296/J XXVI. GP

Eingelangt am 22.02.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Wolfgang Katzian

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus

betreffend Notifizierungsverfahren des KWK-Punkte-Gesetzes bei der EU-Kommission

Der Nationalrat hat am 29. Juni 2017 im Rahmen eines Energierechtspakets im Zusammenhang mit der Ökostrom-Novelle 2017 einstimmig beschlossen, dass das KWK-Punkte-Gesetz (KPG) geändert wird. Dieser Beschluss bildet die Grundlage für die Sicherstellung des nachhaltigen Betriebs bestehender hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. In den Erläuterungen heißt es dazu: „Hierzu bedarf es zweier Schritte: Zum einen ist das bestehende Gesetz um die - die Branchenorganisation und Branchenregeln betreffenden - Verfassungsbestimmungen zu bereinigen. Zum anderen soll der Entwurf für ein neues Förderschema der Europäischen Kommission zur (Prä- )Notifikation vorgelegt werden, um zu gewährleisten, dass dem Parlament zur weiteren Behandlung und Beschlussfassung ein von der Europäischen Kommission genehmigtes bzw. notifikationsfähiges Gesetzesvorhaben unterbreitet werden kann.“ Die Nationalratsabgeordneten wollten mit dieser Gesetzesinitiative einerseits die Stromversorgungssicherheit in Österreich stärken und darüber hinaus die Ressourceneffizienz bei Energie und mineralischen Rohstoffen steigern. In diesem Zusammenhang ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass das Gesetzespaket breit unterstützt und somit einstimmig beschlossen wurde, was dessen Bedeutung für die österreichische Energieversorgung deutlich hervorhebt. Denn mit dem KPG wird neben der Stärkung der Versorgungssicherheit und der Steigerung der Energieeffizienz zudem auch die Importabhängigkeit von Strom, aber auch von fossilen Brennstoffen reduziert und ein Beitrag zur Dekarbonisierung geleistet. Die Emissionseinsparungen durch diesen Gesetzbeschluss betreffen nicht nur den Stromsektor, sondern insbesondere auch den Wärmemarkt, da durch das KPG auch die Fernwärmeversorgung weiterhin sichergestellt werden soll, die im Wärmebereich zu mehreren 100.000 Tonnen an CO2-Einsparungen bis dato geführt hat. Diese energiepolitischen Zielsetzungen und Maßnahmen wurde nicht nur vom Nationalrat 2017 mit den Stimmen aller Nationalratsabgeordneter einstimmig beschlossen, sie finden sich auch im Regierungsprogramm der aktuellen Bundesregierung unter den Punkten „Umwelt“ und „Energie“ wieder.

Seit Beginn der Strommarktliberalisierung ist die wirtschaftliche Situation von hocheffizienten Kraft- Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) stark angespannt und spitzt sich aufgrund der Marktbedingungen am Strom- aber auch am CO2-Markt weiter zu. Einerseits sind die Großhandelsstrompreise im Schnitt weiter gesunken. Andererseits konnte der Emissionshandel keine Anreize für eine kohlenstoffarme Stromproduktion EU-weit schaffen. Die Konsequenz daraus ist ein dramatischer Anstieg der Stromimporte nach Österreich, vor allem aus Deutschland, die zu einem sehr großen Teil aus Atomkraftwerken und schmutzigen Braunkohlkraftwerken stammen. Gleichzeitig kommen die heimischen Stromerzeugungskapazitäten nur selten zum Einsatz und daher ist der wirtschaftliche Betrieb der für die österreichische Versorgungssicherheit ausschlaggebenden gesicherten Kraftwerkskapazitäten stark gefährdet und dessen zukünftiger Einsatz maßgeblich von der Umsetzung des KPG seitens Ihres Ministeriums abhängig. Die Unterstützung thermischer Kapazitäten durch das KPG ist für Investitionsentscheidung über den Erhalt bestehender thermischer Kraftwerkskapazitäten, die derzeit anstehen, entscheidend.

