254/J XXVI. GP

Eingelangt am 07.02.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Krainer

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend: weniger Steuerprüfer, weniger Steuergerechtigkeit - schwarzblaue Schonzeit für Steuersünder?

Sehr geehrter Herr Bundesminister für Finanzen!

Die Tageszeitung Der Standard vom 31.1.2018[1] berichtet von einer internen Anweisung des Finanzministeriums an die Vorstände der Finanz- und Zollverwaltung, dass Personalaufnahmen für 2019 nicht durchgeführt werden sollen. In Folge der vorgesehenen 3:1 Nachbesetzung und den internen Prognosen für Pensionsabgänge in der Finanzverwaltung in den kommenden Jahren würde der Personalstand jährlich um hunderte Stellen sinken.

Die SPÖ hat sich immer dafür eingesetzt, dass zur Sicherung der Steuereinhebung eine ausreichende Anzahl von PrüferInnen in der Finanzverwaltung tätig sind bzw. diese erhöht wird, weshalb die damalige Bundesregierung im Jahr 2015 mit dem Bundesfinanzrahmengesetz für 2016-2019 für das Finanzministerium 500 zusätzliche Planstellen, davon 50 Mobilitätsmanagement, vorgesehen hat.[2] Zuletzt hat der Rechnungshof in seinem Followup-Bericht zum Risikomanagement in der Finanzverwaltung[3] festgestellt, dass der Personaleinsatzplan des BMF für die Jahre 2016 bis 2018 eine Aufnahme von 450 zusätzlichen Bediensteten in der Steuer- und Zollverwaltung vorsieht, das bedeutet zusätzlich zu allen vollständig nachbesetzten Pensionierungen. Aus Sicht des RH erzielen die Finanzbediensteten in diesen Arbeitsbereichen weitaus höhere Mehrergebnisse als sie Personalkosten verursachen, und zwar im Bereich der Betriebsprüfung und Großbetriebsprüfung zwischen etwa dem 10fachen und 30fachen[4]. Der Rechnungshof hatte zuvor eine umfassende Personalbedarfserhebung empfohlen, die das BMF aber nicht umsetzte.[5]

In der Anfragebeantwortung Ressourcen für Betriebsprüfungen (9610/AB) vom 05.10.2016 beauskunftete das Finanzministerium, dass von den 500 zusätzlich genehmigten VBÄ 30 in der Großbetriebsprüfung, 3 in der Steuerfahndung und 160 im Bereich der Betriebsprüfung bei den Finanzämtern eingesetzt werden sollten.[6]

Daten zum aktuellen Zeitpunkt liegen keine vor.

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehende

Anfrage:

1)      Im oben zitierten Zeitungsbericht vom 31.01.2018 wird angegeben, dass Sie, sehr geehrter Herr Finanzminister, das dem Bericht zu Grunde liegende interne Schreiben nicht kommentieren möchten.

a.         Warum möchten Sie dieses Schreiben nicht gegenüber den Medien kommentieren?

b.         Kommentieren Sie bitte das Schreiben im Rahmen dieser Anfragebeantwortung.

c.          Legen Sie das im Zeitungsbericht zitierte Schreiben (interne Anweisung an die Vorstände der Finanz- und Zollverwaltung) bitte der Anfragebeantwortung als Anlage bei.

2)      Wurde die zitierte Anweisung von Ihnen als Minister erteilt, wenn ja, in welchem inhaltlichen Zusammenhang und warum bzw. an wen?

3)      Wurde die zitierte Anweisung durch den in ihrem Haus eingesetzten Generalsekretär erteilt?

a.         geschah dies in Ihrem Auftrag oder auf Ihre Anweisung?

b.         Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgt die Weisung des Generalsekretärs und an wen?

c.          Welchen Text hatte die Weisung (ministeriumsinterne Anweisung) des Generalsekretärs im BMF?

4)      Welche inhaltliche (budgetäre) Grundlage hat die im Zeitungsbericht zitierte Anweisung?

a.          Aus welchem Grund muss Personalaufwand eingespart werden?

b.         Wieviel Personalkosten werden durch die ministeriumsinterne Anweisung eingespart (bitte jährliche Summendarstellung für 2018-2022)?

c.          Aus welchem Grund, z.B. Pensionierungen, werden in den kommenden Jahren Nachbesetzungen im Ressortbereich notwendig (bitte um jährliche Aufgliederung nach Grund und getrennt für Zentralleitung und Finanz- und Zollämter für die Jahre 2018-2022)?

d.         Wie viele VBÄ können durch die ministeriumsinterne Anweisung und die beabsichtigte Nachbesetzung von 3:1 in den kommenden Jahren nicht besetzt werden (bitte um jährliche Aufgliederung der Nachbesetzungen und nicht erfolgten Nachbesetzungen für die Jahre 2018-2022)?

5)      Wie hoch sind die Stände an VBÄ in der Finanzpolizei, bei den Prüferlnnen-Kapazitäten in der Betriebsprüfung, bei den Prüferlnnen-Kapazitäten in der Großbetriebsprüfung, den Zollämtern und dem Bundesfinanzgericht zum 1.1.2017 und 1.1.2018?

