389/J XXVI. GP

Eingelangt am 01.03.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Karin Greiner Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend: Wer zahlt dieses ÖVP/FPÖ-Steuergeschenk?

Sehr geehrte Frau Bundesministerin!

In einer APA vom 26.2.2018 kündigen Sie an, dass die Umsatzsteuer im Tourismus von 13% auf 10% gesenkt werden soll, dies soll am 28.2.2018 in den Ministerrat gebracht werden. Begründet wird dieser Vorgang damit, dass der internationale Tourismuswettbewerb sehr hoch sei und die Steuersätze in Deutschland und der Schweiz niedriger wären. Sie bringen die Senkung der Umsatzsteuer in Verbindung mit Investitionen, die nicht getätigt werden, die Erträge im Tourismus seien seit Jahren rückläufig und die steuerliche Entlastung für die Betriebe wäre von Ihnen mit 120 Mio. € jährlich angegeben worden. Im Morgenjournal vom 27.02.2018 geben Sie eine präzisierende Antwort, denn es wäre ein zentrales Wahlversprechen des Bundeskanzlers gewesen und es solle ein Anreiz gesetzt werden, wieder in Investitionen zu gehen. Auf die Frage der Gegenfinanzierung wurde geantwortet, es gäbe einen engen Budgetpfad, die Ministerien wären gerade dabei ihre Einsparungsziele zu erreichen und die Finanzierung würden zu rund 2/3 Bund und 1/3 Länder und Gemeinden tragen, eben auch durch den Finanzausgleich.

Nach der aktuellen Tourismusstatistik für 2017 erreichen die Nächtigungen ein neues Rekordniveau und wären um 2,6% gestiegen, insbesondere die Nächtigungen ausländischer Gäste entwickelten sich positiv, hier vor allem auch jener aus Deutschland.[1]

Es entsteht der Eindruck, dass die Bundesregierung statt einer sinnvollen Sozial- und Beschäftigungspolitik lieber Steuergeschenke an bestimmte Wirtschaftsbranchen verteilt und dafür wichtige sozialpolitische Maßnahmen zur Schaffung und Förderung von Arbeitsplätzen kürzt oder gänzlich abschafft.

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehende

Anfrage:

1)      Ist Ihnen bekannt, dass die Umsatzsteuer von den Konsumentlnnenen (UrlauberInnen) bezahlt wird und nicht von den Hotel-/Tourismusbetrieben?

2)      Wie kann die Senkung einer Steuer, die durch ein Unternehmen (Hotel-, Tourismusbetrieb) vom Kunden vereinnahmt wird und 1:1 an das Finanzamt im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung weitergezahlt wird, im Betrieb für Investitionen verwendet werden?

3)      Wie kann die Senkung einer Steuer, die das Unternehmen vom Kunden vereinnahmt und die der Hotel-/Tourismusbetrieb 1:1 an das Finanzamt weiterzahlt, den Betrieb selbst in seiner Bilanz bzw. Einnahmenüberschussrechnung „entlasten"?

4)      Die Argumentation der Bundesregierung, dass Betriebe durch die Senkung der Umsatzsteuer um jährlich 120 Mio. € „entlastet” werden, könnte so gelesen werden, dass sich die USt-Senkung von 13% auf 10% nicht auf den Preis niederschlägt, daher die Kunden (Urlauberinnen) weiterhin jene Brutto-Endpreise zahlen werden, die Sie auch bei einer 13% USt-Verrechnung gezahlt haben. Im Ergebnis würden die Unternehmen (Hotel-/Tourismusbetriebe) die USt-Senkung tatsächlich zu einer Preiserhöhung nützen um damit ihren Gewinn zu erhöhen.

a.       Ist Ihnen derzeit bekannt, zB. aus Ihren Gesprächen mit der Tourismusbranche, dass die von Ihnen geplante USt-Senkung von den Hotel- und Tourismusbetrieben nicht an die Urlauberinnen weitergegeben wird?

