324/J XXVI. GP

Eingelangt am 23.02.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Finanzausgleich 2017. - Was bleibt vom Einstieg in den Umstieg?

BEGRÜNDUNG

Mit großer Mühe ist Anfang November 2016 ein neuer Finanzausgleichspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden geschlossen worden. Im Regierungsprogramm der Rot-Schwarzen Koalitionsregierung war ein großes Reformwerk geplant, das der damalige Finanzminister Schelling im Strategiebericht vom April 2016 bestätigte: Mehr Steuerautonomie für die Länder und Gemeinden, Einführen von Aufgabenorientierung nach Leistungskriterien bei der Verteilung eines Teils der Gemeindemittel, Aufgaben- und Verfahrenskritik bei bestehenden Aufgaben, Vereinfachung und Transparenz beim Transferchaos zwischen den drei staatlichen Ebenen. Herausgekommen sind wenig konkrete Reformen, eben nur ein „Einstieg in den Umstieg“ wie es Finanzminister Schelling nannte: Er pries in seiner Pressekonferenz am 7. November 2016 zwar die Reformbereitschaft aller staatlichen Ebenen, sprach davon, dass „in den nächsten Monaten Aufgabenanalysen auf allen Ebenen erfolgen würden, ein System des Benchmarking etabliert werden soll, die Aufgabenorientierung sowie eine aufgabenorientierte Steuerung nach Kriterien in der Kinderbetreuung bzw. Schulfinanzierung eingeführt wird und die Wohnbauförderung „verländert“ würde“.

Heute - 15 Monate nach Schellings großen Tönen - zeigt sich, dass selbst die wenigen paktierten Reformabsichten meist leere Versprechen waren:

-       Zu einem substanziellen Ausbau der Steuerhoheit für Länder und Gemeinden ist es bislang nicht gekommen, lediglich die Wohnbauförderungsmittel des Bundes im Ausmaß von rund einer Milliarde Euro wurden ab 2018 in die steuerpolitische Verantwortung der Länder übertragen. Eine Arbeitsgruppe mit internationalen Experten für die Ausarbeitung von Optionen für eine verstärkte Abgabenautonomie wurde bislang nicht eingesetzt.

-       Eine Reform der total veralteten Grundsteuer liegt bis heute nicht vor, obwohl im Paktum vereinbart war, dass bis Mitte 2017 ein Konzept für eine Grundsteuerreform vorgelegt werden soll.

-       Bis dato erfolgte auch kein Einstieg in eine Aufgabenorientierung bei der Verteilung der Ertragsanteile der Gemeinden anhand aufgabenorientierter Kriterien. Im Paktum wurde festgelegt, die Aufgabenorientierung im Bereich Elementarbildung für Kinder von 0 bis 6 Jahren bis 1.9.2017 einvernehmlich vorzubereiten und als Pilotprojekt ab dem 1.1.2018 umzusetzen. Der Einstieg in die aufgabenorientierte Mittelverteilung ist damit bis heute nicht erfolgt. Ähnliches war für die Pflichtschulen ab 2019 geplant. Dem Vernehmen nach fehlt es an der Einigkeit über die anzuwendenden neuen Verteilungskriterien sowie der erforderlichen Datenbasis.

-       Vereinfachungen im Bereich der Bundessubventionen an Gemeinden (Finanzkraftausgleich) wurden durch Übertragen der Mittel an die Länder durchgeführt, die diese nun nach neuen Gesichtspunkten zu organisieren haben. Dies bedeutet jedoch anstelle einer bundesweiten Regelung acht verschiedene Länderkonzepte und noch weniger Transparenz als bisher. Im Übrigen sind die Länderkonzepte zur Reform des Ressourcenausgleichs noch weitgehend offen.

-       Gleichzeitig sind neue finanzielle Verflechtungen zwischen Bund und Gemeinden (neun (!) Länderfonds für Eisenbahnkreuzungen) vereinbart worden.

