245/J XXVI. GP

Eingelangt am 01.02.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Ruth Becher und GenossInnen

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend ÖVP-Spendenproblematik im Immobilienbereich

Am 15. Oktober 2017 fanden die Wahlen zum Österreichischen Nationalrat statt. Im Vorfeld wurden Spenden der Immobilienbranche an die Österreichische Volkspartei bekannt. In dem darauffolgenden Zeitraum ergeben sich im Rahmen der Regierungsverhandlungen und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI) bemerkenswerte Übereinstimmungen zwischen den Wunschvorstellungen der Immobilienbranche und dem Regierungsprogramm.

Der überwiegende Teil der beabsichtigten Maßnahmen der Regierung verteuert nicht nur das Wohnen - sie generieren „aus der Luft“ eine Millionenaufwertung bestehender, im Wesentlichen ausfinanzierter Wohnungen.

Diese einseitige Bereicherung bricht mit gekannten Methoden der Wohnpolitik, da sie dem Ziel, Wohnungsknappheit zu bekämpfen, entgegensteht. Nicht nur die Einseitigkeit, sondern auch die Dichte der das Wohnen verteuernden Maßnahmen ist in der Geschichte der österreichischen Regierungsprogramme bislang unbekannt.

Die angesprochenen Problemfelder werden wie folgt belegt:

I. Spendenaulkommen

Zahlreiche Exponenten aus der Immobiliengroßbesitzer-Szene sind vor der Wahl durch teils erhebliche Zuwendungen an die Kurz-ÖVP in Erscheinung getreten.

a)

BM 454 GRA GmbH 20.000

Geschäftsführer der Grazer Immobilienfirma sind Paul Merdzo und der Immobilienentwickler Frank Albert. Die Firma gehört der Supernova Baumärkte Holding GmbH, über die Frank Albert mehr als 30 Shoppingcenter („Supernova“) und Fachmarktzentren in Österreich, Slowenien und Kroatien besitzt. Dazu gehören noch fast 40 Baumarkt-Standorte. Außerdem hat Albert im Sommer 2015 58 Filialen von bauMax samt Muttergesellschaft übernommen. 40 Filialen vermietet Supernova an die Baumarktkette OBI, die restlichen wurden verkauft.

 

b)

Chalupa Michael - Immobilienverwaltung GmbH
6.000

Besteht seit 1960, vermittelt und verwaltet Immobilien.

c)

ep media Werbeagentur GmbH

5.000€

auf Immobilienunternehmen spezialisierte Kommunikationsagentur, die etwa Eigentumswohnungen über Facebook anbietet. Eigentümer sind die Immobilienunternehmer Reinhard und Iris Einwaller, die auch jährlich den Immobilienball veranstalten.

d)

GMIM Immobilienmanagement

30.000€

Immobilienfirma von Ariel und Georg Muzicant, der gemeinsam mit seiner Frau auch privat gespendet hat

e)

Goriany Nikolaus

10.000€

Goriany ist Gründer und Eigentümer der Alpha Immobilien Gruppe.

f)

Gröbl Werner
11.111€

Gröbls 111 Gruppe entwickelt unterschiedliche Immobilienprojekte,

g)

Hild Harald

10.000€

Hild werden zahlreiche Privatstiftungen und Immobilienfirmen zugeordnet. Sein Name taucht in Zusammenhang mit einer Immobilienspekulation in Tirol auf, wo eine seiner Firmen über Umwege den Grund des Landeskulturfonds günstig erwarb, der innerhalb eines Tages das 100-Fache an Wert zulegte. Sein Name tauchte auch rund um umstrittene Immobiliendeals der Hypo Alpe Adria am Balkan auf

h)

Jerabek Hans

5.000€
Jerabek ist im Immobiliengeschäft. Er ist Geschäftsführer der BEK Holding GmbH, welche neben Geschäften als Holding insbesondere in der Hausverwaltung tätig ist.

i)

Kurschel Martin

10.000€
Martin Kurschel ist Hauptgesellschafter und Geschäftsführer der IMMOVATE. Spezialisiert hat sich Kurschel auf den Kauf denkmalgeschützter Objekte, um diese „revitalisieren" zu können. Dabei wurde er kräftig vom aws Mittelstandsfonds unterstützt, um neue Geschäftsfelder zu erschließen.

j)

MRP Investmentmanagement

10.000€
Georg Muzicant ist Geschäftsführer und 70%-Eigentümer über Familienstiftung GMIM Immobilienmanagement

k)

Dorit Muzicant 20.000 € am 4.8. + 5.000 € am 27.7. = 25.000 €

l)

Georg Muzicant 20.000 € am 4.8. + 10.000 € am 20.7. = 30.000 €

 

Die Familie Muzicant hat sich mehrfach am Kurz-Wahlkampf beteiligt.

