330/J XXVI. GP

Eingelangt am 23.02.2018
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Anfrage


der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

 

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend steuerrechtliche Bevorzugung intransparenter Vermögensstrukturen in Liechtenstein (Folgeanfrage)

 

Es liegt auf der Hand, dass Offshore-Konstrukte zur Verschleierung von Transaktionen und von Eigentumsverhältnissen im Zusammenhang mit Geldwäscherei und Korruption missbraucht werden können.

Das Steuerabkommen zwischen Österreich und Liechtenstein (01.01.2014) soll die effektive Besteuerung der in der Vergangenheit ins Ausland transferierten Vermögenswerte sowie eine laufende Besteuerung der Kapitaleinkünfte von in Österreich ansässigen Personen sicherstellen.

Der gemeinsame Meldestandard der OECD (Common Reporting Standard, kurz CRS, oder der automatische Informationsaustausch, kurz AIA) verpflichtet die teilnehmenden Staaten zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten und sieht eine verstärkte Mitwirkung von Finanzinstituten der Vertragsstaaten vor. Finanzinstitute haben die steuerliche Ansässigkeit ihrer Kund_innen zu erheben und Kund_innen- und Kontodaten von im Ausland ansässigen Kund_innen an die lokale Steuerbehörde zu melden. Diese wiederum leitet die Informationen an die Finanzbehörde der Ansässigkeitsstaaten weiter. Ein derartiger Standard war in den oben genannten Abkommen noch nicht vorgesehen. Diese mussten daher angepasst werden.

 

Bundesminister Schellings Position in der Verhandlung der jeweiligen AIA-Abkommen

Auf die Frage, ob beabsichtigt sei, die beiden Abkommen zu modifizieren, um den Standards des automatischen Informationsaustausches zu entsprechen, antwortete Bundesminister Schelling: "Es ist beabsichtigt, mit beiden Staaten Verhandlungen zum Abschluss eines

Abänderungsprotokolls zu führen, um diese an den EU-rechtlich geforderten neuen Standard betreffend Informationsaustausch anzupassen."

Auf die Frage, welche rechtlichen Konsequenzen sich aus einer Modifikation bzw. einer Kündigung ergeben, antwortete der Bundesminister: "Die Einbehaltung der Quellensteuer nach den Steuerabkommen soll grundsätzlich durch den EU-rechtlich gebotenen automatischen Informationsaustausch ersetzt werden; die Details der technischen und inhaltlichen Umsetzung sind allerdings Gegenstand der Verhandlungen."

(Quelle: 9210/AB vom 19.08.2016 zu 9636/J (XXV.GP))

 

Anders als im ähnlich gelagerten Abkommen mit der Schweiz gibt es im Abkommen mit Liechtenstein großzügige Ausnahmen.

Das Liechtenstein Abkommen war zudem ziemlich langsam unterwegs.

Der erstmalige Datenaustausch mit Österreich ist zwar auch hier für September 2018 vorgesehen. Aufgrund der inhaltlichen Überschneidungen des AIA-Abkommens mit dem bisher geltenden Abgeltungssteuerabkommen vom 1. Jänner 2014 wurden zwischen den Vertragsstaaten folgende, vom Schweizer Abkommen abweichende, Änderungen vereinbart: Konten und Depots von bis zum 31. Dezember 2016 bestehenden steuerlich transparenten Vermögensstrukturen sowie Konten und Depots von steuerlich intransparenten Vermögensstrukturen (Stiftungen und Trusts – unabhängig vom Zeitpunkt der Errichtung) werden als „ausgenommene Konten“ angesehen. Für sie gilt weiterhin das Abgeltungssteuerabkommen, sofern der/die Kunde/-in bzw. der/die wirtschaftliche Eigentümer/in in Österreich ansässig ist. Gleichzeitig wurde mit dem Abkommen die Besteuerung von Zuwendungen von intransparenten Vermögensstrukturen an in Österreich ansässige Nutzungsberechtigte von 25 % auf 27,5 % angepasst.

Die nicht geänderten Bestimmungen des Steuerabkommens bleiben weiterhin unverändert gültig. Dies betrifft insbesondere die Bestimmungen über die Stiftungseingangssteuer sowie die Bestimmungen hinsichtlich der steuerlichen Intransparenz von liechtensteinischen Vermögensstrukturen.