-       Bundesstaatsreform - Bund, Länder und Gemeinden sind übereingekommen, bis zum Ende des Jahres 2018 eine Bundesstaatsreform unter Berücksichtigung der Arbeiten des Österreich-Konvents vorzubereiten. Diesbezügliche Ansätze sind seit den 1990er Jahren am Dissens gescheitert. Bislang ist noch nicht einmal eine Arbeitsgruppe hierfür eingesetzt worden.

Unerledigt sind somit der Einstieg in die Aufgabenorientierung, die Vorlage eines Konzepts für eine Grundsteuerreform sowie die Einsetzung von Arbeitsgruppen zur Ausweitung der Abgabenautonomie und der Bundesstaatsreform. Aus dem „Einstieg in den Umstieg“ wurde somit ein „Ausstieg aus dem Einstieg“.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.    Warum haben Sie bis heute keine gemeinsame Arbeitsgruppe „Abgabenautonomie“ der Finanzausgleichspartner unter Beiziehung internationaler Experten zur Prüfung der Zweckmäßigkeit einer verstärkten Abgabenautonomie und Optionen dafür eingesetzt?

2.    Sind die beiden anderen Finanzausgleichspartner an Sie herangetreten und haben die Einsetzung dieser Arbeitsgruppe gefordert?

3.    Wenn zwischenzeitlich eine diesbezügliche Arbeitsgruppe eingesetzt wurde, wann erfolgte das, welche internationalen Experten gehören dieser Arbeitsgruppe an und was sind die genauen Zielsetzungen dieser Arbeitsgruppe?

4.    Warum hat die gemeinsame Arbeitsgruppe „Grundsteuer“, die eine Stärkung der Abgabenautonomie der Gemeinden durch eine Reform der Grundsteuer vorbereiten sollte, bis heute kein Konzept vorgelegt?

5.    Haben Sie und die beiden anderen Finanzausgleichspartner eine politische Grundsatzentscheidung für eine grundlegende Reform der Grundsteuer getroffen?

6.    Wenn ja, welchen Inhalt hat diese?

7.    Wenn nein, warum nicht?

8.    Warum ist der für Jahresbeginn 2018 geplante Einstieg in die Aufgabenorientierung im Weg des Pilotprojekts im Bereich Elementarbildung (0-6 Jahre) bis heute unerledigt?

9.    Wurde im Bereich der Elementarbildung Einigung über die grundsätzlichen Zielsetzungen der Aufgabenorientierung auf politischer Ebene erzielt, etwa über das Verteilungsvolumen, die Mittelverschiebung zwischen Gemeindegruppen, die Erhaltung des Status Quo oder über Reformschritte?

10. Wurde im Bereich der Elementarbildung Einigung über die quantitativen und qualitativen Parameter zur Verteilung der Ertragsanteile der Gemeinden (innerhalb allfälliger Ländertöpfe) erzielt?

11. Wenn nein, warum nicht?

12.  Fehlte tatsächlich die Datenbasis für die Festlegung der Verteilungsparameter?

13. Wenn ja, besteht unter den Finanzausgleichspartnern Einigkeit, diese Datenbasis so rasch wie möglich zu schaffen?

14.  Wenn  nein, warum nicht?

15.  Laufen Vorbereitungsarbeiten für die Einführung der Aufgabenorientierung im Bereich Pflichtschule (6-15 Jahre)?

16. Gibt es eine Einigung der Finanzausgleichspartner über die quantitativen und qualitativen Parameter der Verteilung? Gibt es dafür eine geeignete Datenbasis?

17.  Wenn  nein, warum nicht?

18. Ist das im Paktum angepeilte Ziel, eine grundlegende Bundesstaatsreform einschließlich Aufgabenkritik und Aufgabenentflechtung bis Ende 2018 vorzubereiten, realistisch?

19. Wurden bislang Schritte gesetzt, um bis Jahresende 2018 eine derart umfassende Bundesstaatsreform vorzubereiten?

20.  Wenn ja, welche?

21.  Wenn nein, warum nicht und was waren die Hinderungsgründe?