265/J XXVI. GP

Eingelangt am 12.02.2018
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Anfrage

 

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Ausnahmen im Einkommensteuergesetz

 

Rechnungshof fordert transparentes, einfaches und verständliches EStG 1988

Bezüglich der Einkommensteuer forderte der Rechnungshof erst kürzlich den Finanzminister auf, die Einhaltung der Rechtsvorschriften zu erleichtern, die Steuermoral zu erhöhen und zu einer Verwaltungsvereinfachung beizutragen. Genauer: Das BMF soll dazu beitragen, dass das Einkommensteuerrecht transparent, einfach und verständlich gestaltet wird.

Deshalb hat der RH auch dem BMF empfohlen, eine jährliche Erhebung der Wirkungen jeder einzelnen Begünstigung im Einkommensteuerrecht durchzuführen und dem Nationalrat darüber zu berichten. Des Weiteren soll ein Gesamtkonzept für die Untersuchung von Wirkung und Treffsicherheit von Steuerbegünstigungen erarbeitet und ebenfalls dem Nationalrat darüber berichtet werden. In Sachen Digitalisierung sieht der RH einiges an Spielraum zur Verbesserung, so empfiehlt der RH beispielsweise, dass das BMF für die Einkommensteuer eine IT–unterstützte Verlustdatenbank einsetzen sollte, mit der eine automatische Berechnung des Verlusts möglich ist.

Anstatt das Steuerrecht endlich zu vereinfachen und auszumisten, werden seit Jahren neue Ausnahmeregeln eingeführt. Mittlerweile hat sich das Steuerrecht zu einer echten Geheimwissenschaft entwickelt, die kaum noch jemand durchblickt. In den vergangenen 15 Jahren gab es unglaubliche 422 Gesetzesänderungen in Sachen Steuern und Abgaben. Österreich hat somit im Schnitt alle zwei Wochen etwas am Steuergesetz geändert. Mittlerweile braucht es sogar ein fast 600 Seiten umfassendes Dokument das erklärt, wie das Einkommensteuergesetz auszulegen ist.

Manche dieser Ausnahmen mögen gut gemeint sein, manche vielleicht sogar sinnvoll und treffsicher. Es sollte aber abgewogen werden, ob Ausnahmen, die einzeln wenig Einfluss auf Steuermoral, Einhaltung der Rechtsvorschriften oder Verwaltungsaufwand haben, in Summe nicht als störend für die Attraktivität unseres Einkommensteuersystems erachtet werden können. Denn für jede Ausnahme die man streicht, kann - neben einer Vereinfachung - auch eine Senkung der Steuerbelastung erzielt werden. In manchen Fällen sogar in einem Ausmaß welches über der entsprechenden Ausnahme liegt, da bei der Verwaltung weniger Kosten anfallen. Entscheidend ist jedenfalls, wie viel der Steuerentgang durch die entsprechende Ausnahme ausmacht bzw. ob durch entsprechende dynamische Effekte das Steueraufkommen durch die Ausnahme sogar gesteigert werden kann (wenn z.B. ein niedrigerer Steuersatz erst zu einer Bereitschaft führt, den Lebensmittelpunkt nach Österreich zu verlegen und es dadurch erst zu einer Besteuerung kommt).

Am Beispiel von Spitzensportlern:

Wenn die Sportart es erlaubt und attraktive Steuerzuckerl im Ausland warten, könnten gutverdienende österreichische Sportler_innen überlegen, ihren permanenten Wohnsitz - und damit ihre unbeschränkte Steuerpflicht - ins Ausland zu verlegen. Um diesem Trend entgegenzutreten, hat der österreichische Gesetzgeber mit der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Ermittlung des Einkommens von Sportler_innen (BGBl II Nr. 2000/48, sogenannter „Sportlererlass“) eine attraktive Besteuerung der Einkünfte von österreichischen Sportler_innen ermöglicht. Attraktive steuerliche Rahmenbedingungen können dazu führen, dass vermögende Sportler_innen ins Ausland ziehen. Dennoch ist der Wegzug in der Praxis mit erheblichen Tücken versehen. Abseits der steuerlichen Bestimmungen des Zuzugsstaates sind ebenso die diesbezüglichen Normen des Wegzugsstaates sowie internationale Regelungen, wie DBA, zu beachten.

In Österreich unterliegen nur 33 % der insgesamt im Kalenderjahr erzielten selbstständigen Sportlereinkünfte der Besteuerung, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind und die Pauschalierung in Anspruch genommen wird. Die daraus resultierende effektive Steuerlast beträgt –  bei Annahme eines Höchststeuersatzes von 50 bis 55 % – rund 16 bis 18 %. Dabei fallen nicht nur Preisgelder unter die pauschal zu ermittelnden Einkünfte; auch Sponsoring Einnahmen sowie Werbeeinkünfte werden erfasst, solange ein Konnex zum Betrieb der Sportlerin bzw. des Sportlers besteht. Es bleibt allerdings anzumerken, dass die Anrechnung ausländischer Quellensteuern (z.B. auf Preisgelder) im Inland bei Anwendung der Sportlerpauschalierung entfällt.