Das BMF rechtfertigt in der Anfragebeantwortung 19/AB wortreich, weshalb der AIA mit Liechtenstein nicht vollständig zur Anwendung kommt. So führt Minister Hartwig Löger aus, dass „für intransparente Stiftungen nicht nur eine Prüfung durch die liechtensteinischen Behörden vorgesehen ist, sondern eine spezifische Kontrolle durch einen unabhängigen Prüfungsausschuss erfolgt, dessen Mitglieder aus beiden Ländern stammen.

Die Landesregierung des Fürstentums Liechtenstein hat mit einer Pressemitteilung vom 19.08.2015 bekannt gegeben, wer von Seiten des Fürstentums Liechtenstein in diesen Prüfungsausschuss entsendet wird, den die Liechtensteinische Landesregierung in der Aussendung „Prüfungskommission“ nennt, nämlich die Rechtsanwälte Andreas Batliner und Siegbert Lampert sowie Prof. Martin Wenz. Man kann sich ausmalen, bei welcher Personengruppe die Veröffentlichung klingender Namen Vertrauen erwecken soll.

Weiters führt das BMF in der AB/19 aus, dass „Liechtensteinische Stiftungen […] in der Vergangenheit immer wieder im Fokus der österreichischen Finanzverwaltung [waren] und […] einen hohen Aufwand verursacht [haben]; das Abkommen verhindert dies zielgerichtet.“ Das selektive Prüfen von intransparenten Stiftungen auf Basis der Arbeit eines Prüfungsausschusses ist also aus Sicht des BMF weniger aufwändig als ein automatisierter Datenaustausch, der lückenlos auch Stiftungen erfasst.

Nach liechtensteinischem Recht muss der Stiftungsrat eine intransparente Stiftung an die liechtensteinische Verwaltung melden. Dort müsste daher konkret bekannt sein, wie viele solche Konstruktionen mit Österreichbezug bestehen. Dazu ist auch von Interesse, ob das BMF sich von den fürstlich liechtensteinischen Behörden einen Überblick verschaffen hat lassen, um wie viele Fälle es konkret geht.

 

Zusammengefasst

Das heißt, während man sich bereits mit der de facto Aufhebung des Bankgeheimnisses durch die Einführung des Kontenregisters und der erleichterten Kontenauskunft in Österreich fast schon als unabänderlicher Tatsache abgefunden hat, eröffnet die Änderung eines Staatsvertrags mit Liechtenstein wieder eine Option zur Wahrung von Diskretionsbedürfnissen, die im Abkommen mit der Schweiz offenbar nicht nötig waren. Mit der Gründung einer liechtensteinischen Vermögensstruktur, das sind zum Beispiel liechtensteinische Stiftungen oder Anstalten, kann verhindert werden, dass österreichische Finanzbehörden in deren Vermögen Einsicht nehmen oder das Fürstentum Liechtenstein entsprechende Finanzdaten weiterleitet. Besser noch: wenn eine „intransparente Vermögenstruktur“ gegründet wird, kann der automatische Informationsaustausch weiterhin außer Kraft gesetzt werden. Demgegenüber haben die EU-Länder einen automatischen Informationsaustausch zum Standard erhoben, der jedoch de facto auf Liechtenstein, wie gerade gezeigt, nicht zutrifft.

Vertreter_innen des österreichischen Finanzministeriums verhandelten seit November 2015 aktiv mit ihren liechtensteinischen Kolleg_innen über die Fortsetzung des Abgeltungsabkommens. Dieses sieht vor, dass Kapitaleinkünfte, die von Österreicher_innen in Liechtenstein bezogen werden, einer der österreichischen Kapitalertragsteuer vergleichbaren Abgeltungssteuer unterliegen. Weil mit dieser Abgeltungssteuer allen österreichischen steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen wird, muss die Identität des/der Empfängers/-in den Kapitaleinkünften nicht offengelegt werden. Dies gilt sowohl für jene Einkünfte, die direkt bezogen werden, als auch für jene Einkünfte, die liechtensteinischen Stiftungen zufließen. Von Transparenz gibt es also keine Spur.