 

Würden diese Kraftwerke in den nächsten Jahren vom Netz genommen werden, stünden wir vor einem akuten Problem, die Versorgungssicherheit weiter aufrechtzuerhalten. Diese Entwicklung spitzt sich mit der geplanten Strompreiszonensplittung zwischen Deutschland und Österreich weiter zu, da der bis dato uneingeschränkte Stromhandel noch in diesem Jahr beschränkt und an den Ländergrenzen ein Engpassmanagement eingeführt wird. In diesem Zusammenhang hat Österreich, Deutschland als Teil des erzielten Kompromisses heimische Kraftwerkskapazitäten für deren Redispatch zugesichert, die in weiterer Folge nicht mehr dem Österreichischen Stromsystem als gesicherte Kraftwerksreserve zur Verfügung stehen.

Ein rasches Handeln seitens des Ministeriums, insbesondere was die Kommunikation mit der Europäischen Kommission zum laufenden Notifizierungsprozess des KPG und in weiterer Folge die rasche Umsetzung des vom Gesetzgeber einstimmig beschlossenen KPG betrifft, ist daher gefragt.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus folgende

Anfrage:

1.     Wann wurde das KPG der EU-Kommission zur Notifizierung übermittelt (Datum)?

2.     Gab es Kontakt zwischen der EU-Kommission und dem Ministerium über das Notifizierungsverfahren des KPG?

a.     Wenn ja, wie oft?

b.     Wenn ja, wann?

c.     Wenn ja, wann haben diese in welchem Format stattgefunden?

i.     Persönliche Meetings

ii.    Telefon(-konferenz)

iii.     E-Mail

d.     Wenn ja, jeweils zu welchem Inhalt?

e.     Wenn ja, welche Positionen hat die EU-Kommission vertreten?

f.       Wenn ja, welche Positionen hat das Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus gegenüber der EU-Kommission vertreten?

g.     Wenn nein, warum nicht?

3.     Gab es Seitens der EU-Kommission ungeklärte Fragen zur Notifizierung des KPG an das Bundesministerium?

a.     Wenn ja, wann hat die EU-Kommission Fragen an das Ministerium übermittelt?

b.     Wenn ja, hat die EU-Kommission eine Deadline zur Beantwortung angegeben, offizieller oder informeller Art?

c.     Wenn ja, welche Fragen hatte die EU-Kommission an das Ministerium im Zusammenhang mit der Notifizierung des KPG?

d.     Wenn ja, welche Antworten hat das Ministerium an die EU-Kommission übermittelt?

e.     Wenn ja, hat das Ministerium die Interessensvertretungen zu den Fragen der EU- Kommission konsultiert (etwa Oesterreichs Energie oder den Fachverband der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen)?

i.    Wenn ja, welche Positionen vertritt die Stromwirtschaft?

f.       Hat das Ministerium alle offenen Fragen - formeller oder informeller Natur - zeitgerecht beantwortet?

i.    Wenn das Ministerium etwaige offenen Fragen zeitgerecht beantwortet hat, welchen Inhalt hatte die Beantwortung?

ii.    Wenn nein, warum wurden die Antworten nicht übermittelt?

iii.   Wenn nein, wer hat diese Entscheidung getroffen?

1.    War Ihr Kabinett in diese Entscheidung eingebunden?

2.     War der Generalsekretär des Ministeriums in diese Entscheidung eingebunden?

iv.     Wenn nein, bedeutet dies das Ende des Notifizierungsprozesses?

1.     Wenn ja, welche alternativen Maßnahmen ergreift das Ministerium, um den einstimmig beschlossenen Willen des Gesetzgebers zu erfüllen?

2.     Wenn ja, wie möchte das Ministerium dann weiterhin Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen garantieren, die sich auf die Umsetzung von Beschlüssen des Gesetzgebers verlassen?

3.     Wenn ja, wie möchte das Ministerium den betroffenen Unternehmen dann weiterhin Planungssicherheit in kritischen Bereichen wie der Versorgungssicherheit garantieren?

4.     Wenn nein, mit welchen zeitlichen Verzögerungen ist aufgrund der Nicht­Beantwortung auszugehen (Monate)?

5.     Wenn nein, welche sind die nächsten Schritte, um den Notifizierungsprozess weiter voranzutreiben?

6.     Wann plant bzw. schätzt das Ministerium ist das Notifizierungsverfahren abgeschlossen und wann wird die für die konkrete Umsetzung notwendige Novelle des KPG seitens des Ministeriums vorgelegt?