Für die Besteuerung von Sportler_innen aus Österreich hat der Finanzminister die sogenannte „Sportlerpauschalierungsverordnung“ erlassen. Demnach kann die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens pauschal erfolgen. Voraussetzungen sind:

·         Der/die Sportler/-in muss in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig sein, er/sie muss also seinen/ihren Wohnsitz oder seinen/ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben.

·         Die Ausübung der Tätigkeit als Sportler/-in erfolgt auf selbständiger Basis, egal ob als Profi- oder Amateursportler/-in. Nicht anwendbar ist die Begünstigung allerdings, wenn ein steuerliches Dienstverhältnis vorliegt.

·         Nicht erfasst sind z.B. Artist_innen oder Schausteller_innen.

·         Im Kalenderjahr müssen die Auftritte im Ausland – im Rahmen von Sportveranstaltungen wie Wettkämpfen oder Turnieren – im Verhältnis zu den Auftritten im Inland überwiegen.

Der österreichische Sportlererlass ist für im Inland ansässige Sportler_innen eine hervorragende Möglichkeit die Einkünfte aus ihrer selbstständigen Tätigkeit als Spitzensportler_innen zu sehr günstigen Konditionen zu versteuern. Es ist allerdings zu beachten, dass sich der Steuervorteil insoweit reduziert, als ausländische Quellensteuern (z.B. auf Preisgelder) nicht die österreichische Einkommensteuer verringern.

Auch fraglich ist, wie sich die Sonderbehandlungen auf den Wohnsitz - und damit der Steuerpflicht - der Sportler_innen tatsächlich auswirkt. Es gibt auch zusätzliche individuelle Regelungen die dazu führen, dass Sportler_innen besondere steuerliche Konditionen erhalten. Beispielsweise soll Ralf Schumacher, ehemaliger deutscher Rennfahrer, vor einigen Jahren mit dem österreichischen Finanzminister eine individuelle Vereinbarung zur Vermeidung von finanziellen Nachteilen getroffen haben. Hierbei dürfte er wohl die Zuzugsbegünstigung nach § 103 EStG in Anspruch genommen haben, da sich sein vorheriger Wohnsitz in Monaco befand und seine Steuerbemessung daher anhand der Abgabenleistung im steuergünstigen Monaco stattfand.

Ob es für Sportler_innen im Einzelnen attraktiv ist, müssen diese selbst entscheiden. Ob dieses Modell gesamtstaatlich sinnvoll ist und den drei vom Rechnungshof zitierten Zielen (die Einhaltung der Rechtsvorschriften zu erleichtern, die Steuermoral zu erhöhen und zu einer Verwaltungsvereinfachung beizutragen) dienlich ist, ist jedoch eine andere Frage.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Wie sollen die Empfehlungen des Rechnungshof, das EStG 1988 zu vereinfachen, Rechnung tragen?

a.    Welche Ausnahmen sollen gestrichen werden?

b.    Wie soll evaluiert werden, welche Ausnahmen gestrichen werden?

2.    Plant das BMF eine jährliche Erhebung der Wirkungen jeder einzelnen Begünstigung im Einkommensteuerrecht?

a.    Wenn ja, soll dem Nationalrat dazu ein Bericht vorgelegt werden?

b.    Wenn ja, wann ist mit dem ersten Bericht zu rechnen?

3.    Plant das BMF ein Gesamtkonzept für die Untersuchung von Wirkung und Treffsicherheit von Steuerbegünstigungen zu erarbeiten?

a.    Wenn ja, soll dem Nationalrat darüber berichtet werden?

b.    Wenn ja, wann ist mit der Fertigstellung zu rechnen?

4.    Plant das BMF für die Einkommensteuer die Einsetzung einer IT–unterstützten Verlustdatenbank?

5.    Wie hoch ist das Einkommensteueraufkommen jener Sportler_innen, die die Sportlerpauschalierungsverordnung in Anspruch nehmen, insgesamt? (Bitte um jährliche Aufschlüsselung für 2010-2017)

6.    Wieviel macht der Aufkommensentgang durch Sportlerpauschalierungsverordnung aus? (Bitte um jährliche Aufschlüsselung 2010-2017)

7.    Wie hoch ist der Anteil jener Sportler_innen, die die Voraussetzungen erfüllen und die pauschale Bemessungsgrundlage in Anspruch nehmen?

a.    Wenn keine genauen Zahlen bekannt, gibt es Schätzungen?

8.    Wie viele Zuzugsbegünstigungen nach § 103 EStG wurden eingegangen? (bitte um Gesamtstand, sowie jährliche zusätzliche Begünstigungen, Auflistung für 2000-2017)

9.    Wie wird die Effektivität dieser Sonderbehandlung evaluiert?