Das Protokoll tritt am 1. Jänner 2017 in Kraft und soll, wie es in der Präambel dazu heißt, durch effektive Besteuerung von Kapitaleinkünften aus Vermögenswerten von liechtensteinischen Vermögensstrukturen als „gleichwertige, administrativ bewährte und missbrauchsresistente Maßnahme gegenüber dem internationalen Informationsaustausch“ angesehen werden. Es ist jedoch so, dass weiterhin eine Abgeltungssteuer anzuwenden ist.

Da dadurch die Besteuerung sichergestellt wird, besteht keine Verpflichtung, die Informationen bezüglich dieser Einkünfte zwischen den Vertragsstaaten auszutauschen. Einzige Einschränkung: die Möglichkeit der anonymen Abgeltungssteuer kann nur von Vermögensstrukturen, nicht aber natürlichen Personen verwendet werden. Bei den Vermögensstrukturen ist zwischen transparenten und intransparenten zu unterscheiden. Bei ersteren hat sich der/die Stifter/in wesentliche Einflussrechte vorbehalten. Die Struktur wird daher aus steuerlicher Sicht nicht anerkannt und die Einkünfte müssen vom/von der Stifter/in oder den Begünstigten versteuert werden. Bei solchen Strukturen muss die Gründung bis 31. Dezember 2016 erfolgt sein, um in den Genuss der anonymen Abgeltungssteuer zu kommen. Intransparente Strukturen können die Anonymität hingegen auch dann in Anspruch nehmen, wenn sie nach diesem Datum gegründet werden. Somit stehen österreichischen Anleger_innen mit der Gründung einer liechtensteinischen Vermögensstruktur in der Rechtsform einer Privatstiftung, einer Anstalt oder eines Trust Enterprise (Trust reg.) weiterhin vielfältige, insbesondere völlig legale und steuerkonforme Möglichkeiten zur Verfügung, die Anonymität zu wahren. Daneben bieten sie auch aus zivil- und steuerrechtlicher Sicht Vorteile, wie insbesondere Nachfolgeplanung und Vermögensschutz.

In diesem Zusammenhang ist klar zu stellen, dass der Informationsaustausch und die Abgeltungssteuer unabhängig voneinander zu berachten sind. Eine Vermischung der beiden, könnte zu Schluss führen, dass so lange es eine Abgeltungssteuer gibt, jedes Schlupfloch gestopft wurde.

Welche intransparenten Stiftungen geprüft werden, obliegt einem Prüfungsausschuss, der von Liechtenstein und Österreich gemeinsam beschickt wird.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Welche Personen wurden von der Republik Österreich in diesen Prüfungsausschuss nominiert?

2.    Nach welchen Kriterien erfolgt die Auswahl dieser Personen?

3.    In welchem Verfahren erfolgt die Auswahl dieser Personen?

4.    Welche konkrete Aufgabenstellung gibt das BMF diesen Personen mit?

5.    Wann hat dieser Prüfungsausschuss seine Tätigkeit aufgenommen?

6.    In welchem zeitlichen Rhythmus tagt dieser Prüfungsausschuss?

7.    In welcher Form und in welchem Detaillierungsgrad berichten die Mitglieder des Prüfungsausschusses an das BMF?

8.    In welchem zeitlichen Rhythmus berichten die Mitglieder des Prüfungsausschusses an das BMF?

9.    Sind die österreichischen Mitglieder des Prüfungsausschusses dem BMF weisungsgebunden?

a.    Wenn ja, welche Weisungen wurden bisher erteilt?

10.  Wie hoch ist die Zahl jener Vermögensstrukturen, die von den gegenständlichen Ausnahmen aus dem AIA profitieren?

a.    Wenn die Zahl nicht bekannt ist, wie hoch schätzt das BMF diese Zahl?

b.    Wenn die Zahl nicht bekannt ist, warum wurde nicht versucht, diese bei den liechtensteinischen Behörden in Erfahrung zu bringen?

11.  Wie viele intransparente Vermögensstrukturen nimmt sich der Prüfungsausschuss jährlich zur Prüfung vor?

12.  In welcher Form und in welchem Detaillierungsgrad erfolgt die Berichterstattung an das BMF über die Prüfungsvorgänge und die Prüfungsergebnisse?