362/J XXVI. GP

Eingelangt am 28.02.2018
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend versuchte russische Beeinflussung österreichischer Wahlen

 

Begründung

Die Bemühungen der russischen Regierung, Einfluss auf den Wahlausgang in anderen Staaten zu nehmen, bilden eine nicht zu unterschätzende Bedrohung für die demokratische Ordnung einer Vielzahl von Staaten. Während die Unterstützung der Kampagne von Donald Trump durch (laut US- Behörden) von der russischen Regierung kontrollierte Unternehmen mittlerweile ausreichend belegt ist, haben solche Beeinflussungsversuche ein potentiell weit größeres Ausmaß. Berichte über angebliche russische Einflussnahmeversuche sind in jüngerer Zeit neben den USA zumindest für Bulgarien, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Finnland, Norwegen und Tschechien dokumentiert. Freilich sind solche Einflussnahmeversuche, die in verschiedenen Formen - von der finanziellen Unterstützung pro-russischer Parteien, über die Verbreitung von fake news bis hin zum Diebstahl von Identitäten und Daten von politischen GegnerInnen - auftreten, schwer zu belegen und noch schwerer tatsächlich auf die russische Regierung zurückzuführen. Fakt bleibt, dass Einflussnahmeversuche auf demokratische Wahlen aus dem Ausland in einer Vielzahl westlicher Demokratien eine bislang unbekannte Dimension erreicht haben.

In einem umfassenden Bericht von demokratischen US-Senatoren zur Frage der Einflussnahme seitens Russlands auf die Wahlen in den USA und in Europa („Cardin-Report"), der vor einem Monat publiziert wurde, wird auch Österreich als mögliches Ziel russischer Einflussnahmeversuche genannt. Während die v.a. in den USA und Großbritannien verbreiteten, online-basierten Methoden in Österreich bislang zumindest nicht belegt werden konnten, verweisen die US-Senatoren auf eine strukturierte Zusammenarbeit auf Grundlage eines Kooperationsvertrages zwischen der FPÖ und der russischen Regierungspartei. Solche Kooperationsverträge bestehen auch noch mit anderen, großteils rechtsextremen bzw. neofaschistischen Parteien wie dem französischen Front National, der ungarischen Jobbik, der deutschen AfD und der italienischen Lega Nord. In diesem Zusammenhang wird auch auf die vermeintliche Finanzierung der Wahlkampagne des Front National über einen russischen Kredit verwiesen. Andere Berichte gehen von ähnlichen Finanzierungen (bewusst oder unbewusst) der AfD über Mittelmänner aus.

Gleichzeitig ist Österreich aber auch in anderer Hinsicht betroffen: erfundene bzw. stark verzerrte Berichte über außenpolitische Positionen Österreichs (zB in Zusammenhang mit den Russland- Sanktionen) erzeugen ein verzerrtes Bild der offiziellen österreichischen Außenpolitik. Wiederholte Besuche v.a. freiheitlicher Politiker in Russland bzw. umstrittenen Gebieten wie der Krim befördern diese Wahrnehmung nur weiter.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1.      Wann wurde zuletzt eine Bedrohungsanalyse in Hinblick auf die Beeinflussung von österreichischen Wahlen durch staatliche oder staatlich kontrollierte Akteure aus dem Ausland durchgeführt? Zu welchen Ergebnissen kam diese Analyse?

2.      Sind Ihnen Einflussnahmeversuche durch russische oder russisch kontrollierte Akteure auf österreichische Wahlen bekannt?

3.       Welche Vorkehrungen wurden seitens des BMI, ggf. in Zusammenarbeit mit anderen Behörden bzw. dem BMLV getroffen, um die Widerstandsfähigkeit gegen allfällige Einflussnahmeversuche, wie sie in anderen Ländern aufgetreten sind, zu stärken?

4.       Welche Frühwarnsysteme bzw. Routinekontrollen bestehen, um allfällige Einflussnahmeversuche frühzeitig zu erkennen?

5.       Wie viele Fälle von Identitätsdiebstahl, die von Russland ausgehen, sind Ihnen bekannt?

6.       Wie viele davon können mit politischen Tätigkeiten in Verbindung gebracht werden?

7.       Wie viele Verfahren wegen des Verdachts auf die Beeinflussung von Wahlen durch ausländische Akteure wurden in den letzten 10 Jahren jeweils geführt?

8.       Sind Sie in Kontakt mit Behörden anderer Staaten, um Erfahrungen und Berichte über Einflussnahmeversuche auf demokratische Entscheidungsprozesse auszutauschen?

9.       Wurde das Bundesamt für Verfassungsschutz von ausländischen Behörden jemals in Hinblick auf mögliche russische Einflussnahmeversuche kontaktiert?

10.   Erhält Österreich vor dem Hintergrund des Regierungseintritts der FPÖ aktuell überhaupt Informationen zu russischen Aktivitäten?

11.   Welche Maßnahmen wurde seitens des Bundesamts für Verfassungsschutz gesetzt, um Datendiebstahl („hacking") bei öffentlichen Einrichtungen, WahlwerberInnen und Parteien zuvorzukommen?

12.   Welche Maßnahmen wurde seitens des Bundesamts für Verfassungsschutz gesetzt, um staatlich organisierte false flag Initiativen im Vorfeld von Wahlen zu verhindern?

13.   Erfolgt eine Beobachtung der Verbindungen einzelner österreichischer Parteien, PolitikerInnen oder ihnen nahestehender Personen zu russischen Akteuren, deren Ziel eine Einflussnahme auf österreichische Politik sein könnte?

14.   Sind Ihnen neben dem Kooperationsvertrag der FPÖ mit der russischen Regierungspartei noch andere unmittelbare Geschäftsbeziehungen zwischen der FPÖ und russischen Akteuren bekannt?

15.   Beobachten Sie die Entwicklung von Social Bots und ähnlichen Instrumenten zur organisierten Beeinflussung von politischen Debatten?

16.   Bestehen Ihrerseits Schätzungen, wie viele solcher Bots in Österreich im Einsatz sein könnten bzw. wie viele Bots auch in Hinblick auf österreichische Themen aktiv waren?

17.   Lassen sich solche Aktivitäten zu Ihrem Urheber zurückverfolgen bzw. zu wessen Gunsten erfolgen die Einflussnahmeversuche?

18.   Sind Sie in Kontakt mit Social Media - Unternehmen wie Facebook und Twitter, um Einflussnahmeversuche erkennen und begegnen zu können?

19.   Welcher Art ist dieser Kontakt? Besteht eine strukturierte Zusammenarbeit zB zur Meldung oder Sperrung identifizierter Inhalte bzw. Accounts?

20.   Sind Ihnen andere Arten von Einflussnahmeversuchen wie dem Erwerb von Anteilen an Kommunikationsunternehmen o.Ä. durch russische oder russisch kontrollierte Akteure bekannt?

21.   Sind Ihnen Versuche bekannt, das bestehende Auslandsspendenverbot zu Gunsten der FPÖ zu umgehen?