259/J XXVI. GP

Eingelangt am 08.02.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend „Abschleicher“ aus der Schweiz und Liechtenstein

BEGRÜNDUNG

Im Juli 2015 wurde das Kapitalzufluss-Meldegesetz beschlossen. Es sieht vor, dass österreichische Banken die von "Abschleichern" transferierten Vermögen von der Schweiz bzw. von Liechtenstein mit Stichtag 31. Dezember 2016 an die österreichischen Finanzbehörden melden müssen (§ 7 Kapitalabfluss-Meldegesetz). Diese Meldung erfolgt nur dann nicht, wenn "Abschleicher" eine anonyme einmalige Abschlagszahlung in Höhe von 38% des meldepflichtigen Vermögens leisten (§ 8 Kapitalabfluss-Meldegesetz). In diesem Fall behält das Kreditinstitut die Einmalzahlung des Steuerpflichtigen bis spätestens 30. September 2016 ein und führt diese innerhalb eines Monats an das Finanzamt ab. Der Steuerpflichtige erhält dafür eine Bescheinigung vom Kreditinstitut.

Vor diesem Hintergrund wurde am 12. Jänner 2017 eine Anfrage (11412/J)[1] zu Verfahren und Ergebnissen aufgrund des Kapitalabfluss-Meldegesetzes gestellt. Erhebliche Teile der damals gestellten Fragen stellen sich nun erneut bzw. noch immer, um eine vollständige Einschätzung über die Entwicklung geben zu können. Außerdem blieben in der Beantwortung (10913/AB) vom 10. März 2017 einige gestellte Fragen gänzlich unbeantwortet, da offenbar

a)    zum Beantwortungszeitpunkt noch keine Verfahren eingeleitet waren,

b)    die Behörde noch mit der Datenanalyse beschäftigt war.

Aus der Anfragebeantwortung geht hervor, dass vor dem Stichtag (1.1.2013 bzw. 1.2014) 19.189 Kapitalzufluss-Meldungen (davon 15.345 aus der Schweiz und 3.844 aus Liechtenstein) eingelangt sind (Stand Anfang März 2017). Der gemeldete Kapitalzufluss betrug 3,3 Mrd. Euro, davon 2,6 Mrd. Euro aus der Schweiz und rund 700 Mio. Euro aus Liechtenstein, insgesamt also nur ein Drittel des medial kolportierten Volumens. Aus Abschlagszahlungen flossen knapp 30 Mio. Euro in die Kassen des Fiskus. Geht man davon aus, dass etwa die Hälfte der geflossenen Mittel Schwarzgelder sind, und unterstellt man einen durchschnittlichen Steuersatz aus Einkommen- und Kapitalertragsteuer von 35%, dann müssten knapp 600 Mio. Euro in die Kassen des Staates fließen.

 

Aus der parlamentarischen Anfrage 14112/J vom 29.9.2017 (XXV. GP) geht Folgendes hervor: „Wie mit den Vorgängen vertraute Personen berichten liest sich diese Liste wie das "who ist who" der "oberen 10.000" Österreichs. Unter anderem soll sich z.B. Stefan Pierer auf dieser Liste befinden. Laut diesen Informanten wurden am 18.12.2013, also nicht einmal zwei Wochen vor dem Stichtag zwei Überweisungen aus Liechtenstein (einmal in der Höhe von 10.000.000,- Euro und einmal in der Höhe von 10.774.824,- Euro) in der Gesamthöhe von 20.774.824,- Euro auf sein Privatkonto in Österreich überwiesen. Wäre das Geld nur zwei Wochen später überwiesen worden, wären zwischen 6.232.447,20 und 7.894.433,12 Euro an Abschlagssteuer fällig gewesen. Seit Juni 2017 ermittelt nun angeblich die Großbetriebsprüfung gegen Stefan Pierer in dieser Frage.“

 

Aufgrund dieses hohen Volumens möglicher Steuerhinterziehung, der damals ausgebliebenen Beantwortung vieler Fragen sowie der uns vorliegenden Information, dass die zuständigen Abgabenbehörden (§ 12 Kapitalabfluss-Meldegesetz) auch Ende September 2017 noch immer keine entsprechenden Datenzuspielungen seitens des Bundesministeriums für Finanzen (§ 11 Kapitalabfluss-Meldegesetz) vorliegen hatten, ergeben sich weitere Fragen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.    Kam es im Jahr 2017 und damit nach der in § 7 Kapitalabfluss-Meldegesetz definierten Frist zu Nachmeldungen nach § 5 Kapitalabfluss-Meldegesetz?