Gestückelte Spenden - zusammen wäre das Ehepaar Muzicant über der 50.000 €-Grenze, die dem Rechnungshof bei einer Einzelperson gemeldet werden müsste.

Georg Muzicant ist einer der wichtigsten Spender von Kurz. Er fordert keine Erbschaftssteuer für Vermögende und Familieneigentümer, aber eine für Mieter: Es soll eine Strafsteuer für Kinder geben, die die Mietverträge von Eltern oder Großeltern übernehmen, damit Wohnungen nicht zu denselben Mietbedingungen weitergegeben werden können. Für Wohnungen und Mietshäuser im Eigentum, die vererbt werden, soll das freilich nicht gelten. Die Regulierung der Mieten ist für ihn am Mietmarkt „das Hauptproblem‟.

m)

Neudeck Detlev

4.000€

Ex-Nationalratsabgeordneter der FPÖ, 2006 trat er aus der FPÖ aus. Seine Immobiliengeschäfte waren nicht immer ganz unverdächtig, so taucht er immer wieder beim Hypo-Alpe-Adria-Skandal auf. Außerdem wird er von der Staatsanwaltschaft Wien als Beschuldigter in der Telekom-Affäre geführt.

n)

Neuhuber Alexander

5.000€

Neuhuber war stv. Klubobmann der ÖVP Wien und GF des exklusiven Immobilienberatungsunternehmens MAGAN Holding GmbH. Zu den Kunden des Unternehmens gehören namhafteste österreichische und ausländische Investoren, Banken und Industrieunternehmen. 2005 bis 2007 erwirbt Neuhuber gemeinsam mit der Stumpf-Gruppe (Georg Stumpf) 66 Liegenschaften in Berlin, Potsdam und Leipzig (wodurch ein Portfolio von 1.500 Bestandseinheiten entstand).

o)

Supernova Baumärkte Holding GmbH

20.000€

Eigentümer ist Frank Albert, der außerdem noch über seine Firma BM 454 GRA GmbH

20.000€ gespendet hat. Supernova umfasst ein Immobilienreich aus mehr als 30

Shoppingcentern und Fachmarktzentren in Österreich, Slowenien und Kroatien. Kaufte 58 der insolventen bauMax Filialen, 40 Filialen vermietet Supernova an OBI.

II.) Lobbbyismus und jenseits des Lobbyismus

Als Interessenvertretung des Österreichischen Immobilienkapitals tritt regelmäßig „Der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft" (ÖVI) in Erscheinung.

Von besonderem Interesse ist ein Vorfall vom 29.11.2017, 9:30 Uhr. Dieser Zeitpunkt fällt in die Zeit der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ. Just zu diesem Zeitpunkt fand die ÖVI-Pressekonferenz „Nach der Wahl ist vor der Regierung -
Stimmungsbild zum Thema Wohnen und Forderungen an eine neue Wohnpolitik“ statt.

Die dargebrachten Forderungen dienen im Wesentlichen der Profitmaximierung der Immobilienbranche.

III.) Von fremder Hand geführte Feder?

Bekanntlich kam es zu einer Einigung zwischen ÖVP und FPÖ zur Bildung einer neuen
Regierung.

Betrachtet man den wohnpolitischen Bereich des Regierungsprogramms, so fallen zwei ungewöhnliche Aspekte auf:

Das Programm enthält ökonomisch begünstigende Regelungen für die Vermieterseite ohne dass dem Aussichten auf Verbesserungen für die Mieterseite gegenüberstehen.

Von den 13 Forderungen des in Punkt II genannten Programms des ÖVI finden sich 10 Punkte - teils wortident - im Regierungsprogramm umgesetzt.

