392/J XXVI. GP

Eingelangt am 05.03.2018
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz
 
 

betreffend Eingeschränkte Medikamentenverschreibung und ärztliche Therapiefreiheit

Die Verschreibung und Erstattung von Medikamenten ist in Österreich durch den Hauptverband im Erstattungskodex geregelt und fällt für verschiedene Medikamente unterschiedlich aus. So darf die Einstellung und Erstabgabe einiger Medikamente, wie beispielsweise gegen Hepatitis C oder auch ausgewählte PCSK9-Hemmer, nur in speziell dafür vorgesehenen Zentren bzw. im stationären Bereich erfolgen. Teilweise findet danach eine Übernahme und Weiterverordnung im niedergelassenen Bereich statt. Für ein bekanntes Hepatitis C-Medikament gilt beispielsweise, dass dieses nur in 32 speziellen "Zentren" in ganz Österreich verschrieben werden darf.

In Lippenbekenntnissen rund um die Gesundheitsreform hat sich die abgewählte Regierung stets für eine wohnortnahe und niederschwellige Versorgung ausgesprochen. Für Patienten stellt diese eingeschränkte Verschreibungspraxis jedoch eine zusätzliche Hürde dar, um Zugang zu innovativen Arzneimitteln zu erhalten, da damit auch die örtliche Ungebundenheit nachlässt. Für Fachärzte bedeutet diese Restriktion außerdem, dass Patienten in den stationären Bereich verschoben werden müssen, wo eine Einstellung und Erstabgabe erfolgen kann, da sie diese Medikamente nicht verschreiben dürfen. Diese Vorgabe schränkt die ärztliche Therapiefreiheit massiv ein. Fraglich ist nun, welchen Patientennutzen die starke Einschränkung der Verschreibung ausgewählter Medikamente liefert und welchen Beitrag zur bestmöglichen Gesundheitsversorgung dieser Prozess erzielt.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Für wie viele Arzneimittel bestehen Regelungen, wonach eine Verschreibung oder Verordnung nur in ausgewählten Zentren stattfinden darf? (Bitte um Angabe der Produkte oder um Angabe der 20 am häufigsten verschriebenen Produkte und wenn möglich getrennt nach den Jahren 2008-2018)


a.    Nach welchen Kriterien werden diese Zentren ausgewählt?

b.    Ist dieser Kriterienkatalog Evidenz basiert?

c.    Ist dieser Kriterienkatalog öffentlich zugänglich?

                                  i.    Wenn ja, wo?

                                ii.    Wenn nein, warum nicht?

2.    Welcher Personenkreis bestimmt, welches Arzneimittel in einem ausgewählten Zentrum verschrieben werden darf?

3.    Welche Kriterien werden zur Auswahl dieser Expertinnen und Experten herangezogen?

4.    Werden die Namen dieser Expertinnen und Experten öffentlich gemacht?

a.    Wenn ja, wo?

b.    Wenn nein, warum nicht?

5.    Wer entscheidet darüber, in welchen dieser "Zentren" ein Arzneimittel abgegeben/verschrieben und eingestellt werden darf?

6.    Bei wie vielen dieser Arzneimittel übernimmt der Krankenversicherungsträger die Kosten vollständig, wenn wie üblich die Kostentragung durch den zuständigen Krankenversicherungsträger erfolgt?

7.    Verfügt das BMASGK über Daten hinsichtlich einer möglichen Unterversorgung von Patienten aufgrund von entsprechend erschwerten Zugangsbedingungen?

a.    Wenn ja, bitte um genaue Darstellung der Zahl der Betroffenen

b.    Wenn nein, aufgrund welcher Daten und Erhebungen geht das BMASGK davon aus, dass es zu keiner Unterversorgung von Patienten kommt?

8.    Bei wie vielen dieser Arzneimittel übernimmt der Krankenversicherungsträger die Kosten anteilig, wenn wie üblich die Kostentragung durch den zuständigen Krankenversicherungsträger erfolgt?

9.    Wenn eine Kostenübernahme durch den KV-Träger erfolgt, warum kann dann keine Verschreibung und Einstellung beim zuständigen Facharzt stattfinden?

10. Was spricht gegen eine Verschreibung und Einstellung betroffener Arzneimittel im niedergelassenen Bereich?

11. Wie ist diese restriktive Verschreibungspraxis mit dem Konzept der niederschwelligen und wohnortnahen Gesundheitsversorgung zu vereinbaren?

a.    Wird die Beschränkung auf Zentren allein aufgrund von medizinischen Gründen getroffen?

                                  i.    Wenn ja, welche medizinischen Gründe sind das?

                                ii.    Wenn nein, spielen hier auch finanzielle Erwägungen ein Rolle?

12. Wie erklären Sie (bzw. der Hauptverband) den gegenständlichen Eingriff in die ärztliche Behandlungs- und Therapiefreiheit, wenn Fachärzte bestimmte Arzneimittel nicht verschreiben und einstellen dürfen?

13. Welche Kosten entstehen dem Krankenversicherungsträger durch Erstverschreibung in solch einem Zentrum, die separat abgegolten werden müssen?