4.     Mit welchen anderen Bundesministerien steht das BMNT, im Zusammenhang mit dem Notifizierungsprozess, in Kontakt?

5.     Gibt es sonstige Gründe, die darauf hindeuten, dass die Notifizierung des KPG verzögert oder nicht weiterverfolgt wird?

a.     Wenn ja, welche?

b.     Wenn ja, warum?

c.     Wenn ja, von welchen Kraftwerksschließungen geht das Ministerium mindestens bis 2030 ohne diese Unterstützungsmaßnahme aus?

d.     Wenn ja, welche Maßnahmen wird das Ministerium unternehmen, um die Versorgungssicherheit durch regelbare Kraftwerkskapazitäten mindestens bis 2030 zu sichern?

6.     Im Rahmen der Regelung zur deutsch-österreichischen Strompreiszonensplittung zwischen Deutschland und dem damals in Österreich zuständigen Minister, wurden Deutschland österreichische thermische Kraftwerkskapazitäten zur Stabilisierung des deutschen Netzes zugesichert.

a.     Wurde diese Vereinbarung veröffentlicht?

i.    Wenn ja, wo ist diese aufzufinden?

ii.    Wenn nein, warum nicht?

iii.   Wenn nein, werden Sie diese Vereinbarung der Öffentlichkeit und den Marktteilnehmern zugänglich machen?

b.     Wie hoch ist diese Kapazität in MW, die Österreich im Rahmen der deutsch­österreichischen Kooperation Deutschland für Redispatch zur Verfügung stellt?

c.     Wieviel beträgt diese zur Verfügung gestellte Kapazität an der gesamten österreichischen thermischen Kraftwerkskapazität in Prozent?

d.     Welchen Einfluss hat die Vorhaltung österreichischer thermischer Kraftwerkskapazitäten auf die verlässlich verfügbare geplante Kapazität in Österreich (gemäß den Berechnungen der Lastdeckungsreserve, die die APG jährlich durchführt und ENTSO-E im Rahmen des Mid-term-Adequacy-Forecast Reports der ENTSO-E schickt (= probabilistische Berechnungsweise der Generation Adequacy)? https://www.apg.at/de/markt/Markttransparenz/last/lastdeckungsreserve

i.     Um wieviel MW wird sich die verlässlich verfügbare geplante Kapazität reduzieren?

ii.    Welchen Einfluss hat die Zurverfügungstellung österreichischer thermischer Kapazitäten für den deutschen Redispatch auf die Lastdeckungsreserve bzw. konkret formuliert: der Differenz zwischen „verlässlich verfügbarer Kraftwerksleistung“ zu „maximal zu erwartender Last“.

e.     Welche technischen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um als thermisches Kraftwerk für das deutsche Übertragungsnetz, wie es der Kompromiss vorsieht, zur Verfügung zu stehen?

f.      Können auch wärmegeführte thermische Kraftwerke für den deutschen Redispatch zur Verfügung gestellt werden?

i.    Wenn ja, was bedeutet das für die sichere Wärmeversorgung, wenn diese Kraftwerke thermische Energie für die Nutzung von Fernwärme und -kälte auskoppeln?

g.     Steht diese Kapazität exklusiv den deutschen Netzbetreibern zur Verfügung?

i.    Wenn ja, in welchem Zeitraum steht die Kapazität exklusiv deutschen Netzbetreibern zur Verfügung?

ii.    Für ein ganzes Jahr?

iii.   Für eine ganze Saison?

iv.   Für einzelne Monate?

v.    Für einzelne Tage?

vi.   Für einzelne Stunden?

vii.  Alternative Vorhaltemöglichkeiten?

viii. Falls die Reserve nicht ganzjährig exklusiv dem deutschen Netzbetrieb zur Verfügung steht, müssen die Kapazitäten jeweils zuvor angemeldet werden?

1. Wenn ja, wann muss die Anmeldung der benötigten Kapazität spätestens erfolgen?

ix.   Wie wird die Vorhaltung vergütet?

x.    Wie wird der Abruf vergütet?

xi.   Welche Kosten werden österreichischen Endkunden dadurch voraussichtlich entstehen?

h.     Dürfen diese Kraftwerke ihre Leistung ausschließlich für netzdienliche Maßnahmen in deutschen Netzgebiet anbieten oder stehen Sie auch dem österreichischen Netzbetreiber bzw. für den Österreichischen Markt zur Verfügung?

i. Wenn ja, wie wird der Abwicklungsmechanismus ausgestaltet werden?