ÖVI-Forderung 1 betrifft die Treffsicherheit im sozialen Wohnbau bzw. die mögliche Einführung höherer Mieten für Besserverdienerlnnen. Die ÖVI-Forderung ist textlich länger, im Kern aber ident. Ein Unterschied besteht darin, dass die Regierungspläne nicht nur in kommunalen, sondern auch in gemeinnützigen Beständen Überprüfungen der BewohnerInnen vorsehen.

ÖVI-Forderung

„Treffsicherheit im sozialen Wohnbau erhöhen

Länder und Gemeinden sind aufgerufen, ihre kommunalen Wohnungsvergabe- und

Wohnbauförderungssysteme einer Evaluierung zu unterziehen und entsprechende Maßnahmen zu setzen. Im Sinne der sozialen Gerechtigkeit bedarf es einer regelmäßigen Überprüfung der Förderwürdigkeit (wie z.B. in der Schweiz üblich und gesellschaftlich auch anerkannt). Ist diese nicht mehr gegeben, soll - um die soziale Durchmischung aufrechtzuerhalten - eine Anhebung des Mietzinses auch im sozialen Wohnbau möglich sein."

Regierungsprogramm

„Soziale Treffsicherheit und fairen Interessensausgleich sicherstellen
- Mehr Gerechtigkeit im sozialen Wohnbau sicherstellen: regelmäßige Mietzinsanpassungen für Besserverdiener im kommunalen und gemeinnützigen Wohnbau“

ÖVI-Forderung 2 betrifft die Einführung eines neuen Systems zur Mietzinsbildung, das
Vermietern mehr Spielraum bei der Mietzinsfestsetzung gibt. Die Forderung des ÖVI ist auch in diesem Fall länger formuliert als im Regierungsprogramm. Letzteres zieht explizit Neubau und Gesamtsanierungen von Gebäuden als ein Kriterium für die Festsetzung einer marktkonformen Miete heran. Der ÖVI macht das nicht explizit und deutet eher Erhöhungen bei Sanierung an. Der ÖVI spricht außerdem von „marktaffinen Mieten‟, das Regierungsprogramm von „marktkonformen Mieten“. Eine Erklärung, was genau damit gemeint ist, bleiben beide übrigens schuldig.

ÖVI-Forderung

„Einführung eines marktaffinen Mietzinsbildungssystems

60 Prozent aller Mietwohnungen sind ohnehin im gemeinnützigen und kommunalen Sektor und werden mit hohen öffentlichen Mitteln quersubventioniert. Für den privaten Bereich muss ein marktaffines Mietzinsbildungssystem möglich sein, das leicht anwendbar und nachvollziehbar ist. Wenn sich die Mietzinsbildung nicht am Markt orientieren kann, bleiben nicht nur Investitionen in die Qualität und Ausstattung aus, auch das Wohnungsangebot wird dadurch ausgedünnt. Insbesondere in Wien führt der politisch niedrig gehaltene Richtwert zu erheblichen Folgeproblemen und unerwünschten Lenkungseffekten. Weitere Mietzinsbeschränkungen bringen keinen zusätzlichen Wohnraum, im Gegenteil. Eine Evaluierung der bestehenden Mietzinsbeschränkungen sollte auf Äquivalenz Leistung/ Gegenleistung achten, denn die Ansprüche ans Wohnen sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Die 1994 definierte „Normwohnung“ bildet den heutigen Standard in keinster Weise mehr ab: Einerseits nimmt die Größe der Wohnungen bei abnehmender Haushaltsgröße zu; andererseits muss die laufende Wohnstandard-Verbesserung bei der Beurteilung der Entwicklung von Wohnkosten berücksichtigt und als Folge gestiegener Qualitätsansprüche verstanden werden, die sich auch in höheren Kosten zeigen muss.“


Regierungsprogramm

„Mietzinsbildung: Marktkonforme Miete bei Neubauten und Gesamtsanierungen des Gebäudes auf zeitgemäßen Standard“

