466/J XXVI. GP

Eingelangt am 09.03.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Hausdurchsuchung und Beschlagnahmungen in den Büros des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung durch die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS)

Medienberichten zufolge ermittelt die WKStA gegen BeamtInnen des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Die zugrundeliegenden Vorwürfe rund um nordkoreanische Reisepässe sind seit etwa einem halben Jahr bekannt.

Ein entsprechendes anonymes Dossier ist in den letzten Monaten an PolitikerInnen und JournalistInnen verschickt worden. Seitens des BM.I wurden die daran getätig­ten Vorwürfe etwa in einer Aussendung vom 27. Oktober 2017 zurückgewiesen. Dort heißt es: " (...) Es überrascht, dass übliche und reguläre Vorgänge auf Grundlage anonymer Skandalisierungen und weiterer nicht konkretisierte Behauptungen in vor­liegender Form Gegenstand der Berichterstattung anerkannter Medien sein können. Nach Informationen des Innenministeriums stammen die Behauptung aus anonymen Schreiben, die in anderem Zusammenhang längst widerlegt worden sind. Warum anonymen Anschuldigungen, die sich in manchen Teilen einer sachlichen Überprü­fung entziehen und in anderen Teilen längst widerlegt sind, dermaßen Raum zuge­standen wird, ist in einer seriösen Betrachtung nicht nachvollziehbar."

(https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20171027_OTS0118/klarstellung-zu-berichterstattung-ueber-pass-weitergabe-an-suedkorea)

Am Mittwoch den 28.3.2018 drangen im Zuge der nun doch getätigten Ermittlungen auf Basis ua. der oben skizzierten Vorwürfe Beamtinnen der EGS, der Sondereinheit der Polizei zur Bekämpfung von Straßenkriminalität, in die Büros des BVT ein und stellten angeblich Akten, Computer und weiteres Informationsmaterial sicher. Hierbei dürften nicht gezielt wenige konkrete Akten, sondern eine große Anzahl an Doku­menten und Daten beschlagnahmt worden sein. Laut den Anwälten der beschuldig­ten BVT-Mitarbeiter sollen bei der Hausdurchsuchung zudem ganze Festplatten ko­piert worden sein. Dabei handle es sich um heikle Daten bezüglich Ermittlungen ge­gen Links- und Rechtsextremisten, Terroristen und ausländischer Spione. Zugriffe auf diese Daten sind stets zu protokollieren, nun wurden sie - angeblich in Pausch und Bogen - von der Einheit zur Bekämpfung von Straßenkriminalität kopiert. Zugriffe auf diese Kopien hochsensibler Daten werden sohin nicht protokolliert.


 

Der Einsatz einer bewaffneten EGS-Einheit im Zuge von Ermittlungen der WKStA liegt außerhalb deren Aufgaben- und Kompetenzbereich. Auch der Zeitpunkt dieses Zugriffs ist fragwürdig, da einerseits die Verdachtslage der WKStA schon sehr lange bekannt ist und andererseits der Vertrag des derzeitigen Direktors des BVT, Mag. Gridling, Ende März 2018 ausläuft. Zudem ist in höchstem Maße beunruhigend, dass von der EGS hochsensible Daten betreffs Verfassungsschutz und Terrorismusbe­kämpfung kopiert worden sein sollen, auf welche nun ohne Protokollierung von BVT- externen Stellen zugegriffen werden könnte. Das gesamte Vorgehen ist kritisch zu hinterfragen, größte Transparenz hinsichtlich des Ablaufs und seiner Gründe ist not­wendig.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Warum und auf Anordnung welcher Behörde wurde die EGS, eine Sondereinheit der Polizei zur Bekämpfung von Straßenkriminalität, eingesetzt?

2.    Warum genau am konkreten Datum, wenn die Verdachtslage schon seit gerau­mer Zeit bekannt ist?

3.    Warum hat nicht die zuständige Korruptionsbehörde diese Amtshandlung vorge­nommen?

4.    Was ist der Aufgabenbereich der EGS?

5.    Welche Einsätze wegen welcher Delikte hatte die EGS in den vergangenen 4 Jahren?

6.    Wurde die EGS seit ihrem Bestehen jemals für Hausdurchsuchungen und/oder Beweissicherung in Räumlichkeiten einer Bundes- oder Landesbehörde einge­setzt? Wenn ja, wann, wegen Verdachtslage bzgl. welcher Delikte und betreffs welcher Behörde?

7.    Welche Einheiten wurden in der Vergangenheit sonst für Hausdurchsuchungen und/oder Beweissicherung in Räumlichkeiten einer Bundes- oder Landesbehörde eingesetzt? Wenn ja, wann, wegen Verdachtslage bzgl. welcher Delikte und be­treffs welcher Behörde?

8.    Insbesondere warum waren die Hausdurchsuchungen und/oder die Beweissiche­rung in den BVT-Räumlichkeiten durch die EGS notwendig, wenn die konkrete Verdachtslage seit etwa einem halben Jahr bekannt ist und die Erhebung von Ak­teninhalten zur weiteren Ermittlung ausgereicht hätte?

9.    Was wurde von der EGS beschlagnahmt?

10.  In welchen Organisationsbereichen wurden Festplatten, Akten, Computern, Daten uä beschlagnahmt? Bitte um Aufschlüsselung in Abteilungen, Referate uä.

11.Wurden gezielt Festplatten, Akten, Computer etc. beschlagnahmt bzw. aufgrund welcher Kriterien wurde entschieden, welche Gegenstände beschlagnahmt wer­den?

12. Wo befinden sich die beschlagnahmten Festplatten, Akten, Computer, Daten uä derzeit?

13. Wie wurde mit den beschlagnahmten Festplatten, Akten, Computern, Daten uä ab dem Moment der Beschlagnahme in den Räumlichkeiten des BVT verfahren?

14. Sind die Kopien von Daten verschlüsselt?

15. Wurde - und wenn ja auf Daten zu welchen Themengebieten - auf die beschlag­nahmten u/o kopierten Daten aus dem BVT durch Nicht-BVT-Zugehörige zuge­griffen? Wenn ja, von wem, zu welchem Zweck und wurden diese Zugriffe proto­kolliert?

16. Wie und durch wen wird bewertet, welche beschlagnahmten Inhalte für die kon­krete Causa relevant sind, und welche nicht?

17. Wie wird mit all jenen beschlagnahmten Inhalten und Informationen verfahren, die nicht für die konkrete Causa relevant sind?