300/J XXVI. GP

Eingelangt am 22.02.2018
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Anfrage

 

der Abgeordneten Robert Laimer und GenossInnen

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Mensuren in Österreich

Über Burschenschaften wird in letzter Zeit, nach dem Skandal der Germania zu Wiener Neustadt und dem entdeckten Liederbuch mit eindeutig nationalsozialistischen, antisemitischen Gedankengut in der Öffentlichkeit viel diskutiert. Die vertretene Ideologie wird aber nicht nur im Liedgut, in Reden und Aufsätzen, sondern auch in jenen duellartigen Kampfauseinandersetzungen, die gemeinhin Mensuren genannt werden, sichtbar. Mensuren sind keine Duelle, dies würde auch dem österreichischen Gesetz widersprechen. Sie sind ritualisierte Initiationsrituale und in einigen Burschenschaften (pflichtschlagende), wie der Zusatz schon vermittelt, verpflichtend für alle Mitglieder.

Werner Lackner (Mitglied bei aB! Olympia und JB! Igonta zu St. Johann/Pongau) beschreibt in seinem Artikel „Die Mensur" detailliert. Zu lesen ist u.a.: „Die Atmung ist behindert, die Halsschlagader pocht. Die Situation ist - insbesondere in der heutigen Zeit - extrem ungewöhnlich: Das Gegenüber wird gleich mit seiner langen, scharf geschliffenen Waffe losschlagen und man darf weder weglaufen noch ausweichen. Anfangs mag das ja, ein ähnliches Gefühl wie bei der Achterbahn sein, aber wenn das erste Blut fließt, zeigt sich schnell der Ernst des Waffenspiels." Nach der Beendigung der Mensur wird im Mensurkonvent entschieden, ob die Mensur genehmigt, also anerkannt wird.

Lackner formuliert zur Mensur eine „sozialpsychologische Hypothese": „Das gemeinsame, erfolgreiche Bestehen einer subjektiven Gefahr hat eine emotionale Bindung der Genossen zur Folge. Die Mensur als Zweikampf mit blanker Klinge weckt dieses Gefühl der Gefährdung sehr unmittelbar.“ Dies, obwohl er gleichzeitig betont, dass die Mensur „objektiv nicht gefährlich ist‘. Suggeriert wird hier, dass das Schlagen der Mensur nur als subjektiv gefährlich empfunden wird, objektiv aber sicher sei, und damit zu nichts anderem dient, als der Selbstüberwindung. Diese Überwindung hat, nach Lackner, die erhöhte emotionale Verbindung zur Folge. Warum es dieser zusätzlichen Bindung bedarf ist nicht nachvollziehbar, denn auch andere Vereinigungen weisen eine hohe emotionale Verbundenheit ihrer Mitglieder auf, ohne ihnen einen Zweikampf, den ja auch Lackner als gegeben ansieht, abzuverlangen. Wenn Lackner ausführt: „Die Mensur ist Symbol der Einsatzbereitschaft für einen hohen Wert. Einzelne Aspekte der Mensur sind Symbole der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft', dann unterstreicht er die Frage, nach dem Warum, denn all dies kann auch ohne „Zweikampf' erzielt und bekundet werden.

Die Burschenschaften argumentieren, dass die Mensuren gesetzlich durch die Möglichkeit der Einwilligung in eine leichte Körperverletzung abgedeckt sind. Dies ist in einigen Sportarten der Fall.

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehende

Anfrage:

1.     Wie stufen Sie Mensuren rechtlich ein und welche Schlüsse zieht das BMJ daraus?

2.      Wo sieht die geltende Judikatur die Grenze zwischen leichter und schwerer Körperverletzung?

3.      Können auch Minderjährige in eine leichte Körperverletzung einwilligen?

4.      Sind dem BMJ Sachverhalte bekannt geworden, wo Mensurkämpfe zu schweren Körperverletzungen führten? Gab es einschlägige Verurteilungen?

5.      Sind Ärzte in jeden Fall verpflichtet, Körperverletzungen anzuzeigen?

6.      Welche rechtlichen Konsequenzen hat eine Vernachlässigung dieser Anzeigepflicht für den Arzt?

7.      Wer trägt die Versorgungskosten (Arzt, Krankenhaus, Rettung etc.) bei mutwillig zugeführten Verletzungen?

8.      Wie viele Duelle liegen Beleidigungen und damit Ehrverletzungen zugrunde und widersprechen somit dem sportlichen Aspekt einer Mensur?

9.      Ist bei jeder Mensur (verpflichten) ein Arzt vor Ort?