ÖVI-Forderung 3 ist eine explizitere Formulierung der letzten Forderung, nämlich der Möglichkeit, Wohnungen bei Sanierung zu Marktpreisen zu vermieten, also Wohnungen aus der Regulierung „hinaussanieren“ zu können. Interessant auch hier ein geringfügiger Formulierungsunterschied. Der ÖVI spricht von der Anhebung der Mieten auf „angemessenen Mietzins“, das Regierungsprogramm auf „marktkonforme Mieten“. Die ÖVI-Forderung ist auch hier etwas detaillierter. Interessant auch ein unklarer, möglicher Widerspruch zwischen ÖVI und Regierungsprogramm: Ersteres deutet an, dass auch bestehende Mieten erhöht werden können sollen. Das Regierungsprogramm schreibt, dass „grundsätzlich nicht in bestehende Verträge eingegriffen werden“ soll.

ÖVI-Forderung

„Faires Mietzinsbildungssystem bei umfassenden Sanierungen

Die Investitionen in umfassende Sanierungen sollten in der Mietzinsbildung durch Anwendung des angemessenen Mietzinses berücksichtigt werden. Altmieten (Kategoriemieten aus der Zeit vor 1994. Richtwertmieten ab 1994) in solchen Gebäuden sollten an den angemessenen Mietzins in einem Modell ähnlich dem Eintritt in Geschäftsraummieten (15-tel-Anhebung) angehoben werden können.(Hervorhebung im Original)

Regierungsprogramm

„Mietzinsbildung: Marktkonforme Miete bei Neubauten und Gesamtsanierungen des Gebäudes auf zeitgemäßen Standard.“

ÖVI-Forderung 4 bezieht sich auf die Neuregelung im Bereich der Weitergabe von
Mietveträgen. Die Formulierungen sind leicht anders, die Inhalte im Wesentlichen ident. Auch die unter Anführungsstrichen gesetzte Bezeichnung des „Mietadels“ wurde übernommen. Das Regierungsprogramm spezifiziert entsprechende Paragraphen im MRG und sieht Eintritt nur unter genauer spezifizierten Bedingungen vor (im selben Haushalt wohnhaft, Wohnbedürfnis). Die ÖVI-Forderung ist spezifischer, indem sie bei Eintritt in den Mietvertrag marktkonforme Mieten fordert.

ÖVI-Forderung

„Neuregelung der Eintrittsrechte - Abschaffung des „Mietadels“

Die Eintrittsrechte von privilegierten Personen (Eheleute, minderjährige Kinder) sollten auch weiterhin unangetastet bleiben. Nicht priviligierte Personen sollen weiterhin ein Eintrittsrecht oder Vormietrecht haben, aber zu marktkonformen Bedingungen. Die Ausübung des Eintrittsrechts ist unverzüglich anzuzeigen.“

Regierungsprogramm

„Abschaffung des „Mietadels“ durch zeitgemäße Ausgestaltung der Eintrittsrechte (§§12 und 14 MRG): Ehegatten, eingetragene Partner oder Kinder bis zum Erreichen des 25.
Lebensjahres, sofern sie im selben Haushalt gelebt haben und ein dringendes Wohnbedürfnis haben, treten unverändert in den Mietvertrag ein.“

ÖVI-Forderung 5 bezieht sich auf die Neugestaltung der Befristungsregelungen. Dem ÖVI ist der Befristungsabschlag von 25% ein Dorn im Auge. Das Regierungsprogramm übernimmt im Wesentlichen die Forderung, lässt aber die Formulierung der Abschaffung des Befristungsabschlages weg und bleibt weniger konkret als der ÖVI. Außerdem wird im Regierungsprogramm auch explizit die Möglichkeit für Vermieter eingeführt, kürzere Mietverträge als jetzt (weniger als drei Jahre) abzuschließen.

ÖVI-Forderung

„Abschaffung des Befristungsabschlages

Anstelle einer Pönalisierung sollten Anreize für längerfristige Vermietung geschaffen werden. Mit einem degressiven Abschlagsystem sollte die Dauer der Befristung berücksichtigt werden, denn es ist nicht nachvollziehbar, warum bei einer Befristung auf zehn Jahre der gleiche Abschlagsatz herangezogen wird wie für eine Befristung auf drei Jahre."