2.    Wenn ja, um wie viele Meldungen und welche Volumina aus der Schweiz bzw. aus Liechtenstein handelt es sich und wie wurde mit diesen Meldungen verfahren? (Bitte die Meldungen und Volumina getrennt nach Herkunftsland ausweisen.)

3.    Ist es richtig, dass die gemäß § 5 Kapitalabfluss-Meldegesetz gemeldeten Daten bis Ende September 2017 nicht an die zuständigen Finanzämter zur Bearbeitung übermittelt waren?

4.    Wenn ja, worauf ist die Verschleppung der Prüfungen zurückzuführen?

5.    Wurden mittlerweile die gemeldeten Daten an die Abgabenbehörden übermittelt? Wann genau war das? (Bitte Tag, Monat und Jahr angeben.)

6.    Wenn nein, worauf ist die Verschleppung der Datenübermittlung zurückzuführen?

7.    Wurden alle gemeldeten Daten an die Finanzämter weiter gegeben?

8.    Wenn nein, wie viele der insgesamt gemäß § 5 Kapitalabfluss-Meldegesetz eingegangenen Meldungen wurden nicht an die Finanzämter weiter geleitet? (Bitte getrennt nach Herkunftsländern ausweisen.)

9.    Aus welchen Gründen wurden diese nicht an die Finanzämter zur Prüfung weiter geleitet?


 

10.   Wurden die in der Begründung genannten Meldungen aus Liechtenstein von Stefan Pierer an die Finanzämter zur Prüfung weiter geleitet?

 

11.   Wenn nein, warum nicht?

 

12. Wie viele Bedienstete sind mit der Aufarbeitung der Kapitalzufluss-Meldungen im Bundesministerium für Finanzen bzw. in den Finanzämtern betraut? (Bitte um jeweils getrennte Angaben.)

13. Wie viele Verfahren wurden durch die Meldungen nach § 5 Kapitalabfluss­Meldegesetz bisher eingeleitet?

14. Wegen welcher vermuteten Delikte wurden diese eingeleitet?

15. Aufgrund welcher Kriterien wurden diese eingeleitet?

16. Ist es im Zuge dieser Verfahren zu Abfragen des Kontenregisters gekommen?

17. Wenn ja, in wie vielen Fällen?

18.  lst es im Zuge dieser Verfahren zu Konteneinschauen gekommen?

19. Wenn ja, in wie vielen Fällen?

20.  Planen Sie weitere Verfahren einzuleiten?

21.  Wenn ja, wie erfolgt die Auswahl, ob ein Verfahren eingeleitet wird oder nicht?

22.  Gibt es bereits abgeschlossene Verfahren?

23. Wenn ja, wie viele?

24.  Wenn ja, führten diese zu Mehreinnahmen? (Bitte getrennt nach Herkunftsland ausweisen.)

25.  Wenn ja, wie hoch sind die Mehreinnahmen? (Bitte getrennt nach Herkunftsland ausweisen.)

26.  Wie viele Abfragen des neu eingeführten Kontenregisters wurden von Finanzbehörden seit deren Einführung insgesamt vorgenommen? (Bitte um monatliche Auswertung bis zum Tag der Anfragebeantwortung unter Angabe der abfragenden Behörde)

27.  Bedeuten die in der Anfragebeantwortung vom 10.3.2017 angeführten Zahlen, dass sich eine Abfrage auf jeweils einen Steuerpflichtigen bezieht, auch wenn er mehrere Konten hat?

28.  Wie viele Konteneinschauen wurden von Finanzbehörden seit deren Einführung insgesamt vorgenommen? (Bitte um monatliche Auswertung bis zum Tag der Anfragebeantwortung unter Angabe der abfragenden Behörde.)

29.  Führten Konteneinschauen im Zuge von Prüfverfahren zu Mehreinnahmen?

30. Wenn ja, wie hoch sind diese?

31. Wurden andere Staaten aufgrund der EU-Amtshilferichtlinie über im Ausland steuerpflichtige "Abschleicher" informiert?

32. Wenn ja, welche Staaten wurden wegen wie vieler Fälle darüber informiert?

33. Wenn ja, wie hoch sind die Beträge pro Staat?

34. Wie hoch waren die Einzahlungen aufgrund von § 8 Kapitalabfluss­Meldegesetz im Jahr 2017? (Bitte um monatliche Aufstellung sowie getrennte Darstellung für Meldungen aus der Schweizer Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein.)

35. Wie viele Selbstanzeigen nach § 10 Kapitalabfluss-Meldegesetz wurden erstattet? In wie vielen Fällen trat eine strafbefreiende Wirkung ein?

 



[1] Samt Beantwortung zu finden unter https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J 11412/index.shtml.