b.      Wenn ja, warum unterstützen Sie mit ihrer Politik eine Preiserhöhung im Tourismus, wo dieser doch angeblich in so starkem internationalen Wettbewerb steht, daher Preissenkungen angestrebt werden müssten?

c.       Wenn nein, werden Sie im kommenden Jahr eine Evaluierung durchführen, dass die Umsatzsteuersenkung auch wirklich durch eine Preissenkung weitergegeben wurde?

d.      Wenn Sie keine Evaluierung der Preissenkung durchführen werden, warum nicht?

e.       Wenn die von der Bundesregierung geplante Umsatzsteuersenkung nicht in Form einer allgemeinen Preissenkung der Hotel- und Tourismusbranche an die Kunden weitergegeben wird, sondern im Gewinn der Unternehmen landen sollte, erklären Sie bitte, warum dies kein Steuergeschenk ist?

5)      Im ÖVP/FPÖ Regierungsprogramm der aktuellen Gesetzgebungsperiode heißt es auf Seite 7[2]:

„Alle vorgesehenen Maßnahmen werden nur umgesetzt, wenn sichergestellt ist, dass etwaige Mehrkosten oder Mindereinnahmen durch strukturelle Gegenfinanzierungs- maßnahmen gedeckt sind".

Der Begriff „Gegenfinanzierung" bedeutet, dass bei einem Einnahmenausfall in der Umsatzsteuer von 120 Mio. € andererseits entweder zusätzliche Einnahmen bestehen müssen um diese 120 Mio. € im Staatshaushalt auf Null zu saldieren, oder dass das Einnahmen-Minus andererseits durch Ausgabenkürzungen um 120 Mio. € ausgeglichen wird um den Staatshaushalt nicht zusätzlich zu belasten.

a)       Ist Ihnen bekannt, dass die Aussage zur Finanzierung „zu 2/3 Bund und zu 1/3 Länder und Gemeinden" nur eine Angabe ist, wie der Einnahmenausfall von 120 Mio. € verteilt wird, aber keine Antwort auf die Frage zur konkreten Gegenfinanzierung ist?

b)      Durch welche strukturellen Gegenfinanzierungsmaßnahmen wollen Sie die zu erwartenden Mindereinnahmen kompensieren? Wie sieht die konkrete Gegenfinanzierung für die Einnahmenausfälle von 120 Mio. € aus, welche Maßnahmen trifft die Bundesregierung, die in Summe 120 Mio. € zusätzliche Einnahmen ergeben bzw. welche Budgetausgaben spart die Regierung ein, damit in Summe 120 Mio. € gekürzt werden?

6)      Wenn Sie, wie in der zitierten APA oder im Interview des Morgenjournals, keine konkreten Gegenfinanzierungsmaßnahmen im Umfang von 120 Mio. € nennen können, wieso setzen Sie dann diese Maßnahme der Mehrwertsteuersenkung um? Weichen Sie damit nicht von ihrer eigenen Vereinbarung aus dem Regierungsprogramm ab?

7)      Warum ist der Bundesregierung ein Steuergeschenk an Unternehmen einer Wirtschaftsbranche, die aktuell neue Rekordzahlen vermeldet, im Ausmaß von 120 Mio. € wichtiger, als zum Beispiel die zusätzlich geschaffenen Arbeitsplätze durch die Aktion 20.000? Warum wurde diese sinnvolle Maßnahme um Menschen über 50 Jahre wieder in Beschäftigung zu bringen gestrichen? Ist das ein Teil der Gegenfinanzierung von Seite 7 des Regierungsprogrammes, damit die USt von 13% auf 10% im Tourismus gesenkt werden kann?



[1]  https://www.statistik.at/web de/statistiken/wirtschaft/tourismus/beherberqunq/ankuenfte_naechtiqunaen/index.html

[2]  https://www.bundeskanzleramt.QV.at/documents/131008/569203/Reaierunasproaramm 2017-2022.pdf