidigung in diesem Fall laut APA von Amtshilfe gesprochen
hat.
Es wirft kein gutes Licht auf die Tätigkeiten der Einrichtungen des polizeilichen
Staatsschutzes, wenn es möglich ist, Oberste Organe abzuhören bzw. einfach deren Räume zu betreten bzw. in diese einzubrechen.
Um all die genannten Widersprüche, Gerüchte und Unklarheiten endgültig auszuräumen und
der Öffentlichkeit Zugang zur Information über die tatsächlichen Abläufe zu gewähren,
stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres daher folgende
Anfrage
Zum Themenbereich technische Abhöreinrichtungen:
1. Welches Mitglied der Bundesregierung bzw. welche Mitarbeiter welches Ressorts haben
den Auftrag gegeben, das Büro des Herrn Vizekanzlers auf technische
Abhöreinrichtungen zu untersuchen?
2. An welchem Tag erfolgte der Auftrag und an welchem Tag wurde er durchgeführt?
3. Welche Organisationseinheiten haben in wessen Auftrag die Durchsuchung erfüllt und
wie lautete der Auftrag genau?
4. Gibt es darüber hinaus weitere Aufträge, weitere Büroräumlichkeiten Oberster Organe
auf technische Abhöreinrichtungen zu untersuchen?
Wenn ja, welche?
5. An welchem Tag wurden welche Ergebnisse zu den jeweiligen Aufträgen bekannt?
6. Welche Ergebnisse brachten diese Untersuchungen konkret, sowohl dargestellt nach Untersuchung beim Vizekanzler wie nach anderen Büroeinrichtungen Oberster Organe,
so welche stattgefunden haben?
7. Welche Art von technischer Vorkehrung wurde vorgefunden, mit der sich
Abhörmaßnahmen verwirklichen lassen (Herstellungsdatum, Hersteller, Produktname
sowie Funktionsfähigkeit)?
8. Was konnte mit dieser Anlage genau unternommen werden, wo war insbesondere die Gegenstelle, wo allfällige Aufnahmen bzw. Abhörungen erfolgten?
9. Wo befand sich der genaue Fundort der technischen Abhörgeräte?
10. Gibt es Hinweise darauf, an welchem Tag die Installation dieser Abhöranlagen erfolgten? Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, haben sie sofort alle betroffenen Persönlichkeiten, die in diesem Zimmer ihren Amtssitz hatten, vollständig informiert und an welchem Tag erfolgte diese Information gegenüber wem?
11. Haben Sie die Obersten Organe der Gesetzgebung über diese Vorgänge informiert und
haben Sie auch in diesem Bereich Erhebungen zur Auffindung allfälliger Abhöreinrichtungen veranlasst?
Wenn ja, an welchem Tag mit welchem Inhalt?
Wenn nein, warum nicht?
Zum Themenbereich Einbruch im Büro des Vizekanzlers:
12. Wann wurde welche Stelle im BMI von wem über einen Verdacht auf einen Einbruch informiert (Datum und Uhrzeit)?
13. Welche Veranlassungen wurden daraufhin von wem getroffen?
14. Wurde der Tatort gesichert und auf Spuren untersucht?
15. Welche Spuren wurden gefunden (wie etwa Einbruchsspuren, DNA oder
Fingerabdrücke)?
16. Sind diese Spuren einer Person oder mehreren Personen zuzuordnen?
Wenn ja, um wie viele Personen handelt es sich?
17. Wurden mit diesen Spuren Datenbanken abgeglichen?
Wenn ja, welche und mit welchen Ergebnissen?
Wenn nein, warum nicht?
18. Wie erfolgte die Begehung des Zimmers und wie erfolgte die dargestellte Flucht über die Feuertreppe?
19. Gibt es Hinweise darauf, das Gegenstände fehlen?
Wenn ja, welche?
20. Gibt es Videoüberwachungen des Bereiches des Herrn Vizekanzlers (innerhalb des
Hauses oder außerhalb des Hauses), wurden diese ausgewertet und welche Ergebnisse brachten diese Auswertungen?
21. Gibt es hausinterne elektronische Zugangsberechtigungen?
22. Wurden diese ausgewertet und wenn ja was haben diese Auswertungen ergeben?
23. Wird das Objekt, in welchem der Herr Vizekanzler seine Räumlichkeiten hat, gesichert? Wenn ja, von wem und wie?
24. Welche Schlüsse ziehen Sie aus diesem angeblichen Einbruch und betreffen diese
Schlüsse auch die parlamentarischen Einrichtungen?
Allgemein:
25. Wie beurteilen Sie als zuständiger Minister die Aktivitäten des polizeilichen
Staatsschutzes im Bereich des Schutzes der Oberstgen Organe des Bundes, wenn es
scheinbar möglich ist, sowohl in das Büro des Herrn Vizekanzlers einzubrechen oder im
Büro von Obersten Organen technische Abhöreinrichtungen anzubringen?
26. Was werden Sie als zuständiger Bundesminister konkret unternehmen, werden Sie insbesondere auch die parlamentarischen Einrichtungen von diesen Ergebnissen informieren?
27. Gibt es in Österreich analog zur deutschen Regelung zwingende
Sicherheitsüberprüfungen für alle Kabinettsmitarbeiter, da diese ja zum großen Teil mit Angelobung der neuen Bundesregierung ausgetauscht wurden?
Wenn nein, warum nicht?
28. Verfugt das Innenministerium über keine geeigneten technischen Einrichtungen zur Auffindung von technischen Abhöreinrichtungen?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, warum haben Sie um Amtshilfe beim BMLV ersucht und erfolgte diese Beauftragung weil Sie Skepsis gegenüber Ihrem eigenen polizeilichen Staatsschutz haben?