6)      Wie hätte die Entwicklung der Stände an VBÄ in der Finanzpolizei, bei den PrüferInnen­Kapazitäten in der Betriebsprüfung, bei den Prüferlnnen-Kapazitäten in der Großbetriebsprüfung, den Zollämtern und dem Bundesfinanzgericht zum 1.1.2019, 1.1.2021 und 1.1.2022 ausgesehen, wäre die Anweisung nicht erteilt worden (Fortschreibung der Personalpolitik auf Basis bestehendem BFRG 2017-2020 bzw. BFG 2017 unter Berücksichtigung der 500 zusätzlichen VBÄ Planstellen wie vom RH berichtet)?

7)      Wie wurden die zusätzlich genehmigten 500 Vollbeschäftigtenäquivalente (VBÄ) in den Jahren 2016, 2017 und werden sie 2018 verteilt auf

a.         Zusätzliche Bereiche im BMF wie z.B. Finanzprokuratur, BFG, BFA, Zentralleitung

b.        Großbetriebsprüfung

c.         Steuerfahndung

d.        Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel

e.        Steuer- und Zollkoordination

f.          Finanzämter (davon auch in der Betriebsprüfung)

g.         Zollämter

(bitte jährliche Darstellung analog Anfragebeantwortung 9610/AB)?

8)      Wenn die Zahl an zusätzlich genehmigten 500 Vollbeschäftigtenäquivalenten (VBÄ) nicht erreicht wurde, warum wurden nicht so viele zusätzliche MitarbeiterInnen eingestellt? Werden sie in den kommenden Jahren eingestellt?

9)      Wie werden sich die Stände an VBÄ in der Finanzpolizei, bei den PrüferInnen­Kapazitäten in der Betriebsprüfung, bei den Prüferlnnen-Kapazitäten in der Großbetriebsprüfung, den Zollämtern und dem Bundesfinanzgericht zum 1.1.2019, 1.1.2021 und 1.1.2022 nun auf Grundlage der jüngsten ministeriuminternen Anweisung entwickeln?

10)   Wieviel Prüfungsmehrergebnis wird in Folge der durch die ministeriumsinterne Anweisung reduzierten Anzahl an PrüferInnen bzw. der nicht zusätzlich vorhanden PrüferInnen bei abgabenrechtliche Prüfungen (z.B. Steuerprüfung, Großbetriebsprüfung) dem Staat entgehen (bitte jährliche SummendarsteIlung für 2018-2022)?

11)   Gibt es einen theoretischen Managementansatz aus der Privatwirtschaft, der empfiehlt auf zusätzliche Steuereinnahmen durch verstärkte Prüfungstätigkeit der Finanzverwaltung zu verzichten, solange die eingenommenen Mehrergebnisse aus der abgabenbehördlichen Prüfung die Personalkosten der daran beteiligten PrüferInnen um ein Vielfaches übersteigen?

12)   Aus welchem Grund haben Sie im Ecofin vom 23.01.2018 der Reduktion der Liste nichtkooperativer Steuerjurisdiktionen, darunter Panama, zugestimmt, wo doch im Regierungsprogramm auf Seite 131 der Kampf gegen Steuerbetrug auf nationaler und internationaler Ebene vereinbart wurde?

a.         Gab es zu der Zustimmung im Ecofin eine inhaltliche Abstimmung mit anderen Regierungsmitgliedern, insbesondere dem Bundeskanzler?

b.         Wenn nein, warum nicht?

c.          Wenn ja, mit welchem Regierungsmitglied und was war der abgestimmte Inhalt?

13)   Gibt es aus Ihrer Sicht einen Zusammenhang zwischen der Halbierung der Liste der nichtkooperativer Steuerjurisdiktionen (Steuersümpfe) im Ecofin vom 23.01.2018 und der im Standard berichteten ministeriuminternen Anweisung, keine neuen Mitarbeiter in der Finanzverwaltung mehr aufzunehmen?

14)   Im ÖVP/FPÖ-Regierungsprogramm der aktuellen Gesetzgebungsperiode heißt es auf Seite 7:

„Alle vorgesehenen Maßnahmen werden nur umgesetzt, wenn sichergestellt ist, dass etwaige Mehrkosten oder Mindereinnahmen durch strukturelle Gegenfinanzierungsmaßnahmen gedeckt sind".

Durch welche strukturellen Gegenfinanzierungsmaßnahmen wollen Sie die zu erwartenden Mindereinnahmen kompensieren?



[1]  https://derstandard.at/2000073302989/Finanzministerium-bremst-bei-Aufnahme-neuer-Steuerpruefer vom 30.1.2018

[2]  Strategiebericht 2016-2019, Seite 103,

https://www.bmf.gv.at/budget/das-budget/Strategiebericht_2016-2019.pdf.

[3] www.rechnungshof.gv.at/fileadmin/downloads/jahre/2017/berichte/teilberichte/bund/Bund_2017_27/Bund_2017_27_1.pdf

Seite 26

[4] Bericht Rechnungshof Bund 2014/4, Tabelle 21, S. 298,

http://www.rechnungshof.gv.at/fileadmin/downloads/jahre/2014/berichte/teilberichte/bund/Bund_2014_14/Bund_2014_14_5.pdf

[5]  Seite 27

[6]   https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_09610/index.shtml