Regierungsprogramm

„Längerfristige Mietverhältnisse fördern, kurzfristige Mieten erlauben: Schaffung eines Anreizsystems zur Attraktivierung längerfristiger Mietverhältnisse, gleichzeitig Dispositionsfreiheit in definierten Einzelfällen für kurzfristige Mietverhältnisse“

ÖVI-Forderung 6 bezieht sich auf die Abschaffung des Lagezuschlag-Verbots in Wiener Gründerzeitvierteln. Die Formulierung im Regierungsprogramm ist knapper. Der Inhalt in der Forderung ident.

 

ÖVI-Forderung

„Aufhebung des Lagezuschlag-Verbots in den Wiener Gründerzeitvierteln Der Wegfall des Lagezuschlags in Gründerzeitvierteln bezieht sich auf die Qualität des Gebäudebestands in der Zeit von 1870 bis 1917 und berücksichtigt den heutigen Zustand und die Ausstattung der Gebäude in keinster Weise. Eine zeitgemäße Adaptierung des Lagebegriffs im RichtwertG ist erforderlich: Für Gründerzeitviertel sollen nicht historische Ausstattungsmerkmale, sondern der aktuelle Zustand maßgeblich sein.”

Regierungsprogramm

„Aufhebung des Verbots des Lagezuschlags in Gründerzeitvierteln zur Herstellung fairer Verhältnisse“

ÖVI-Forderung 7 bezieht sich auf die Nutzung von Wohnraum für touristische Zwecke, etwa durch Kurzzeitvermietung. ÖVI und Regierungsprogramm sind sich einig, dass es eine Maßnahme braucht. Der ÖVI schlägt ein Untermietverbot vor. das Regierungsprogramm eine Gewerbeberechtigung.

ÖVI-Forderung

„Missbrauch von Untervermietung abstellen

Hauptmietwohnungen werden immer öfter der Wohnversorgung der Bevölkerung entzogen durch Untervermietung zur touristischen Nutzung. Ein striktes Untermietverbot mit der Möglichkeit, im Einzelvertrag die Untervermietung einzuräumen, könnte hier Abhilfe schaffen.“

Regierungsprogramm

„Tageweise Wohnungsvermietung: Erfordernis einer einschlägigen Gewerbeberechtigung für gewerbsmäßige tageweise Vermietung von Wohnungen"

ÖVI-Forderung 8 betrifft steuerliche Anreize zur Ankurbelung von Investitionen in den Wohnungsbau. In diesem Punkt besteht eine Übereinstimmung mit dem Regierungsprogramm im übergeordneten Ziel, mittels Investitionen in Bezug auf steuerliche Anreize Maßnahmen zu setzen, nicht zuletzt durch die Abschreibemöglichkeiten. Der ÖVI ist hier deutlich konkreter, spricht von der Einführung einer degressiven Sonder-AfA. Das Regierungsprogramm plant die Prüfung der Möglichkeit der Setzung steuerlicher Anreize, unter anderem mit Anpassungen im Bereich der AfA.

ÖVI-Forderung

„Um mehr Investitionen in den Mietwohnbau anzustoßen, schlägt der ÖVI vor, hier besondere steuerliche Anreize zu schaffen. Mit der Einführung einer degressiven AfA, die an die Vermietung der geschaffenen Wohnräume als Hauptwohnsitz geknüpft ist, könnten hier wesentliche Impulse gesetzt werden. Jeweils 10% AfA in den ersten drei Jahren und eine „Behaltefrist“ von 10 Jahren könnten die Investitionen deutlich ankurbeln.“

Regierungsprogramm

„Prüfung der Möglichkeit der Setzung steuerlicher Anreize: (...)- Die steuerlichen Abschreibungsdauern für nichtbegünstigte Herstellungsaufwendungen sollen generell verkürzt werden. Hierbei soll zwischen Sanierungs- und Neubaumaßnahmen unterschieden werden. - Anpassung der Abschreibung (AfA) an die oben geforderten verkürzten Abschreibungszeiträume.“

ÖVI-Forderung 9 betrifft die Verkürzung des Vorsteuerberichtigungszeitraumes und die Attraktivierung der Vermietung. Diese Forderung ist bis auf einen Grammatikfehler im Original wörtlich ident übernommen.

ÖVI-Forderung

„Attraktivierung von Vermietungen durch Verkürzung des Vorsteuerberichtigungszeitraumes von 20 auf 10 Jahren (sic!).“ (Hervorhebung im Original)

Regierungsprogramm

„Mietkauf-Modelle forcieren: Verkürzung des Vorsteuerberichtigungszeitraumes von 20 auf 10 Jahre”

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher in diesem Zusammenhang nachstehende

 

Anfrage

 

1.       Welche rechtlichen Möglichkeiten sehen Sie als Justizminister, die auf erheblichem Spendenaufkommen einerseits und beabsichtigten Gesetzesmaßnahmen, die auf die Aufwertung von Bestandsimmobilien und leistungsfreie Erhöhung von Mieteinnahmen hinauslaufen, andererseits fußende Symbiose zwischen ÖVP und der Immobilienbranche einer rechtlichen Prüfung durch die Staatsanwaltschaft zu unterziehen, und werden Sie von diesen Möglichkeiten Gebrauch machen?

2.       Inwiefern anerkennen Sie die dahingehende Besonderheit der Immobilienbranche, dass die Lockerung von Maßnahmen im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes, wie sie in bislang ungekannter Dichte im aktuellen Regierungsprogramm enthalten ist, ohne jegliche bauliche oder sonstige investitionsmäßige Engagements gravierende Werterhöhungen zeitigen kann, und treten Sie folgerichtig der Forderung nach einem Verbot von Spenden seitens der Immobilienbranche bei?

3.       Inwieweit sehen Sie auch als ehemaliger Präsident des Rechnungshofes den Anschein, den das Spendenaufkommen der Immobilienbranche in Richtung ÖVP im Zusammenspiel mit den einseitig vermieterbereichernden Gesetzesvorhaben im Regierungsprogramm abgibt, im Lichte moderner Compliance-Maßstäbe als problematisch oder verfänglich an?

4.       Was spricht aus Ihrer Sicht gegebenenfalls konkret dagegen, im Licht des Umstands, dass die im Regierungsprogramm enthaltenen wohnpolitischen Maßnahmen im Ergebnis sowohl Mieten als auch die Eigentumsbildung verteuern werden und somit nicht nur im Widerspruch zu den Wahlversprechen der Regierungsparteien, sondern auch zu den gängigen Zielsetzungen der Wohnpolitik der 2. Republik stehen, diesen Gesetzesvorhaben eine Folgenabschätzung voranzustellen, um den Schaden für MieterInnen und Eigentumssuchende bzw. die damit einhergehende leistungsfreie Profitsteigerung der Immobilienbranche beziffern und einer konkreten vorausgehenden Beurteilung unterziehen zu können?

5.       Wollen Sie Gespräche führen, um den Verdacht des Gesetzeskaufes, der sich aus dem Fehlen politisch-teleologischer Aspekte der genannten einseitig bereichernden Maßnahmen zugunsten der Immobilienbranche und der naheliegenden Gegenleistung in Form von erhöhtem Spendenaufkommen ergibt, durch geeignete Maßnahmen zu entkräften?

6.       Pflichten Sie der (im ORF in der ZIB2 vom 15.1.2018 getätigten) Aussage des ehemaligen Rechnungshof-Präsidenten Franz Fiedler zu: „Wenn (allerdings) eine Spende an eine Partei gegeben wird, nur um sich gewissermaßen eine gute Stimmung bei einem Politiker zu verschaffen, ist dies als Vorteilsannahme bzw. Vorteilszuwendung zur Beeinflussung auch strafbar. Also es muss eine Spende an eine Partei ohne jeden Hintergedanken gegeben werden."?

7.       Falls ja, kommen Sie zu dem Schluss, dass das erhebliche Aufkommen von Parteispenden an die ÖVP von Seiten der Immobilienwirtschaft und die ertragsfördernden Gesetzesvorhaben der ÖVP keinesfalls auf eine spendeninduzierte „gute Stimmung“ zurückzuführen sind?

8.       Falls nein, welche Maßnahmen zur strafrechtlichen Überprüfung sehen Sie als geboten an?

9.       Falls ja, wie würden Sie im Lichte wirtschaftsüblicher Compliancemaßstäbe den äußeren Anschein dieser Wechselwirkung bewerten?